VfGH vom 03.12.1999, G102/96
Sammlungsnummer
15677
Leitsatz
Keine Unsachlichkeit der im Gasöl-SteuerbegünstigungsG für den Fall einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung vorgesehenen Mindeststrafe; kein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung; keine Unsachlichkeit des Ausschlusses der Möglichkeit des Absehens von der Strafe im Fall einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung
Spruch
Die Anträge werden abgewiesen.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Beim Verwaltungsgerichtshof ist eine Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg gegen den Bescheid des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom anhängig. Mit dem genannten Bescheid wurde der Berufung der mitbeteiligten Partei gegen das Straferkenntnis des Spruchsenates des Finanzamtes Feldkirch als Finanzstrafbehörde erster Instanz teilweise Folge gegeben und der mitbeteiligten Partei ua. für das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung, bewirkt durch das am und an den nächstfolgenden Tagen vorsätzliche verbotswidrige Verwenden steuerbegünstigten Gasöls zu einem anderen Zweck als zum Verheizen, nämlich zum Betrieb eines näher bestimmten Kraftfahrzeuges gemäß § 2 Abs 1 Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetz (im folgenden: Gasöl-StBG), nach § 33 Abs 1 FinStrG iVm. § 6 Abs 1 Gasöl-StBG gemäß § 25 Abs 1 FinStrG eine Verwarnung erteilt. Der aus Anlaß der Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom Verwaltungsgerichtshof (zur Zahl A10/96) gestellte und auf Art 140 Abs 1 B-VG gestützte Antrag ist beim Verfassungsgerichtshof zur Zahl G102/96 protokolliert.
Der Verwaltungsgerichtshof begehrt in diesem Antrag,
"in § 6 Abs 3 des Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetzes - Gasöl-StBG, BGBl. Nr. 259/1966, in der Fassung des ArtIII der Finanzstrafgesetznovelle 1975, BGBl. Nr. 335, den Halbsatz '; § 25 des Finanzstrafgesetzes ist auf Abgabenhinterziehungen der im Abs 1 bezeichneten Art nicht anzuwenden', als verfassungswidrig aufzuheben,
in eventu
festzustellen, daß diese Bestimmung verfassungswidrig war."
1.2. Beim Verwaltungsgerichtshof ist weiters eine Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom anhängig, mit welchem der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof für schuldig erkannt wurde, am vorsätzlich 3,5 l steuerbegünstigten Gasöles verbotswidrig verwendet, dadurch eine Abgabenhinterziehung an Bundesmineralölsteuer in Höhe von S 8,89 bewirkt und hiemit ein Finanzvergehen nach § 6 Gasöl-StBG iVm § 33 Abs 1 FinStrG begangen zu haben und gemäß § 6 Abs 3 Gasöl-StBG über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 20 000 S (und für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 20 leg.cit. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen) verhängt wurde. Der aus Anlaß dieser Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof (zur Zahl A66/93) gestellte, auf Art 140 Abs 1 B-VG gestützte Antrag ist beim Verfassungsgerichtshof zur Zahl G106/96 protokolliert.
Der Verwaltungsgerichtshof beantragt,
"im § 6 Abs 3 des Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetzes - Gasöl-StBG, BGBl. Nr. 259/1966, in der Fassung des ArtIII der Finanzstrafgesetznovelle 1975, BGBl. Nr. 335, die Wortfolge 'im Falle einer Abgabenhinterziehung mindestens S 20.000,-- und' sowie den Halbsatz '; § 25 des Finanzstrafgesetzes ist auf Abgabenhinterziehungen der im Abs 1 bezeichneten Art nicht anzuwenden', als verfassungswidrig aufzuheben."
1.3. Die angefochtenen Bestimmungen des Gasöl-StBG, BGBl. Nr. 259/1966, idF des ArtIII der Finanzstrafgesetznovelle 1975, BGBl. Nr. 335, lauten in ihrem maßgeblichen Zusammenhang (die angefochtenen Wortfolgen sind unterstrichen):
"§2. (1) Die Verwendung von steuerbegünstigtem Gasöl zu einem anderen Zweck als zum Verheizen ist verboten.
(2) Steuerbegünstigtes Gasöl darf nicht in einen Behälter eingefüllt werden, der mit einem Motor in Verbindung steht. Steuerbegünstigtes Gasöl, das sich in einem solchen Behälter befindet, gilt als verbotswidrig verwendet.
(§3. - § 5. ...)
§6. (1) Wer steuerbegünstigtes Gasöl verbotswidrig verwendet (§2) oder behandelt (§3 Abs 4), macht sich, wenn er vorsätzlich handelt, einer Abgabenhinterziehung und, wenn er fahrlässig handelt, einer fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig. Der Verkürzungsbetrag ist der Unterschiedsbetrag zwischen der nicht ermäßigten und der nach § 1 ermäßigten Bundesmineralölsteuer (ab Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 598: Mineralölsteuer) für die verbotswidrig verwendeten oder behandelten Gasölmengen.
(2) Wer vorsätzlich den Bestimmungen des § 3 Abs 2 oder 3 zuwiderhandelt, macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig.
(3) Abgabenhinterziehungen, fahrlässige Abgabenverkürzungen und Finanzordnungswidrigkeiten der in den Abs 1 und 2 bezeichneten Art sind Finanzvergehen im Sinne des Finanzstrafgesetzes, BGBl. Nr. 129/1958, und nach diesem zu ahnden. Eine Geldstrafe hat jedoch im Falle einer Abgabenhinterziehung mindestens 20.000 S und im Falle einer fahrlässigen Abgabenverkürzung mindestens 5000 S zu betragen; § 25 des Finanzstrafgesetzes ist auf Abgabenhinterziehungen der im Abs 1 bezeichneten Art nicht anzuwenden. Wurde steuerbegünstigtes Gasöl in einen Behälter eingefüllt, der mit der Antriebsmaschine eines Fahrzeuges, mit einer Maschine oder mit einem Motor in Verbindung steht, so unterliegt auch dieses Fahrzeug, diese Maschine oder dieser Motor dem Verfall, wenn der Täter schon einmal wegen einer Abgabenhinterziehung oder fahrlässigen Abgabenverkürzung der im Abs 1 bezeichneten Art bestraft wurde und die Bestrafung nicht getilgt ist; für solche Fahrzeuge, Maschinen und Motoren gilt § 17 des Finanzstrafgesetzes sinngemäß. § 41 des Finanzstrafgesetzes gilt auch für Abgabenhinterziehungen der im Abs 1 bezeichneten Art Finanzordnungswidrigkeiten der im Abs 2 bezeichneten Art sind nach § 51 Abs 2 des Finanzstrafgesetzes zu bestrafen."
