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VfGH vom 12.10.1993, g109/92

VfGH vom 12.10.1993, g109/92

Sammlungsnummer

13577

Leitsatz

Zulässigkeit der Individualanträge auf Aufhebung der Bestimmung über die Beschränkung der Öffentlichkeit von Untersuchungsausschüssen auf Medienvertreter; Verstoß dieser Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen die Informationsfreiheit; keine sachliche Rechtfertigung einer generell unterschiedlichen Behandlung von Medienvertretern einerseits und der übrigen Normunterworfenen andererseits; Verstoß gegen die grundsätzliche Öffentlichkeit von Sitzungen der Gesetzgebungsorgane; keine Rechtfertigung der Besserstellung von Medien aufgrund der Informationsfreiheit

Spruch

1. Das Wort "Medienvertretern" in § 5 Abs 1 des Landesverfassungsgesetzes vom über Untersuchungsausschüsse, LGBl. für Tirol Nr. 15/1992, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Der Landeshauptmann von Tirol ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

2. Im übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

3. Das Land Tirol ist verpflichtet, den Antragstellern die mit je S 15.000,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Die beiden Antragsteller begehren in ihren ausdrücklich auf Art 140 B-VG gestützten (Individual-)Anträgen (G109/92 und G13/93) die Aufhebung des § 5 Abs 1 des Landesverfassungsgesetzes, LGBl. (Tirol) 15/1992, über Untersuchungsausschüsse, "insbesondere in den Worten '... insoweit ..., als bei Beweiserhebungen nach § 2 Abs 1 Medienvertretern der Zutritt zur Sitzung offensteht' ".

1.1.1. Der Antragsteller zu G109/92 (Dr. G G) brachte vor, er sei am in den Sitzungssaal des Landhauses in Innsbruck gegangen, um sich eine Sitzung des sogenannten "Hotel-Royal-Untersuchungsausschusses" anzuhören. Noch vor Beginn der Sitzung habe ihm der Vorsitzende des Ausschusses mitgeteilt, daß die Sitzungen nicht öffentlich seien und nur Medienvertreter teilnehmen dürften. Der Vorsitzende habe sich auf § 5 des Landesverfassungsgesetzes vom , LGBl. 15/1992, über Untersuchungsausschüsse berufen. Der Antragsteller habe hierauf den Vorsitzenden gefragt, ob die Erklärung, er habe den Raum zu verlassen, als Bescheid zu werten sei; dies habe der Vorsitzende bejaht. Daraufhin habe der Antragsteller den Sitzungssaal verlassen.

1.1.2. Der Antragsteller zu G13/93 (Dr. L H) führte aus, er habe am den Barocksaal des Landhauses in Innsbruck betreten, in welchem gerade der bereits erwähnte Untersuchungsausschuß tagte, um Zeugen einzuvernehmen. Der Vorsitzende dieses Ausschusses habe ihm eröffnet, daß er den Saal zu verlassen habe, "weil die Sitzung des Untersuchungsausschusses nur für Medienvertreter zugänglich", für andere Personen aber nicht öffentlich sei. Der Antragsteller habe sich beim Vorsitzenden erkundigt, ob er diese Erklärung als Bescheid werten könne; der Vorsitzende habe dies mit Ja beantwortet. Daraufhin habe der Antragsteller den Barocksaal verlassen.

1.1.3. Die beiden Antragsteller legten gegen diese Amtshandlungen des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 144 Abs 1 B-VG ein, die mit Beschluß vom , B569,669/92, zurückgewiesen wurden.

1.2. In den gleichzeitig eingebrachten Individualanträgen behaupten sie, § 5 Abs 1 des Landesverfassungsgesetzes, LGBl. 15/1992, über Untersuchungsausschüsse sei für sie unmittelbar wirksam geworden; diese Bestimmung verstoße gegen Art 7 Abs 1 B-VG und gegen Art 10 und 14 EMRK, ferner gegen Art 13 EMRK sowie, der Sache nach und bezogen auf den Ausdruck "Medienvertreter", gegen Art 18 B-VG.

