VfGH vom 24.11.2014, G101/2014
Leitsatz
Abweisung weiterer Individualanträge von Gemeinden auf Aufhebung von Bestimmungen des Stmk GemeindestrukturreformG betreffend Gemeindefusionen; keine Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigungen
Spruch
I. Der Antrag wird insoweit abgewiesen, als er sich gegen § 3 Abs 4 Z 4 des Gesetzes vom über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG), LGBl für die Steiermark Nr 31/2014 (berichtigt durch LGBl für die Steiermark Nr 36/2014), richtet.
II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag und Vorverfahren
1. Gestützt auf Art 140 B VG begehrt die antragstellende Gemeinde Nestelbach im Ilztal, das Stmk. Gemeindestrukturreformgesetz (StGsrG), LGBl 31/2014 (berichtigt durch LGBl 36/2014), zur Gänze, in eventu § 3 Abs 4 Z 4 leg. cit. als verfassungswidrig aufzuheben.
Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
"4.1. Bestandsgarantie der Institution Gemeinde
[…]
4.1.3. Nach Rechtsprechung des VfGH enthält das B VG […] eine Bestandsgarantie für die Gemeinde als Institution[;] somit ist es dem Landesgesetzgeber verwehrt, anstelle der Gemeinde eine andere Art von (kleinster) Organisationsstruktur zu schaffen.
Durch die umfassenden Gemeindezusammenlegungen aufgrund des StGsrG und die Reduzierung der Anzahl der Gemeinden um rund 47 % wird im Ergebnis ein völlig anderes Bundesland Steiermark geschaffen. Denn eben diese kleinste Organisationsstruktur der Ortsgemeinde wird weitgehend aufgehoben und durch den (weiteren) Regelfall der 'Großgemeinde' ersetzt. Auch wenn der […] Landesgesetzgeber die Begrifflichkeiten der GemO und des B VG beibehält, ändert dies nichts daran, dass die Institution / das Prinzip der Ortsgemeinde verfälscht wird. Durch das StGsrG wird die Rechtsnatur der 'Gemeinde' flächendeckend geändert und der Verband mehrerer ehemals selbstständiger Ortschaften – wenn auch unter dem Legalbegriff 'Gemeinde' – wird zum Regelfall. Dass der […] Landesgesetzgeber einen – über den Einzelfall hinausgehenden – umfassenden Eingriff in die Institution der Gemeinde beabsichtigt, zeigte sich bereits anhand der – im thematischen Zusammenhang mit der Gemeindestrukturreform erfolgten – Novelle zur GemO 2012[…], mit der die Bestimmung der Bestellung eines Ortsteilbürgermeisters neu in die GemO eingefügt wurde. […] Werden diese […] flächendeckend anstelle der bisherigen Bürgermeister eingesetzt, stellt sich die Gemeindeorganisation in der Steiermark faktisch so dar, dass auf unterster Ebene (anstelle der verfassungsrechtlich vorgesehenen Ortsgemeinde) eine ehemals selbstständige Ortsgemeinde als Ortsverwaltungsteil mit eigenem Ortsteilbürgermeister besteht, die der 'Großgemeinde' als nächsthöhere Verwaltungseinheit ungeordnet [sic!] ist. [… D]ie vorgesehenen 'Großgemeinden' [entsprechen] nicht dem verfassungsrechtlich vorgesehene[n] Regelfall der Ortsgemeinde und nähern sich dem Konzept des Art 120 B VG an.
4.1.4. Folgt man der Rechtsansicht des […] Landesgesetzgebers[,] könnte – überspitzt formuliert – auch dann eine Ortsgemeinde iSd Art 115 B VG vorliegen, wenn sämtliche Gemeinden der Steiermark (mit Ausnahme der Statu[t]arstadt Graz) in eine einzige Gemeinde vereinigt werden würden (die 'Gemeinde Steiermark'), wenn es lediglich darauf ankommt, dass der Formalbegriff der Gemeinde weiterverwendet wird. Für die ehemaligen Gemeinden könnten zur Herstellung einer engeren Verbindung zwischen der Bevölkerung und den Organen und Einrichtungen der Gemeinde Ortsteilbürgermeister im Sinne des § 48 GemO bestellt werden, die finanziellen Ersparnisse aufgrund von Personalabbau und Reduzierung des Verwaltungsaufwandes wären (vermutlich) enorm. Ein[…] sich diesem Extrem annähender Fall ist aber bereits durch das StGsrG gegeben, da der […] Landesgesetzgeber in das Wesen der Institution Gemeinde eingreift.
Darüber hinaus wird durch die beinahe durchgehende Gliederung der Steiermark in Großgemeinden eine Struktur geschaffen, welche die Strukturierung durch Gebietsgemeinden iSd Art 120 B VG durch den Bundesgesetzgeber vorwegnimmt. Die Neugliederung der Steiermark ist demnach ein verfassungsgesetzlich verbotener Vorgriff auf das Verfassungsprogramm der Bildung von Gebietsgemeinden, welches dem Bundesgesetzgeber vorbehalten bleibt.
4.1.5. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass durch das bekämpfte Gesetz in Wahrheit keine Gemeindereform im Sinne von reinen Gemeindevereinigungen herbeigeführt wird, sondern auch – unzulässigerweise – eine Reform der politischen Struktur der Steiermark erfolgt. Gemäß Art 117 Abs 2 B VG wird der Gemeinderat auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes der männlichen und weiblichen Staatsbürger, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Die politische Zugehörigkeit der Gemeinde ist also Ausdruck des aktiven Wahlrechts der Gemeindebevölkerung.
Der […] Landesgesetzgeber bewirkt mit seiner umfassenden Neuordnung des Bundeslandes Steiermark einen umfassenden Eingriff in das ausgeübte Wahlrecht der Bevölkerung sämtlicher (zwangsweise) zusammengelegter Gemeinden. Durch die Reduzierung der Anzahl der Gemeinden um rund 47 % wird im Ergebnis – auch politisch – ein völlig anderes Bundesland Steiermark geschaffen, da das Ergebnis d[er] letzte[n] Gemeinderatswahl konterkariert wird. Folgt man der Vorgehensweise der […] Landesregierung[,] könnte jeder Landesgesetzgeber ein politisch ungewolltes Ergebnis einer Gemeinderatswahl 'beseitigen', indem er Gemeinden so zusammenlegt, dass eine politisch gewollte Gemeindelandschaft entsteht. Hätte der […] Landesgesetzgeber einen solch gravierenden Eingriff in die politische Landschaft der Steiermark rechtmäßig durchführen wollen, hätte er ein Landesverfassungsgesetz erlassen müssen.
Dass politische Beweggründe für die gegenständlichen Gemeindevereinigungen eine maßgebliche Rolle gespielt haben, lässt sich klar daran erkennen, dass eine nach außen hin nahezu willkürli[ch] erscheinende Auswahl getroffen wurde, welche Gemeinden vereinigt werden sollen und welche nicht. […]
4.2. Verletzung des Gleichheitssatzes
4.2.1. Verletzung des Sachlichkeitsgebots
[…]
4.2.1.1.4. In § 1 Abs 1 und 2 StGsrG werden die Ziele des StGsrG angeführt. […]
[…]
4.2.1.2. Verbesserung der Gemeindestruktur
[…]
4.2.1.2.2. Wenngleich der […] Landesgesetzgeber [in den Erläuternden Bemerkungen zum StGsrG] auf eine Abwägung der Vor- und Nachteile hinweist, gab er – auch gegenüber den betroffenen Gemeinden – keine Informationen preis, die eine nachvollziehbare Überprüfung möglich machen würde[n]. Auch hinsichtlich des entwickelten Leitbildes gibt es keine konkreten Informationen darüber, inwiefern dieses auf die Antragstellerin angewendet worden sein soll und zu der Entscheidung über die Gemeindevereinigung geführt hat.
4.2.1.2.3. Die im Leitbild angeführten Entscheidungskriterien (räumliche Situation, Bevölkerungsentwicklung, finanzielle Situation, Gemeinde-Infrastruktur), die dazu führen, dass jeweils nur 'zentrale Orte' gestärkt werden ('Lebensrealitäten – Zentrale-Orte-Konzept'[…]), [sind] aber bereits dem Grundgedanken nach unsachlich. Folgt man der Ansicht des […] Landesgesetzgebers, dass es auf eine Stärkung des Funktionszentrums der neuen Gemeinde ankomme, wird klar, dass die Interessen des 'Nebenortes' gar nicht adäquat berücksichtigt werden und eine Verbesserung der Gesamtsituation in der 'aufnehmenden Gemeinde' auf Kosten einer Verschlechterung der Gesamtsituation in der 'eintretenden Gemeinde' bewusst in Kauf genommen wird.