Bereits § 6 Abs 3 Gasöl-StBG, BGBl. Nr. 259/1966 idF vor der Finanzstrafgesetznovelle 1975, BGBl. Nr. 335/1975, hat eine Mindestgeldstrafe vorgesehen, und zwar im Falle einer Abgabenhinterziehung mindestens 10.000 S und im Falle einer fahrlässigen Abgabenverkürzung mindestens 5000 S. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (235 BlgNR, XI. GP, S 4) wurde hiezu ausgeführt, daß
"(s)trenge Strafsanktionen ..., wie Erfahrungen im Ausland gezeigt haben, notwendig (sind), da sonst krasse Mißbräuche nicht hintangehalten werden können, die zu hohen Verbrauchsteuerausfällen führen, weil entsprechend weniger voll versteuertes Gasöl abgesetzt wird. Abs 3 sieht für die im Abs 1 bezeichneten Abgabenhinterziehungen und fahrlässigen Abgabenverkürzungen Mindestbeträge der zu verhängenden Geldstrafen vor. ...".
Einen Ausschluß der Anwendung des § 25 FinStrG auf Abgabenhinterziehungen sah das Gasöl-StBG, BGBl. Nr. 259/1966, idF vor BGBl. Nr. 335/1975 nicht vor.
Die Regierungsvorlage zur Finanzstrafgesetznovelle 1975 sah in ihrem ArtIII eine Neufassung des § 6 Abs 1 Gasöl-StBG vor, wonach die Mindestgeldstrafe unverändert bleiben, die Anwendung des § 25 FinStrG jedoch - sowohl für Fälle der Abgabenhinterziehung als auch solche der fahrlässigen Abgabenverkürzung - ausgeschlossen werden sollte. Dies wurde in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1130 BlgNR, XIII. GP, S 95 f.) wie folgt begründet:
"...
Die eingefügte Bestimmung, daß § 25 FinStrG nicht anzuwenden ist, hat sich als notwendig erwiesen um auszuschließen, daß es in Fällen, für die der Gesetzgeber hohe Mindeststrafen angedroht hat, bloß zu einer Verwarnung des Täters kommt. Diese Mindeststrafen wurden mit fixen Beträgen festgelegt und stellen bewußt nicht auf den verkürzten Abgabenbetrag ab. Dies deshalb, weil in den am häufigsten vorkommenden Fällen einer verbotswidrigen Verwendung von steuerbegünstigtem Gasöl zum Betrieb von Fahrzeugen (verboten ist jede andere Verwendung als zum Verheizen, also auch für nichtmotorische Zwecke!) nur sehr selten nachweisbar ist, daß eine größere als jene Gasölmenge verbotswidrig verwendet wurde, die dem Fassungsvermögen des Treibstoffbehälters entspricht oder die sich darin tatsächlich befindet. Die auf solche Mengen entfallende verkürzte Bundesmineralölsteuerdifferenz von S 1.56 je Kilogramm, das sind ungefähr S 1.33 je Liter, macht daher meistens nur einen so niedrigen Betrag aus, daß bei einer Abhängigkeit der Höhe der Geldstrafe vom Verkürzungsbetrag auf keinen Fall eine abschreckende Wirkung zu erzielen wäre. Das würde insbesondere für jene Fälle gelten, in denen kein Verfall angedroht ist. Wenn daher der Gesetzgeber nicht auf den Verkürzungsbetrag abgestellt hat, da dieser in der Mehrzahl der Fälle nur einen Bruchteil der Mindeststrafe ausmachen würde, wären Verwarnungen nicht sinnvoll. Die bisher gemachten Erfahrungen haben gezeigt, daß immer wieder versucht wird, unter Hinweis auf die relative Geringfügigkeit des verkürzten Abgabenbetrages mit einer Verwarnung davonzukommen. Die Sicherung des Aufkommens an Bundesmineralölsteuer für Gasöle steht und fällt aber mit der Androhung und Verhängung strenger Strafen für die verbotswidrige Verwendung von steuerbegünstigtem Gasöl, zumal sich der Anreiz zu einer solchen Verwendung durch das Ansteigen der Treibstoffpreise noch beträchtlich erhöht hat und sich die behördlichen Kontrollmaßnahmen nur auf Stichproben beschränken können."
Der Finanz- und Budgetausschuß hat die Regierungsvorlage mit der vom Unterausschuß vorgeschlagenen Änderung des § 6 Abs 3 Gasöl-StBG, die mit der Finanzstrafgesetznovelle 1975, BGBl. Nr. 335, dann auch beschlossen wurde, in Beratung gezogen und die Abänderung (Anhebung der Mindestgeldstrafe im Falle einer Abgabenhinterziehung auf 20.000 S, Ausschluß der Anwendung des § 25 FinStrG im Falle der Abgabenhinterziehung sowie Änderung der Verfallsregelung) wie folgt begründet (1548 BlgNR, XIII. GP, S 7):
"Der im Falle einer Abgabenhinterziehung bisher zwingend vorgesehene Verfall von Fahrzeugen, Maschinen und Motoren, in deren Kraftstoffbehälter steuerbegünstigtes Gasöl eingefüllt wurde, hat sich im Hinblick auf den in der Regel hohen Wert dieser Verfallsgegenstände vielfach als eine zu harte Strafe erwiesen. Es soll deshalb die Mindestgeldstrafe für Abgabenhinterziehungen der im § 6 Abs 1 bezeichneten Art auf 20.000 S erhöht werden, die genannten Gegenstände sollen aber dann nicht mehr verfallen, wenn der Täter noch keine Vorstrafe wegen verbotswidriger Verwendung oder Behandlung von steuerbegünstigtem Gasöl erlitten hat. Der in der Regierungsvorlage vorgesehene Ausschluß der Anwendung des § 25 FinStrG in Fällen, in denen steuerbegünstigtes Gasöl verbotswidrig verwendet oder behandelt wurde, soll auf jene Fälle beschränkt werden, in denen eine Abgabenhinterziehung vorliegt."
1.4. Gemäß § 63 Abs 2 iVm. § 64 Abs 1 Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994, trat das Gasöl-StBG, BGBl. Nr. 259/1966, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 695/1991, mit dem Inkrafttreten des Vertrages über den Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union (dh. am ) mit der Maßgabe außer Kraft, daß es "weiterhin auf Gasöl anzuwenden (ist), für das die Steuerschuld vor diesem Zeitpunkt entstanden ist".
1.5. § 25 FinStrG 1958, BGBl. Nr. 129/1958 idF BGBl. Nr. 335/1975, (im folgenden: FinStrG) lautet:
"Absehen von der Strafe;
Verwarnung; mangelnde Strafwürdigkeit der Tat
§25. (1) Die Finanzstrafbehörde hat von der Einleitung oder von der weiteren Durchführung eines Finanzstrafverfahrens und von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden des Täters geringfügig ist und die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Sie hat jedoch dem Täter mit Bescheid eine Verwarnung zu erteilen, wenn dies geboten ist, um ihn von weiteren Finanzvergehen abzuhalten.
(2) Unter den im Abs 1 angeführten Voraussetzungen können die Behörden und Ämter der Bundesfinanzverwaltung von der Erstattung einer Anzeige (§80) absehen.
(3) Für Finanzvergehen, die vom Gericht zu ahnden sind, gilt § 42 StGB."
Im § 53 FinStrG ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen das Gericht zur Ahndung von Finanzvergehen zuständig ist.