1.3. § 5 Abs 1 des zitierten Landesverfassungsgesetzes lautet:

"Die Sitzungen von Untersuchungsausschüssen sind insoweit öffentlich, als bei Beweiserhebungen nach § 2 Abs 1 Medienvertretern der Zutritt zur Sitzung offensteht. Fernseh- und Hörfunkaufnahmen und -übertragungen sowie Film- und Lichtbildaufnahmen sind dabei jedoch nicht zulässig."

1.4.1.1. Die Tiroler Landesregierung gab schriftliche Stellungnahmen ab, in denen sie für die Zurückweisung, hilfsweise aber für die Abweisung der beiden Anträge eintrat.

1.4.1.2. Begründend brachte die Tiroler Landesregierung ua. jeweils vor:

Zur Zulässigkeit:

"Gemäß Art 140 Abs 1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist für die Zulässigkeit eines solchen Antrages ua. Voraussetzung, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betreffenden Person eingreift und sie - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Für die Beurteilung der Frage, ob das angefochtene Gesetz sich auf die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig auswirkt, ist nicht dessen subjektive Auffassung entscheidend. Es kommt vielmehr darauf an, ob bei verständiger Würdigung der konkreten Umstände nach allgemeiner Auffassung die durch das Gesetz bewirkte Änderung der Rechtsposition des Antragstellers als eine für ihn nachteilige anzusehen ist. Ein für die Antragslegitimation vorausgesetzter unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers ist aber jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist und die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden.

Den Ausführungen des Antragstellers ist nicht zu entnehmen, aus welchem Grund er durch die von ihm bekämpfte Norm in seiner Rechtsposition verletzt sein sollte. Ein Eingriff der angefochtenen Bestimmung in die rechtlichen Interessen des Antragstellers wurde lediglich behauptet, aber nicht dargetan. Es gibt auch keine Rechtsnorm, die einem 'interessierten Bürger und bildungs- und informationshungrigen Rechtsanwalt' ein subjektives Recht auf Zutritt zu den Beweiserhebungssitzungen von Untersuchungsausschüssen einräumt. Der Zweck des Individualantrages besteht darin, daß die behauptete Rechtsverletzung durch Aufhebung der bekämpften Gesetzesstelle beseitigt wird. Durch die Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmung würde sich aber für die Rechtsposition des Antragstellers nichts ändern. Dem Antragsteller kommt daher mangels individueller Betroffenheit keine Antragslegitimation zu.

Gemäß § 62 Abs 1 VerfGG muß der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, begehren, daß entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalt nach oder daß bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist der Umfang der zu prüfenden und im Fall ihrer Rechtswidrigkeit aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, daß einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlaßfall ist, daß aber der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt. Es dürfen weiters nur die in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Bestimmungen von einer Gesetzesprüfung erfaßt werden. Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren entsprechend gezogen werden (vgl. VfSlg. 6674/1972, 8155/1977, 9374/1982). Der Antragsteller begehrt, daß '§5 Abs 1 TLGBl. 15/1992 als verfassungswidrig aufgehoben werde, insbesondere in den Worten '... insoweit ... als bei Beweiserhebungen nach § 2 Abs 1 Medienvertretern der Zutritt zur Sitzung offensteht'.' Nach dieser Formulierung wird die Aufhebung des gesamten § 5 Abs 1 leg.cit. begehrt. Durch das Wort 'insbesondere' wird eine demonstrative beispielhafte Anführung eingeleitet. Es liegt daher kein Hauptbegehren und kein engeres Eventualbegehren, sondern vielmehr ein Begehren auf Aufhebung des gesamten § 5 Abs 1 vor. Vom Verbot der Fernseh- und Hörfunkaufnahmen und -übertragungen sowie der Film- und Lichtbildaufnahmen ist der Antragsteller wohl keinesfalls unmittelbar betroffen; dies wurde von ihm auch nicht einmal behauptet. Das Antragsbegehren ist daher zu unbestimmt und 'überschießend', sodaß der Antrag nach Ansicht der Tiroler Landesregierung auch aus diesem Grund zurückzuweisen wäre."

Zur Sache selbst:

"In der Sache selbst geht die Tiroler Landesregierung von der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angefochtenen Bestimmung des Landesverfassungsgesetzes über Untersuchungsausschüsse aus.