4.2.1.2.4. Auch die im Leitbild angeführten Kriterien treffen auf den Einzelfall der Antragstellerin nicht zu:
- Räumliche Situation: Die Ortskerne der beiden Ortschaften sind ca. 5 Kilometer voneinander entfernt, einzelne Ortsteile der Antragstellerin sind mehr als 8 Kilometer vom Ortskern der Marktgemeinde Ilz entfernt; eine durchgehende Siedlungsstruktur besteht nicht. […]
- Bevölkerungsentwicklung: Die Bevölkerung der Antragstellerin ist in den letzten Jahrzehnten (von 1981 bis 2013) um insgesamt 4,6 % gestiegen. […]
- Finanzielle Situation: Die Antragstellerin kann eine äußerst geringe Verschuldung und eine kosteneffiziente Finanzgebarung aufweisen. Der […] Landesgesetzgeber erkennt eine geordnete Haushaltsführung. […]
- Gemeinde-Infrastruktur: Dem Leitbild nach wurde die Gemeinde-Infrastruktur mit einem Punktesystem bewertet[.] […] Diese Bewertungsmethode ist jedoch höchst unschlüssig und willkürlich und sie ist nicht geeignet, als sachliches Kriterium für die Zulässigkeit der Gemeindevereinigung zu dienen. So werden etwa für ein Pfarramt 10 Punkte vergeben, obwohl eine Gemeindevereinigung für den Pfarrsprengel keine Auswirkungen entfaltet. Freizeit-, Sport- und Kultureinrichtungen werden überhaupt nicht bewertet, obwohl gerade diese maßgeblich dafür sind, wo sich die Gemeindebevölkerung in ihrer Freizeit aufhält. Für die Rettung findet eine Punktevergabe statt, nicht jedoch für die Feuerwehr (oder Polizei). Wesentliche Infrastruktur wie Abwasser- und Abfallwirtschaft oder Tankstellen werden gänzlich außer Acht gelassen. Auf Grund der positiven Schülerzahlenentwicklung steht bereits fest, dass die Volksschule Nestelbach künftig wieder vierklassig wird. Auch bei der Nahversorgung wurden die vorhandenen örtlichen Nahversorgungsbetriebe nicht entsprechend berücksichtigt. […]
4.2.1.2.5. Das Leitbild ist folglich nicht geeignet, als Grundlage für die Beurteilung der Gemeindevereinigung zu dienen. Stattdessen muss jeweils im Einzelfall, konkret auf die betroffenen Gemeinden bezogen, eine Abwägung der zu erwartenden Vorteile und Nachteile vorgenommen werden und müsste nachvollziehbar dargelegt werden, welche volkswirtschaftlichen und kommunalwirtschaftlichen Vorteile sich konkret für die Bevölkerung der Antragstellerin durch eine Zusammenlegung ergeben würden. Es wäre weiters da[r]zulegen, warum eine Zusammenlegung mit einer anderen Nachbargemeinde nicht vorteilhaft(er) wäre und warum eine Zusammenlegung der Antragstellerin mit der Marktgemeinde Ilz die einzig sinnhafte Form einer gesicherten kommunalen Entwicklung sein kann. Dies insbesondere auch deshalb, da ein ursprünglicher Vorschlag der Zusammenlegung der Gemeinden 'Ilz-Nestelbach-Hainersdorf' ohne jegliche Erklärung verworfen wurde.
4.2.1.3. Vom […] Landesgesetzgeber festgelegte Kriterien der Gemeindezusammenlegung
(i) Allgemeine Grundsätze
Oberstes Ziel der Gemeindestrukturreform ist die Stärkung der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur sachgerechten und qualitätsvollen Erfüllung der eigenen und übertragenen Aufgaben und Funktionen zum Wohle der Bevölkerung.
Dieses oberste Ziel ist bereits ohne Zusammenlegung erreicht und die Gemeindevereinigung führt zu keiner Verbesserung. Die Antragstellerin konnte bereits bisher den oben erwähnten Bedürfnissen der Bevölkerung bestens nachkommen und es bestehen keine Anzeichen und insbesondere keine konkreten Angaben darüber, dass die angestrebte Großgemeinde diese Aufgaben besser erfüllen können wird. Demgegenüber stehen erhebliche Nachteile, die der Antragstellerin und ihrer Gemeindebevölkerung durch die Gemeindevereinigung drohen.
(ii) Wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinden
[…]
(1) Funktionales Arbeits- und Dienstleistungszentrum Nestelbach im Ilztal
[…]
Der […] Landesgesetzgeber übersieht […], dass die Antragstellerin selbst ein Arbeits- und Dienstleistungszentrum darstellt. In den letzten zehn Jahren sind mehr als 80 neue Arbeitsplätze durch Betriebsansiedlungen entstanden. Die Antragstellerin hat derzeit 35 Gewerbebetriebe mit ca. 200 Beschäftigten. Mehr als die Hälfte der Betriebe sind in den letzten 15 Jahren entstanden. Bestehende Betriebe haben sich überwiegend gut behauptet und vergrößert. Im Rechnungsabschluss 2013 überschritt[en] die Kommunalsteuereinnahmen erstmals die Grenze von EUR 130.000,–; dagegen betrug die Kommunalsteuerleistung im Jahr 1989 umgerechnet lediglich EUR 15.700,–.
Die im Ortsgebiet der Antragstellerin niedergelassenen Dienstleistungsunternehmen können weitreichende Bedürfnisse des täglichen Lebens abdecken und diese gehen weit über eine bloße Grundversorgung hinaus; darunter fallen: Gastronomie (Gasthaus, Pizzeria), eine Bank, Körperpflege/Gesundheit […], Handwerker […], Tankstelle/Lebensmittelhandel, ein KFZ-Händler, ein Holz- und Reifenhändler, zwei Autowaschanlagen, ein Estrichunternehmen, ein Ziviltechnikerbüro, ein Energietechnikunternehmen, ein Arbeitskräfteverleihunternehmen, ein Brandschutztürentechnikunternehmen, ein Sandstrahlunternehmen, ein Kunststofftechnikunternehmen, ein Tortechnikunternehmen uvm.
(2) Kosten und Einsparungen
Auf Basis des Gesetzes und der Erläuternden Bemerkungen ist nicht ersichtlich, dass durch die Gemeindevereinigung Kosten vermieden und Einsparungen vorgenommen werden könnten. Der […] Landesgesetzgeber verweist auf allgemeine Überlegungen, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Diese wären aber notwendig gewesen, um eine nachvollziehbare Prognose über finanzielle Vorteile anstellen zu können.
Dazu hat auch der Rechnungshof in seinem Bericht vom […] wie folgt ausgesprochen:
'Zusammenfassend hält der RH fest, dass eine zumindest näherungsweise numerische Darstellung der finanziellen Auswirkungen geboten und wohl auch möglich gewesen wäre. Dies umso mehr, als die Erläuterungen auf Seite 6 anführen, dass während der Verhandlungsphase des Reform-Prozesses die relevanten Tätigkeitsbereiche der Gemeinden analysiert, u.a. Finanzanalysen vorgenommen und die Auswirkungen der Gemeindevereinigungen aufgezeigt worden wären. Dazu fehlen aber jegliche Berechnungen, es finden sich in den Erläuterungen nicht einmal jene Annahmen bzw. Parameter, auf die diese Aussagen aufbauen.
Die Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen entsprechen daher insofern nicht den Anforderungen des § 18 Abs 3 GeoLT 2005, weshalb eine abschließende Beurteilung der vorgeschlagenen Maßnahmen insbesondere in finanzieller Hinsicht nicht möglich ist' […].
Darüber hinaus hat der VfGH ausgesprochen, dass – selbst wenn ein solches gegeben wäre – das alleinige Bewirken einer Erhöhung der Finanzkraft nicht geeignet ist, eine Gemeindevereinigung sachlich zu rechtfertigen[.]
[…]
Darüber hinaus hat sowohl die Antragstellerin als auch die beabsichtigte Großgemeinde in Summe weniger als 10.000 Einwohner, sodass sich im abgestuften Bevölkerungsschlüssel nichts ändert.
(3) Finanzsituation der Antragstellerin
[…]
Wenn der […] Landesgesetzgeber [in den Erläuternden Bemerkungen zum StGsrG] auf den ordentlichen Haushalt der Jahre 2009 und 2010 hinweist und unterstellt, dass eine mangelhafte Finanzgebarung der Antragstellerin vorgelegen sei, ist dem zu entgegnen, dass der […] Landesgesetzgeber den Einbruch der weltweiten Konjunktur aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 außer Acht lässt. Diese entfaltete – neben Auswirkungen beim Bund und beim Land Steiermark selbst – auch Auswirkungen auf die Antragstellerin. Darüber hinaus wurden die Sozialausgaben für die Gemeinden durch das Land Steiermark erhöht und es gab überdurchschnittliche Katastrophenereignisse (Unwetter), die auch die Antragstellerin betrafen. Aus diesem Grund musste die Antragstellerin eine Vorfinanzierung leisten, da Katastrophenfondsmittel mit Verzögerung von einem Jahr ausbezahlt werden. 2010 wurden zudem die Ertragsteile des Bundes nicht an die Gemeinden ausgezahlt. Daraus folgt, dass gerade die für den Betrachtungszeitraum herangezogenen Jahre 2009 und 2010 von besonderen, außergewöhnlichen Umständen negativ beeinflusst waren, die nicht von der Antragstellerin beeinflusst oder abgewendet werden konnten, die ihr aber nunmehr vom […] Landesgesetzgeber negativ zugerechnet werden.