2.1. Der Verwaltungsgerichtshof führt in beiden Anträgen aus, daß er den angefochtenen Halbsatz "; § 25 des Finanzstrafgesetzes ist auf Abgabenhinterziehungen der im Abs 1 bezeichneten Art nicht anzuwenden" in § 6 Abs 3 Gasöl-StBG anzuwenden habe, und zwar in dem dem zu G102/96 protokollierten Antrag zugrundeliegenden Anlaßverfahren (in dem die mitbeteiligte Partei ua. trotz eines Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 25 Abs 1 FinStrG lediglich verwarnt wurde) jedenfalls in Ansehung des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG iVm. § 6 Abs 1 Gasöl-StBG sowie in dem dem zu G106/96 protokollierten Antrag zugrundeliegenden Anlaßverfahren (in dem über den Beschwerdeführer wegen eines Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung die Mindestgeldstrafe in Höhe von 20.000 S verhängt wurde) im Hinblick auf den festgestellten Verkürzungsbetrag von 8,89 S.
In dem zu G106/96 protokollierten Antrag führt der Verwaltungsgerichtshof weiters aus, daß er § 6 Abs 3 Gasöl-StBG in dem dem Antrag zugrundeliegenden Anlaßverfahren auch insoweit anzuwenden habe, als in dieser Bestimmung für den Fall der Abgabenhinterziehung eine Geldstrafe von mindestens 20.000 S angeordnet ist.
Die angefochtenen Regelungen seien daher präjudiziell.
2.2.1. Der Verwaltungsgerichtshof begründet seine Bedenken gegen die in § 6 Abs 3 Gasöl-StBG vorgesehene Mindestgeldstrafe in Höhe von 20.000 S wie folgt:
Die für den Fall einer Abgabenhinterziehung nach § 6 Abs 1 Gasöl-StBG vorgesehene Geldstrafe von mindestens 20.000 S sei bei einer Durchschnittsbetrachtung für sich gesehen ein offenkundiger Exzeß des Gesetzgebers. Weder das Tatbild der Verwendung von steuerbegünstigtem Gasöl zu einem anderen Zweck als zum Verheizen noch irgendwelche denkmöglichen Umstände, unter denen dieses Tatbild verwirklicht werden könne, könnten auch nur einen Anhaltspunkt dafür bieten, daß die in jedem Fall zu verhängende Mindestgeldstrafe von 20.000 S angemessen wäre. Auch die in den Gesetzesmaterialien zur Begründung herangezogene Generalprävention sei nicht geeignet, an der Sachwidrigkeit dieser Regelung etwas zu ändern. Die verbotene Verwendung von steuerbegünstigtem Gasöl könne, weder was das bei der Verwirklichung dieses Tatbildes im konkreten Fall gegebene Verschulden (Vorsatz) anlange, noch was die nachteiligen Folgen einer solchen Tat betreffe, mit einer Mindestgeldstrafe von 20.000 S in eine vernünftige Relation gebracht werden. Überlegungen der Generalprävention seien daher von vornherein unbeachtlich.
Der Verwaltungsgerichtshof verkenne nicht, daß die Steuerbegünstigung im § 1 Abs 1 Gasöl-StBG lediglich für "Heizöl" angeordnet werde, dementsprechend die bestimmungsgemäße Verwendung des steuerbegünstigten Gasöls sichergestellt werden solle und die Pönalisierung der bestimmungswidrigen Verwendung von Gasöl als erforderlich angesehen worden sei. Dies könne auch als sachliche Rechtfertigung für eine Mindestgeldstrafe angesehen werden, die nicht (allein) am Verkürzungsbetrag orientiert ist. Gemäß § 33 Abs 5 FinStrG werde die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet. Bei Vorliegen erschwerender Umstände sei gemäß § 38 leg.cit. mit Geldstrafe bis zum Vierfachen des Betrages, nach dem sich sonst die Strafdrohung richte, zu bestrafen. Eine bei Verwirklichung des Tatbildes des § 6 Abs 1 Gasöl-StBG angeordnete, von den genannten Bestimmungen des FinStG abweichende, nicht am Verkürzungsbetrag orientierte Mindestgeldstrafe könne nicht von vornherein als sachlich nicht gerechtfertigt angesehen werden (vgl. in diesem Zusammenhang das zum Wiener Parkometergesetz ergangene Erkenntnis VfSlg. 7967/1976). Auf der anderen Seite dürfe aber nicht außer Acht gelassen werden, daß das Delikt, nämlich die verbotswidrige Verwendung von "Heizöl", inhaltlich und nach der ausdrücklichen Bezeichnung als "Abgabenhinterziehung" eben eine Abgabenhinterziehung, und zwar in einer besonderen Art der Begehung, zum Gegenstand habe. Unter diesem Gesichtswinkel erachte der Verwaltungsgerichtshof die vorgesehene Mindestgeldstrafe von 20.000 S als sachwidrig, da sie ohne irgendeine rationale Beziehung zum Verkürzungsbetrag stehe. Bemerkt werde, daß in dem zitierten Erkenntnis VfSlg. 7967/1976 der Zweck, Parkraum zu sichern, als sachliche Rechtfertigung für die Strafhöhe herangezogen worden sei und im Beschwerdefall mutatis mutandis als solcher "Zweck" die Verwendung von Gasöl zum Heizen, also der Ausschluß einer anderen Verwendung, angesehen werden müßte. Dieser auf die Art der Verwendung als solche abstellende Zweck liege dem Gasöl-StBG jedoch nicht zugrunde. Der Zweck des Gesetzes liege ausschließlich in der Vermeidung der Hinterziehung von Abgaben auf Gasöl.
Ohne weitere Begründung äußert der Verwaltungsgerichtshof auch das Bedenken, daß die Regelung über die Mindestgeldstrafe in Höhe von 20.000 S im Hinblick auf die oben dargestellte Begründung in den Gesetzesmaterialien tendenziell und wohl auch effektiv gegen die Unschuldsvermutung (Art6 Abs 2 EMRK) verstoße.
2.2.2. Die Bedenken gegen den Ausschluß der Anwendung des § 25 FinStrG auf Abgabenhinterziehungen der im § 6 Abs 1 Gasöl-StBG bezeichneten Art begründet der Verwaltungsgerichtshof wie folgt:
Der Verwaltungsgerichtshof hält die vom Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien angestellte Überlegung für denkunmöglich, daß in jedem Fall der Verwirklichung des Tatbildes nach § 6 Abs 1 Gasöl-StBG die Voraussetzungen des § 25 Abs 1 FinStrG von vornherein nicht gegeben seien. Wenn jedoch die Voraussetzungen, insbesondere auch für das Absehen von der Strafe, gegeben seien, dann sei es auch im Falle der Verwirklichung des Tatbildes des § 6 Abs 1 Gasöl-StBG sachlich nicht gerechtfertigt, von einer derartigen Bestimmung, die offenbar nicht den Regelfall zum Gegenstand habe, nicht Gebrauch zu machen. Der Ausschluß der Anwendung des § 25 FinStrG sei daher sachlich nicht gerechtfertigt und stehe mit dem Gleichheitsgrundsatz in Widerspruch.