Gemäß Art 32 B-VG sind die Sitzungen des Nationalrates - im Gegensatz zu den Ausschußsitzungen - öffentlich, sofern nicht der Ausschluß der Öffentlichkeit beschlossen wird. Nach Art 96 Abs 2 B-VG gilt dies auch für die Landtage (vgl. auch Art 25 der Tiroler Landesordnung 1989, LGBl. 61/1988). Das Verfahren der Untersuchungsausschüsse ist ebenso wie das Verfahren in den anderen Ausschüssen des Nationalrates und der Landtage grundsätzlich nicht öffentlich.

Auch der Tiroler Landesverfassungsgesetzgeber ist vom Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Sitzungen der Untersuchungsausschüsse ausgegangen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die vor dem Untersuchungsausschuß aussagenden Zeugen zur Beiziehung eines Rechtsbeistandes berechtigt sind (§2 Abs 4 des Landesverfassungsgesetzes über Untersuchungsausschüsse) und die Mitglieder der Landesregierung zu ihrer Beratung bei den Sitzungen eines Untersuchungsausschusses Landesbedienstete beiziehen können (§4 leg.cit.).

Um die Öffentlichkeit über die Tätigkeit der Untersuchungsausschüsse zu informieren, legt § 5 leg.cit. fest, daß Medienvertretern der Zutritt zu Beweiserhebungssitzungen der Untersuchungsausschüsse offensteht, sofern nicht der Untersuchungsausschuß Sitzungen oder Teile hievon, soweit dies zur Sicherung des Zweckes des Untersuchungsausschusses oder des Datenschutzes erforderlich ist, als vertraulich erklärt.

Da sowohl von Zeugen beigezogene Rechtsbeistände als auch von Regierungsmitgliedern herangezogene Landesbedienstete entsprechenden Verschwiegenheitspflichten unterliegen und für Medienvertreter besondere Sorgfaltspflichten bestehen, erscheint eine diesbezügliche Einschränkung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit gerechtfertigt. Weitere Einschränkungen dieses Grundsatzes scheinen im Hinblick auf die verschiedenen, teilweise miteinander kollidierenden Interessen, insbesondere auf Grund der Stellung der Zeugen vor den Untersuchungsausschüssen, vom rechtsstaatlichen Standpunkt aus nicht vertretbar. Eine generelle Öffentlichkeit der Beweiserhebungssitzungen der Untersuchungsausschüsse iS eines allgemeinen Zutritts für jedermann ist weder verfassungsrechtlich geboten noch wünschenswert.

Ein ähnliches System einer begrenzten Medienöffentlichkeit wurde auch bereits im Rahmen der Geschäftsordnungsreform 1988 durch das Gesetz BGBl. 720/1988 in das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates, BGBl. 410/1975, eingefügt. Nach § 33 Abs 3 leg.cit. wird auf Beschluß des Untersuchungsausschusses Medienvertretern bei der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, nicht aber bei den sonstigen Sitzungen des Untersuchungsausschusses, vom Präsidenten des Nationalrates nach Maßgabe der räumlichen Möglichkeiten Zutritt gewährt.

Die angefochtene Bestimmung ist sachlich gerechtfertigt und verstößt daher nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Es liegt aber auch keine Verletzung des Grundrechtes auf freie Meinungsäußerung iSd Art 10 EMRK vor. Dieses Recht schließt zwar auch die Freiheit zum Empfang von Nachrichten oder Ideen ein. Diese Informationsfreiheit verpflichtet aber den Staat nicht, den Zugang zu Informationen zu gewährleisten oder selbst Informationen bereitzustellen, sondern verbietet lediglich, eine Person an der Beschaffung öffentlich zugänglicher Informationen über öffentlich stattfindende Vorgänge zu hindern. Ein Anspruch des einzelnen auf Information aus nicht allgemein zugänglichen Quellen kommt nur hinsichtlich diese Person unmittelbar betreffender Vorgänge oder Tatsachen in Betracht. Im vorliegenden Fall läge zudem eine zulässige Beschränkung des Informationsrechtes iSd Art 10 Abs 2 EMRK vor.