Seit 2011 ist eine positive Entwicklung der Finanzsituation gegeben. Im Rechnungsabschluss 2013 ist im Ordentlichen Haushalt eine Freie Finanzspitze in Höhe von EUR 211.193,– ausgewiesen. Im Voranschlag 2012 konnte ein Anteilsbetrag von EUR 89.000,– veranschlagt werden; der Anteilsbetrag 2013 beträgt EUR 126.000,– und Anteilsbetrag 2014 EUR 140.000. Auch im weiteren mittelfristigen Finanzplan 2014 - 2018 sind ähnliche Anteilsbeträge veranschlagt. In den nächsten Jahren wird sich auch das Kommunalsteuersplitting der Impulsregion Fürstenfeld im Bereich der Impulsregion und des Gründer- und Servicezentrums positiv auf die Gemeindefinanzen auswirken.
Die freie Finanzspitze der Antragstellerin beträgt durchschnittlich 8-10 % des ordentlichen Haushaltes und ist mit wenigen Gemeinden in der Region vergleichbar. Auch der Verschuldungsgrad mit derzeit 2,32 % (2013) stellt ein äußerst positives Zeugnis aus. Aus der Entwicklung der Kommunalsteuer ist zu ersehen, dass sich die jährlichen Betriebsansiedlungen bereits positiv auswirken.
Bei der Entwicklung der Gesamtschulden der Gemeinde wird im interkommunalen Vergleich die positive Finanzgebarung der Antragstellerin deutlich.
[…]
Die Finanzsituation der Antragstellerin ist somit von einer positiven Entwicklung gezeichnet. Da auch der […] Landesgesetzgeber eine geordnete Haushaltsführung erkennt, ist auch aus finanzieller Sicht keine Notwendigkeit einer Gemeindevereinigung gegeben und eine solche würde zu keiner Besserung der Finanzsituation beitragen. Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten erweist sich eine Gemeindevereinigung der Antragstellerin mit ihrer Nachbargemeinde daher als unsachlich.
(4) Personalaufwand der Antragstellerin / Aufwand für Gemeindemandatare
[…]
Auch in diesem Fall gehen die Erläuterungen des […] Landesgesetzgebers über Allgemeinfeststellungen nicht hinaus; sämtliche konkreten Ermittlungen fehlen. Es gibt keine Informationen, welche eine kurz-, mittel- oder langfristige Einsparung erkennen lassen. Auch auf die Frage hin, welche Aufwendungen welche Kosten verursachen, gibt es keinerlei nachvollziehbar[e] Zahlen.
Der Personalaufwand der Antragstellerin ist sowohl im Innendienst als auch im Außendienst äußerst gering gehalten. Im Innendienst sind bei rund 1.150 Einwohnern lediglich zwei Mitarbeiter sowie eine Reinigungskraft (zu 50 %) beschäftigt. Der Außendienst (inklusive Wasser-, Kanal- und Abfallwirtschaft) wird mit lediglich 1,80 Dienstposten bewältigt. Mit diesem Fachpersonal werden alle Verwaltungstätigkeiten professionell durchgeführt. Das Land Steiermark kann keinerlei Beanstandungen vorweisen.
Mit dem Personal der Antragstellerin werden neben den Pflichtaufgaben zahlreiche Serviceleistungen für die Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger angeboten und erledigt. Gerade ältere Menschen sind wegen fehlendem Internetzugang bzw fehlenden Kenntnissen auf die Serviceleistung im Gemeindeamt angewiesen und es besteht eine hohe Zufriedenheit der Bevölkerung mit dem Personal der Antragstellerin. Um den Informationsfluss zu allen Bürgerinnen und Bürgern aufrecht zu halten, wird vierteljährlich eine Gemeindezeitung mit dementsprechenden Informationen an jeden Haushalt versendet.
Bei der Anzahl der Gemeindebediensteten und den Personalausgaben pro Einwohner werden im interkommunalen Vergleich die geringen Personalkosten der Antragstellerin deutlich.
[…]
Die Antragstellerin ist somit in der Lage, mit dem von ihr beschäftigten Personal, sämtliche Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit der Bevölkerung bei äußerst geringen Personalkosten zu erfüllen.
Neben den dargestellten Personalkosten sind auch hinsichtlich der Gemeindemandatare keine Kosteneinsparungen aufgrund einer Gemeindevereinigung zu erwarten. Bei größeren Gemeindeeinheiten fällt die Aufwandsentschädigung der jeweiligen Mandatare in eine wesentlich höhere Besoldungsklasse. Zudem wurde vom […] Landesgesetzgeber beschlossen, mit die Bezüge der Steirischen Mandatare zu erhöhen. Nach § 6 Steiermärkische[s] Gemeinde-Bezügegesetz[…] gebührt Bürgermeistern ein festgelegter Prozentsatz eines Ausgangsbetrages, der nach Gemeindegröße gestaffelt ist. Mit Wirksamkeit vom wurde der Bezug bei Gemeinden von 1.000 bis 2.000 Einwohner um 53 % erhöht, mit sollen die aufgezwungenen Gemeindevereinigungen erfolgen. Dies bedeutet im Ergebnis, dass es zwar weniger Bürgermeister gibt, diese jedoch höhere Bezüge lukrieren werden; mit anderen Worten: statt dass Mehrere weniger erhalten, erhalten Wenige mehr. Die Kosten für die Mandatare der angestrebten neuen Gemeinde werden insgesamt ca. EUR 30.000,– mehr betragen[…] als noch im Rechnungsabschluss 2013.
Dies alles lässt erkennen, dass es dem […] Landesgesetzgeber nicht (nur) darauf ankommt, durch eine Senkung der Kosten der Gemeindemandatare wesentliche Einsparungen vorzunehmen.
Da durch die Gemeindevereinigung keine wesentlichen Einsparungen erzielt werden können und die Antragstellerin äußerst geringe Personalkosten aufweisen kann, ist eine Gemeindevereinigung auch aus diesem Grund unsachlich.
(5) Finanzausgleich und Stabilitätspakt
[…]
Der […] Landesgesetzgeber übersieht […], dass die Fusionsprämie nur der neuen Gemeinde zusteht, welche über den neu zu wählenden Gemeinderat über die neu gebildete Gemeinde verteilt wird. Dadurch ist aber keinesfalls sichergestellt, dass die Bevölkerung der Antragstellerin davon profitieren würde, steht es doch gerade im Sinne des […] Landesgesetzgebers, lediglich den 'Zentral-Ort' Ilz zu stärken.
Darüber hinaus ist auch eine Berufung auf das Finanzausgleichgesetz 2008[…] und den darin festgelegten abgestuften Bevölkerungsschlüssel ungeeignet, als Begründung für eine Gemeindevereinigung zu dienen. Der VfGH hat bereits ausgesprochen, dass eine andere Verteilung der den Gemeinden zukommenden Ertragsteile keine sachliche Rechtfertigung einer Gemeindevereinigung darstellt.[…] Zudem tritt das Finanzausgleichsgesetz 2008 gemäß § 25 Abs 1 FAG 2008 mit außer Kraft. Demzufolge wird das Land Steiermark in der kommenden Finanzausgleichsverhandlung mit dem Bund die Möglichkeit haben, andere Berechnungsmodelle als bisher für die Aufteilung der Ertragsteile auf die Gemeinden auszuverhandeln. Als Bemessungsgrundlage könnten etwa die Einwohnerzahlen der Kleinregionen herangezogen werden.
Weiters werden die Kriterien des Maastricht-Saldos und deren Feststellungen (Schulden und Haftungen) schon bisher von der Antragstellerin eingehalten und kann die Antragstellerin im Jahr 2013 ein positives Maastrichtergebnis von EUR 57.351,16 im Rechnungsabschluss vorweisen. Darüber hinaus fand in den letzten Jahrzehnten auch kein Bevölkerungsrückgang, sondern vielmehr eine Steigerung von 4,4 % statt.
(iii) Infrastruktur und Demografische Entwicklung
[…]
(1) Infrastruktur
In den Erläuternden Bemerkungen wird lediglich festgehalten, dass 'eine effizientere Nutzung der örtlichen Infrastruktur mit einer höheren Auslastung und Effizienz […] zu erwarten [ist]'.[…]
Inwiefern eine konkrete Verbesserung erreicht werden soll, lässt sich lediglich aufgrund einer derartigen Allgemeinfeststellung nicht nachvollziehen.
Die Infrastruktur der Antragstellerin wird bereits derzeit effizient genutzt und wurde in den letzten Jahren ohne Neuverschuldung auf neuesten Stand gebracht:
- Das Kindergartengebäude wurde 2011 umfangreich saniert […]. Den eingruppigen Kindergarten besuchen derzeit 27 Kinder. Im Kindergarten angeschlossen ist eine Nachmittagsbetreuung, in welcher zur Zeit durchschnittlich 8-10 Kinder betreut werden. Die Auslastung des Kindergartens beträgt im Durchschnitt 90 [%].