In dem zu G102/96 protokollierten Antrag (im zugrundeliegenden Anlaßverfahren wurde die mitbeteiligte Partei ua. trotz eines Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 25 Abs 1 FinStrG lediglich verwarnt) wird ergänzend ausgeführt, daß es im Anlaßfall dahingestellt zu bleiben habe, ob die Regelung des § 6 Abs 3 Gasöl-StBG über die Mindestgeldstrafe von 20.000 S im Fall von Abgabenhinterziehungen von ihrem System her ein exzessives Mißverhältnis zwischen dem Gewicht der strafbaren Handlung und der Sanktion bewirke (vgl. VfSlg. 12151/1989 mwH) und ob ein Rechtsinstitut wie jenes des § 25 FinStrG, das nur dazu diene, von der Art der Regelung nicht vermeidbare Härten im Einzelfall auszugleichen, geeignet gewesen wäre, die Unsachlichkeit eines solchen Mißverhältnisses auszugleichen (vgl. VfSlg. 9901/1983). Die vom Antrag erfaßte Regelung führte aber jedenfalls dazu, daß - abweichend von der allgemeinen Regelung des § 25 FinStrG (und etwa auch abweichend vom Regelungssystem des § 21 VStG) - in jedem Fall, also unabhängig vom Grad des Verschuldens (also etwa auch bei verminderter Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit, drückender Notlage etc. - vgl. das zu § 21 VStG ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Z 86/18/0167) und unabhängig von einem noch so geringen Verkürzungsbetrag, jedenfalls eine Mindestgeldstrafe von 20.000 S zu verhängen gewesen wäre. Derartiges sei nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes mit den der Rechtsordnung immanenten Zwecken der Verwaltungsstrafe nicht mehr vereinbar und lasse sich durch sachbezogene strafrechtspolitische Argumente schlechthin nicht mehr erklären. Sachbezogene strafrechtspolitische Argumente fänden sich auch nicht in den oben wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage einer Finanzstrafgesetznovelle 1974, in denen ausgeführt werde, daß die bisher gemachten Erfahrungen gezeigt hätten, daß immer mehr "versucht" werde, unter Hinweis auf die relative Geringfügigkeit des verkürzten Abgabenbetrages mit einer Verwarnung "davonzukommen". Eine sachliche Rechtfertigung dafür, warum auch bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 Abs 1 FinStrG (gerade) in Ansehung einer Abgabenhinterziehung nach § 6 Abs 1 Gasöl-StBG ein Absehen von der Strafe nicht zulässig (oder anders ausgedrückt:
die Möglichkeit eines Härteausgleiches im Grunde des § 25 Abs 1 FinStrG verzichtbar) sein soll, scheine damit nicht gegeben.
Der zu G102/96 gestellte Eventualantrag sei im Hinblick auf die zwischenzeitige Aufhebung des Gasöl-StBG durch das Mineralölsteuergesetz 1995 zu stellen gewesen.
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet.
3.1. Zu den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gegen die im § 6 Abs 3 Gasöl-StBG vorgesehene Mindestgeldstrafe in Höhe von 20.000 S führt sie wie folgt aus:
Tathandlung des § 6 Abs 1 Gasöl-StBG sei das verbotswidrige Verwenden und Behandeln von steuerbegünstigtem Gasöl. Die Bezeichnung dieses Tatbestandes als Abgabenhinterziehung und die Regelung des Verkürzungsbetrages könnten an dem grundsätzlich anders - als es bei typischen Verkürzungsdelikten der Fall sei - gestalteten Tatbestand nichts ändern. Es komme vor allem auf keine Offenlegungspflichtverletzung an, wie dies bei Verkürzungsdelikten typisch sei, sondern auf eine ganz andere Art der Gesetzesverletzung. Die förmliche Gestaltung als Abgabenhinterziehung sei lediglich erfolgt, um die Anwendung auch anderer einschlägiger Bestimmungen des FinStrG zu ermöglichen.
Zur Höhe der Mindestgeldstrafe an sich sei auf den (derzeitigen) Ermäßigungsbetrag von 2,94 S pro Liter Gasöl hinzuweisen. Daraus ergebe sich bei einer durchschnittlichen Tankbefüllung von 40 l ein Verkürzungsbetrag in Höhe von 117,60 S. § 33 Abs 5 FinStrG sehe Geldstrafen bei einer Abgabenhinterziehung in der Höhe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages vor. Dieser Strafrahmen werde im allgemeinen nur bis zur Hälfte des Verkürzungsbetrages ausgeschöpft, was eine durchschnittliche Geldstrafe von etwa 60 S zur Folge hätte. Entsprechend der im § 16 FinStrG geregelten Mindestgeldstrafe wäre eine Geldstrafe von 100 S zu verhängen. Daß eine solche Geldstrafe keine Präventivwirkung entfalte, bedürfe keiner gesonderten Erörterung; der Täter hätte nach statistischer Wahrscheinlichkeit bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit durch eine neuerliche Verletzung des § 6 Abs 3 Gasöl-StBG die Strafe "wieder hereingebracht". Strittig könne daher nicht die Mindestgeldstrafe an sich, sondern nur ihr Ausmaß sein.
Die Entwicklung des Strafausmaßes zeige, daß bei der Schaffung des Finanzstraftatbestandes im Jahre 1966 die Mindeststrafe von 10.000 S zuzüglich des Verfalls des Fahrzeuges etc. erheblich strenger als die heute geltende Mindestgeldstrafe gewesen sei. Auch die mit in Kraft getretene Neuregelung sei bereits milder als die ursprüngliche Regelung gewesen. Der Gesetzgeber habe dadurch, daß er trotz wesentlichen Geldwertschwundes die Mindestgeldstrafen im Gasöl-StBG nicht erhöht habe, dem in den letzten Jahren erfolgten Wertewandel hinsichtlich der Angemessenheit von Strafen ausreichend Rechnung getragen.
Der Verfassungsgerichtshof sei im Erkenntnis VfSlg. 7967/1976 davon ausgegangen, daß die Orientierung der Strafhöhe am Strafzweck zulässig sei. Zweck des Gasöl-StBG sei es, Gasöl für Heizzwecke steuerbegünstigt bereitzustellen, wobei dem Gesetzgeber Vorkehrungen strafrechtlicher Art gegen die mißbräuchliche Verwendung infolge der budgetären Auswirkungen unabdingbar erschienen. Zur Veranschaulichung sei erwähnt, daß die steuerrechtliche Begünstigung für Heizöl einen jährlichen Steuerausfall von 5 Mrd. S an Mineralölsteuer verursache, dies bei einem Mineralölsteueraufkommen für Dieselöl von 12 Mrd. S. Die strafrechtliche Komponente sei daher "ein mit dem Gesetzeszweck unmittelbar verbundenes Erfordernis", da andere Möglichkeiten der Mißbrauchsabwendung (siehe auch unten 3.2.) mit "erheblichen verwaltungsökonomischen Nachteilen" verbunden wären. Als solche kämen Verkaufsverbote bei Tankstellen und in Kanistern in Betracht, wobei davon sozial schwächere Bevölkerungskreise betroffen wären, die vor allem diesen Vertriebsweg in Anspruch nähmen. Vermehrte Straßenkontrollen wären mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand und damit einhergehenden hohen Kosten verbunden, würden vielfach verkehrshemmend wirken und möglicherweise auch Unfallrisiken nach sich ziehen. Der Einwand des Regelungsexzesses sei daher nicht gerechtfertigt.