Entgegen der Behauptung des Antragstellers ist der Begriff 'Medienvertreter' ausreichend bestimmt. Bei entsprechender, nicht nur am Wortlaut festhaltender Interpretation kann man nur zu dem Ergebnis gelangen, daß es sich bei Medienvertretern um Personen handelt, die für Medien arbeiten und zum Zwecke der Informationsbeschaffung an einer Sitzung teilnehmen."

1.4.2. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst, gleichfalls zur Äußerung eingeladen, nahm wie folgt Stellung:

"... Die Antragsteller sehen in der angefochtenen Regelung eine Bevorzugung der Medienvertreter und darin einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Ein solcher Verstoß liegt aber dann nicht vor, wenn sich eine Regelung sachlich rechtfertigen läßt und verschiedene Sachverhalte auch verschieden geregelt werden. Ein solcher Fall liegt hier vor.

Der § 5 Abs 1 des angefochtenen Tiroler Landesgesetzes sieht eine beschränkte Öffentlichkeit bei der Beweiserhebung vor Untersuchungsausschüssen vor. Die Beschränkung liegt darin, daß zu solchen Verhandlungen nur Medienvertreter, nicht aber andere Personen zugelassen sind. Die Begründung für diese Regelung liegt darin, daß Medienvertreter sowohl die Aufgabe haben, die Öffentlichkeit zu informieren, als auch die dazu erforderlichen Mittel, da ihnen Medien zur Verfügung stehen. Dadurch unterscheidet sich die Stellung von Medienvertretern ganz wesentlich von der anderer Personen. Der Private mag zwar ein berechtigtes Interesse haben, an den Verhandlungen eines Untersuchungsausschusses teilzunehmen, er hat aber weder die Aufgabe noch die Möglichkeit, eine breitere Öffentlichkeit über die Vorgänge im Untersuchungsausschuß zu informieren. Angesichts des tatsächlichen Umstandes, daß im allgemeinen für Verhandlungen vor Untersuchungsausschüssen nur Räumlichkeiten mit begrenztem Fassungsvermögen zur Verfügung stehen, stand der Gesetzgeber vor der Frage, in welcher Weise er die Öffentlichkeit der Verhandlungen am besten gewährleisten kann. Bei der Abwägung der Frage, ob an den Verhandlungen des Untersuchungsausschusses Interessierte undifferenziert, nur nach Maßgabe der Raumverhältnisse zugelassen werden sollen, oder ob eine 'qualifizierte Öffentlichkeit' iS von Medienvertretern zugelassen werden soll, entschied er sich für letzteres. Er entschied sich damit für eine Regelung, die es gewährleistet, daß die breite Öffentlichkeit über die Vorgänge in einem Untersuchungsausschuß unterrichtet und nicht nur das private Interesse einzelner befriedigt wird.

Aus dem Dargelegten ist ersichtlich, daß der Gesetzgeber mit der Bevorzugung von Medienvertretern bei der Zulassung zu den Verhandlungen vor Untersuchungsausschüssen nicht nur der besonderen Stellung dieser Personengruppe Rechnung getragen hat, sondern auch der Überlegung, in welcher Art und Weise dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit am besten entsprochen ist. Diese Überlegungen zeigen, daß der Gesetzgeber eine in der Sache begründete und gerechtfertigte Differenzierung vorgenommen hat. Demgemäß wird davon ausgegangen, daß von einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht die Rede sein kann.

Die bisherigen Ausführungen werden durch einen Blick auf die Stellung der Medien in der österreichischen Rechtsordnung unterstützt.

Im Hinblick auf die besondere Bedeutung, die den Medien in einer demokratischen Gesellschaft zukommt, wird den Medien in der österreichischen Rechtsordnung auch in anderem Zusammenhang sowohl eine besondere Stellung eingeräumt als auch Vorsorge getroffen, daß einerseits die Ausübung der den Medien zukommenden Aufgaben, die teils explizit, teils implizit als 'öffentliche Aufgabe' bezeichnet werden, ungehindert gewährleistet ist, daß aber diese Ausübung entsprechend der Bedeutung der Aufgabe auch verantwortungsvoll erfolgt.