- Auch die Volksschule wurde 2010 und 2011 umfangreich saniert. Die Volksschule wird derzeit 3-klassig geführt. Im laufenden Schuljahr 2013/2014 besuchen 51 Kinder die Volksschule. Die Schüleranzahl ist in den letzten Jahren steigend; daher wird die Volksschule künftig wieder 4-klassig geführt werden.
- Alle Freizeiteinrichtungen, zB Fußball-, Eisschützen-, Tennis- und Spielplätze sind in den letzten Jahren ohne Schulden adaptiert worden.
- Es gibt eine private Musikschule für Erwachsene, die mit durchschnittlich 120 Musikschülern hervorragend ausgelastet ist.
- Für das Kulturleben steht ein entsprechendes Gebäude (Galerie Nestelbach) mit hervorragender Auslastung zur Verfügung.
- Das Feuerwehrhaus wurde im Jahr 2002 neu eröffnet; auch die Ausstattung der Fahrzeuge und Gerätschaften wurde erneuert. Eine Besonderheit des Feuerwehrhauses ist die Mehrfachnutzung für Feuerwehr, Freizeit und Kultur. […] Die Ausrüstung entspricht den erforderlichen Beschaffungsvorgaben des Landesfeuerwehrverbandes. Auch bei der Feuerwehr gibt es keine ausgelagerten Schulden.
- Das gut funktionierende Gemeindezentrum mit Mehrzweckhalle und Dorfplatz konnte 2013 saniert, erneuert und erweitert werden. Die dringend notwendige Erweiterung der Büroräumlichkeiten von lediglich insgesamt zwei Räumlichkeiten für den Bürgermeister und die zwei Gemeindebediensteten zum Zwecke der Verbesserung des Bürgerservice wurde mit Unterstützung von Bedarfszuweisungsmitteln des Landeshauptmannes in Höhe von EUR 56.000,– durchgeführt. Im Falle der Gemeindevereinigung wäre[n] die vom Land Steiermark 2012 gewährten Bedarfszuweisungsmittel von EUR 56.000,– frustriert.
- Das Gemeindegebiet der Antragstellerin ist durch die B 65 […] und die nahe liegenden Anschlussstellen der A2-Südautobahn in Richtung Graz und Wien (5 Minuten Fahrzeit) verkehrsmäßig bestens aufgeschlossen.
- Auf Grund laufender Wegerhaltungsprogramme in den letzten 15 Jahren befindet sich das umfangreiche Gemeindestraßennetz (ca. 48 km) in sehr gutem Zustand. Die Instandhaltung der Gemeindestraßen, Gehsteige und Ortsbeleuchtung kann daher künftig ohne größere Investitionen (jährliches Sanierungsprogramm wie bisher) bewältigt werden.
- Die Wasserversorgung der Gemeinde verfügt über zwei Standbeine: Einerseits erfolgt die Trinkwasserversorgung aus dem gemeindeeigenen Tiefbrunnen und andererseits wird der Spitzenbedarf über die Transportleitung des Wasserverbandes Grenzland-Südost abgedeckt. Die Überschussmenge aus dem eigenen Tiefbrunnen wird gemäß einer Vereinbarung an den Wasserverband verkauft.
- Mit der neu fertiggestellten Abwasserentsorgung wird das gesamte Gemeindegebiet abgedeckt. Die Entsorgung der Abwässer erfolgt in die Kläranlage des Abwasserverbandes Raum Fürstenfeld in Fürstenfeld. Aufgrund dieser Lösung wird die Antragstellerin nur mit äußert geringen Betriebskosten belastet.
[…]
In allen oben erwähnten Bereichen ist eine sehr gute Auslastung der Infrastruktur gegeben. Aufgrund der Neuwertigkeit der Infrastruktur ist auch kurz- und mittelfristig mit keinen besonderen finanziellen Aufwendungen in diesen Bereichen zu rechnen.
Insofern ist auch keine Effizienzsteigerung durch die Gemeindevereinigung gegeben, da die Auslastung der bisherigen, gut ausgestatteten Infrastruktur äußerst positiv ist. Der Zustand der Infrastruktureinrichtungen ist auf neuestem Stand, sodass lediglich die Betriebskosten anfallen. Bei einer Stilllegung im Falle einer Gemeindevereinigung würde der große Wertbestand nicht mehr seinem Errichtungszweck zugeführt werden können, und es müssten verschiedene Infrastruktureinrichtungen im neuen Zentralort angepasst und erweitert werden (Bsp. Kindergarten, Schule, Gemeindezentrum), wodurch erneut Kosten verursacht werden würden. Andererseits besteht aufgrund der weitreichenden Versorgung der Gemeindebevölkerung der Antragstellerin sowie der weitreichenden Entfernung von Ortsteilen der Antragstellerin zum Ortszentrum der Marktgemeinde Ilz (bis zu 8 km) auch keine Veranlassung, Versorgungseinrichtungen (Wasser, Kanal, Fernwärme) zwischen den beiden Gemeinden herzustellen. Bei infrastruktureller Betrachtung der Gemeindevereinigung erweist sich diese somit als unsachlich.
(2) Gemeindegröße und Demografische Entwicklung
[…]
Die Bevölkerungsentwicklung der Antragstellerin ist in den letzten Jahrzehnten durchaus positiv verlaufen, und der […] Landesgesetzgeber erkennt eine Steigerung der Bevölkerungszahlen von 1981 bis 2013 um 4,4 %. Seit der Erhebung der […] Landesregierung ist die Bevölkerungsanzahl weiter gestiegen und liegt derzeit (Stand: ) bei 1.137 Einwohnern. Die Entwicklung der letzten Jahre lässt somit auf eine länger andauernde Bevölkerungszahl von deutlich über 1.100 Einwohner[n] schließen. Zudem hat die Antragstellerin mit ihren Bemühungen im Geschosswohnbaubereich weitere Maßnahmen gesetzt, um für eine weitere positive Bevölkerungsentwicklung zu sorgen. Demgegenüber haben sich die von der […] Landesregierung […] erstellten Prognosen wiederholt als falsch erwiesen. In einer ersten Prognose wurde der Bevölkerungsrückgang der Antragstellerin noch mit 9,1 % angegeben, aufgrund weiterer Nachfragen der Antragstellerin wurde dieser Wert dann auf die in den Erläuternden Bemerkungen angegebenen 4,6 % abgeändert. Die Kriterien, nach denen diese Prognose erstellt wurde, wurden der Antragstellerin nicht mitgeteilt.
Selbst wenn sich die Prognose der Bevölkerungssenkung bis 2030 um 4,6 % bewahrheiten sollte und die Antragstellerin 2030 eine Bevölkerung [von] 1.082 Einwohnern aufweisen sollte, liegt dieser Wert immer noch über dem nach Rechtsprechung des VfGH festgelegten Schlüsselwert von 1.000 Einwohnern.[…]
Kettiger führt in seinem Artikel 'Die richtige Größe einer Gemeinde', Untertitel 'Die Gemeindegröße allein ist kein Fusionskriterium' wie folgt aus:
'Soziodemografische Sicht
Eine Gemeinde ist nicht nur ein Betrieb[,] sondern ein gesellschaftliches [Subs]ystem – ein lebender Organismus mit einer bestimmten Geschichte und Kultur. Auf diesem Hintergrund stellt sich die Frage der optimalen Gemeindegröße anders. Maßgeblich ist, ob das System Gemeinde nachhaltig aus sich heraus funktionieren kann. Dies bedingt, dass die Bevölkerungsstruktur mittelfristig in etwa erhalten bleibt, dies sowohl zahlenmäßig wie auch bezüglich der Altersstruktur. Probleme stellen diesbezüglich hohe Abwanderungsraten ebenso wie zu hohe Zuwachsraten [dar]. Ein Problem kann auch darin bestehen, die notwendigen ehrenamtlichen Gemeindebehörden nicht mehr besetzen zu können; ein Problem, das sich zwar zunehmend in kleinen Gemeinde[n], aber nicht nur dort zeigt. Das Funktionieren einer Gemeinde bedingt ein relativ homogenes Kulturverständnis der gesamten Bevölkerung. Dies betrifft auch die politische Kultur. Es nützt beispielsweise wenig, wenn eine Gemeinde aus betrieblicher Sicht eine optimale Größe aufweist, wenn die notwendigen Führungsentscheide nicht rechtzeitig gefällt werden können, weil sich in der Exekutive Ortsteilvertretungen ständig gegenseitig blockieren. Aus sozi[o]demografischer Sicht gilt es weiter zu bedenken, dass nicht in allen Gemeinden in gleichem Maße soziale und interkulturelle Integrationsaufgaben anfallen' […].
Eine demographische Entwicklung ist für sich allein gesehen kein hinreichender Grund für eine Gemeindezusammenlegung, wenn andere Faktoren, wie die politische Kultur[,] außer Acht gelassen werden. Dass sich eine solche positiv entwickeln wird, ist aufgrund der Ablehnung der Gemeindevereinigung durch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung der Antragstellerin nicht zu erwarten […]. Die Gemeindegröße der Antragstellerin rechtfertigt nach Rechtsprechung des VfGH selbst bei einer Bevölkerungssenkung von 4,6 % bis 2030 keine Gemeindevereinigung. Denn selbst wenn die Bevölkerungszahlen auf 1.082 Einwohner herabfallen sollten, ist eine Gemeindebevölkerung gegeben, die sämtliche Aufgaben erfüllen kann […].