3.2. Zu den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gegen den in § 6 Abs 3 Gasöl-StBG vorgesehenen Ausschluß der Anwendung des § 25 FinStrG auf Abgabenhinterziehungen der im § 6 Abs 1 Gasöl-StBG bezeichneten Art führt die Bundesregierung aus wie folgt:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei der Gesetzgeber in seinen rechtspolitischen Zielsetzungen frei, soweit eine Regelung nicht "exzessiv" sei
(VfSlg. 5862/1968, 7864/1976, 8142/1977, 9583/1982, 10602/1985).
Wie den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Gasöl-StBG, 255 BlgNR XI. GP, zu entnehmen sei, sei die österreichische Mineralölwirtschaft mit dem Problem konfrontiert gewesen, daß bei der Verarbeitung von rohem Erdöl der Anfall von Gasöl und anderen mittelschweren Ölen erheblich größer als der Anfall von Benzin und anderen Leichtölen gewesen sei. Die Nachfrage nach Benzin habe jedoch die Nachfrage nach Gasöl beträchtlich überwogen. Man meinte, diesem Umstand durch einen verstärkten Verbrauch von Gasöl für Heizzwecke Rechnung tragen zu können. Die hohen Kosten dieser Heizform veranlaßten den Nationalrat und den Bundesrat zu gleichlautenden Entschließungen, durch steuerliche Entlastung oder sonstige geeignete Maßnahmen den Preis für Gasöl für Heizzwecke zu verbilligen. Aufgrund dieser Entschließungen habe die Bundesregierung die Regierungsvorlage eines Gasöl-StBG vorgelegt, welches die steuerliche Entlastung von Gasöl für Heizzwecke vorgesehen habe. Durch eine entsprechende Kennzeichnung dieses steuerbegünstigten Gasöls sollte eine bestimmungsgemäße Verwendung sichergestellt werden. Die ins Gewicht fallende steuerliche Begünstigung stellte aber einen Anreiz dar, das Gasöl nicht nur für den begünstigten Zweck des Verheizens, sondern verbotenerweise vor allem für den Antrieb von (Kraftfahrzeug)motoren zu verwenden. Um diesem Mißstand entgegenzusteuern, habe der Gesetzgeber seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum insbesondere in zwei Modellen gelegen gesehen:
Ein Konzept habe in der kontrollierten Abgabe von steuerbegünstigtem Gasöl, verbunden mit entsprechenden Aufzeichnungspflichten und der Erfassung der Abnehmer, bestanden. Das zweite Konzept habe die unkontrollierte Abgabe von Gasöl, verbunden mit strengen Strafsanktionen für den Fall der verbotswidrigen Verwendung des Gasöls, vorgesehen. Für letzteres Konzept habe sich der Gesetzgeber "insbesondere aus verwaltungsökonomischen Gründen" entschieden.
Es sei zu befürchten gewesen, daß der häufigste Fall der verbotswidrigen Nutzung des steuerlich begünstigten Gasöls im Antrieb von (Kraftfahrzeug)motoren liegen würde. Da aber diesfalls die daraus resultierende Strafdrohung bei einer durchschnittlichen Tankbefüllung eines Personenkraftwagens mit etwa 40 Litern nur bis zu einem Höchstmaß von 52 S gereicht habe, sei für die vorsätzliche Begehung eine Mindestgeldstrafe von 10.000 S und der Verfall des Fahrzeuges, der Maschine oder des Motors sowie für die fahrlässige Begehung eine Mindestgeldstrafe von 5000 S vorgesehen worden. Der Gesetzgeber hätte nach Auffassung der Bundesregierung "auch einen eigenständigen, vom Verkürzungstatbestand losgelösten Straftatbestand schaffen können; um die Anwendung auch anderer einschlägiger Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes zu ermöglichen, wurde jedoch der Tatbestand als Verkürzungstatbestand normiert. Dies hatte auch zur Folge, daß schwerwiegende Verkürzungen gerichtlich zu ahnden waren." Im weiteren schildert die Bundesregierung unter Bezugnahme auf die - oben unter 1.3. zitierten - Materialien zur Finanzstrafgesetznovelle 1975 sowie die Novellierung des § 25 FinStrG, BGBl. Nr. 335/1975, zufolge der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlg. 4462 F/1972), mit der die frühere Ermessensbestimmung in eine zwingende Regelung über das Absehen von der Strafe bei mangelnder Strafwürdigkeit umgeformt wurde, die Entstehungsgeschichte des Ausschlusses der Anwendung des § 25 FinStrG gemäß § 6 Abs 3 Gasöl-StBG.
Wie bereits anhand einer durchschnittlichen Tankbefüllung eines Personenkraftwagens ausführlich dargelegt worden sei, sei das Risiko eines Normunterworfenen, bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 6 Abs 1 Gasöl-StBG aufgegriffen zu werden, zum einen äußerst gering, zum anderen wäre unter Anlegung einer Durchschnittsbetrachtung bei einem Aufgriff jeweils nur ein geringer Abgabenhinterziehungsbetrag festzustellen. Es wäre daher unschwer möglich, mit vernachlässigbar geringem Risiko im jeweiligen Einzelfall nur einen geringen Abgabenbetrag zu hinterziehen. Über einen längeren Zeitraum gerechnet könnte aber im Ergebnis eine beträchtliche - nicht mehr nachweisbare - Gesamtsumme an Abgabenhinterziehung bewirkt werden. Damit entgingen dem Staat nicht nur beträchtliche Abgabenerträge, auch das finanzpolitische Anliegen, steuerbegünstigtes Gasöl nur für Heizzwecke zu verwenden, ginge ins Leere.
Dieser Sachzusammenhang mache deutlich, daß hinsichtlich der in § 6 Abs 1 Gasöl-StBG enthaltenen Verwaltungsstraftatbestände im Vergleich zu den sonst in der Rechtsordnung enthaltenen Abgabenhinterziehungstatbeständen von wesentlichen Unterschieden im Tatsächlichen auszugehen sei. Wäre daher die Anwendung des § 25 FinStrG in § 6 Abs 3 Gasöl-StBG nicht ausgeschlossen, so wäre das im Einzelfall vorwerfbare Verschulden geringfügig und der einzelne Hinterziehungsbetrag unbedeutend. Dies hätte im Regelfall zur Folge, daß gemäß § 25 FinStrG von der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens abzusehen wäre, wenn nicht aus allenfalls gebotenen spezialpräventiven Erwägungen (zB wegen Amtsbekanntheit des Täters oder Uneinsichtigkeit) mit Bescheid eine Verwarnung auszusprechen wäre. Unter Anlegung einer Durchschnittsbetrachtung wäre daher begründet davon auszugehen, daß die Anwendbarkeit des § 25 FinStrG in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle der Zuwiderhandlung dazu führte, daß die angedrohte Strafe wirkungslos bliebe.