So enthält ArtI Abs 3 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. 396/1974, - somit also sogar eine Regelung auf Verfassungsstufe! - für die elektronischen Medien Hörfunk und Fernsehen die ausdrückliche Verankerung, daß Rundfunk eine öffentliche Aufgabe ist. Wenngleich das Mediengesetz, BGBl. 314/1981, also die zentrale Rechtsvorschrift für die Printmedien, - anders als dies etwa der Pressegesetzentwurf 1961 und die Regierungsvorlage eines Mediengesetzes, 2 BlgNR 15. GP, 22, vorsahen - keine ausdrückliche diesbezügliche Regelung enthält, so gehört doch nach der in der rechtswissenschaftlichen Literatur vertretenen Auffassung, die für zutreffend gehalten wird, die Bedachtnahme auf die öffentliche Aufgabe zu den tragenden Gedanken des Gesetzes (Hartmann - Rieder, Kommentar zum Mediengesetz, 1985, 13). So wird in der zitierten Regierungsvorlage zum Mediengesetz, aaO, 22, folgendes ausgeführt:

'Die publizistischen Medien sind zwischenmenschliche Verständigungsmittel und Träger der gesellschaftlichen Kommunikation. Damit sind sie Faktoren im gesellschaftlichen Bewußtseinsbildungsprozeß und bei der Willensbildung. Insoweit erfüllen sie eine gesellschaftliche Funktion, eine öffentliche Aufgabe.'

Angesichts des Umstandes, daß das Mediengesetz davon ausgeht, daß den Medien auf Grund ihrer Bedeutung für den gesellschaftlichen Bewußtseinsbildungsprozeß und bei der politischen Willensbildung eine öffentliche Aufgabe zukommt, ist es auch vertretbar anzunehmen, daß die Regelung, daß Sitzungen von Untersuchungsausschüssen (nur) insoweit öffentlich sind, als Medienvertretern der Zutritt zur Sitzung offensteht, sachlich gerechtfertigt ist. Dies umso mehr, als sowohl den ORF als auch die nach dem nunmehr erlassenen Privatradiogesetz (gemeint wohl: Regionalradiogesetz), BGBl. 506/1993, tätigen Anstalten auch rechtliche Bindungen hinsichtlich der Berichterstattung treffen (vgl. § 4 Abs 2 des Privatradiogesetzes).

Soferne der Gesetzgeber im Hinblick auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und auf einen gewissen Kontrollgedanken die Öffnung von Sitzungen von Untersuchungsausschüssen vorsieht, kann ihm daher aus dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht entgegengetreten werden, wenn er - letztlich wohl im Hinblick auf faktische Beschränkungen - die Teilnahme auf die der öffentlichen Aufgabe der Information der Öffentlichkeit verpflichteten Medienvertreter beschränkt.

Aus denselben Gründen wird auch ein Verstoß gegen Art 10 iVm Art 14 EMRK nicht gesehen.

Hinsichtlich der Bezugnahme auf Art 13 EMRK ist zu bemerken, daß von dem in dieser Bestimmung gewährleisteten Recht die Antragsteller durch das von ihnen vor dem Verfassungsgerichtshof eingeleitete Verfahren Gebrauch gemacht haben. Von einer Verletzung des Art 13 EMRK kann deshalb nicht gesprochen werden."

2. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. Gemäß Art 140 Abs 1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausführt, bildet daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt; die Antragslegitimation nach Art 140 Abs 1 B-VG erfordert, daß die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt (zB VfSlg. 11610/1988; ua.).

2.1.2. Diese Voraussetzungen sind hier grundsätzlich erfüllt.

Die Antragsteller legten zureichend deutlich dar, daß sie vom angefochtenen (Landesverfassungs-)Gesetz - das ihnen den Zutritt zu Beweiserhebungen vor Untersuchungsausschüssen des Tiroler Landtages verwehrt - (in ihrer aus den Art 32 und 33, 96 Abs 2 sowie Art 117 Abs 4 B-VG über die grundsätzliche Öffentlichkeit der Sitzungen des Nationalrates, der Landtage und der Gemeinderäte iVm dem demokratischen Prinzip des B-VG (Art1) ableitbaren Rechtssphäre) unmittelbar betroffen waren und weiterhin betroffen sind. Denn nach ihrem Vorbringen wollten sie nicht ausschließlich an Sitzungen des "Royal"-Untersuchungsausschusses teilnehmen, der derzeit bereits aufgelöst ist; ihr Teilnahmeinteresse erstreckt sich vielmehr auf Untersuchungsausschüsse des Tiroler Landtages überhaupt. Da in der Folge wieder ein derartiger Ausschuß ("zur Überprüfung der Kostenexplosion beim Bau der Klinikküche") eingerichtet wurde, der gegenwärtig noch besteht, ist die angefochtene generelle Norm folglich auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes für beide Antragsteller wirksam.

