VfGH vom 03.03.2014, G106/2013
19849
Leitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des AVG betreffend schriftliche Anbringen in Form von E-Mail während der Amtsstunden; Beschränkungen des elektronischen Verkehrs mit Behörden und Festlegung von Amtsstunden keine Angelegenheiten des Verwaltungsverfahrensrechtes sondern des Verwaltungsorganisationsrechtes; Bestimmung über bekannt zu machende Beschränkungen daher keine Ermächtigungsnorm sondern Publizitätsvorschrift; Anknüpfen des Verwaltungsverfahrensgesetzgebers an organisationsrechtliche Tatbestände nicht bedenklich; kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot und den Gleichheitssatz
Spruch
§13 Abs 2 letzter Satz des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991, in der Fassung BGBl I Nr 5/2008, und § 13 Abs 5 AVG, BGBl Nr 51/1991 in der Fassung BGBl I Nr 100/2011, werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B621/2013 eine auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Mit Bescheid vom wies der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark (im Folgenden: UVS Steiermark) die Berufung der Beschwerdeführerin gegen das wegen Verstoßes gegen die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Murtal vom wegen Verspätung zurück. Der UVS Steiermark begründet seine Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführerin das Straferkenntnis am zugestellt, aber "laut Eingangsdatum (E-Mail) die Berufung erst am um 06.54 Uhr" verspätet eingebracht worden sei. Aus der Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft Murtal über ihre Amtsstunden gehe hervor, dass bei außerhalb der Amtsstunden übermittelten elektronischen Anbringen diese erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden entgegengenommen würden und erst ab diesem Zeitpunkt als eingebracht und eingelangt anzusehen seien.
1.2. In der dagegen erhobenen, auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde behauptet die Beschwerdeführerin die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. § 13 Abs 5 AVG sei verfassungswidrig, weil "die Kundmachung der Verfügung der Behörde (einer Verordnung), wann sie bereit sei, E-Mails entgegenzunehmen, nicht genügend determiniert ist. Die Verordnungsermächtigung ist so ungenau, dass die darauf basierende Kundmachung der BH Murtal auf ihrer 'offiziellen Homepage' nicht ausreichend determiniert ist." Die Verordnungsermächtigung "im Internet" sei so vage, dass eine konkrete Verlautbarung dieser Verordnung nicht möglich sei. Es sei als gleichheitswidrig anzusehen, wenn es möglich sei, "im Rahmen der Post-Zustellung zu fingieren, dass die Zustellung mit Aufgabe als eingebracht gilt, im Rahmen des elektronischen Zustellverkehrs jedoch darauf abstellen zu wollen, dass es erst mit den Amtsstunden am nächsten Tag als eingelangt gilt".
1.3. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und trat darin den Beschwerdebehauptungen entgegen. Unstrittig sei, dass die Berufung außerhalb der Amtsstunden übermittelt worden sei. Aus den Gesetzesbestimmungen ergebe sich, dass die Ermächtigung der Behörde zur Einschränkung des elektronischen Verkehrs sich entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin aus § 13 Abs 2 und nicht aus Abs 5 AVG ableite. Eine Kundmachung von derartigen Beschränkungen sei nur im Internet vorgeschrieben, weitere Kundmachungserfordernisse seien nicht erkennbar.
1.4. Die Bezirkshauptfrau von Murtal erstattete eine Stellungnahme und hielt den Beschwerdevorwürfen entgegen, dass – obwohl gemäß § 13 Abs 2 zweiter Satz AVG etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten ausschließlich im Internet bekanntzumachen seien – die Kundmachung zusätzlich über ein Jahr an der Amtstafel der Bezirkshauptmannschaft Murtal dauernd angeschlagen gewesen sei. In den Erläuternden Bemerkungen zur Novelle BGBl I 5/2008 (RV294 BlgNR 23. GP) sei ausdrücklich die Möglichkeit erwähnt, dass eine Behörde ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden durch entsprechende Erklärungen mit der Wirkung zum Ausdruck bringen könne, dass elektronische Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt seien, erst zu einem späteren Zeitpunkt (mit Wiederbeginn der Amtsstunden) als eingebracht (und eingelangt) gälten. Zwar sei zuzugestehen, dass die Bekanntmachung nicht an einem "prominenten Platz" erfolgt sei, sie sei aber – wie die Beschwerdeführerin zugestanden habe – auffindbar gewesen. Wenn die Beschwerdeführerin zugebe, die Bekanntmachung gefunden, gelesen und zur Kenntnis genommen zu haben, so müsse ihr bewusst sein, dass sie ein nach Ende der Amtsstunden eingebrachtes elektronisches Anbringen nicht rechtzeitig einbringen könne.
2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs 2 letzter Satz des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl 51/1991, idF BGBl I 5/2008, sowie des § 13 Abs 5 AVG, BGBl 51/1991, idF BGBl I 100/2011, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am beschlossen, diese Gesetzesbestimmungen von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"[…]
2. § 13 Abs 5 AVG wurde in den vergangenen Jahren mehrfach novelliert und insbesondere im Hinblick auf neue Möglichkeiten der technischen Einbringung von Anbringen angepasst.
2.1. In der wiederverlautbarten Fassung des AVG, BGBl 51/1991, lautete § 13 Abs 5:
'(5) Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit, zur Entgegennahme schriftlicher Eingaben nur während der Amtsstunden verpflichtet. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind bei der Behörde durch Anschlag kundzumachen.'
2.2. Mit der Novelle BGBl I 158/1998 erhielt § 13 Abs 5 AVG folgende Fassung:
'(5) Zur Entgegennahme mündlicher oder telephonischer Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit, zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen nur während der Amtsstunden verpflichtet. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind bei der Behörde durch Anschlag kundzumachen. Mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebrachte Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden bei der Behörde einlangen, gelten erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als bei ihr eingelangt.'
Der Verwaltungsgerichtshof interpretierte diese Bestimmung dahin, dass eine mit Telefax eingebrachte Berufung spätestens am letzten Tag der Frist bis zum Ende der Amtsstunden bei der zuständigen Behörde eingelangt sein musste, um als innerhalb der Berufungsfrist eingebracht zu gelten (). Die Begriffe 'Einlangen' und 'Einbringen' stellten nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auf den gleichen Zeitpunkt, nämlich auf die Entgegennahme durch die Behörde ab (vgl. ; , 98/19/0036), allerdings das eine Mal aus dem Blickwinkel des Einschreiters, das andere Mal aus jenem der Behörde ( Hengstschläger/Leeb , AVG § 13, 2005, 142, Rz 36; VwSlg 15.462 A/2000; vgl. auch ).
Im Gegensatz dazu hob der Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis VfSlg 15.858/2000 einen Bescheid wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B-VG auf, mit dem eine nach den Amtsstunden, aber noch vor Ablauf des letzten Tages der Berufungsfrist per Telefax übermittelte Berufung als verspätet zurückgewiesen wurde. Der Verfassungsgerichtshof begründete dies damit, dass § 13 Abs 5 letzter Satz AVG idF BGBl I 158/1998 ausschließlich für den Beginn oder das Ende von jenen Fristen von Bedeutung wäre, die spezifisch auf das 'Einlangen' abstellten (zB § 73 Abs 1 und 3 AVG; vgl. auch
B1329/02 zur lex specialis des § 2 VersammlungsG), jedoch keine Bedeutung für die Wahrung von Fristen – wie jene des § 63 Abs 5 AVG – habe, bei denen es auf das 'Einbringen' ankäme (so auch ; , B2385/00
).
2.3. Dieser Divergenz in der Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts trug der Gesetzgeber durch die Novelle BGBl I 137/2001 folgendermaßen – im Sinne der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes – Rechnung:
'(5) Zur Entgegennahme mündlicher oder telefonischer Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit, zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen nur während der Amtsstunden verpflichtet. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind bei der Behörde durch Anschlag kundzumachen. Anbringen, die mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise binnen offener Frist eingebracht werden und außerhalb der Amtsstunden bei der Behörde einlangen, gelten als rechtzeitig eingebracht. Behördliche Entscheidungsfristen beginnen jedoch erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen.'
§13 Abs 5 dritter Satz AVG idF dieser Novelle normierte ausdrücklich, dass Anbringen, die auf elektronischem Weg binnen offener Frist eingebracht wurden, aber außerhalb der Amtsstunden bei der Behörde einlangten, als rechtzeitig eingebracht galten. Nur Rechtsfolgen, die an das 'Einlangen' eines Anbringens anknüpften (insbesondere 'behördliche Entscheidungsfristen'), traten erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden ein.
2.4. Der Gesetzgeber änderte § 13 Abs 5 AVG erneut mit der Novelle BGBl I 10/2004:
'(5) Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen nur während der Amtsstunden. Schriftliche Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden binnen offener Frist in einer technischen Form eingebracht werden, die die Feststellung des Zeitpunkts des Einlangens ermöglicht, gelten als rechtzeitig eingebracht. Behördliche Entscheidungsfristen beginnen jedoch erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmten Zeiten sind von der Behörde durch Anschlag an der Amtstafel sowie im Internet kundzumachen.'
Der Gesetzgeber nahm nunmehr auf schriftliche Anbringen in jeder technischen Form Bezug und stellte darauf ab, ob 'die Feststellung des Zeitpunkt des Einlangens' möglich war. Die Unterscheidung zwischen 'Einlangen' und 'Einbringen' wurde beibehalten, weshalb der Gesetzgeber die Novellierung auch 'nicht als Abgehen vom bisherigen Regelungsinhalt des Abs 5' verstanden wissen wollte (RV 252 BlgNR 22. GP, 12).
2.5. Mit der Novelle BGBl I 5/2008 erhielt § 13 E-Mail 5 AVG (im Wesentlichen) seine heutige Fassung:
'(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und durch Anschlag an der Amtstafel bekanntzumachen.'
Mit derselben Novelle änderte der Gesetzgeber auch § 13 E-Mail 2 AVG folgendermaßen:
'(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.'
2.6. Durch die jüngste Novelle BGBl I 100/2011 entfiel in § 13 Abs 5 letzter Satz AVG die Wortfolge 'durch Anschlag'.
3. Auf der Grundlage der geltenden Rechtslage sprach der Verwaltungsgerichtshof betreffend sowohl per E-Mail als auch per Telefax nach Ende der Amtsstunden, aber noch vor Ablauf des letzten Tages des Berufungsfrist eingelangter Berufungen aus, dass diese nicht fristwahrend erhoben wurden, wenn die Behörde zuvor gemäß § 13 E-Mail 2 AVG im Internet bekannt gemacht hatte, dass außerhalb der Amtsstunden per Fax, E-Mail oder Online-Formular übermittelte Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt gälten ().
4. Bei Behandlung der Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs 2 letzter Satz AVG, BGBl 51/1991, idF BGBl I 5/2008, sowie des § 13 Abs 5 AVG, BGBl 51/1991, idF BGBl I 100/2011, entstanden:
4.1. Schriftliche Anbringen können gemäß § 13 Abs 2 AVG in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, 'mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen'. Die Erläuterungen (RV 294 BlgNr 23. GP, 10) erachten den letzten Satz des § 13 Abs 2 AVG unter anderem als Grundlage für zeitliche Annahmebeschränkungen im Sinne des § 13 Abs 5 AVG für den elektronischen Verkehr zwischen Behörde und Beteiligten.
§13 Abs 2 letzter Satz AVG scheint somit der Behörde die Möglichkeit zu eröffnen, jegliche zeitliche Annahmebeschränkung vorzusehen. Die einzige Einschränkung scheint sich aus § 13 Abs 5 AVG zu ergeben, der die Behörde 'nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten'. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig von der Auffassung aus, dass § 13 Abs 2 letzter Satz AVG es der Behörde nicht erlaubt, während der Amtsstunden die Annahme von E-Mails einzuschränken. Die Amtsstunden sind gemäß § 13 Abs 5 AVG im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.
4.2. Nach der vorläufigen Auffassung dürften die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sowohl gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG als auch gegen den Gleichheitssatz verstoßen:
4.2.1. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG dürfte nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes zunächst darin bestehen, dass die Beteiligten (§8 AVG) nicht mit der nötigen Sicherheit wissen, ob und welche zeitlichen (oder sonstigen) Annahmebeschränkungen die jeweilige Behörde für schriftliches Anbringen in Form von E-Mail festsetzt. § 13 Abs 2 letzter Satz iVm Abs 5 AVG scheint der Behörde weder eine zeitliche Grenze für solche von ihr bestimmte Annahmebeschränkungen zu setzen noch scheint § 13 Abs 2 letzter Satz iVm Abs 5 AVG zu gewährleisten, dass solche Annahmebeschränkungen für die Beteiligten zB für die Dauer offener (Rechtsmittel)Fristen vorhersehbar sind.
Nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes dürfte es Art 18 B-VG erfordern, dass es der Gesetzgeber jedenfalls bei fristgebundenen Anbringen von Beteiligten (zB Rechtmittelfristen) nicht der Behörde – ohne jegliche Schranken – überlässt, zeitliche Annahmebeschränkungen für Anbringen mit E-Mail festzulegen. Daran dürfte auch § 13 Abs 5 AVG nichts ändern, wonach eine Behörde während der Amtsstunden verpflichtet ist, schriftliche Anbringen – zu denen auch solche mit E-Mail zählen dürften (so jedenfalls RV 294 BlgNR 23. GP, 12) – entgegenzunehmen und Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, weil es auch dabei im Belieben der Behörde oder des Organisations- oder Dienstrechtsgesetzgebers steht, die Amtsstunden frei festzulegen und auch jederzeit, somit beispielsweise auch während des Laufs einer (Rechtsmittel-)Frist, zu ändern.
Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass die Festlegung der Amtsstunden (durch Verordnung oder durch eine 'bloße' Kundmachung), an welche § 13 Abs 5 AVG knüpft, nach herrschender Auffassung aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht auf der Grundlage der Verwaltungsverfahrensgesetze, sondern der organisations- bzw. dienstrechtlichen Bestimmungen erfolgen dürfte (vgl. z.B. Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger , Verwaltungsverfahrensrecht 9 , Rn 157; so auch ausdrücklich RV294 BlgNR 23. GP, 12).
Dies dürfte nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes bedeuten, dass § 13 Abs 2 iVm Abs 5 AVG nur dann an Amtsstunden knüpfen dürfte, wenn der jeweils zuständige Organisationsgeber selbst bestimmte, allgemein gültige Amtsstunden festgelegt hat oder eine ausreichend bestimmte, die Interessen der Beteiligten (im Sinne des § 8 AVG) angemessen berücksichtigende, gesetzliche Grundlage für die Festlegung der (Mindestzeiten für) Amtsstunden erlässt. Dem Verfahrensgesetzgeber dürfte aber auch die Möglichkeit offen stehen, selbst allgemein gültige Regelungen darüber zu treffen, wann die Behörde zur Entgegennahme von Anbringen in Form von E-Mails verpflichtet ist (vgl. etwa § 13 Abs 5 AVG idF der Novelle BGBl I 158/1998 und das dazu ergangene Erkenntnis VfSlg 15.858/2000).
4.2.2. Schließlich scheint § 13 Abs 2 letzter Satz iVm § 13 Abs 5 AVG auch gegen den Gleichheitssatz zu verstoßen. Es ist nämlich vorderhand keine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar, dass es bei schriftlichen Anbringen, die einem Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 Zustellgesetz zur Übermittlung an die Behörde übergeben werden, auf den Zeitpunkt des Einlangens bei der Behörde nicht ankommt, weil die Tage des Postlaufes nicht eingerechnet werden, bei der Einbringung mit E-Mail aber darauf abgestellt wird, ob das E-Mail während der von der Behörde dafür festgesetzten Zeit einlangt, und zwar auch bei jenen Formen der elektronischen Einbringung, bei denen der Zeitpunkt des Einlangens (im Sinne der Rechtslage des § 13 Abs 5 AVG idF BGBl I 10/2004) oder Einbringens feststellbar ist. Unter dieser Voraussetzung dürfte es nämlich keine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von in Papierform einerseits und in elektronischer Form andererseits eingebrachten schriftlichen Anbringen geben (höchstens allenfalls – bei Feststellbarkeit nur des Einlangens – hinsichtlich einer auf Einlangen bzw. Einbringen abstellenden unterschiedlichen Behandlung).
[…]"
4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie zum einen beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht verfassungswidrig sind, und im Übrigen den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegentritt:
"[...]
1.1. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art 18 B VG:
1.1.1. In Punkt 4.1 des Einleitungsbeschlusses (Rz. 23 f) wird zunächst ua. ausgeführt:
'Die Erläuterungen (RV294 BlgNR 23. GP, 10) erachten den letzten Satz des § 13 Abs 2 AVG unter anderem als Grundlage für zeitliche Annahmebeschränkungen im Sinne des § 13 Abs 5 AVG für den elektronischen Verkehr zwischen Behörde und Beteiligten.
§13 Abs 2 letzter Satz AVG scheint somit der Behörde die Möglichkeit zu eröffnen, jegliche zeitliche Annahmebeschränkung vorzusehen.'
1.1.2. Nach Ansicht der Bundesregierung sind die Erläuterungen jedoch nicht in diesem Sinn auszulegen und können schon aus kompetenzrechtlichen Gründen auch nicht so ausgelegt werden.
§13 Abs 2 letzter Satz AVG nennt als Gegenstand der Bekanntmachung '[e]twaige technische Voraussetzungen und organisatorische Beschränkungen' (wobei erstere unter dem Gesichtspunkt des Gesetzesprüfungsverfahrens vernachlässigt werden können). Unter 'organisatorischen Beschränkungen' sind schon ihrem Wortlaut nach Beschränkungen zu verstehen, die sich aus der (Verwaltungs-)Organisation ergeben und damit ihre Grundlage im (Verwaltungs-)Organisationsrecht haben und nicht im (Verwaltungs-)Verfahrensrecht. Damit übereinstimmend wird in den Erläuterungen (294 BlgNR 23. GP, 10) ausgeführt:
'[O]rganisatorische Beschränkungen' des elektronischen Verkehrs sind zB Beschränkungen auf bestimmte Formen der elektronischen Übermittlung (vgl. den ersten Satz), Beschränkungen auf bestimmte elektronische Adressen (insb. E-Mail-Adressen) oder Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen (siehe dazu näher die Erläuterungen zum vorgeschlagenen Abs 5).'
Ebenso wenig wie § 13 Abs 5 AVG zur Festlegung ('Festsetzung') der Amtsstunden ermächtigt, ermächtigt § 13 Abs 2 letzter Satz AVG zur Festlegung zeitlicher Annahmebeschränkungen. Diese Bestimmung stellt also keine (gesetzliche) Grundlage für die Festlegung 'organisatorischer Beschränkungen' dar, sondern knüpft lediglich an etwaige 'organisatorische Beschränkungen' an. Solche 'organisatorischen Beschränkungen' bestehen von Rechts wegen oder sie bestehen eben nicht; weder das eine noch das andere kann der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber beeinflussen.
§13 Abs 2 letzter Satz AVG hat damit dieselbe Funktion wie sie § 13 Abs 2 zweiter Satz AVG(1925), BGBl Nr 274/1925 hatte: Da die Kenntnis bestimmter im Organisationsrecht getroffener Festlegungen (seinerzeit die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit, hier [sonstige] 'organisatorische Beschränkungen') für den Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten und damit für die Beteiligten indirekt von Bedeutung ist, verpflichtet das Verwaltungsverfahrensrecht dazu, diese entsprechend kundzumachen bzw. bekanntzumachen. Einfacher formuliert: § 13 Abs 2 letzter Satz AVG ist keine Ermächtigungsnorm, sondern lediglich eine Publizitätsvorschrift.
1.1.3. Der Sitz der vom Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommenen Verfassungswidrigkeit kann daher auch keinesfalls in der Publizitätsvorschrift des § 13 Abs 2 letzter Satz AVG gelegen sein. Rechtswidrig können nämlich nur jene (organisationsrechtlichen) Bestimmungen sein, die zur Festlegung 'organisatorischer Beschränkungen' ermächtigen – also die jeweils maßgeblichen Ermächtigungsnormen –, oder die die 'organisatorischen Beschränkungen' normierenden Vorschriften selbst.
1.2.1. In Punkt 4.2.1 des Einleitungsbeschlusses (Rz. 26) wird ausgeführt:
'4.2.1. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebotes des Art 18 B-VG dürfte nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes zunächst darin bestehen, dass die Beteiligten (§8 AVG) nicht mit der nötigen Sicherheit wissen, ob und welche zeitlichen (oder sonstigen) Annahmebeschränkungen die jeweilige Behörde für schriftliche Anbringen in Form von E-Mail festsetzt.'
1.2.2. Dass sich dieses Bedenken der Sache nach nicht gegen § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG, sondern nur gegen die zur Erlassung von 'organisationsrechtlichen Beschränkungen' ermächtigenden organisationsrechtlichen Bestimmungen richtet bzw. richten kann, wurde bereits dargelegt.
1.2.3. Es ist richtig, dass die Beteiligten nicht im Vorhinein wissen können, ob und welche 'organisatorische Beschränkungen' die Behörde für schriftliche Anbringen festlegen wird. Verfassungswidrig kann dies jedoch nach Ansicht der Bundesregierung schon deswegen nicht sein, weil 'organisatorische Beschränkungen', solange sie nicht festgelegt worden sind, eben nicht bestehen und daher den Verkehr zwischen Behörde und Beteiligten auch nicht beschränken können.
1.2.4. Sobald jedoch entsprechende 'organisatorische Beschränkungen' (durch das Organisationsrecht) festgelegt und gemäß § 13 Abs 2 letzter Satz im Internet bekanntgemacht sind, ist es für jedermann unschwer und mit Sicherheit feststellbar, ob und welche zeitlichen (oder sonstigen) Annahmebeschränkungen die jeweilige Behörde für schriftliche Anbringen in Form von E-Mail festgesetzt hat.
1.3.1. In Punkt 4.2.1 des Einleitungsbeschlusses (Rz. 26) wird weiters ausgeführt:
'§13 Abs 2 letzter Satz iVm Abs 5 AVG scheint der Behörde weder eine zeitliche Grenze für solche von ihr bestimmte Annahmebeschränkungen zu setzen noch scheint § 13 Abs 2 letzter Satz iVm Abs 5 AVG zu gewährleisten, dass solche Annahmebeschränkungen für die Beteiligten zB für die Dauer offener (Rechtsmittel-)Fristen vorhersehbar sind.'
1.3.2. Beide vorläufigen Annahmen des Einleitungsbeschlusses treffen nach Ansicht der Bundesregierung insofern zu, als Regelungen über 'organisatorische Beschränkungen' des Verkehrs zwischen Behörden und Beteiligten sowie über die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit zum Organisationsrecht gehören; die Verwaltungsverfahrensgesetze dürfen daher zur Erlassung solcher Regelungen weder ermächtigen, noch dürfen sie deren Inhalt näher determinieren. Dass § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG die im Einleitungsbeschluss monierten Kriterien nicht enthält, ergibt sich also aus der allgemeinen Kompetenzverteilung. Eine im Hinblick auf Art 18 B-VG verfassungswidrige Unbestimmtheit eines Gesetzes kann jedoch nach Ansicht der Bundesregierung keinesfalls darin gelegen sein, dass das Gesetz etwas nicht regelt, was es kompetenzmäßig überhaupt nicht regeln darf.
1.4.1. In Punkt 4.2.1 des Einleitungsbeschlusses (Rz. 27) wird ferner ausgeführt:
'Nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes dürfte es Art 18 B-VG erfordern, dass es der Gesetzgeber jedenfalls bei fristgebundenen Anbringen von Beteiligten (zB Rechtmitteln) nicht der Behörde – ohne jegliche Schranken – überlässt, zeitliche Annahmebeschränkungen für Anbringen mit E-Mail festzulegen. Daran dürfte auch § 13 Abs 5 AVG nichts ändern, wonach eine Behörde während der Amtsstunden verpflichtet ist, schriftliche Anbringen – zu denen auch solche mit E-Mail zählen dürften (so jedenfalls RV 294 BlgNR 23. GP, 12) – entgegenzunehmen und Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, weil es auch dabei im Belieben der Behörde oder des Organisations- oder Dienstrechtsgesetzgebers steht, die Amtsstunden frei festzulegen und auch jederzeit, somit beispielsweise auch während des Laufs einer (Rechtsmittel-)Frist, zu ändern.'
1.4.2. Wie bereits ausgeführt, ermächtigt § 13 Abs 2 letzter Satz AVG nicht zur Festlegung zeitlicher Annahmebeschränkungen, sondern knüpft an '[e]twaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen' an, die sich aus dem Organisationsrecht ergeben. Da der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber – denn nur dieser kann unter den Gesichtspunkten dieses Gesetzesprüfungsverfahrens hier gemeint sein – die Behörde durch § 13 Abs 2 letzter Satz AVG zu keinen wie immer gearteten Festlegungen ermächtigt, 'überlässt' er der Behörde damit auch nichts. Auch dieses Bedenken richtet sich daher der Sache nach gegen organisationsrechtliche Vorschriften.