Darüber hinaus zeigt sich aus der Alterspyramide der Einwohnerstatistik, dass die Antragstellerin über eine ausgewogene Bevölkerung sämtlicher Altersklassen verfügt. Aus diesem Grund ist eine Gemeindevereinigung aus demographischer Sicht nicht geboten und erweist sich auch aus diesem Grunde als unsachlich.
(iv) Raumplanung und Siedlungsverflechtungen
[…]
(1) Raumplanung
[…]
[… Die Erläuterungen] beschränken sich […] auf Allgemeinaussagen. Folgt man den Ausführungen des […] Landesgesetzgebers, so müssten sämtliche Gemeinden vereinigt werden, wenn ausschließlich durch diese Maßnahme eine koordinierte Standortentwicklung erreicht werden könnte. Dass eine größere Verwaltungseinheit besser in der Lage ist, eine strategische und räumlich abgestimmte Standortentwicklung zu gewährleisten[,] ist nicht zwangsläufig gegeben. Zudem kann auch im Bereich der Raumplanung ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Nachbargemeinden vereinbart werden oder es kann einem Gemeindeverband die Kompetenz zur Erstellung eines gemeinsamen örtlichen Entwicklungskonzepts übertragen werden.[…]
Darüber hinaus zeigt sich, dass aufgrund der erfolgreichen bisherigen Raumplanung der Antragstellerin eine positive Entwicklung sowohl bei der Einwohnerzahl als auch bei den Betriebsansiedlungen verzeichnet werden konnte.
Die bisherige Raumordnung wurde von der Antragstellerin ausgesprochen sorgfältig wahrgenommen, und es konnte sowohl eine entsprechende Bevölkerungsentwicklung erzielt werden[…] als auch in allen Gemeindegebieten die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung errichtet werden. Im Zuge dieser Errichtungen wurden auch die Gemeindestraßen mit ihren Nebenanlagen (Gehsteige und Ortsbeleuchtung) hergestellt.
Die Antragstellerin weist, wie im Flächenwidmungsplan ersichtlich, die viertgrößte Industrie- und Gewerbefläche (mehr als 15 ha) des ehemaligen Bezirkes Fürstenfeld auf. Bei einer Vereinigung würden diese Gewerbeflächen zugunsten eines 'Zentral-Ortes' Ilz in Frage gestellt werden. Derzeit beträgt ein Gewerbeflächenpreis durchschnittlich EUR 30,–. Sollte eine Rückführung in Freilandflächen erfolgen, würde der Quadratmeterpreis lediglich rund EUR 2,50 betragen. Die Widmungsflächen für Bauland würden auf Grund des Zentralisierungsgedankens und der im Gesetz vorgesehenen Stärkung der Marktgemeinde Ilz (auf Kosten der Bevölkerung der Antragstellerin) auf ein Minimum zurückgeführt werden.
Damit würde sich der prognostizierte Bevölkerungsrückgang mit großer Wahrscheinlichkeit noch verstärken und in weiterer Folge wohl auch dazu führen, dass bereits bestehende (erfolgreiche) Dienstleister ihr Angebot nicht mehr aufrecht erhalten könnten. Sämtliche Bemühungen der letzten Jahre und das Zur-Verfügung-Stellen von voll aufgeschlossenem Bauland wären umsonst gewesen.
Daraus ergibt sich, dass ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort nachhaltig geschädigt werden würde. Die Raumordnung konnte von der Antragstellerin stets erfolgreich ausgeübt werden. Eine Verbesserung durch die Gemeindezusammenlegung ist nicht gegeben.
(2) Siedlungsverflechtungen
[…]
In seinen Erläuterungen lässt der […] Landesgesetzgeber Überlegungen vermissen, weswegen die Bevölkerung der Antragstellerin besondere Verbindungen zur Marktgemeinde Ilz pflegen soll, die gegenüber der Marktgemeinde Sinabelkirchen in den Vordergrund treten. Der Teil der Gemeindebevölkerung, der nicht im Ort beschäftigt ist, pendelt überwiegend nach Gleisdorf, Graz bzw Weiz aus und nützt folglich den Verkehrsknotenpunkt Sinabelkirchen. Daraus folgt, dass – wenn überhaupt – lediglich eine überdurchschnittliche Beziehun[g] mit dem Nachbarort Sinabelkirchen besteht. Ob ein Ort in einem Regionalen Entwicklungskonzept als Teilregionales Versorgungszentrum festgelegt ist oder nicht, ändert nichts daran, wie sehr er von der Bevölkerung frequentiert wird.
Durch die mehr als 35 Betriebe im Gemeindegebiet der Antragstellerin wird die Grundversorgung der Bevölkerung abgedeckt. Die Gastronomie, Bank, Körperpflege/Gesundheitseinrichtungen, Handwerksbetriebe und die Tankstelle/Lebensmittelhandel werden von der Bevölkerung stark frequentiert und ermöglichen eine weitestgehende Versorgung unabhängig von der Marktgemeinde Ilz. Auch die übrigen Dienstleistungen werden zumeist in anderen Orten, insbesondere in Sinabelkirchen, bezogen; auch die Haupschulschulsprengel verteilen sich auf andere Orte.
Somit bestehen keine besonderen Siedlungsverflechtungen zwischen der Antragstellerin und der Marktgemeinde Ilz, die eine Gemeindevereinigung rechtfertigen würden. In Hinblick auf etwaige Siedlungsverflechtungen aufgrund von Dienstleistungen führt eine Gemeindevereinigung zu keiner Verbesserung für die Gemeindebevölkerung, da es für die Gemeindebevölkerung als Konsumenten dieser Dienstleistungen unerheblich ist, ob diese in der eigenen Gemeinde oder einer Nachbargemeinde bezogen werden; denn ob ein Supermarkt, eine Drogerie, eine Apotheke, etc aufgrund einer Gemeindevereinigung im 'eigenen' Ort ist oder im vormaligen Nachbarort bleibt, hat naturgemäß keine Auswirkung auf die Qualität der Dienstleistung oder die Entfernung von Wohnadresse und Dienstleistungsadresse. Dass Wohnung und Supermarkt im selben Ort sind, ändert nichts an deren Entfernung zueinander und es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass etwa Bevölkerung eines Nachbarorts bei Bezug der Dienstleistung anders behandelt wird[…] als die Bevölkerung des Dienstleistungsorts. Bestehende zentrale Einrichtungen eines Ortes können auch von der Bevölkerung des Nachbarortes genutzt werden, gleichgültig, ob die Gemeinden selbstständig sind oder nicht. Ein Vorteil für die Gemeindebevölkerung wird nach Rechtsprechung des VfGH dadurch nicht herbeigeführt.[…]
Damit scheidet der Bezug von Dienstleistung aber als Begründung für eine Gemeindezusammenlegung aus, wenn man – wie der VfGH – eine Verbesserung für die Gemeindestruktur als Zulässigkeitskriterium heranzieht.
(v) Kulturelle Faktoren
Daneben sollen auch die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere naturräumliche und kulturelle Verhältnisse, wie auch historische Verbundenheiten sowie lokales Handeln für das Gemeinwohl und Ausüben von Ehrenämtern berücksichtigt werden.
Der […] Landesgesetzgeber enthält sich jeglicher Aussagen darüber, inwiefern dieser Punkt bei der gegenständlichen Gemeindevereinigung berücksichtigt wurde.
Die Antragstellerin kann ein umfangreiches kulturelles Programm aufweisen, das in der Gemeinde angeboten wird[.]
[…]
Diese kulturelle Eigenständigkeit der Antragstellerin wurde vom […] Landesgesetzgeber gänzlich ignoriert. Hätte der […] Landesgesetzgeber sein Konzept der 'Lebensrealitäten' umgesetzt, hätte er auch kulturelle Einrichtungen und Freizeiteinrichtungen berücksichtigen müssen, da gerade diese entscheidend dafür sind, wo die Gemeindebevölkerung ihre Freizeit verbringt und folglich den 'Lebensmittelpunkt' setzt. Da die Antragstellerin ein umfangreiches Vereinsleben vorweisen kann und der Bevölkerung ein großes Angebot an Freizeiteinrichtungen zur Verfügung stellen kann, sind auch keine kulturellen Faktoren gegeben, die für eine Gemeindevereinigung sprechen würden.
Kulturelle örtliche Zusammenhänge mit der Marktgemeinde Ilz bestehen ebensowenig wie historische Verbundenheiten. Aus historischer Sicht wäre vielmehr zu berücksichtigen gewesen, dass der Ort Nestelbach bereits auf eine Ansiedlung im 12. Jahrhundert zurückzuführen ist und 1342 erstmals als eigener, unabhängiger Ort 'Nestelpach' urkundlich erwähnt wurde.