Der Verfassungsgerichtshof pflichtet der Tiroler Landesregierung allerdings bei, daß die beiden vorliegenden Anträge nach Art 140 Abs 1 B-VG jedenfalls zu weit gefaßt sind. Dem Anliegen der beiden Antragsteller, an Beweiserhebungen eines Untersuchungsausschusses als Zuhörer teilnehmen zu dürfen, wäre nämlich schon durch die Aufhebung des - vom übrigen Gesetzestext trennbaren - Wortes "Medienvertretern" in § 5 Abs 1 des mehrfach zitierten Landesverfassungsgesetzes entsprochen. Soweit die Anträge darüber hinausgreifen, indem sie nicht nur dieses Wort, sondern den ganzen § 5 Abs 1 leg.cit. als verfassungswidrig aufgehoben wissen wollen, sind sie - als überschießend - unzulässig und zurückzuweisen. Im übrigen (das heißt soweit sie das Wort "Medienvertretern" betreffen) sind sie jedoch zulässig, und zwar auch angesichts des Umstandes, daß die Rechtsordnung keinen von der Antragstellung nach Art 140 Abs 1 B-VG verschiedenen (zumutbaren) Weg einräumt, die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs 1 leg.cit. an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. dazu B569,669/92).

Die Anträge begehren - in einer § 62 Abs 1 erster Satz VerfGG 1953 genügenden Weise - die Aufhebung einer bestimmten Stelle des Gesetzes, nämlich des (ganzen) § 5 Abs 1 leg.cit.; das darüber hinausgehende Begehren, diese Vorschrift "insbesondere in" bestimmten Worten aufzuheben, ist rechtlich unbeachtlich.

2.2. Der bekämpfte § 5 Abs 1 des in Rede stehenden Tiroler Landesverfassungsgesetzes sieht eine beschränkte Öffentlichkeit bei der Beweiserhebung vor Untersuchungsausschüssen des Landtages, und zwar nur den Zutritt von "Medienvertretern", vor. Die Antragsteller halten diese Regelung, die andere Personen als Zuhörer solcher Ausschußsitzungen ausschließt, für verfassungswidrig, insbesondere für gegen Art 10 EMRK verstoßend sowie für sachlich unbegründet und daher gleichheitswidrig.

Die Antragsteller sind mit ihrer Auffassung im Recht.

2.3.1. Das Ziel der bekämpften Bestimmung, mit welcher Medienvertreter zu manchen Sitzungen von Untersuchungsausschüssen (betreffend Beweiserhebungen) zugelassen werden, liegt unbestrittenermaßen darin, die Allgemeinheit über das Geschehen im Ausschuß zu informieren. Diese Regelung behandelt Medienvertreter einerseits sowie die übrigen Normunterworfenen andererseits unterschiedlich und läßt hiebei räumliche Gegebenheiten von vorneherein außer Betracht. Für diese Art von Differenzierung läßt sich keine sachliche Rechtfertigung im Sinn des Gleichheitssatzes finden.

Die Besserstellung von Medien im Hinblick auf deren besondere Aufgaben läßt sich auch nicht aus Art 10 EMRK ableiten, von dessen Schutzumfang nicht nur der Empfang von Nachrichten, sondern auch das Beschaffen von Informationen umfaßt ist (s. VfSlg. 11297/1987, s. Frowein-Peukert, EMRK-Kommentar, 1985, S 228, RdZ 11 zu Art 10, und van Dijk/van Hoof, Theory and Practice of the European Convention on Human Rights, 1984, S 311).