1.4.3. Wie eine Abgrenzung der Kompetenztatbestände 'Verwaltungsverfahren' und 'Organisation (der Verwaltung in den Ländern)' (vgl. bereits Art 11 Abs 1 Z 7 und Art 12 Abs 1 Z 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl Nr 1/1920) zeigt, gehören Regelungen betreffend die Amtsstunden und den Parteienverkehr nicht zum Verwaltungsverfahrensrecht, sondern zum (Verwaltungs-)Organisationsrecht. Dies manifestiert sich insbesondere darin, dass der – gemäß § 4 Abs 2 des Übergangsgesetzes, BGBl Nr 2/1920, als Landesgesetz übergeleitete – § 36 der Amtsinstruktion für die politischen Bezirksämter, RGBl. Nr 52/1855, mit der Einführung der Verwaltungsverfahrensgesetze nicht aufgehoben wurde (vgl. ArtIII Abs 1 und Abs 2 Z 8 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl Nr 273/1925).
Obwohl bereits diese Bestimmung die Festsetzung der Amtsstunden nur knapp und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit überhaupt nicht determiniert, scheint der relativ weite Spielraum der Verwaltung bei der Festlegung der Amtsstunden und des Parteienverkehrs seit dem Jahr 1855 keine größeren rechtspolitischen Probleme aufgeworfen zu haben. Zumindest haben solche Probleme in Lehre und Rechtsprechung, soweit ersichtlich, bisher keinen Niederschlag gefunden.
Innerhalb des Organisationsrechts sind Regelungen betreffend die Amtsstunden und den Parteienverkehr der sogenannten 'inneren Organisation' zuzuordnen, welche nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes grundsätzlich keines Gesetzes bedarf. Der Einleitungsbeschluss geht von dieser jahrzehntelangen ständigen und gefestigten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes implizit ab. Dazu besteht jedoch nach Ansicht der Bundesregierung kein Grund.
1.4.4. Der Einleitungsbeschluss erachtet die Möglichkeit einer freien (organisationsrechtlichen) Festlegung der Amtsstunden durch die Behörde für verfassungsrechtlich bedenklich und illustriert diese mit dem Beispiel einer Änderung der Amtsstunden während einer laufenden Rechtsmittelfrist.
Dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Änderung der Amtsstunden der Behörde gerade Rechtsmittelfristen laufen, stellt nicht bloß eine entfernte Möglichkeit dar, sondern ist – gerade im Fall der 'Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern' – sogar sehr wahrscheinlich. Würde das (Organisations-)Gesetz die Änderung der Amtsstunden davon abhängig machen, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung keine Rechtsmittelfristen laufen dürfen, könnten die Amtsstunden dieser Behörden allerdings vermutlich nie geändert werden. Es erscheint daher nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern im Sinne einer tatsächlichen Realisierbarkeit geradezu sachlich geboten, die Zulässigkeit einer Änderung der Amtsstunden nicht an den Lauf allfälliger Rechtsmittelfristen anzuknüpfen.
Von entscheidender Bedeutung ist jedoch vor allem, dass die Änderung der Amtsstunden während einer laufenden Rechtsmittelfrist für sich allein unschädlich ist und nur unter folgenden Zusatzvoraussetzungen überhaupt zu einem Rechtsnachteil für den Rechtsmittelwerber führen kann:
– Der Rechtsmittelwerber (oder sein Vertreter) bringt das Rechtsmittel nicht mit der Post ein, sondern entscheidet sich für eine Einbringungsform, für die 'organisatorische Beschränkungen' vorgesehen sein können.
– Der Rechtsmittelwerber vergewissert sich vor Einbringung des Rechtsmittels (auf der Website der Behörde, an der Amtstafel der Behörde oder durch schriftliche, mündliche oder telefonische Anfrage), ob solche 'organisatorischen Beschränkungen' tatsächlich bestehen, und stellt in diesem Zusammenhang fest, um wieviel Uhr die Amtsstunden der Behörde am letzten Tag der Frist enden und dass die Behörde den elektronischen Verkehr mit E-Mail dahingehend beschränkt hat, dass das E-Mail vor Ende der Amtsstunden eingelangt sein muss.
– Der Rechtsmittelwerber bringt das Rechtsmittel am letzten Tag der Frist vor Ende der mutmaßlichen Amtsstunden ein und erfährt nachträglich, dass sein Rechtsmittel verspätet ist, weil die Amtsstunden von der Behörde in der Zwischenzeit verkürzt oder anders festgelegt wurden.
Eine solche Fallkonstellation wird sich in der Praxis nach Einschätzung der Bundesregierung kaum je ereignen und es ist ihrer Ansicht nach überaus bezeichnend, dass sie auch dem Anlassfall nicht zugrunde liegt: In diesem Fall wurde das Rechtsmittel vom berufsmäßigen Parteienvertreter nämlich eingebracht, ohne dass sich dieser vorher vergewissert hätte, ob und gegebenenfalls welche 'technischen Voraussetzungen oder organisatorischen Beschränkungen' bestehen. Auch blieben die im Anlassfall maßgeblichen Regelungen der Behörde während des gesamten Laufs der Rechtsmittelfrist unverändert. Nach Ansicht der Bundesregierung liegt geradezu auf der Hand, dass diese Fallkonstellation – und nicht die im Einleitungsbeschluss erwähnte Fallkonstellation – den statistischen Regelfall der Fristversäumung bilden wird.
Sollte sich ein solcher Fall trotzdem einmal ereignen, ist dem Rechtsschutzbedürfnis des Rechtsmittelwerbers im Übrigen durch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung ausreichend Rechnung getragen: Denn die Änderung der Amtsstunden während des Laufs der Rechtsmittelfrist ist in der Tat ein 'Ereignis', das für den Rechtsmittelwerber sowohl 'unvorhergesehen' als auch 'unabwendbar' ist, und da sich dieser zuvor mit der (früher) geltenden Rechtslage vertraut gemacht hat, trifft ihn an der Fristversäumung auch kein Verschulden.
1.5.1. In Punkt 4.2.1 des Einleitungsbeschlusses (Rz. 29) wird weiters ausgeführt:
'Dies dürfte nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes bedeuten, dass § 13 Abs 2 iVm Abs 5 AVG nur dann an Amtsstunden knüpfen darf, wenn der jeweils zuständige Organisationsgesetzgeber selbst bestimmte, allgemein gültige Amtsstunden festgelegt hat oder eine ausreichend bestimmte, die Interessen der Beteiligten (im Sinne des § 8 AVG) angemessen berücksichtigende, gesetzliche Grundlage für die Festlegung der (Mindestzeiten für) Amtsstunden erlässt. Dem Verfahrensgesetzgeber dürfte aber auch die Möglichkeit offen stehen, selbst allgemein gültige Regelungen darüber zu treffen, wann die Behörde zur Entgegennahme von Anbringen in Form von E-Mails verpflichtet ist (vgl. etwa § 13 Abs 5 AVG idF der Novelle BGBl I 158/1998 und das dazu ergangene Erkenntnis VfSlg 15.858/2000).'
1.5.2. Die Bundesregierung teilt zunächst die in den zitierten Ausführungen zum Ausdruck kommende Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes, dass es sich bei der Bezugnahme in § 13 Abs 5 erster Satz AVG auf die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit um (bloße) Anknüpfungen – und nicht etwa um (dynamische) Verweisungen – handelt.
Enthielten § 13 Abs 2 zweiter Satz und § 13 Abs 5 AVG Verweisungen auf das Organisationsrecht, wäre den im Einleitungsbeschluss geäußerten, vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes vollinhaltlich beizupflichten. Eine allfällige verfassungswidrige Unbestimmtheit der verwiesenen Normen hätte in diesem Fall nämlich zwangsläufig eine ebensolche Verfassungswidrigkeit der Verweisung zur Folge.
Wie bereits ausgeführt, enthalten § 13 Abs 2 zweiter Satz und § 13 Abs 5 AVG jedoch keine Verweisungen, sondern bloße Anknüpfungen an organisationsrechtliche Tatbestände. Dies wirft die Frage auf, ob auch die (mögliche) Unbestimmtheit von solchen Anknüpfungsobjekten die Verfassungswidrigkeit einer solchen Anknüpfung zur Folge haben kann.
In Bezug auf eine verfahrensrechtliche Anknüpfung an den Inhalt organisationsrechtlicher Regelungen über die Amtsstunden und den Parteienverkehr hätte die im Einleitungsbeschluss geäußerte, vorläufige Auffassung etwa zur Konsequenz, dass der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber – bei sonstiger Verfassungswidrigkeit – im AVG nur dann an die Regelungen über die Amtsstunden und über den Parteienverkehr anknüpfen dürfte, wenn das Organisationsrecht die Amtsstunden und den Parteienverkehr aller Verwaltungsbehörden, die das AVG anzuwenden haben , in im Hinblick auf Art 18 B-VG hinreichend bestimmter Weise regelt (seit dem Inkrafttreten der Generalklausel des ArtI Abs 2 EGVG mit ist das, vorbehaltlich der sachlichen Ausnahmen des Abs 3 leg. cit., jede Verwaltungsbehörde, die ein 'behördliches Verfahren' durchzuführen hat). Streng genommen könnte es dabei nicht einmal mit einer inzidenten Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzesrechts sein Bewenden haben: Denn selbst wenn die gesetzlichen Ermächtigungen zur Regelungen der Amtsstunden und des Parteienverkehrs des Organisationsrechts der Behörden im Hinblick auf Art 18 B-VG hinreichend bestimmt wären, würde das selbst noch nicht garantieren, dass von diesen gesetzlichen Ermächtigungen zur Regelung der Amtsstunden und des Parteienverkehrs auch in vollem Umfang und in gesetzmäßiger Weise Gebrauch gemacht worden ist. Wären jedoch im Anwendungsbereich des AVG die Regelungen über die Amtsstunden und den Parteienverkehr auch nur einer einzigen Verwaltungsbehörde gesetzwidrig oder die bezughabenden gesetzlichen Ermächtigungen im Organisationsgesetz im Hinblick auf Art 18 B-VG verfassungswidrig, so hätte dies nach der im Einleitungsbeschluss vorläufig geäußerten Auffassung zur Konsequenz, dass der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber bei sonstiger Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen des AVG nicht an den Inhalt dieser organisationsrechtlichen Regelungen anknüpfen dürfte. Und selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass dies einmal der Fall gewesen sein sollte, würden die Bestimmungen des AVG invalidieren, sobald auch nur ein einziges der maßgeblichen Organisationsgesetze den Anforderungen nicht mehr entspricht.
Um es auf den Punkt zu bringen: Nach der im Einleitungsbeschluss vorläufig geäußerten Auffassung wäre es verfassungsrechtlich nicht (mehr) zulässig, im Verwaltungsverfahrensrecht an die Amtsstunden und den Parteienverkehr anzuknüpfen, und zwar nicht nur im Zusammenhang mit der 'Entgegennahme' von Anbringen, sondern generell. Denn der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber kann die Amtsstunden und den Parteienverkehr aus kompetenzrechtlichen Gründen weder selbst regeln noch kann er die hinreichende Bestimmtheit im Sinne des Art 18 B-VG der organisationsrechtlichen Vorschriften über die Amtsstunden und den Parteienverkehr der (aller) Verwaltungsbehörden, die das AVG anzuwenden haben, voraussetzen oder gar gewährleisten.
In diesem Sinne wären etwa auch an den 'Sitz' oder an den 'Sprengel' anknüpfende Verfahrensregelungen (wie § 40 Abs 1 AVG) bereits dann verfassungswidrig, wenn die organisationsrechtlichen Regelungen über den Sitz oder den Sprengel einer einzigen Behörde nicht dem Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG entsprächen.