Hätte der […] Landesgesetzgeber die von ihm aufgestellten Kriterien der Berücksichtigung von kulturellen und historischen Bedingungen befolgt, hätte er eine Gemeindevereinigung nicht aussprechen dürfen, da sich diese auch aus kultureller und historischer Sicht als unsachlich erweist.
4.2.1.4. Weitere Kriterien der Sachlichkeit
4.2.1.4.1. Distanz
Das Ortszentrum der Antragstellerin ist 5 Kilometer vom Ortszentrum der Marktgemeinde Ilz entfernt. Ein in sich geschlossenes Siedlungsgebiet zwischen den beiden Gemeinden besteht nicht. Die Wohnorte von Gemeindebürgern der Antragstellerin sind mehr als 8 Kilometer vom Gemeindeamt der Marktgemeinde Ilz entfernt. Die bisherige Katastralgemeinde Eichberg ist hingegen nur 3 Kilometer vom Gemeindeamt der Nachbargemeinde Markt Hartmannsdorf und die Katastralgemeinde Nestelberg nur weniger als 4 Kilometer vom Gemeindeamt der Nachbargemeinde Sinabelkirchen entfernt. Der […] Landesgesetzgeber nimmt auf diese peripheren Ortsteile jedoch keinerlei Rücksicht. Auch wenn es – folgend der bisherigen Rechtsprechung des VfGH zu Gemeindevereinigungen – eine steigende Mobilität der Bevölkerung geben sollte, werden die Nachteile für jenen Teil der Bevölkerung mit schlechterer Mobilität verstärkt. Gerade für den älteren Teil der Bevölkerung ist die Zurücklegung größerer Wegstrecken schwieriger. Wenn der […] Landesgesetzgeber eine Überalterung der Gesellschaft als Begründung der Gemeindevereinigungen anführt, ist ihm entgegenzuhalten, dass gerade für diese Bevölkerungsgruppe die negativen Auswirkungen der Gemeindevereinigungen besonders stark ausfallen.
Somit kann durch eine Gemeindevereinigung keine Verbesserung für die Gemeindebevölkerung erwartet werden.
4.2.1.4.2. Zugehörigkeitsgefühl zur vereinigten Gemeinde
4.2.1.4.2.1. Die Verantwortlichen der Antragstellerin haben bereits im September 2011 kurz nach Bekanntgabe der gegenständlichen Gemeindevereinigung vehement gegen eine solche angekämpft. Gemeinsam mit 13 anderen Bürgermeistern des ehemaligen Bezirkes Fürstenfeld wurde ein Manifest erarbeitet, das die Standpunkte der Bürgermeister deutlich machte und klar darstellte, dass keine wirtschaftliche Notwendigkeit für eine zwangsweise Gemeindevereinigung bestand und diese so nicht hingenommen werden würde.
4.2.1.4.2.2. Darüber hinaus führte die Antragstellerin am eine Volksbefragung durch, um die Gemeindebürger als unmittelbar Betroffene der Gemeindevereinigung darüber abstimmen zu lassen, in welcher Gemeinde sie leben möchten. Bei einer Wahlbeteiligung von 74,92 % stimmten 93,90 % der Wahlberechtigten gegen die vom […] Landesgesetzgeber oktroyierte Gemeindevereinigung. An der ablehnenden Haltung der Bevölkerung hat [sich] in den 1 ½ Jahren seit der Volksbefragung nichts geändert, und die Einbringung des gegenständlichen Individualantrages ist deutlichstes Zeichen für den allgemeinen, anhaltenden Widerstand gegen die Gemeindevereinigung.
[…]
4.2.1.4.2.4. Neben diesem demokratiepolitischen Mangel kann, ausgehend vom Ergebnis der Volksbefragung (im Sinne einer Prognoseentscheidung), nicht davon ausgegangen werden, dass ein Zugehörigkeitsgefühl der Bevölkerung zu der vereinigten Gemeinde entstehen wird. […]
Die Gemeindebevölkerung hat sich deutlich gegen die Gemeindevereinigung ausgesprochen und die Gemeindevereinigung ist auch aus dem Grund des fehlenden Zugehörigkeitsgefühls der Bevölkerung unsachlich.
4.2.1.4.3. Zahlreiche schwere Begründungsmängel
Insgesamt wird in den Erläuternden Bemerkungen nicht nachvollziehbar dargelegt, auf welchen Informationen und Daten die Gemeindevereinigung der Antragstellerin mit ihrer Nachbargemeinde beruht.
Zur Beurteilung der Sachlichkeit hätte der […] Landesgesetzgeber jedoch darlegen müssen, welche Vorteile angeblich konkret durch die Gemeindevereinigung herbeigeführt werden können[,] und hätte er diese mit überprüfbaren Zahlen belegen müssen.
Die Erläuternden Bemerkungen beschränken sich großteils auf Allgemeinfeststellungen und das pauschale Zitieren von 'Stehsätzen', ohne dass auf den Einzelfall der Antragstellerin hinreichend Bezug genommen wird. Somit kann für die konkrete Gemeinde keine spezifische Notwendigkeit für eine Gemeindevereinigung abgeleitet werden. Auch nach Prüfung der vom […] Landesgesetzgeber aufgestellten Ziele der Reform wird ersichtlich, dass diese entweder bereits gegeben sind, oder dass durch die Gemeindevereinigung keine Verbesserung der Ist-Situation in Bezug auf ebendiese Ziele erreicht werden kann.
Dies wiegt umso schwerer, als dass sich die Antragstellerin in den Jahren seit erstmaliger Bekanntmachung der Absicht zur Gemeindevereinigung bis zur Gesetzeskundmachung intensiv darum bemüht hat, die Gründe der Vereinigung in Erfahrung zu bringen[.]
[…]
Da die Erläuterungen zum Gesetz, wie ausführlich dargelegt, jedoch selbst mangelhaft sind und sich jeglicher konkreter Begründung enthalten, bleibt das Gesetz unbegründet und ist auch aus diesem Grunde unsachlich und damit verfassungswidrig.
4.2.2. Ungleichbehandlung vergleichbarer Gemeinden
4.2.2.1. Über die bisher angeführten Gründe hinaus hat es der […] Landesgesetzgeber, in offenkundiger Verletzung des Gleichheitsgebots, unterlassen, aufgrund der in § 1 StGsrG angeführten Ziele, weitere Gemeindevereinigungen anzuordnen.
4.2.2.2. Der […] Landesgesetzgeber führt in den Erläuterungen zu sämtlichen Gemeindevereinigungen im Wesentlichen die gleichen Gründe an, die sich überwiegend auf Infrastruktur/Dienstleistungen ('Unterversorgung'), Demographie und finanzielle Auswirkungen beschränken. Die dabei angestellten Überlegungen lassen sich aber auf eine große Anzahl an weiteren Gemeinden umlegen, die aber aus politischen Gründen, welche nicht öffentlich gemacht wurden, vor einer zwangsweisen Gemeindevereinigung verschont wurden.
Die[se] Gemeinden weisen teils eine mit der Antragstellerin vergleichbare, teils eine wesentlich schwächere Gemeindestruktur auf, was die Bevölkerungsanzahl sowie das Angebot an Infrastruktur und Dienstleistungen betrifft; dennoch ordnete der […] Landesgesetzgeber keine Gemeindevereinigung an[.]
[…]
Zusammenfassend wird festgestellt, dass es im Bezirk Leoben nur eine freiwillige Zusammenlegung gibt. Alle anderen Gemeinden blieben von der Strukturreform verschont.
[…]
4.2.2.3. Bezüglich sämtlicher dieser nicht zusammengelegten Gemeinden könnten die gleichen allgemeinen Gründe für eine Gemeindevereinigung angeführt werden, wie jene, die zur Vereinigung der Antragstellerin mit der Marktgemeinde Ilz geführt haben. Dass der […] Landesgesetzgeber eine Zwangsvereinigung [dieser] Gemeinden nicht angeordnet hat, lässt erkennen, dass es andere, politische Gründe gibt, aus denen die[se] Gemeinden vor einer Zwangsvereinigung verschont wurden. Da die im Gesetz angeführten Kriterien für die Bewertung der Zusammenlegungen durch (weitere) unsachliche, ungeschriebene, politische Kriterien erweitert werden, ist das bekämpfte Gesetz schon aus diesem Grunde gleichheits- und damit verfassungswidrig.
4.2.3. Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
4.2.3.1. Wahl des schonendsten Mittels
[…]
4.2.3.1.2. Auch aufgrund der Verletzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist § 3 Abs 4 Z 4 StGsrG verfassungswidrig, da eine Gemeindevereinigung nicht das schonendste Mittel ist, um die in § 1 StGsrG dargestellten Ziele zu erreichen. […]
Die Auflösung von Gemeinden ist die schwerwiegendste in die Rechte der betroffenen Gemeinden eingreifende Maßnahme. Die Wahl des schärfsten Mittels (Auflösung der Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungseinheit) bei Vorhandensein von gelinderen Mitteln entspricht nicht dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Gemeindezusammenlegungen, welche nicht auf freiwilliger Basis[,] sondern vielmehr unter Zwang erfolgen, sind als nicht zeitgemäß zu betrachten.