Der Verfassungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis VfSlg. 11297/1987 zur Auslegung des Art 10 EMRK sowie insbesonders zur Frage, ob diese Konventionsvorschrift eine unterschiedliche Behandlung von in Medien tätigen Personen und den übrigen Rechtsunterworfenen erlaubt, folgendes ausgeführt:

"In der österreichischen Literatur (Berka, Die Kommunikationsfreiheit in Österreich, EuGRZ 1982, S 413 ff, insbesondere S 418 f) wird Art 10 MRK so verstanden, daß aus dieser Bestimmung zwar keine 'Freiheit der Recherche' oder 'aktive Informationsverschaffungsfreiheit' folge, daß die Informationsfreiheit aber jedenfalls die ungestörte Aufnahme von der Öffentlichkeit prinzipiell zugänglichen Informationen gewährleiste.

Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, daß die aus Art 10 MRK erfließenden Rechte jedermann zustehen (s. Berka aaO, S 420). Im Zusammenhang mit der Person des Beschwerdeführers und seinem Vorbringen räumt der Verfassungsgerichtshof allerdings ein, daß sich dieses Grundrecht im Hinblick auf den höheren Informationsbedarf der Presse im besonderen im Medienbereich auswirkt (s. Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, 1968, S 146, Frowein/Peukert aaO, S 229, van Dijk/van Hoof aaO, S 311, sowie die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in den Fällen De Geillustreerde Pers, Decisions and Reports 8 (1977), S 13, RdZ 86, sowie Sunday Times, Publications of the European Court of Human Rights, Vol. 30 (1979), S 40, RdZ 65), wobei jedoch die Informationsfreiheit dort den gleichen Inhalt und Umfang hat wie in jenen Fällen, bei denen die Informationsbeschaffung nicht dem Zweck der Verwertung für ein Massenmedium dient."

Aus dieser - im Einklang mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der einschlägigen Literatur stehenden - Rechtsprechung, von der abzugehen der Verfassungsgerichtshof keinen Anlaß sieht, ist resümierend festzuhalten, daß die aus Art 10 EMRK erfließenden Rechte grundsätzlich jedermann zustehen, sich allerdings im Hinblick auf den höheren Informationsbedarf der Presse im besonderen im Medienbereich auswirken. Daraus folgt, daß eine die Medien - auf deren besondere gesellschaftliche Funktion auch in der Äußerung des Bundeskanzleramt-Verfassungsdienstes zu Recht hingewiesen wurde - besonders schützende bzw. begünstigende Regelung zwar nicht von vorneherein unzulässig ist, aber nicht so gestaltet sein darf, daß sie den anderen Normunterworfenen die durch Art 10 EMRK garantierten Rechte schlechterdings vorenthält.

2.3.2. Die im vorliegenden Fall bekämpfte Regelung bewirkt, daß - völlig unabhängig von den jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten, insbesondere der Größe und Aufnahmekapazität parlamentarischer Räumlichkeiten - lediglich Medienvertreter Zutritt zu Ausschußsitzungen haben, die "Öffentlichkeit" im Sinne der Art 32, 33 und 96 B-VG hingegen nicht.

Eine solche Regelung steht mit Art 10 EMRK nicht im Einklang. Wenn der Landesverfassungsgesetzgeber einen parlamentarischen Vorgang wie hier grundsätzlich der Öffentlichkeit zugänglich macht, könnte er nach dem oben dargelegten Verständnis der bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmung des Art 10 EMRK Medienvertretern bei Beschränktheit der räumlichen Möglichkeiten zwar einen Vorrang beim Zutritt zu den Sitzungen einräumen, er ist aber nicht berechtigt, andere Personen hievon völlig auszuschließen.

3.1. Das Wort "Medienvertretern" in § 5 Abs 1 des Landesverfassungsgesetzes über Untersuchungsausschüsse ist daher wegen Verstoßes gegen Art 7 Abs 1 B-VG sowie gegen Art 10 EMRK als verfassungswidrig aufzuheben.

Der Ausspruch über die Verpflichtung zur Kundmachung der Aufhebung beruht auf Art 140 Abs 5 B-VG.

3.2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 65 a VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von je S 2.500,-- enthalten.

3.3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.