1.5.3. Nach Ansicht der Bundesregierung kann Art 18 B-VG ein derartiger Inhalt jedoch nicht unterstellt werden.
1.5.4. In diesem Sinne hat die Frage der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit jener Normen, an die von einer anderen Rechtssetzungsautorität in verfassungsrechtlich zulässiger Weise angeknüpft wird, in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bisher auch kaum eine Rolle gespielt. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt (siehe VfSlg 19.645/2012 mwH), ist es
'[k]einem Gesetzgeber [...] verfassungsrechtlich verwehrt, an die von einer anderen Rechtssetzungsautorität geschaffene Rechtslage anknüpfend, diese Rechtslage oder die darauf gestützten Vollzugsakte zum Tatbestandselement seiner eigenen Regelung zu machen. Entscheidendes Kriterium einer derartigen – verfassungsrechtlich zulässigen – tatbestandlichen Anknüpfung an fremde Normen oder Vollzugsakte ist, dass die zum Tatbestandselement erhobene (fremde) Norm nicht im verfassungsrechtlichen Sinn vollzogen, sondern lediglich ihre vorläufige inhaltliche Beurteilung dem Vollzug der eigenen Norm zugrunde gelegt wird (vgl. VfSlg 8161/1977, 9546/1982, 12.384/1990).
Nichts anderes geschieht jedoch in § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG.
Besonders bedeutsam erscheint in diesem Zusammenhang das Erkenntnis VfSlg 12.384/1990, in welchem der Verfassungsgerichtshof das Standortverbot des § 15 Z 1 der Gewerbeordnung 1973 für verfassungsmäßig erachtet hat. Nach der im Einleitungsbeschluss vorläufig geäußerten Auffassung hätte dies nämlich erfordert, dass alle Ermächtigungen in allen landesgesetzlichen 'Rechtsvorschriften' (insbesondere auch aller Raumordnungsgesetze) aller Länder im Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dem Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG entsprechen. Ein solche Prüfung der Verfassungsmäßigkeit weiter Teile des Landesrechts nahm der Verfassungsgerichtshof mit diesem Erkenntnis jedoch nicht vor, sondern führt darin lediglich aus:
'Insofern § 15 Z 1 GewO 1973 fremde Rechtsvorschriften, deren Vollzug verfassungsrechtlich einer anderen Autorität überlassen ist, einer – vorläufigen und daher der Beurteilung einer Vorfrage gleichkommenden – Anwendung durch die Gewerbebehörde eröffnet, steht dem weder vom Standpunkt der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung noch von der gebotenen Wahrnehmung seiner Kompetenz durch den jeweils zuständigen Gesetzgeber ein verfassungsrechtliches Hindernis entgegen. Daß § 15 Z 1 GewO 1973 auch dem Legalitätsprinzip nicht widerspricht, ergibt sich schon daraus, daß im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung lediglich jene 'Rechtsvorschriften' von der Gewerbebehörde gemäß § 15 Z 1 GewO 1973 heranzuziehen sind, die mit hinreichender Deutlichkeit und Bestimmtheit die betreffende gewerbliche Betätigung standortbezogen verbieten.'
Nach Ansicht der Bundesregierung ergibt sich daraus, dass § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG dem Legalitätsprinzip ebenfalls nicht widersprechen, und zwar schon deswegen, weil im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung lediglich jene Regelungen heranzuziehen sind, die mit hinreichender Deutlichkeit und Bestimmtheit die Amtsstunden oder den Parteienverkehr regeln. In Bezug auf die Regelungen betreffend die Amtsstunden und den Parteienverkehr der Bezirkshauptmannschaften ist dies in allen Ländern offensichtlich der Fall.
1.5.5. Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, dass der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber in allgemeiner Weise regeln kann, innerhalb welcher Zeiträume die Behörde zur Entgegennahme von Anbringen verpflichtet ist. Bereits § 13 Abs 2 StF AVG, BGBl Nr 274/1925, bestimmte nämlich:
'(2) Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr im Verzuge, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit, zur Entgegennahme schriftlicher Eingaben nur während der Amtsstunden verpflichtet. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind bei der Behörde durch Anschlag kundzumachen.'
In Verbindung mit ArtI § 3 Z 2 der B-VG-Novelle 1929, BGBl Nr 392/1929, ergibt sich aus dieser Bestimmung die kompetenzrechtliche Zulässigkeit einer solchen Regelung unter Inanspruchnahme des Kompetenztatbestandes 'Verwaltungsverfahren...' im Sinne des Art 11 Abs 2 BVG. Gegenstand einer solchen Regelung sind nämlich nicht die Amtsstunden oder der Parteienverkehr selbst, sondern ist die (verfahrensrechtliche) Verpflichtung der Behörde zur Entgegennahme von Anbringen.
Der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber kann die Entgegennahme von Anbringen in Anknüpfung an organisationsrechtliche Tatbestände regeln, er muss dies jedoch nicht tun. Dass es dem Verfahrensgesetzgeber freisteht, die Verpflichtung zur Entgegennahme von Anbringen auch anders als durch Anknüpfung an organisationsrechtliche Tatbestände zu regeln, bedeutet freilich nicht, dass es ihm untersagt wäre, an derartige organisationsrechtliche Tatbestände anzuknüpfen. Bei schriftlichen Anbringen liegt eine Anknüpfung an die Amtsstunden nämlich ebenso nahe wie bei mündlichen Anbringen eine Anknüpfung an die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit: Nach Beendigung der Amtsstunden einlangende Anbringen können nämlich in der Regel nicht mehr bearbeitet werden und eine Verpflichtung zur Entgegennahme von mündlichen Anbringen auch außerhalb der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit würde den Zweck einer Regelung des Parteienverkehrs ad absurdum führen.
Die Anknüpfung an die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit hat zwar notwendigerweise zur Folge, dass die Zeiträume, innerhalb deren Anbringen eingebracht werden können, von Behörde zu Behörde unterschiedlich sein können. Das ist jedoch schon deswegen unvermeidlich, weil nach der allgemeinen Kompetenzverteilung auch die Organisationshoheit – und damit die Zuständigkeit zur Festlegung der Amtsstunden und der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit – zwischen den Gebietskörperschaften verteilt ist. Einheitliche Amtsstunden und für den Parteienverkehr bestimmte Zeiten für alle Behörden kann es im Bundesstaat eben nicht geben.
Es ist allerdings kein Spezifikum des elektronischen Verkehrs (oder des E-Mail-Verkehrs), dass bestimmte Tage und Tageszeiten für die Einbringung von Anbringen nicht zur Verfügung stehen: Denn auch wer ein schriftliches Anbringen außerhalb der Amtsstunden bei der Einlaufstelle der Behörde abzugeben versucht oder bei der Behörde zwar während der Amtsstunden, aber außerhalb der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit vorsprechen möchte, wird damit in der Regel scheitern. Die Erläuterungen (294 BlgNR 23. GP, 10 f) führen in diesem Zusammenhang aus:
'Bereits nach der Stammfassung des AVG stand es allerdings im Ermessen der Behörde, schriftliche Anbringen ('Eingaben') auch außerhalb der Amtsstunden entgegenzunehmen (arg. 'nur während der Amtsstunden verpflichtet'). Eine solche Bereitschaft zur Entgegennahme von Anbringen auch außerhalb der Amtsstunden kann sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlgNF 5833A/1962, 13.909A/1993) zB aus der Aufstellung eines Einlaufkastens ergeben: Sofern dieser keine gegenteiligen Hinweise beim Briefschlitz (wie zB einen Zeitpunkt der letzten Entleerung) enthält, gelten Anbringen diesfalls mit dem Einwurf in den Einlaufkasten als eingebracht (und eingelangt); bei Angabe eines Entleerungszeitpunktes ist dies hingegen erst mit diesem Zeitpunkt der Fall (in diesem Sinne Walter/Mayer , Verwaltungsverfahrensrecht 8 [2003] Rz 238, Wessely , Die Tücken der Technik – Zum 'maschinellen' Verkehr zwischen Bürger und Behörde, ÖJZ2000, 701 [703] und Hengstschläger/Leeb , AVG [2004] § 13 Rz 35 unter Hinweis auf das – allerdings den Einwurf in einen Briefkasten bzw. den Beginn des Post(en)laufs betreffende – Erkenntnis Zl. 95/10/0206).
Hält daher die Behörde auch außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit und langt das Anbringen nach dem Ende der Amtsstunden (aber noch am letzten Tag einer allfälligen Frist) bei ihr ein, so gilt das Anbringen noch am selben Tag (und damit als rechtzeitig) eingebracht; langt es hingegen erst am nächsten Tag ein, so gilt es erst an diesem Tag (und damit nach Fristablauf) als eingebracht, weil das Post(en)laufprivileg des § 33 Abs 3 AVG für derartige Übermittlungsformen nicht gilt ( Hengstschläger/Leeb , AVG [2004] § 33 Rz 3). Nicht anders als im Fall des Einlaufkastens ist allerdings anzunehmen, dass die Behörde ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden durch entsprechende Erklärungen mit der Wirkung zum Ausdruck bringen kann, dass elektronische Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt (mit Wiederbeginn der Amtsstunden) als eingebracht (und eingelangt) gelten.'
Zeitliche Beschränkungen für die Einbringung von Anbringen bestanden seit jeher, und sind für die (Vorgängerbehörden der) Bezirkshauptmannschaften bereits in der Amtsinstruktion aus dem Jahr 1855 nachweisbar (vgl., außer dem bereits zitierten § 36, § 47 der Amtsinstruktion, wonach der Amtsvorsteher 'nicht nur während der Amtsstunden Jedermann den Zutritt zu gestatten [hatte], sondern [...] als verantwortlicher Leiter des Amtes verpflichtet [war], in dringenden Fällen zu jeder Stunde Gehör zu geben' hatte, und § 70 der Amtsinstruktion, wonach das Einreichungsprotokoll 'während der Amtsstunden offen zu halten' war). Sofern am Amtsgebäude der Behörde kein Einlaufkasten angebracht war, musste eine Übergabe schriftlicher Anbringen außerhalb der Amtsstunden damit lange Zeit schon daran scheitern, dass eine solche Übergabe faktisch eben nicht möglich war. Aber auch nach der Entwicklung moderner Kommunikationstechnologien wie der Telegraphie oder des Telefaxverkehrs bestand für die Behörde immerhin noch die Möglichkeit, ihre Empfangsgeräte mit Beendigung der Amtsstunden auszuschalten (und damit ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme von Anbringen außerhalb der Amtsstunden konkludent zum Ausdruck zu bringen). Mit der Einführung des E-Mail-Verkehrs kam diese Option jedoch praktisch nicht mehr in Betracht, weil elektronische Serversysteme nicht beliebig vom Netz genommen werden können.
Es der Behörde zu erlauben, den elektronischen Verkehr mit den Beteiligten auf bestimmte Zeiträume zu beschränken, mag nicht ohne weiteres verständlich erscheinen. Es wird jedoch verständlicher, wenn man bedenkt, dass § 13 AVG für alle Anbringen gilt und prinzipiell jedes Anbringen – in welcher Form auch immer dieses übermittelt wurde – Handlungspflichten der Behörde auslösen kann, denen sie außerhalb der Amtsstunden nicht entsprechen kann, weil während dieser Zeit eben 'niemand da' ist. Letzteres gilt insbesondere für Anbringen, deren Einbringung an einem Freitag oder einem Tag erfolgt, auf den ein oder mehrere gesetzliche Feiertage folgen. Wenn man schließlich bedenkt, dass außerhalb der Amtsstunden, von den Sonderfällen der Einlaufkästen oder Briefschlitze abgesehen, schriftliche Anbringen bei der Behörde nicht unmittelbar eingebracht werden können und Anbringen auch weder mündlich noch telefonisch eingebracht werden können, erscheint es geradezu konsequent, es der Behörde zu gestatten, auch in Bezug auf außerhalb der Amtsstunden elektronisch übermittelte Anbringen ihre mangelnde Annahmebereitschaft durch entsprechende Erklärungen zum Ausdruck zu bringen; mangelnde Annahmebereitschaft nicht in dem Sinn, dass die Entgegennahme des Anbringens 'verweigert' wird – was bei elektronisch übermittelten Anbringen ja nicht möglich wäre –, sondern indem ein Einlangen der Anbringen im elektronischen Verfügungsbereich der Behörde, das außerhalb der Amtsstunden erfolgt, von der Behörde für rechtlich unbeachtlich erklärt werden kann (ebenso wie ein während dieser Zeit erfolgter Einwurf eines Schriftstücks in einen Einlaufkasten oder Briefschlitz der Behörde).