Die Fälle des geringfügigen Verschuldens seien vom Gesetzgeber im Verhältnis zu den geringfügigen Schadensfällen als vernachlässigbar erachtet worden, da bei vorsätzlichem Verhalten nur in seltenen - vom Gesetzgeber nicht zu berücksichtigenden - Ausnahmefällen geringfügiges Verschulden gegeben sein werde.
Die Bundesregierung verkenne nicht, daß einzelne Härtefälle - wie etwa aufgrund einer drückenden Notlage - auftreten könnten. Diese und die verbleibenden Fälle der verminderten Zurechnungsfähigkeit oder Unbesonnenheit könnten jedoch gemäß § 187 FinStrG durch die Ausübung des Gnadenrechts berücksichtigt werden.
Zusammenfassend meint die Bundesregierung - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes -, daß "die generalpräventive Wirkung des § 6 Abs 3 Gasöl-StBG (als strafrechtspolitisches Argument) ... ohne den angefochtenen Halbsatz nicht gegeben (wäre)".
Die vom Verwaltungsgerichtshof im zu G106/96 protokollierten Antrag geäußerten Bedenken, daß der Ausschluß der Anwendung des § 25 FinStrG im § 6 Abs 3 Gasöl-StBG "tendenziell und wohl auch effektiv gegen die Unschuldsvermutung (Art6 Abs 2 MRK)" verstoße, würden nicht weiter substantiiert oder begründet, weshalb fraglich erscheine, ob der Antrag in dieser Hinsicht dem § 62 Abs 1 VerfGG 1953 entspräche.
Jedenfalls würde in den Erläuterungen nur festgehalten, daß in der Regel nur geringe verbotswidrig verwendete Mengen aufgegriffen würden und unter Hinweis auf die Geringfügigkeit des verkürzten Abgabenbetrages möglicherweise eine Verwarnung zu verhängen sei. Eine die Unschuldsvermutung betreffende Behauptung, Täter hätten weit größere verbotswidrig verwendete Mengen zu verantworten, als ihnen nachgewiesen werden könne, sei weder dem Gesetz noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Vielmehr sei auf die Unschuldsvermutung des § 6 Abs 2 FinStrG hinzuweisen. Die angefochtene Norm stehe daher nicht im Widerspruch zu Art 6 Abs 2 EMRK.
Die Strafandrohung des § 6 Abs 3 Gasöl-StBG entspreche überdies der sich aus der Richtlinie (95/60/EG) des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom über die steuerliche Kennzeichnung von Gasöl und Kerosin, ABl. Nr. L 291, vom ergebenden Verpflichtung, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, daß eine mißbräuchliche Verwendung der gekennzeichneten Produkte verhindert werde und daß insbesondere die betreffenden Mineralöle nicht in Kraftfahrzeugmotoren verwendet oder im Treibstofftank von Kraftfahrzeugen aufbewahrt werden dürften. Zur Sicherstellung der Anwendung dieser Richtlinie hatten die Mitgliedsstaaten Sanktionen festzulegen, die bei Verstößen zu verhängen seien; diese Sanktionen müßten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
Die Bundesregierung stellt abschließend den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, daß der angefochtene Halbsatz sowie die angefochtene Wortfolge nicht als verfassungswidrig aufzuheben sind, in eventu, daß diese Bestimmungen nicht verfassungswidrig waren.
4. Die mitbeteiligte Partei (der Beschuldigte) im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, aus dessen Anlaß der beim Verfassungsgerichtshof zu G102/96 protokollierte Antrag gestellt wurde, hat eine Äußerung erstattet und beantragt, dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zu folgen.
Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Finanzstrafgesetznovelle 1975 besagten, daß der Ausschluß der Anwendung des § 25 FinStrG notwendig sei, da die verkürzte Bundesmineralölsteuerdifferenz meistens nur einen so geringen Betrag ausmache, daß bei einer Abhängigkeit der Höhe der Geldstrafe vom Verkürzungsbetrag auf keinen Fall eine abschreckende Wirkung zu erzielen wäre. Dabei werde jedoch übersehen, daß § 25 FinStrG das Absehen von der Strafe auch von der Voraussetzung abhängig mache, daß das Verschulden des Täters geringfügig sei. Durch das Abstellen auf die subjektive Tatseite sei sichergestellt, daß es zu keiner mißbräuchlichen Anwendung des § 25 FinStrG kommen könne. Das bedeute, daß es auch bei einer betragsmäßig geringen Abgabenverkürzung, wenn das Verschulden nicht geringfügig ist, zu einer Bestrafung kommen könne. Die angefochtene Gesetzesstelle sei daher mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar.
Ergänzend wird beantragt, die Rechtssache mit dem Ersuchen um eine Vorabentscheidung gemäß Art 177 EGV (nunmehr Art 234 EGV) zur Klärung der Frage an den EuGH weiterzuleiten, ob eine bestimmte Regelung im Gemeinschaftsrecht dermaßen ausgelegt werde, daß ihr § 6 Abs 3 Gasöl-StBG widerspreche. Es bestehe der "Verdacht", daß diesbezüglich Widersprüche existierten, da eine national vorgesehene Steuerbegünstigung für Gasöl unmittelbar den EU-Warenverkehr betreffe.
Die mitbeteiligte Partei beantragt letztlich auch Ersatz der Kosten für die Äußerung in Höhe von S 12.500,-.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Es ist nichts hervorgekommen, was daran zweifeln ließe, daß der Verwaltungsgerichtshof bei Erledigung der beiden bei ihm anhängigen Beschwerden, die Anlaß zur Stellung der beiden vorliegenden Anträge boten, jeweils die in diesen Anträgen angefochtene Bestimmung anzuwenden hätte. Daß der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren G106/96 statt der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung des Gasöl-StBG die Aufhebung begehrte, berührt die Zulässigkeit dieses Antrages nicht (vgl. VfSlg. 8871/1980). Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Anträge zulässig.
2. Zu den vom Verwaltungsgerichtshof vorgetragenen Bedenken - und nur diese können Gegenstand des verfassungsgerichtlichen Gesetzesprüfungsverfahrens sein (vgl. VfSlg. 5289/1966, 12947/1991, 14381/1995) - hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:
2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die Verfassungsmäßigkeit der in § 6 Abs 3 Gasöl-StBG vorgesehenen Mindestgeldstrafe unter zwei Aspekten Bedenken: Zum einen meint er, daß weder das in der genannten Norm umschriebene Tatbild noch irgendwelche denkmöglichen Umstände, unter denen dieses Tatbild - Verwendung von steuerbegünstigtem Gasöl zu einem anderen Zweck als zum Verheizen - verwirklicht werden könne, die Angemessenheit der in jedem Fall zu verhängenden Mindestgeldstrafe von 20.000 S rechtfertigten, wobei auch die in den Gesetzesmaterialien zur Begründung herangezogene Generalprävention nicht geeignet sei, an der Sachwidrigkeit dieser Regelung etwas zu ändern. Die vorgesehene Mindestgeldstrafe von 20.000 S sei insofern sachwidrig, als sie in keiner rationalen Beziehung zum Verkürzungsbetrag stehe, umso mehr als der Zweck des Gesetzes nicht darin liege, die Art der Verwendung des Gasöles zu regeln, sondern ausschließlich darin, die Hinterziehung von Abgaben auf Gasöl hintanzuhalten. Anderseits hegt der Verwaltungsgerichtshof das Bedenken, daß die Regelung im Hinblick auf die sich aus den Gesetzesmaterialien ergebende Begründung tendenziell und wohl auch effektiv gegen die Unschuldsvermutung (Art6 Abs 2 EMRK) verstoße.