4.2.3.1.3. Zudem ist auch aus der Grundkonzeption der GemO erkennbar, dass die zwangsweise Vereinigung von Gemeinden lediglich als ultima ratio zu sehen ist und eine großflächige, landesweite Vereinigung systemwidrig ist. Wie bereits erwähnt, legt § 8 Abs 4 GemO fest, dass die Vereinigung den vollständigen Übergang der Rechte und Pflichten der betroffenen Gemeinden auf die neue Gemeinde zur Folge hat. Dies kann jedoch nur Rechte und Pflichten öffentlich-rechtlicher Natur betreffen. Ein landesgesetzlich festgelegter Eintritt der neuen Gemeinde in Verträge der Altgemeinde wäre als Verstoß gegen Art 10 Abs 1 Z 6 B VG zu qualifizieren, da der Vertragspartner der Altgemeinde gezwungen wäre, ein durch Landesgesetz geschaffenes Rechtssubjekt als Vertragspartner annehmen zu müssen ohne ein gesetzliches Widerspruchsrecht oder Kündigungsrecht eingeräumt bekommen zu haben, und der […] Landesgesetzgeber eine Regelung des Zivilrechtswesens getroffen hätte. Folglich ist das StGsrG mit dem Mangel behaftet, eine weitreichende Rechtsunsicherheit herbeizuführen, die sämtliche vom Gesetz unmittelbar betroffene Gemeinden und darüber hinaus sämtliche dere[r] Vertragspartner betrifft.
4.2.3.2. Gemeindeverbände / Kleinregionen
4.2.3.2.1. Die Ziele der Gemeindestrukturreform – sofern diese in Bezug auf die Antragstellerin nicht ohnehin bereits erfüllt sind – können auch mit anderen Mitteln, etwa mit der Bildung von Gemeindeverbänden oder dem Konzept der Kleinregionen, erreicht werden, ohne dass es entgegen den Willen der betroffenen Bevölkerung zur Auflösung von Gemeinden kommt.
Wie in den Erläuternden Bemerkungen festgehalten, bestehen Kooperationen als Teil der Kleinregion 'Fürstenfeld', des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbandes 'Ilz' und als Teil der 'Impulsregion Fürstenfeld' (Kommunalsteuersplitting über die Gemeinden des ehemaligen Bezirkes Fürstenfeld).[…] Im Bezirk Fürstenfeld bestehen überdurchschnittliche Kooperationen aller 14 Gemeinden. Dadurch gelang es, eine Effizienzsteigerung der Verwaltung und Kosteneinsparungen für die einzelnen Gemeinden zu erzielen. Hervorzuheben ist insbesondere das Kommunalsteuersplitting im Rahmen der Impulsregion und des Gründer- und Servicecenters Fürstenfeld. Die 14 Bürgermeister des ehemaligen Bezirks Fürstenfeld haben in ihrem 'Manifest' bereits kurz nach Bekanntwerden der zwangsweisen Gemeindevereinigungen die bisherige erfolgreiche interkommunale Zusammenarbeit der Gemeinden dargestellt und auch ihre Bereitschaft artikuliert, eine solche Zusammenarbeit zu intensivieren.
Von dieser positiven Entwicklung der Gemeindeverbände ausgehend kann es auch nicht dem Willen des Bundesgesetzgebers entsprechen, dass das Konzept der Gemeindeverbände, das erst mit der B VG-Novelle zur Stärkung der Gemeinden[…] 2011 umfassend gestärkt wurde, bereits nach kurzer Zeit durch den […] Landesgesetzgeber ausgehöhlt wird. Dieser hat es vielmehr unterlassen, nachvollziehbare Gründe darzustellen, weswegen eine Gemeindeverbandslösung nicht weiter verfolgt wurde.
4.2.3.2.2. In den Erläuternden Bemerkungen[…] wird zu den Gründen, die gegen die Verbandslösung sprechen, angeführt, dass 'Gemeindevereinbarungen im Falle der Besorgung von Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper nicht gefährden' dürfen (Art116a Abs 1 Z 1 B VG). Damit verbiete das B VG eine 'zu verdichtete' Gemeindekooperation, die Gemeinden müssten Selbstverwaltungskörper bleiben. Einer einem Gemeindezusammenschluss vergleichbaren Struktur seien schon damit Grenzen gesetzt.
Worin in der unveränderlichen Konzeption der Gemeinden als Selbstverwaltungskörper ein Nachteil zu sehen sein soll, wird vom […] Landesgesetzgeber nicht ausgeführt.
4.2.3.2.3. Weiters könne 'die finanzielle Leistungskraft durch Gemeindekooperationen zwar gestärkt werden', nicht gesichert sei aber 'die Nachhaltigkeit dieser Stärkung'. Insbesondere könnten die einem Gemeindeverband beigetretenen Gemeinden diesen wieder verlassen. Eine 'Kündigung' einer rechtswirksamen Gemeindevereinigung sei hingegen nicht möglich. […]
Der […] Landesgesetzgeber erkennt somit an, dass Gemeindeverbände eine gleichartige finanzielle Stärkung der Gemeinden zur Folge haben können. Dies entspricht dem obersten Ziel des StGsrG, der Stärkung der Leistungsfähigkeiten der Gemeinden. Wenn die Kündigung des Gemeindeverbandes als wesentlicher Grund für die Ablehnung der Verbandslösung angeführt wird, ist dem entgegenzuhalten, dass der […] Landesgesetzgeber durch eine einfache Änderung der GemO Vorkehrungen schaffen hätte können und – unterstellt man seine (spekulativen) Erwägungen – müssen; etwa durch die Regelung, dass die Mitgliedschaft in Gemeindeverbänden nur aus einem wichtigen (taxativ aufgezählten) Grund beendet werden kann. Eine solche Regelung kann auch schon derzeit im Zuge der Errichtung des Gemeindeverbands vertraglich einvernehmlich von den Parteien festgelegt werden (etwa samt Vereinbarung einer Pönale). Dadurch lässt [sich] der Verbleib im Verband und damit die Nachhaltigkeit der Stärkung der Leistungskraft der Gemeinden sicherstellen, ohne dass Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungseinheit beendet werden.
4.2.3.2.4. Weiters könnten 'Gemeinden in verschiedenen Angelegenheiten mit jeweils anderen Körperschaften unterschiedliche Kooperationen bilden'. Dadurch könne sich ein 'nach Angelegenheiten differenziertes, heterogenes 'Kooperationsnetz' entwickeln, was insbesondere die zentralörtliche Raumplanung erheblich erschweren' könne. Auch unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Gemeindeaufsicht könne sich ein unstrukturiert entwickeltes Kooperationsnetz nachteilig auswirken.
Der […] Landesgesetzgeber lässt hierbei außer Acht, dass gerade das von ihm angeführte Beispiel der Raumplanung im Bereich der örtlichen Raumplanung Sache im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden ist und daher von diesen autonom geregelt werden kann. Eine örtliche Raumplanung wird eine zentralörtliche Raumplanung zu berücksichtigen haben, unabhängig davon, welche Flächengröße eine Gemeinde aufweist und ob sie aus mehreren 'vereinigten Gemeinden' besteht oder nicht. Darüber hinaus kann auch eine 'vereinigte Gemeinde' Kooperationen mit anderen Gemeinden bilden, sodass dieses Ziel des […] Landesgesetzgebers auch durch Gemeindevereinigungen nicht erreicht werden kann.
Der […] Landesgesetzgeber könnte seine Befürchtung hinsichtlich eines unstrukturiert entwickelten Kooperationsnetzes somit nur dadurch entkräften, indem der Gemeindeverband als solches oder die Zuständigkeiten der Gemeinden abgeändert werden würden; dies liegt jedoch im Zuständigkeitsbereich des Bundesgesetzgebers. Eine Gemeindevereinigung hat auf die Bildung von Kooperationsnetzen keine Auswirkungen.
4.2.3.2.5. Zuletzt würde durch eine Verbandslösung der 'generelle Arbeits- und Verwaltungsaufwand erhöht', da eine zusätzliche Verwaltungsebene über den Gemeinden geschaffen wird. Damit könne den Erwartungen in eine funktionierende, kostengünstige Verwaltung in vielen Bereichen nicht entsprochen werden.
Der Aufwand der einzelnen Gemeinden bewegt sich auf einem ausgesprochen niedrigen Niveau.
4.2.3.2.6. Auch in dem von der […] Landesregierung herausgegebenen Leitbild 'Stärkere Gemeinden – Größere Chancen'[…] wird auf das Projekt 'Regionext', durch das die Steiermark in sieben Regionen und rund 90 Kleinregionen gegliedert wurde[,] Bezug genommen. Das Konzept der Kleinregionen ermöglichte es, 'viele, gut funktionierende Kooperationen […] in den letzten Jahren [aufzubauen]'. Der Weg der thematischen Kooperation solle auch weiterhin in der Steiermark bestritten werden. Einzig die Nachhaltigkeit wird angezweifelt; diese kann aber – wie soeben ausgeführt – durch begleitende Maßnahmen sichergestellt werden.