Regelungen, die – in Bezug auf elektronische Anbringen – ein Einlangen von Anbringen, die bereits in den elektronischen Verfügungsbereich der Behörde gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden fingieren, haben daher ihren guten Sinn. Solche Regelungen stellen nämlich lediglich auf jenen Zeitpunkt ab, ab welchem eine Behandlung des Anbringens, also ein Tätigwerden der Behörde, bei realistischer Betrachtung frühestens erwartet werden kann. Dass es in Bezug auf Handlungspflichten der Behörde sachlich gerechtfertigt, wenn nicht sogar sachlich geboten ist, an diesen Zeitpunkt anzuknüpfen, liegt nach Ansicht der Bundesregierung auf der Hand. Dies zeigt auch ein Vergleich der Übermittlung von Anbringen mit E-Mail mit dem Fall, in welchem das Anbringen in einen Einlaufkasten oder Briefschlitz eingeworfen wird: In diesen Fällen wurden nämlich Vermerke, wonach eingeworfene Schriftstücke erst zu einem späteren Zeitpunkt (mit Wiederbeginn der Amtsstunden) als eingebracht (und eingelangt) gelten, nie als problematisch angesehen. Diese Fälle unterscheiden sich jedoch in den wesentlichen Aspekten nicht vom Fall der elektronischen Übermittlung von Anbringen (insb. einer Übermittlung mit E-Mail).
1.5.6. Vor dem Hintergrund der im Einleitungsbeschluss gegen § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG geäußerten Bedenken im Hinblick auf Art 18 B-VG scheint die Aussage im Einleitungsbeschluss, dem Verwaltungsverfahrensgesetzgeber stehe die Möglichkeit offen, selbst allgemein gültige Regelungen darüber zu treffen, wann die Behörde zur Entgegennahme von Anbringen in Form von E-Mails verpflichtet ist, allerdings den Vorwurf zu beinhalten, der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber habe dies nach geltender Rechtslage nicht getan. Diese trifft jedoch nach Ansicht der Bundesregierung nicht zu:
Unter welchen Voraussetzungen die Behörde zur Entgegennahme von schriftlichen und mündlichen Anbringen verpflichtet ist, ist in § 13 Abs 5 erster Satz AVG abschließend und in allgemeiner Weise geregelt. Danach darf insbesondere die Entgegennahme von Anbringen während der Amtsstunden nicht verweigert werden.
Anders als in den Fällen der Übergabe (Überreichung) von schriftlichen Anbringen bei der Behörde (in deren Einlaufstelle) kommt jedoch in den Fällen der elektronischen Übermittlung (also insbesondere auch im Fall der Übermittlung mit E-Mail) eine ('Verweigerung' der) 'Entgegennahme' schon deswegen nicht in Betracht, weil es in diesen Fällen zu keinem Kontakt zwischen Beteiligten und Behördenvertretern kommt, bei dem ein Anbringen 'entgegengenommen' oder dessen Entgegennahme 'verweigert' werden könnte. § 13 Abs 5 erster Satz AVG differenziert daher ausdrücklich zwischen der 'Entgegennahme' von Anbringen einerseits und der Verpflichtung, Empfangsgeräte bereitzuhalten, andererseits. Die 'Empfangsbereithaltung' der Empfangsgeräte ist also von Gesetzes wegen kein Fall der 'Entgegennahme' von Anbringen im Sinn des ersten Tatbestandes des § 13 Abs 5 erster Satz AVG, sondern ein eigener Tatbestand. Dass schriftliche Anbringen in jeder technisch möglichen Form (also auch mit E-Mail) übermittelt werden können, besagt also nicht, dass auch bei der elektronischen Übermittlung eines Anbringens eine Situation auftreten könnte, in der sich die Frage einer 'Entgegennahme' dieses Anbringens im Sinne des ersten Tatbestandes des § 13 Abs 5 erster Satz AVG stellt; dieser Fall ist vielmehr im zweiten Tatbestand des § 13 Abs 5 erster Satz AVG abschließend geregelt.
Andererseits scheint den zitierten Ausführungen im Einleitungsbeschluss die Vorstellung zugrunde zu liegen, die in § 13 Abs 2 zweiter Satz AVG genannten und in den Erläuterungen (294 BlgNR 23. GP, 10) angesprochenen 'organisatorischen Beschränkungen' könnten Regelungen über die 'Entgegennahme' von Anbringen enthalten. Von solchen Regelungen ist in diesen Erläuterungen jedoch nicht die Rede und zwar mit gutem Grund, hat der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber doch in § 13 Abs 5 AVG die Entgegennahme schriftlicher und mündlicher Anbringen (einschließlich der 'Entgegennahme' elektronisch übermittelter Anbringen durch die Empfangsbereithaltung von Empfangsgeräten) selbst abschließend geregelt. Wie bereits ausgeführt, kann und darf die 'Entgegennahme' schriftlicher Anbringen in organisationsrechtlichen Vorschriften aus kompetenzrechtlichen Gründen ja auch nicht geregelt werden.
Demgemäß enthalten die im Anlassfall maßgeblichen organisationsrechtlichen Vorschriften auch keine Regelungen über die 'Entgegennahme' von (elektronischen) Anbringen, sondern – in Übereinstimmung mit den Erläuterungen (294 BlgNR 23. GP, 11) – lediglich Aussagen über den Zeitpunkt der Einbringung und des Einlangens außerhalb der Amtsstunden (also Regelungen, wie sie den einschlägigen Vermerken auf Einlaufkästen, Briefschlitzen etc. entsprechen). Denn nur derartige Regelungen können in den Organisationsvorschriften überhaupt getroffen werden.
1.2. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz:
1.2.1. In Punkt 4.2.2 des Einleitungsbeschlusses (Rz. 30) wird schließlich ausgeführt:
'4.2.2. Schließlich scheint § 13 Abs 2 letzter Satz iVm § 13 Abs 5 AVG auch gegen den Gleichheitssatz zu verstoßen. Es ist nämlich vorderhand keine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar, dass es bei schriftlichen Anbringen, die einem Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 Zustellgesetz zur Übermittlung an die Behörde übergeben werden, auf den Zeitpunkt des Einlangens bei der Behörde nicht ankommt, weil die Tage des Postlaufes nicht eingerechnet werden, bei der Einbringung mit E-Mail aber darauf abgestellt wird, ob das E-Mail während der von der Behörde dafür festgesetzten Zeit einlangt, und zwar auch bei jenen Formen der elektronischen Einbringung, bei denen sowohl der Zeitpunkt des Einlangens (im Sinne der Rechtslage des § 13 Abs 5 AVG idF BGBl I 10/2004) als auch jener des Einbringens feststellbar ist. Unter dieser Voraussetzung dürfte es nämlich keine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von in Papierform einerseits und in elektronischer Form andererseits eingebrachten schriftlichen Anbringen geben.'
1.2.2. Nach Ansicht der Bundesregierung richten sich diese Bedenken der Sache nach nicht gegen § 13 Abs 2 letzter Satz iVm. § 13 Abs 5 AVG, sondern gegen das Postlaufprivileg des § 33 Abs 3 AVG (der jedoch nicht Gegenstand des Einleitungsbeschlusses ist). Dies zeigt sich schon daran, dass die unterschiedlichen fristenrechtlichen Konsequenzen für mit der Post oder durch einen Zustelldienst übermittelte Anbringen einerseits und in sonstiger Form (insb. in elektronischer Form, aber auch durch einen Boten) übermittelte schriftliche Anbringen andererseits auch nach einer allfälligen Aufhebung von § 13 Abs 2 letzter Satz oder § 13 Abs 5 AVG unverändert fortbestehen würden. Wegfallen würden diesfalls nämlich lediglich die in § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG normierten Verpflichtungen der Behörde. So wären etwa elektronisch übermittelte (zB in einem Telefax oder in einem E-Mail enthaltene) Anbringen, die zwar am Ende des letzten Tages der Frist vor dem Ende der Amtsstunden abgesandt werden, aber aus irgendwelchen Gründen (zum Beispiel wegen einer technischen Störung) erst am nächsten Tag einlangen, auch weiterhin als verspätet anzusehen; ebenso Anbringen, die einem Boten vor dem Ende der Amtsstunden übergeben wurden. Im Anwendungsbereich des § 33 Abs 3 AVG wäre dies hingegen nicht der Fall.
1.2.3. § 13 Abs 2 letzter Satz AVG und § 13 Abs 5 zweiter Satz AVG sind, wie bereits dargelegt, bloße Publizitätsvorschriften. § 13 Abs 5 erster Satz AVG normiert, innerhalb welcher Zeiträume die Behörde zur Entgegennahme von Anbringen und zur Empfangsbereithaltung von Empfangsgeräten verpflichtet ist. Die 'Behandlung' von Anbringen wird in keiner dieser Bestimmungen geregelt; insbesondere ergibt sich aus diesen Bestimmungen weder eine Berechtigung noch eine Verpflichtung der Behörde, Anbringen abhängig von der Form, in der sie übermittelt wurden, unterschiedlich zu 'behandeln'. In diesem Sinne ermächtigen die maßgeblichen organisationsrechtlichen Bestimmungen auch nicht dazu, ein außerhalb der Amtsstunden eingebrachtes Anbringen in irgendeiner Weise zu 'behandeln', sondern sagen lediglich, dass die Rechtswirkungen der Einbringung bzw. des Einlangens solcher Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden eintreten.
Aus einer nach der Art der Übermittlung differenzierenden Regelung, wonach bestimmte vor dem Einlangen des Anbringens bei der Behörde liegende Zeiträume in die Frist nicht einzurechnen sind (also der Fristbeginn gleichsam vorverlagert wird), kann daher auch nichts für die Beantwortung der Frage gewonnen werden, ob die Verpflichtungen des § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG zur Bekanntmachung von (technischen und) organisatorischen Beschränkungen, zur Entgegennahme von Anbringen und Empfangsbereithaltung von Empfangsgeräten und zur Bekanntmachung der Amtsstunden und der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit rechtmäßig sind. Ob ein nach Beendigung der Amtsstunden bereits tatsächlich in den elektronischen Verfügungsbereich der Behörde gelangendes Anbringen – ebenso wie ein in einen Einlaufkasten oder Briefschlitz der Behörde eingeworfenes Anbringen – als erst bei Wiederbeginn der Amtsstunden (eingebracht und) eingelangt fingiert werden darf, ist vielmehr ausschließlich eine Frage des Organisationsrechts und dessen Verfassungsmäßigkeit.
1.2.4. Für das gegenständliche Gesetzesprüfungsverfahren kann sich die Bundesregierung daher auf die Aussage beschränken, dass § 13 Abs 2 letzter Satz AVG oder § 13 Abs 5 AVG keinesfalls Sitz der vom Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommenen Gleichheitswidrigkeit sein können.
[…]"
Für den Fall der Aufhebung der durch den Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen Bestimmungen beantragt die Bundesregierung, für deren Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu setzen, weil in diesem Fall das System der elektronischen Übermittlung von Anbringen gemäß § 13 AVG sowie insbesondere auch das Postlaufprivileg des § 33 Abs 3 AVG grundlegend überdacht und neu geregelt werden müssten.
5. Im Zuge des Vorverfahrens wurden auch die Landesregierungen eingeladen, Äußerungen zu erstatten.
5.1. Die Kärntner Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegentritt:
"[...]
Zu den Bedenken im Licht des Bestimmtheitsgebotes:
Mit § 13 Abs 2 letzter Satz und Abs 5 letzter Satz AVG scheint der Verfahrensgesetzgeber (Art11 Abs 2 B-VG) tatbestandlich an – bekanntgemachte – bestehende organisatorische Gegebenheiten der jeweiligen Behörde anzuknüpfen (vgl. etwa VfSlg 8172/1977, 9.546/1982, 10715/1985 und 12.384/1990). Diese Gegebenheiten sind dem Vollzug – hier: dem Verkehr zwischen Beteiligten und Behörde – zu Grunde zu legen. Technische Voraussetzungen des elektronischen Verkehrs ergeben sich wesentlich aus der Leistungsfähigkeit der eingesetzten EDV-Technik und mithin der sachlichen Ausstattung der jeweiligen Behörde, während organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs sowie Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit naturgemäß mit Erfordernissen eines zweckentsprechenden und geregelten Dienstbetriebs zusammenhängen. Die Organisation der Sachmittel und innerdienstliche Maßnahmen zur Ausübung der Organfunktionen zählen zum Kreis der Angelegenheiten der Leitung des inneren Dienstes, die im Bereich des Amtes der Landesregierung von Verfassungs wegen dem Landesamtsdirektor unter der unmittelbaren Aufsicht des Landeshauptmannes als Vorstand des Amtes der Landesregierung obliegen (§1 Abs 1 und 3 des Bundesverfassungsgesetzes betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, BGBl Nr 289/1925, in der Fassung BGBl I Nr 2/2008; Art 106 B-VG; § 8 Abs 5 lita Übergangsgesetz 1920). Soweit eine Bezirkshauptmannschaft betroffen ist, kommt die Organisationsgewalt gesetzlich dem Bezirkshauptmann als Vorstand der Bezirkshauptmannschaft zu (siehe für das Land Kärnten § 6 Abs 3 des Gesetzes über die Organisation der Bezirkshauptmannschaften, LGBl Nr 19/1982, zuletzt geändert durch LGBl Nr 128/1997), der organisatorisch dem Landeshauptmann als Vorstand des Amtes der Landesregierung unterstellt ist (§8 Abs 5 litb Übergangsgesetz 1920).