2.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Bedenken nicht:
2.2.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 7967/1976 zum Wiener Parkometergesetz aussprach, tritt bei einer im Einzelfall niedrigen Abgabe die Relation zwischen der verkürzten Abgabe und dem Strafbetrag gegenüber der absoluten Höhe der Strafe zurück. Außerdem hielt er es im zitierten Erkenntnis für nicht unsachlich, wenn sich diese absolute Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiert.
Damit hat der Verfassungsgerichtshof jedenfalls klargestellt, daß die Orientierung der Strafhöhe am Strafzweck grundsätzlich zulässig ist.
Wie den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Gasöl-StBG, 235 BlgNR XI. GP, zu entnehmen ist, war die österreichische Mineralölwirtschaft mit dem Problem konfrontiert, daß bei der Verarbeitung von rohem Erdöl der Anfall von Gasöl und anderen mittelschweren Ölen erheblich größer war als der Anfall von Benzin und anderen Leichtölen. Die Nachfrage nach Benzin überwog jedoch die Nachfrage nach Gasöl beträchtlich. Diesem Umstand meinte man durch einen verstärkten Verbrauch von Gasöl für Heizzwecke Rechnung tragen zu können, wobei dem aber die hohen Kosten dieser Heizform entgegenstanden. Dies veranlaßte den Nationalrat und den Bundesrat zu gleichlautenden Entschließungen, durch steuerliche Entlastung oder sonstige geeignete Maßnahmen den Preis für Gasöl für Heizzwecke zu verbilligen.
Auf Grund dieser Entschließungen legte die Bundesregierung die Regierungsvorlage eines Gasöl-StBG vor, welche die steuerliche Entlastung von Gasöl für Heizzwecke vorsah. Durch eine entsprechende Kennzeichnung dieses steuerbegünstigten Gasöls, welches ja auch zum Antrieb von (Diesel)motoren geeignet ist, sollte eine bestimmungsgemäße Verwendung sichergestellt werden. Die ins Gewicht fallende steuerliche Begünstigung stellte aber einen Anreiz dar, das Gasöl nicht nur für den begünstigten Zweck des Verheizens zu verwenden, sondern verbotenerweise vor allem für den Antrieb von (Kraftfahrzeug)motoren. Um diesem Mißstand entgegenzusteuern, entschied sich der Gesetzgeber, insbesondere aus verwaltungsökonomischen Gründen, für den Weg der unkontrollierten Abgabe unter Normierung strenger Strafen. § 2 Gasöl-StBG sah daher das Verbot der Verwendung von steuerbegünstigtem Gasöl zu anderen Zwecken als zum Verheizen vor. Der Gesetzgeber ging dabei von der Prämisse aus, daß bereits Gasöl, das in einen mit einem Motor in Verbindung stehenden Behälter eingefüllt wurde, als verbotswidrig verwendet galt. Durch § 3 Gasöl-StBG wurde auch die Veränderung, Beeinträchtigung und Beseitigung der Kennzeichnung außerhalb eines Erzeugungsbetriebes verboten. Die verbotswidrige Verwendung und Behandlung war durch § 6 Gasöl-StBG mit einer Verwaltungsstrafe bedroht, wobei die vorsätzliche Begehung als Abgabenhinterziehung und die fahrlässige Begehung als fahrlässige Abgabenverkürzung definiert waren. Als Verkürzungsbetrag galt der Unterschiedsbetrag zwischen der ermäßigten und der nicht ermäßigten Bundesmineralölsteuer für die jeweilige Gasölmenge. Wie sich aus den bereits zitierten Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Gasöl-StBG ergibt, war zu befürchten, daß der häufigste Fall der verbotswidrigen Nutzung des steuerlich begünstigten Gasöls im Antrieb von (Kraftfahrzeug)motoren liegen würde. Da aber diesfalls die daraus resultierende Strafdrohung bei einer durchschnittlichen Tankbefüllung eines Personenkraftwagens mit etwa 40 Litern nur bis zu einem Höchstausmaß von 52 S reichte, wurde für die vorsätzliche Begehung eine Mindestgeldstrafe von 10.000 S und der Verfall des Fahrzeuges, der Maschine oder des Motors vorgesehen.
In der Regierungsvorlage der Finanzstrafgesetznovelle 1975, 1130 BlgNR XIII. GP, wurde eine Ergänzung des § 6 Abs 3 Gasöl-StBG dahingehend vorgeschlagen, daß § 25 FinStrG im Falle der Abgabenhinterziehung und fahrlässigen Abgabenverkürzung nicht anzuwenden sein sollte. Dieser Vorschlag stand im Zusammenhang mit der Novellierung des § 25 FinStrG, BGBl. Nr. 335/1975, mit der die frühere Ermessensbestimmung in eine zwingende Regelung über das Absehen von der Strafe bei mangelnder Strafwürdigkeit umgeformt wurde. Die Anwendung des § 25 FinStrG sollte ausgeschlossen werden, um die bei geringen Verkürzungsbeträgen mögliche Einstellung des Verfahrens oder die Verhängung einer bloßen Verwarnung sowie das damit verbundene Fehlen jeglicher präventiver Wirkung hintanzuhalten. Im Finanz- und Budgetausschuß wurde eine Änderung der in § 6 Abs 3 Gasöl-StBG enthaltenen Strafbestimmung in der Weise vorgeschlagen, als der Ausschluß der Anwendung des § 25 FinStrG auf Fälle der Abgabenhinterziehung beschränkt werden sollte, weil sich nach Ansicht des Ausschusses der zwingend vorgesehene Verfall von Fahrzeugen, Maschinen und Motoren im Hinblick auf den in der Regel hohen Wert dieser Gegenstände vielfach als eine zu harte Strafe erwiesen hatte. Es sollte daher die Mindestgeldstrafe für Abgabenhinterziehungen auf 20.000 S erhöht werden, der Verfall der Gegenstände jedoch dann unterbleiben, wenn über den Täter noch keine Vorstrafe wegen verbotswidriger Verwendung oder Behandlung von steuerbegünstigtem Gasöl verhängt worden war. Diese vom Ausschuß vorgeschlagenen Änderungen wurden vom Nationalrat beschlossen.
Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er unter Berücksichtigung des erklärten Zieles des Gasöl-StBG, nur "Gasöl zum Verheizen" steuerlich zu begünstigen, mit der angefochtenen Bestimmung eine Mindestgeldstrafe von 20.000 S vorsah. Bei einer im Einzelfall vorgenommenen Hinterziehung von niedrigen Beträgen hat die Relation zwischen der Abgabenhinterziehung und dem Strafbetrag gegenüber der absoluten Höhe der Strafe zurückzutreten. Es ist durchaus nicht unsachlich, wenn sich diese absolute Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiert. Das Gasöl-StBG hatte - wie bereits ausführlich dargelegt - zulässigerweise auch das Ziel der steuerlichen Entlastung von für Heizzwecke verwendetem Gasöl. Dieser Zweck konnte aber nur dann erreicht werden, wenn die für den Fall des vorsätzlichen rechtswidrigen Verhaltens (nämlich Verwendung des nur für Heizzwecke zu verwendenden Gasöls zum Antrieb von Dieselmotoren) vorgesehene Strafe derart empfindlich war, daß ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden konnte (vgl. VfSlg. 7967/1976). Dadurch, daß der Gesetzgeber die Verhängung der Mindestgeldstrafe ausschließlich auf vorsätzliches Handeln beschränkte, den in der Vorläuferbestimmung zwingend vorgesehenen Verfall der mit Heizöl betriebenen Fahrzeuge, Maschinen und Motoren beseitigte, die absolute Höhe der Mindestgeldstrafe mit 20.000 S festsetzte und seit der Finanzstrafgesetznovelle 1975 nicht mehr erhöhte, wurde ein Ergebnis herbeigeführt, das den Verfassungsgerichtshof zur Auffassung gelangen läßt, daß diese Strafdrohung noch keine betragsmäßige Höhe erreichte, die mit den hergebrachten, der Rechtsordnung immanenten Zwecken der Verwaltungsstrafe nicht mehr vereinbar war.
2.2.2. Auch das Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, die angefochtene Bestimmung widerspreche der Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 EMRK, trifft nicht zu. Wie nämlich in den Erläuternden Bemerkungen zum Gasöl-StBG zutreffend ausgeführt wird, konnten in der Regel nur geringe verbotswidrig verwendete Mengen festgestellt werden, weshalb im Hinblick auf die Geringfügigkeit des verkürzten Abgabenbetrages auch mit einer Verwarnung das Auslangen gefunden werden konnte. Die im Zusammenhang mit der Unschuldsvermutung vorgetragene Behauptung, Täter hätten weit größere verbotswidrig verwendete Mengen zu verantworten gehabt, als ihnen nachgewiesen werden konnte, ist weder dem Gesetz noch dessen Materialien zu entnehmen. Außerdem ist auch auf die anzuwendende Unschuldsvermutung gemäß § 6 Abs 2 FinStrG hinzuweisen.
3.1. Der Verwaltungsgerichtshof hält es für denkunmöglich, daß in jedem Fall der Verwirklichung des Tatbildes nach § 6 Abs 1 Gasöl-StBG die Voraussetzungen des § 25 Abs 1 FinStrG von vornherein nicht gegeben wären und meint weiters, daß für den Fall, daß die Voraussetzungen insbesondere für das Absehen von der Strafe gegeben wären, es im Fall der Verwirklichung des Tatbildes des § 6 Abs 1 Gasöl-StBG sachlich nicht gerechtfertigt wäre, von einer derartigen Bestimmung, die offenbar nicht den Regelfall zum Gegenstand hat, keinen Gebrauch zu machen. In dem zu G102/96 protokollierten Antrag meint der Verwaltungsgerichtshof zusätzlich, daß der Ausschluß der Anwendung des § 25 FinStrG aber jedenfalls dazu führe, daß abweichend von der allgemeinen Regel des § 25 FinStrG (und etwa auch abweichend vom Regelungssystem des VStG; vgl. § 21 VStG) in jedem Fall, also unabhängig vom Grad des Verschuldens (also etwa auch bei verminderter Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit, drückender Notlage etc.) und unabhängig von einem noch so geringen Verkürzungsbetrag immer eine Mindestgeldstrafe von 20.000 S zu verhängen sei. Dies könne nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes mit den der Rechtsordnung immanenten Zwecken der Verwaltungsstrafe nicht mehr vereinbar sein und lasse sich durch sachbezogene strafrechtspolitische Argumente schlechthin nicht mehr erklären.
Mit dieser Auffassung ist der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls nicht im Recht.
3.2. Der Verfassungsgerichtshof sprach zwar in dem auch vom antragstellenden Verwaltungsgerichtshof zitierten Erkenntnis VfSlg. 9901/1983 aus, daß der Verfall als absolute Strafdrohung unabhängig vom Grad des Verschuldens und unabhängig von der Höhe des durch das Finanzvergehen bewirkten Schadens dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot zuwiderläuft. Eine vergleichbare Situation liegt hier aber nicht vor:
Das Risiko eines Normunterworfenen, bei einer vorsätzlichen Verwaltungsübertretung gemäß § 6 Abs 1 Gasöl-StBG betreten zu werden, war, wie die Bundesregierung zutreffend ausführt, äußerst gering. Dazu kommt, daß auch im Falle einer Betretung regelmäßig - unter Anlegung einer Durchschnittsbetrachtung - nur ein geringer Abgabenhinterziehungsbetrag festgestellt werden konnte. Es war daher mit vernachlässigbar geringem Risiko möglich, jeweils nur geringe Abgabenbeträge zu hinterziehen. Über einen längeren Zeitraum gerechnet ergab dies aber eine beträchtliche - nicht mehr nachweisbare - Gesamtsumme an hinterzogenen Abgaben. Damit entgingen dem Staat aber nicht nur beträchtliche Abgabenbeträge, sondern ging auch das finanz- und sozialpolitische Anliegen, Gasöl ausschließlich für Heizzwecke zu begünstigen, ins Leere.
Unter diesen im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum liegenden Aspekten war es dem Gesetzgeber daher nicht vorzuwerfen, wenn er aus generalpräventiven Gründen bei vorsätzlichen Abgabenhinterziehungen gemäß § 6 Abs 1 Gasöl-StBG, bei denen nach der Art der Tatbegehung in der Regel ein geringfügiges Verschulden ausgeschlossen war, in § 6 Abs 3 Gasöl-StBG den Ausschluß des § 25 FinStrG sowohl im Verwaltungsstrafverfahren als auch im gerichtlichen Strafverfahren normierte. Hätte der Gesetzgeber dies nicht getan, wäre insbesondere im Hinblick auf den im konkreten Einzelfall in der Regel geringen Abgabenhinterziehungsbetrag in der überwiegenden Zahl der Fälle von der Einleitung eines Strafverfahrens abzusehen gewesen und damit der Strafzweck unterlaufen worden.
Es treffen daher die vom antragstellenden Verwaltungsgerichtshof geltend gemachten Bedenken, der in § 6 Abs 3 Gasöl-StBG normierte Ausschluß der Anwendbarkeit des § 25 FinStrG sei mit den der Rechtsordnung immanenten Zwecken der Verwaltungsstrafe nicht mehr vereinbar und lasse sich durch sachbezogene strafrechtspolitische Argumente schlechthin nicht mehr erklären, insbesondere aus generalpräventiven Gründen, nicht zu.
4. Die Anträge waren daher abzuweisen.
5. Die von der im Verfahren G102/96 mitbeteiligten Partei für die Erstattung der Äußerung begehrten Kosten waren nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines aufgrund eines Gerichtsantrages eingeleiteten Normenprüfungsverfahrens Aufgabe des antragstellenden Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (vgl. VfSlg. 10832/1986, 14314/1995, 15058/1997).
6. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.