§13 Abs 2 letzter Satz und Abs 5 letzter Satz AVG verpflichten die Behörde, die aus der inneren Organisationsgewalt erfließenden Maßnahmen und Festlegungen, soweit sie für den Verkehr zwischen Beteiligten und Behörde relevant sind und an die mithin der Verfahrensgesetzgeber anknüpft, auf näher bestimmte Weise bekanntzumachen (beachte zur Kundmachung von Regelungen innenwirksamen Charakters die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007, 294 der Beilagen XXIII. GP, S. 11 f.). Auf Grund einer Bekanntmachung im Internet können sich Beteiligte über etwaige technische Voraussetzungen und Annahmebeschränkungen im elektronischen Verkehr, auf Grund der Bekanntmachungen im Internet und an der Amtstafel über die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit informieren. Mit den Bekanntmachungen sind die Einbringungsmöglichkeiten für die Beteiligten vorhersehbar. Daher ist es den Beteiligten möglich, ihr Verhalten an den kundgemachten organisatorischen Gegebenheiten auszurichten. Für den Fall, dass kundgemachte technische Voraussetzungen oder Annahmebeschränkungen während der Dauer einer offenen Frist geändert werden, wäre auf Antrag der Partei zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 AVG zutreffen.
Die Begriffe 'technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs' nach § 13 Abs 2 letzter Satz AVG stehen in systematischem Zusammenhang mit dem die Übermittlung schriftlicher Anbringen an die Behörde bestimmenden Grundsatz des § 13 Abs 2 erster Satz AVG (beachte auch den Grundsatz der Wahlfreiheit zwischen Kommunikationsarten für Anbringen an öffentliche Stellen nach § 1 Abs 1 letzter Satz des E-Government-Gesetzes, BGBl I Nr 10/2004, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 83/2013). Unter die genannten Begriffe fallen aus ho. Sicht insbesondere die Einbringung unter bestimmten präzisierten E-Mail-Adressen oder Telefax- Nummern (siehe auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 252 der Beilagen XXII. GP, S. 12), der Ausschluss bestimmter – für Eingaben an die Behörde organisatorisch unpraktikabler – Kommunikationsformen (z.B. SMS, Facebook), die Nutzung bestimmter Internetprotokolle, die Einhaltung bestimmter Dateigrößen und -formate, die Nichtverschlüsselung sowie die Virenfreiheit (vgl. etwa die Kundmachung des Landeshauptmannes bzw. der Kärntner Landesregierung, jeweils vom , Zahl: 1-LAD-ALLG-607/1-2011, gemäß § 13 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, http://www.ktn.gv.at/42553_DE-Amtliche_Informationen-Amtliche_Informationen). § 13 Abs 2 letzter Satz AVG, der an technisch und organisatorisch bedingte und kundgemachte Gegebenheiten der Behörde anknüpft, begründet in technisch-organisatorischer Hinsicht Ausnahmen zum Grundsatz der Wahlfreiheit der technischen Kommunikationsformen und demnach der Formen der Übermittlung von Anbringen nach § 13 Abs 2 erster Satz AVG (Regel- Ausnahme-Prinzip). Dass § 13 Abs 2 letzter Satz AVG überdies eine zeitliche Annahmebeschränkung der Behörde stützt, ist zwar durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2012/08/0102, unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien bestätigt worden, versteht sich jedoch im Licht des Wortlauts und der Systematik dieser Bestimmung nicht von selbst (zum Vorrang des Gesetzeswortlauts gegenüber den Materialien beachte allerdings VfSlg 5135/1965, 7698/1975).
Im Unterschied zu § 13 Abs 2 AVG, der die Übermittlung schriftlicher Anbringen an die Behörde regelt, behandelt § 13 Abs 5 AVG die Entgegennahme durch die Behörde. Aus § 13 Abs 5 erster Satz AVG ergibt sich die Verpflichtung der Behörde, 'nur während der Amtsstunden […] schriftliche Anbringen entgegenzunehmen'. Damit ist eine kanzleimäßige Tätigkeit angesprochen, die naturgemäß grundsätzlich während der Amtsstunden und damit des laufenden Dienstbetriebs der Behörde durchgeführt wird; so insbesondere die Übernahme der postalisch einlangenden oder persönlich überreichten Sendungen oder die Sichtung des elektronische Posteingangs (siehe beispielsweise zur Übernahme des Posteingangs und zur Entgegennahme elektronischer Post die Punkte 1.1.1.2 und 1.2.1.1 des Handbuchs für die Büroarbeit im Kärntner Landesdienst – Kanzleiordnung 2009, Zahl: 1-LAD-ALLG-24/7-2008. Darin ist unter anderem bestimmt, dass E-Mails grundsätzlich zu öffnen sind, sofern sie den für den Posteingang vorgesehenen technischen Voraussetzungen entsprechen. Elektronische Post der Dienststellen ist regelmäßig, jedenfalls aber zu Beginn und vor Ende der Amtsstunden durch die Kanzlei bzw. beauftragte Bedienstete zu sichten.). Die nach § 13 Abs 5 erster Satz AVG ebenfalls bestehende Verpflichtung, 'Empfangsgeräte' während der Amtsstunden 'empfangsbereit zu halten', erscheint auf E-Mails insofern nicht anwendbar, als diese zwar erst nach Einschalten des Computers abgerufen werden können, jedoch ohne Zutun der Behörde bzw. des Organwalters in den elektronischen Verfügungsbereich der Behörde gelangen können.
§13 Abs 5 erster Satz AVG schreibt mithin den zeitlichen Rahmen ('Amtsstunden') zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen vor (siehe zu Einwendungen § 42 Abs 1 AVG). Im Umkehrschluss ist die Behörde nicht verpflichtet, außerhalb dieses zeitlichen Rahmens schriftliche Anbringen entgegenzunehmen, selbst wenn diese als E-Mails in den elektronischen Verfügungsbereich der Behörde gelangen (einlangen). In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die frühere Bestimmung des § 13 Abs 5 letzter Satz AVG in der Fassung BGBl I Nr 5/2008 ('Bei Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden eingebracht werden, beginnen behördliche Entscheidungsfristen erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen.') nach Art 2 Z 31 des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007, BGBl I Nr 5/2008, (betrifft § 82 Abs 16 AVG) mit Ablauf des außer Kraft getreten ist. Soweit ersichtlich, besteht derzeit keine gesetzliche Norm, wonach außerhalb der Amtsstunden eingebrachte Anbringen erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt gelten.
Das Prinzip der Ständigkeit, ein kontinuierlicher regelmäßiger Betrieb und damit verbundene Amtsstunden sind in der modernen legal-rationalen Verwaltung ein Wesensmerkmal jeder Behörde (vgl. etwa M. Weber , Wirtschaft und Gesellschaft, 5. A. 1980, S. 124 ff.; siehe auch Hellbling , Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, 1956, S. 142 f. im Hinblick auf das seit den Behördenreformen Maximilians I. bestehende Prinzip der 'stabilitas temporis'). Was die allgemeine staatliche Verwaltung in den Ländern anbelangt, ist die Festlegung der Amtsstunden nach § 13 Abs 5 letzter Satz AVG nicht dem Belieben der Organisationsgewalt überlassen, sondern hat sich insbesondere an den verfassungsrechtlichen Effizienzgrundsätzen (Art127 Abs 1 B-VG), dem Spektrum der nach den Materiengesetzen vorgegebenen Vollziehungsaufgaben, dem Erledigungsanspruch der Parteien und der Entscheidungspflicht der Behörde (siehe § 73 AVG), der Pflicht des Rechtsträgers der Verwaltung, die zeitgerechte Erledigung der Aufgaben zu gewährleisten (Vermeidung von Organisationsverschulden; beachte zur Amtshaftung insbesondere OGH 1 Ob 191/99s und 1Ob159/06y), an rechtlichen Serviceaufträgen (siehe für Kärnten § 3 Abs 3 des Gesetzes über die Organisation der Bezirkshauptmannschaften, LGBl Nr 19/1982, zuletzt geändert durch LGBl Nr 128/1997, und § 1 Abs 5 der Geschäftsordnung des Amtes der Kärntner Landesregierung, LGBl Nr 7/1999, zuletzt geändert durch LGBl Nr 42/2013) sowie an den allgemeinen dienstrechtlichen Pflichten der öffentlichen Bediensteten orientieren. Im Übrigen ergibt sich aus dem Dienstrecht, dass die öffentlichen Bediensteten die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten haben; die regelmäßige Wochendienstzeit im Ausmaß von 40 Stunden ist durch den Dienstplan möglichst gleichmäßig und bleibend auf die Tage der Woche aufzuteilen (Normaldienstplan), wobei grundsätzlich nur Sonntage, gesetzliche Feiertage und Samstage dienstfrei zu halten sind (siehe etwa § 48 Abs 2 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes 1994). Der Normaldienstplan ist in der Regel mit den Amtsstunden der Behörde im Sinn des § 13 Abs 5 AVG identisch.
Zu den Bedenken im Licht des Gleichheitssatzes:
Zwischen der Versendung fristgebundener Anbringen im Wege der Post (Universaldienstbetreiber gemäß § 3 Z 4 des Postmarktgesetzes – PMG, BGBl I Nr 123/2009, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 96/2013) und der Versendung per E-Mail bestehen Unterschiede im Tatsächlichen: Während die Übergabe einer Sendung an die Post örtlich und zeitlich eingeschränkt (siehe auch §§7 bis 9 PMG zu Post-Geschäftsstellen, Öffnungszeiten und Postbriefkästen) und die Postbeförderung an gewisse Betriebszeiten und faktische Gegebenheiten gebunden ist (siehe auch §§10 und 11 PMG zu Zustellungen und Laufzeiten), kann eine E-Mail-Sendung – die erforderliche technische Ausrüstung und Telekommunikationsverbindung vorausgesetzt – grundsätzlich orts- und zeitunabhängig und in 'Sekundenschnelle' vorgenommen werden. Anders als bei Postbeförderungen ist bei E-Mail-Sendungen entsprechend den Erfahrungen des täglichen Lebens regelmäßig nicht mit Verzögerungen zu rechnen. Die EDV-technischen Möglichkeiten verschaffen dem Einschreiter den Vorteil, sein Anbringen am letzten Tag der Frist bis 24.00 Uhr per E-Mail einzubringen, während im Fall der postalischen Versendung die Frist nur dann gewahrt ist, wenn das Schriftstück so rechtzeitig in den Postbriefkasten geworfen wird, dass es noch den Postaufgabevermerk mit dem Datum des letzten Tages der Frist enthält (vgl. VwSlg. 8746 A/1975). Im Unterschied zu E-Mail-Sendungen, die mit den Mitteln der Telekommunikation unmittelbar in den elektronischen Verfügungsbereich der Behörde gelangen können, tritt im Fall der postalischen Versendung der Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes (Universaldienstbetreiber gemäß § 3 Z 4 PMG), bei dem die zu befördernde Briefsendung zur Zustellung aufgegeben wird, zwischen Einschreiter und Behörde.
Die erwähnten Umstände im Tatsächlichen lassen es im Licht des Gleichheitssatzes als gerechtfertigt erscheinen, gesetzlich zwischen postalischen Sendungen einerseits und E-Mail-Sendungen andererseits zu differenzieren: Ohne das sog. 'Post(en)laufprivileg' gemäß § 33 Abs 3 AVG müsste ein Anbringen so rechtzeitig postalisch versendet und durch den Zustelldienst befördert werden, dass es noch innerhalb der verfahrensrechtlichen Frist bei der Behörde einlangt. Bei solcher Einberechnung der für die Übergabe an den Zustelldienst und der Tage des Postlaufs erforderlichen Zeit würden sich verfahrensrechtliche Fristen in faktischer Hinsicht zu Lasten derjenigen verkürzen, die sich der postalischen Zustellung bedienen oder gar ausschließlich auf diese Kommunikationsform angewiesen sind. Einem vergleichbaren Problem stehen E-Mail-Sender nicht gegenüber, zumal sie eine offene verfahrensrechtliche Frist grundsätzlich bis zu deren Ablauf nutzen und bis dahin eine fristwahrende Einbringung im Wege des Internet veranlassen können.
[…]"
5.2. In ihrer Äußerung tritt die Vorarlberger Landesregierung den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken mit folgenden Ausführungen entgegen:
"[…]
I. Verletzung des Bestimmtheitsgebotes:
1. Diesbezüglich hat der VfGH im Wesentlichen folgende Bedenken:
Schriftliche Anbringen können gemäß § 13 Abs 2 AVG in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, 'mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen'. Die Erläuterungen (RV 294 BlgNR 23. GP, 10) erachten den letzten Satz des § 13 Abs 2 AVG unter anderem als Grundlage für zeitliche Annahmebeschränkungen im Sinne des § 13 Abs 5 AVG für den elektronischen Verkehr zwischen Behörde und Beteiligten.
§13 Abs 2 letzter Satz AVG scheint somit der Behörde die Möglichkeit zu eröffnen, jegliche zeitliche Annahmebeschränkungen vorzusehen. Die einzige Grenze scheint sich aus § 13 Abs 5 AVG zu ergeben, der die Behörde 'nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten'. Der VfGH geht vorläufig von der Auffassung aus, dass § 13 Abs 2 letzter Satz AVG es der Behörde nicht erlaubt, während der Amtsstunden die Annahme von E-Mails einzuschränken. Die Amtsstunden sind gemäß § 13 Abs 5 AVG im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen. […]
Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebotes des Art 18 B-VG dürfte nach der vorläufigen Auffassung des VfGH zunächst darin bestehen, dass die Beteiligten (§8 AVG) nicht mit der nötigen Sicherheit wissen, ob und welche zeitlichen (oder sonstigen) Annahmebeschränkungen die jeweilige Behörde für schriftliche Anbringen in Form von E-Mail festsetzt. § 13 Abs 2 letzter Satz iVm Abs 5 AVG scheint der Behörde weder eine zeitliche Grenze für solche von ihr bestimmte Annahmebeschränkungen zu setzen noch scheint § 13 Abs 2 letzter Satz iVm Abs 5 AVG zu gewährleisten, dass solche Annahmebeschränkungen für die Beteiligten zB für die Dauer offener (Rechtsmittel-)Fristen vorhersehbar sind. Nach der vorläufigen Auffassung des VfGH dürfte es Art 18 B-VG erfordern, dass es der Gesetzgeber jedenfalls bei fristgebundenen Anbringen von Beteiligten (zB Rechtsmitteln) nicht der Behörde – ohne jegliche Schranken – überlässt, zeitliche Annahmebeschränkungen für Anbringen mit E-Mail festzulegen. Daran dürfte auch § 13 Abs 5 AVG nichts ändern, wonach eine Behörde während der Amtsstunden verpflichtet ist, schriftliche Anbringen – zu denen auch solche mit E-Mail zählen dürften […] – entgegenzunehmen und Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, weil es auch dabei im Belieben der Behörde oder des Organisations- oder Dienstrechtsgesetzgebers steht, die Amtsstunden frei festzulegen und auch jederzeit, somit beispielsweise auch während des Laufs einer (Rechtsmittel-)Frist, zu ändern.
2. Die Bedenken des VfGH beziehen sich somit auf a) die mangelnde zeitliche Grenze der möglichen Annahmebeschränkungen des § 13 Abs 2 letzter Satz AVG, b) die mangelnde nötige Gewissheit, ob und welche zeitlichen Annahmebeschränkungen die jeweilige Behörde festsetzt und c) die mangelnde Vorhersehbarkeit der Annahmebeschränkungen für die Dauer offener (Rechtsmittel-)Fristen.
a. Mangelnde zeitliche Grenze für Annahmebeschränkungen:
Betrachtet man den 'Werdegang' des § 13 AVG, der seinen Ursprung in einer Judikaturdivergenz der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts hinsichtlich außerhalb der Amtsstunden aber innerhalb offener Frist einlangender schriftlicher Anbringen hat, sowie die Erläuterungen (RV 294 BlgNR 23. GP, 10, zweiter und vorletzter Absatz), so ist offenkundig, dass es bei den 'organisatorischen Beschränkungen' des § 13 Abs 2 letzter Satz AVG lediglich um Beschränkungen hinsichtlich des Zeitraumes außerhalb der Amtsstunden geht. Beschränkungen während der Amtszeiten sind ohnehin nicht möglich. Dies ergibt sich eindeutig aus § 13 Abs 5 AVG.
b. Mangelnde Gewissheit, ob und welche zeitlichen Annahmebeschränkungen vorliegen:
Eine allfällige Beschränkung einer freiwilligen über die Amtsstunden hinausgehenden Bereitschaft zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen per E-Mail wird an der gleichen Stelle bekanntgemacht wie die Amtsstunden selbst, die der Bürger ohnehin prüfen muss. Allfällige Beschränkungen kann er somit mit der gleichen (Un-)Gewissheit kennen, wie die Amtsstunden selbst.
c. Mangelnde Vorhersehbarkeit der Annahmebeschränkungen für die Dauer offener (Rechtsmittel-)Fristen:
Selbst wenn der Verfahrensgesetzgeber einen zeitlichen Rahmen vorgeben würde, so wäre der Bürger dennoch nicht davor sicher, dass dieser Rahmen (auch während der Dauer der Rechtsmittelfrist) vom Verfahrensgesetzgeber geändert wird. Es kommt nicht auf die Unabänderbarkeit an sich an sondern darauf, dass im Falle der Änderung Übergangsregelungen getroffen werden. Dies gilt für den Verfahrensgesetzgeber genauso wie für den Organisations- oder Dienstrechtsgesetzgeber und auch für den Vollzug bei Festlegung der Amtsstunden oder von Ausnahmebeschränkungen.
3. Richtig ist, dass es grundsätzlich ' im Belieben ' der Behörde bzw. des Organisations- oder Dienstrechtsgesetzgebers steht, die Amtsstunden frei festzulegen. Dies auch zu Recht, da die Festlegung der Amtsstunden kompetenzrechtlich ins Organisations- bzw. ins Dienstrecht fällt. Dies räumt auch der VfGH ein, indem er wie folgt ausführt:
Der VfGH verkennt nicht, dass die Festlegung der Amtsstunden […], an welche § 13 Abs 5 knüpft, nach herrschender Auffassung aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht auf der Grundlage der Verwaltungsverfahrensgesetze, sondern der organisations- bzw. dienstrechtlichen Bestimmungen erfolgen dürfte […].
4. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass § 13 Abs 5 AVG keine Ermächtigung zur Erlassung einer Verordnung über die Amtsstunden enthält. Siehe dazu die Ausführungen in den Erläuterungen (RV 294 BlgNR 23. GP, 12):
Nach richtiger – und diesem Entwurf zugrunde liegender – Auffassung enthält § 13 Abs 5 AVG daher keine Ermächtigung zur Erlassung einer Verordnung über die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit. Ob solche Regelungen erlassen werden können, richtet sich nicht nach dem AVG, sondern ausschließlich nach anderen (organisations- bzw. dienstrechtlichen) Vorschriften; § 13 Abs 5 AVG verpflichtet lediglich dazu, den Inhalt der einschlägigen Regelungen in der darin vorgesehenen Weise öffentlich bekanntzumachen ('kundzumachen'). Diese Bekanntmachung ('Kundmachung') hat ausschließlich den Zweck, eine größere Publizität der (organisations- bzw. dienstrechtlichen) Regelungen über die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit zu erreichen, ist jedoch keine Erzeugungsbedingung im technischen Sinn für die Erlassung einer Verordnung (sie kann dies aus kompetenzrechtlichen Gründen auch gar nicht sein).
5. Der VfGH führt in seinen Bedenken weiter aus:
Dies dürfte nach der vorläufigen Auffassung des VfGH bedeuten, dass § 13 Abs 2 iVm Abs 5 AVG nur dann an Amtsstunden knüpfen darf, wenn der jeweils zuständige Organisationsgesetzgeber selbst bestimmte, allgemein gültige Amtsstunden festgelegt hat oder eine ausreichend bestimmte, die Interessen der Beteiligten (im Sinne des § 8 AVG) angemessen berücksichtigende, gesetzliche Grundlage für die Festlegung der (Mindestzeiten für) Amtsstunden erlässt. Dem Verfahrensgesetzgeber dürfte aber auch die Möglichkeit offen stehen, selbst allgemein gültige Regelungen darüber zu treffen, wann die Behörde zur Entgegennahme von Anbringen in Form von E-Mails verpflichtet ist […].
6. Nach Auffassung der Landesregierung kann der Organisations- bzw. Dienstrechtsgesetzgeber durch das AVG jedenfalls nicht dazu verpflichtet werden, bestimmte Amtsstunden festzulegen oder eine bestimmte gesetzliche Grundlage für die Festlegung der Amtsstunden zu erlassen. Die Kompetenz und die damit allenfalls verbundenen Verpflichtungen des Organisations- bzw. Dienstrechtsgesetzgebers ergeben sich direkt aus dem B-VG und können durch den Verfahrensgesetzgeber nicht präzisiert werden.
Auch kann nach Auffassung der Landesregierung der Verfahrensgesetzgeber selbst jedenfalls keine Regelungen darüber treffen, wann die Behörde zur 'Entgegennahme' von Anbringen (in Form von E-Mails) verpflichtet ist. Er könnte (entsprechend der Unterscheidung des VfGH, vgl. Erkenntnis VfSlg 15.858/2000) lediglich Regelungen darüber treffen, wann Anbringen (in Form von E-Mails) als 'eingebracht' gelten (vgl. unten II. 2. und 3.). Ansonsten hätte eine solche Regelung (jedenfalls im Zusammenhang mit kurzen Handlungsfristen der Behörde) implizit Auswirkungen auf die Amtsstunden und somit auf die Organisations- bzw. Dienstrechtskompetenz der Länder.
II. Verstoß gegen den Gleichheitssatz:
1. Diesbezüglich äußert der VfGH im Wesentlichen folgende Bedenken:
Schließlich scheint § 13 Abs 2 letzter Satz iVm § 13 Abs 5 AVG auch gegen den Gleichheitssatz zu verstoßen. Es ist nämlich vorderhand keine sachliche Rechtfertigung dafür zu erkennen, dass es bei schriftlichen Anbringen, die einem Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 Zustellgesetz zur Übermittlung an die Behörde übergeben werden, auf den Zeitpunkt des Einlangens bei der Behörde nicht ankommt, weil die Tage des Postlaufes nicht eingerechnet werden, bei der Einbringung mit E-Mail aber darauf abgestellt wird, ob das E-Mail während der von der Behörde dafür festgesetzten Zeit einlangt, und zwar auch bei jenen Formen der elektronischen Einbringung, bei denen sowohl der Zeitpunkt des Einlangens (im Sinne der Rechtslage des § 13 Abs 5 AVG idF BGBl I 10/2004) als auch jener des Einbringens feststellbar ist. Unter dieser Voraussetzung dürfte es nämlich keine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von in Papierform einerseits und in elektronischer Form andererseits eingebrachten schriftlichen Anbringen geben.
2. Diese vom VfGH angesprochene unterschiedliche Behandlung war bereits vor dem Aufkommen von E-Mails hinsichlich per Fax übermittelter Anbringen gegeben.
Sollten per E-Mail (außerhalb der Amtsstunden) übermittelte Anbringen als 'eingebracht' gewertet werden, wäre dies wiederum eine sachlich schwer begründbare Ungleichbehandlung zu persönlich übergebenen schriftlichen Anbringen. Diese sind nämlich jedenfalls an die Amtsstunden gebunden.
Sollten per E-Mail (außerhalb der Amtsstunden) eingebrachte Anbringen nicht nur als 'eingebracht' sondern auch als 'entgegengenommen' gewertet werden, wäre dies darüber hinaus eine sachlich schwer begründbare Ungleichbehandlung hinsichtlich postalisch eingebrachter Anbringen. Diese gelten bei der Übergabe zwar als 'eingebracht', aber erst mit dem Einlangen bei der Behörde als 'entgegengenommen'.
Schließlich ist festzuhalten, dass es auch bei Postämtern Öffnungszeiten zu beachten gibt (die übrigens auch nicht vom Verfahrensgesetzgeber geregelt werden und sich auch während offener (Rechtsmittel-)Fristen ändern können).
3. Sollte es also eine sachliche Rechtfertigung dafür geben, dass das Post(en)laufprivileg des § 33 Abs 3 AVG nicht für Anbringen per Fax gilt, so dürfte es gleichermaßen auch nicht für E-Mails gelten. Sollte es allerdings keine sachliche Rechtfertigung dafür geben, so wäre sowohl bei Anbringen per E-Mail als auch per Fax zwischen dem 'Einbringen' und dem 'Entgegennehmen' zu unterscheiden. Sollten per E-Mail übermittelte Anbringen nämlich nicht nur als 'eingebracht' gelten sondern darüber hinaus auch als 'entgegengenommen', so wäre dies wiederum eine sachlich nicht rechtfertigbare Ungleichbehandlung gegenüber postalischen Anbringen."
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl 51/1991, idF BGBl I 33/2013, lauten (der in Prüfung gezogene § 13 Abs 2 letzter Satz AVG gilt in der Fassung BGBl I 5/2008 und § 13 Abs 5 AVG in der Fassung BGBl I 100/2011; die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Anbringen
§13. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.
(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
(4) Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens gilt Abs 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.
(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.
(6)-(9) […]
[…]
5. Abschnitt: Fristen
§32. (1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
§33. (1) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.
(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
(3) Die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) werden in die Frist nicht eingerechnet.
(4) Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.
[…]
§63. (1)-(4) […]
(5) Die Berufung ist von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse vorliegen, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
Die vom Verfassungsgerichtshof geäußerten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG konnten im Zuge des Gesetzesprüfungsverfahrens zerstreut werden:
2.1. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art 18 B-VG:
2.1.1. Schriftliche Anbringen können der Behörde gemäß § 13 Abs 2 AVG in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, "mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen". Gemäß § 13 Abs 5 AVG ist die Behörde "nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten […]. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen".
2.1.2. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluss vorläufig davon aus, § 13 Abs 2 letzter Satz AVG eröffne der Behörde die Möglichkeit, jegliche zeitliche Beschränkung für die Annahme von Anbringen mit E-Mail vorzusehen. Die einzige Einschränkung ergebe sich – so der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss vorläufig – aus § 13 Abs 5 AVG, der die Behörde nur "während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten". Der Verfassungsgerichtshof ging im Prüfungsbeschluss vorläufig davon aus, dass es § 13 Abs 2 letzter Satz AVG der Behörde nicht erlaube, während der Amtsstunden die Annahme von E-Mails einzuschränken. Die Amtsstunden sind gemäß § 13 Abs 5 AVG im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.
Der Verfassungsgerichtshof erachtete dies im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG als bedenklich, weil die Beteiligten (§8 AVG) nicht mit der nötigen Sicherheit wüssten, ob und welche zeitlichen (oder sonstigen) Annahmebeschränkungen die jeweilige Behörde für schriftliche Anbringen in Form von E-Mail festsetzt. Dies ergebe sich daraus, dass § 13 Abs 2 letzter Satz iVm Abs 5 AVG der Behörde weder eine zeitliche Grenze für solche von ihr bestimmte Annahmebeschränkungen zu setzen scheine noch § 13 Abs 2 letzter Satz iVm Abs 5 AVG gewährleisten dürfte, dass solche Annahmebeschränkungen für die Beteiligten zum Beispiel für die Dauer offener (Rechtsmittel-)Fristen vorhersehbar sind.
2.1.3. Der Verfassungsgerichtshof stimmt der Bundesregierung zu, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG vor dem Hintergrund der bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung auszulegen sind. "Organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs" (§13 Abs 2 letzter Satz AVG) und die Festlegung der Amtsstunden, während derer die Behörde zur Entgegennahme von schriftlichen Anbringen jeglicher Art verpflichtet ist (§13 Abs 5 AVG), sind ausschließlich eine Angelegenheit des Verwaltungsorganisationsrechts und keine Angelegenheit des Verwaltungsverfahrensrechts. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass der – gemäß § 4 Abs 2 Übergangsgesetz, BGBl 2/1920, als Landesgesetz übergeleitete – § 36 der Amtsinstruktion für die politischen Bezirksämter, RGBl. 52/1855, mit der Einführung der Verwaltungsverfahrensgesetze nicht aufgehoben wurde (vgl. ArtIII Abs 1 und Abs 2 Z 8 Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl 273/1925). Innerhalb des Organisationsrechts sind Regelungen betreffend die Amtsstunden und den Parteienverkehr der sogenannten "inneren Organisation" zuzuordnen.
Aus diesem Grund können die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG nicht so verstanden werden, dass sie organisatorische (zeitliche) Beschränkungen schriftlicher Anbringen, zu denen auch Anbringen in Form von E-Mail zählen, ermöglichen. Die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen knüpfen lediglich an Regelungen an, die ihre Grundlage in der Verwaltungsorganisation haben. Diese Anknüpfung war bereits in der Stammfassung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG (BGBl 274/1925) in § 13 Abs 2 AVG ("Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr in Verzuge, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit, zur Entgegennahme schriftlicher Eingaben nur während der Amtsstunden verpflichtet. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind bei der Behörde durch Anschlag kundzumachen.") vorgesehen.
Ungeachtet der zahlreichen Novellierungen des § 13 AVG, insbesondere auch der Novellierungen im Zusammenhang mit dem elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten, sind die hier maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes seit der Stammfassung hinsichtlich der Verpflichtung zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen während der Amtsstunden insoweit unverändert geblieben, als der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber stets an die organisatorisch festgelegten Amtsstunden und deren Kundmachung angeknüpft hat.
§13 Abs 2 letzter Satz AVG ist dementsprechend keine Ermächtigungsnorm, sondern lediglich eine Publizitätsvorschrift für etwaige organisatorische Beschränkungen. Nur wenn das in § 13 Abs 2 letzter Satz AVG vorgesehene Publizitätserfordernis für organisatorische (zeitliche) Beschränkungen eingehalten wird, liegt tatsächlich eine solche Beschränkung der Entgegennahme schriftlicher Anbringen in Form von E-Mails vor.
Durch das in § 13 Abs 2 letzter Satz AVG normierte Gebot der Publizität wird gewährleistet, dass jedermann erkennen kann, ob entsprechende "organisatorische Beschränkungen" (durch das Organisationsrecht) für schriftliche Anbringen in Form von E-Mail festgelegt worden sind.
2.1.4. Da der Verfahrensgesetzgeber in § 13 Abs 2 letzter Satz iVm § 13 Abs 5 AVG an die organisatorischen Festlegungen der Verwaltungsorganisation anknüpft, kann er nicht beeinflussen, ob und auf welche Weise organisationsrechtliche Änderungen beispielsweise während offener (Rechtsmittel-)Fristen den Rechtsschutzsuchenden beeinträchtigen können. (Auch) Dies hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen.
In Bezug auf diese Bedenken heben sowohl die Bundesregierung als auch die Kärntner Landesregierung zutreffend hervor, dass in solchen – nach Auffassung der Bundesregierung seltenen – Fallkonstellationen, in denen die zeitlichen Beschränkungen während des Fristenlaufs geändert werden, der Rechtsschutzsuchende einen erfolgreichen Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 71 AVG stellen kann. Im Übrigen weist die Bundesregierung zu Recht darauf hin, dass etwaige Bedenken – wenn überhaupt – nur die organisationsrechtlichen Regelungen beträfen.
2.1.5. Es steht dem Verwaltungsverfahrensgesetzgeber hinsichtlich der Regelung der Entgegennahme von Anbringen frei, nicht an organisationsrechtliche Tatbestände anzuknüpfen. Es ist allerdings verfassungsrechtlich nicht bedenklich, wenn er dies in § 13 Abs 2 letzter Satz iVm § 13 Abs 5 AVG tut.
2.1.6. Der Verfassungsgerichtshof hält daher seine im Prüfungsbeschluss unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebots des Art 18 B-VG geäußerten Bedenken gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht mehr aufrecht.
2.2. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz:
2.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss auch das weitere Bedenken dargelegt, dass § 13 Abs 2 letzter Satz iVm § 13 Abs 5 AVG gegen den Gleichheitssatz verstoße, weil vorderhand keine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von in Papierform einerseits und in elektronischer Form andererseits eingebrachten schriftlichen Anbringen erkennbar sei.
2.2.2. Die Bundesregierung hält dem in ihrer Äußerung entgegen, dass sich diese Bedenken der Sache nach nicht gegen § 13 Abs 2 letzter Satz iVm § 13 Abs 5 AVG, sondern gegen das Postlaufprivileg des § 33 Abs 3 AVG richten. Dies zeige sich schon daran, dass die unterschiedlichen fristenrechtlichen Konsequenzen für mit der Post oder durch einen Zustelldienst übermittelte Anbringen einerseits und in sonstiger Form (insbesondere in elektronischer Form, aber auch durch einen Boten) übermittelte schriftliche Anbringen andererseits auch nach einer allfälligen Aufhebung von § 13 Abs 2 letzter Satz oder § 13 Abs 5 AVG unverändert fortbestehen würden.
§13 Abs 2 letzter Satz AVG und § 13 Abs 5 zweiter Satz AVG seien bloße Publizitätsvorschriften. § 13 Abs 5 erster Satz AVG normiere, innerhalb welcher Zeiträume die Behörde zur Entgegennahme von Anbringen und zur Empfangsbereithaltung von Empfangsgeräten verpflichtet sei. Die "Behandlung" von Anbringen werde durch die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht geregelt; insbesondere ergebe sich aus diesen Bestimmungen weder eine Berechtigung noch eine Verpflichtung der Behörde, Anbringen abhängig von der Form, in der sie übermittelt wurden, unterschiedlich zu "behandeln". In diesem Sinne ermächtigten die maßgeblichen organisationsrechtlichen Bestimmungen auch nicht dazu, ein außerhalb der Amtsstunden eingebrachtes Anbringen in irgendeiner Weise zu "behandeln", sondern sagten lediglich, dass die Rechtswirkungen der Einbringung bzw. des Einlangens solcher Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden einträten.
Ob ein nach Beendigung der Amtsstunden bereits tatsächlich in den elektronischen Verfügungsbereich der Behörde gelangendes Anbringen – ebenso wie ein in einen Einlaufkasten oder Briefschlitz der Behörde eingeworfenes Anbringen – als erst bei Wiederbeginn der Amtsstunden (eingebracht und) eingelangt fingiert werden dürfe, sei ausschließlich eine Frage des Organisationsrechts und dessen Verfassungsmäßigkeit.
2.2.3. Entgegen der Auffassung der Bundesregierung ist der Sitz der vom Verfassungsgerichtshof geäußerten gleichheitsrechtlichen Bedenken nicht in § 33 Abs 3 AVG (sogenanntes Postlaufprivileg), sondern in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen zu sehen. Die geprüften Bestimmungen legen nämlich ganz allgemein für die Übergabe von Anbringen direkt bei der Behörde (und nicht für den Fall der Übergabe von Eingaben an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 Zustellgesetz) fest, wann diese Anbringen von der Behörde entgegenzunehmen sind und damit als eingebracht gelten.
2.2.4. Vorweg ist festzuhalten, dass es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes ist, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen auf ihre Zweckmäßigkeit, sondern ausschließlich auf ihre Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen Vorschriften zu prüfen.
2.2.5. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist es nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber bei der Regelung hinsichtlich des Einbringens einerseits zwischen schriftlichen Anbringen (gleichgültig ob sie elektronisch oder nicht elektronisch sind), die direkt der Behörde übergeben werden, und andererseits schriftlichen Anbringen, welche einem Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 Zustellgesetz übergeben werden, unterscheidet. Die sachliche Rechtfertigung liegt darin, dass nur bei jenen schriftlichen Anbringen, die einem Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 Zustellgesetz übergeben werden, ohne Schwierigkeiten der tatsächliche Zeitpunkt der Übergabe nachweisbar ist (vgl. in diesem Zusammenhang die Verpflichtungen der Universaldienstbetreiber nach dem Postmarktgesetz, BGBl I 123/2009, idF BGBl I 96/2013). Da dieser Nachweis für direkt bei der Behörde übergebene, schriftliche (elektronische oder nicht elektronische) Anbringen nicht in derselben Artmöglich ist, gibt es eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung. Aus diesem Grund verstoßen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht gegen den Gleichheitssatz.
IV. Ergebnis
1. § 13 Abs 2 letzter Satz des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl 51/1991, in der Fassung BGBl I 5/2008, und § 13 Abs 5 AVG, BGBl 51/1991 in der Fassung BGBl I 100/2011, sind daher nicht als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2014:G106.2013