4.2.3.2.7. Aufgrund der Tatsachen, dass die Gemeindeverbände erst 2011 mit einer Erweiterung ihrer Befugnisse ausgestattet wurden, dass die Gründe, die der […] Landesgesetzgeber bei der Ablehnung der Verbandslösung anführt, nicht zutreffend sind und dass die Ziele des StGsrG auch mit der Bildung von Gemeindeverbänden erreicht werden könnten, widerspricht die angeordnete Gemeindevereinigung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und ist damit verfassungswidrig.
4.2.3.2.8. Darüber hinaus ist auch über das Konzept der Kleinregionen gemäß § 38a GemO, in denen mehrere Gemeinden Verwaltungsgemeinschaften bilden, welche zentrale, gemeinschaftlich genutzte Stellen zur Besorgung von behördlichen und privatwirtschaftlichen Angelegenheiten erledigen, durch die Novellierung der GemO[…] eine Möglichkeit geschaffen worden, Einsparungen vorzunehmen. Hierzu hätte der […] Landesgesetzgeber auszuführen gehabt, aus welchen Gründen eine Kleinregionenlösung abgelehnt wurde.
4.3. Unzulässigkeit der Gemeindevereinigung
Im Ergebnis verstößt die vom […] Landesgesetzgeber angeordnete zwangsweise Gemeindevereinigung der Antragstellerin mit der Nachbargemeinde der Marktgemeinde Ilz [sic!] gemäß § 3 Abs 4 Z 4 StGsrG gegen die Bestandsgarantie der Institution Gemeinde, das Sachlichkeitsgebot und das Verhältnismäßigkeitsprinzip und ist damit verfassungswidrig." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
2. Die Stmk. Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der die Zulässigkeit des Antrages bestritten und den im Antrag dargelegten Bedenken im Wesentlichen wie folgt entgegengetreten wird:
"2.1. Zum Vorbringen bezüglich der 'Bestandsgarantie der Institution Gemeinde' (Punkt 4.1. des Antrages)
[…]
2.1.2. Dem Vorbringen der Verletzung des Rechtes der Gemeinde auf eine Bestandsgarantie wird entgegengehalten, dass die Gliederung des Landesgebietes in Gemeinden (Art116 Abs 1 B VG) sowie die Festlegung der Gemeindegebiete zum Gemeinderecht i.S.v. Art 115 Abs 2 B VG gehören und damit zur Landeskompetenz (VfSlg 7830/1976; 8219/1977). Art 115 Abs 2 1. Satz B VG legt die Verantwortung über die Gemeindestruktur in die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung, die die Gemeindestruktur, dem Grundsatz der abstrakten Einheitsgemeinde entsprechend, nach politischem Ermessen regeln kann (VfSlg 6697/1972; 7830/1976; 8219/1977[…]). […]
2.1.3. [D]er Vorwurf, dass das StGsrG ein verfassungsgesetzlich verbotener Vorgriff auf das Verfassungsprogramm der Bildung von Gebietsgemeinden sei, trifft weder für die ggst. Gemeindevereinigung noch insgesamt für die Gemeindestrukturreform zu. Auf Grund der Erläuterungen zu Art 120 B VG (639 BlgNR 9. GP 23 […]) ist davon auszugehen, dass unter Gebietsgemeinden vor allem die 'politische Bezirksverwaltung' und damit ein Zusammenschluss von Ortsgemeinden eines politischen Bezirkes[…] zu verstehen sein wird. Auf Grund der freiwilligen und der durch Gesetz vorgenommenen Gemeindevereinigungen werden in der Steiermark mit (voraussichtlich) 286 Gemeinden (mit Ausnahme der Stadt Graz) in 12 Bezirkshauptmannschaften bestehen. Damit sind die dem Landesgesetzgeber durch Art 120 B VG gesetzten Schranken nicht berührt.
Angemerkt wird, dass die neue Gemeindestruktur in der Steiermark mit 287 Gemeinden und durchschnittlich rd. 3.290 EinwohnerInnen in etwa der Gemeindestruktur des Bundeslandes Salzburg mit 119 Gemeinden und durchschnittlich 3.271 EinwohnerInnen entspricht. In der neuen Marktgemeinde Ilz werden zukünftig 3.669 EinwohnerInnen leben. Der Vorwurf, es würden Großgemeinden geschaffen, geht daher ins Leere.
2.1.4. Zum Vorwurf der 'politisch motivierten Vorgangsweise' ist anzumerken, dass die Erlassung von Gesetzen immer (auch) ein politischer Prozess ist. Da der Landesgesetzgeber diese 'politische Entscheidung' unter Beachtung der bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben getroffen hat, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, eine Verfassungswidrigkeit aufzuzeigen.
Mangels Begründung ist auch die vorgebrachte Notwendigkeit der Erlassung eines Landesverfassungsgesetzes nicht nachvollziehbar. Es findet sich hierfür keine bundesverfassungsgesetzliche Grundlage.
Zum behaupteten Eingriff in das Wahlrecht der Bevölkerung ist auszuführen, dass es sich hierbei nicht um ein subjektives Recht der Gemeinde handelt. Des Weiteren wurde die durch die Gemeindestrukturreform bedingte Neuwahl der Gemeinderäte zeitlich so angelegt, dass diese gleichzeitig mit den regulären, alle fünf Jahre stattfindenden Gemeinderatswahlen im Jahre 2015 durchgeführt werden kann. Die Gemeinde kann sich daher in ihrem Antrag nicht auf diese Verfassungswidrigkeit stützen. Auf dieses Vorbringen ist daher auch nicht näher einzugehen.
2.2. Zur dargelegten Verletzung des Gleichheitssatzes bzw. Verletzung des Sachlichkeitsgebotes (Punkt 4.2. des Antrages)
2.2.1. Zu den dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken (Allgemeines Vorbringen; Vorbringen im Hinblick auf die Verbesserung der Gemeindestruktur)
[…]
Wie noch näher auszuführen sein wird, sind durch die Vereinigung der Antragstellerin mit der Marktgemeinde Ilz (2.537 EinwohnerInnen) Vorteile durch die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur, erzielbare Kosteneinsparungen, die übergreifende Gestaltung des Raumes und die Sicherstellung der Grundversorgung zu erwarten. Weiters wird durch die Zusammenlegung der beiden Gemeindeverwaltungen eine professionelle Verwaltung mit der Möglichkeit der Spezialisierung von Bediensteten in den einzelnen Verwaltungsgebieten sowie eine vernünftige Vertretungsregelung der Gemeindebediensteten ermöglicht.
Die Kritik am Leitbild zur Gemeindestrukturreform ist mit Hinweis [u.a.] auf […] die Allgemeinen Erläuterungen zum StGsrG[…], vor allem aber im Hinblick auf 306 Gemeinderatsbeschlüsse für eine freiwillige Vereinigung entsprechend dem Leitbild zur Gemeindestrukturreform[…] nicht nachvollziehbar.
Das Land Steiermark hat im Rahmen der Vorschlags- und Verhandlungsphase unter Einbindung der Gemeinden [und] des Gemeinde- und Städtebundes entsprechende Grundlagen wie dieses Leitbild zur Gemeindestrukturreform erarbeitet. In dieses Leitbild sind die in Auftrag gegebenen Studien von ******** ******** ********************** *** – ******* *** ************ *** ******************** sowie von der *** **** **** […] eingeflossen. Dieses Leitbild wurde nach Behandlung im Landtag veröffentlicht und jeder betroffenen Gemeinde, folglich auch der Antragstellerin, umgehend zur Kenntnis gebracht.
Der VfGH hat aus dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes ein umfassendes System von Standards und Maßstäben zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von Gemeindegebietsreformen aufgestellt, das bei der steirischen Gemeindestrukturreform beachtet wurde. Dafür war es auch zulässig und sinnvoll, für die neue Gemeindestruktur ein Leitbild zu entwickeln, das auf den dargestellten Zielen und generellen Kriterien beruht. Der Landesgesetzgeber hat auf der Grandlage dieses Leitbildes, der öffentlichen Interessen im Sinne von § 6 Abs 2 GemO sowie der im StGsrG genannten Ziele der Strukturreform eine Gesamtabwägung vorgenommen. Er hat auch in jedem Einzelfall Vor- und Nachteile abgewogen und beleuchtet, ob die Anwendung der generellen Kriterien in Einzelfällen zu unvertretbaren ('unsachlichen') Entscheidungen führt.
Gerade vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und der kleinteiligen Gemeindestruktur in der Steiermark hat sich die Stärkung der Leistungsfähigkeit der gemeindlichen Ebene auf Basis des 'Zentralen-Orte-Konzeptes' des Leitbildes als notwendig erwiesen.
2.2.1.1. Zum Vorbringen 'Wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinden' (Punkt 4.2.1.3. [ii] des Antrages)
Wenn die Antragstellerin […] darauf verweist, dass eine Berufung auf das Finanzausgleichsgesetz und das alleinige Bewirken einer Erhöhung der Finanzkraft nicht geeignet seien, eine Gemeindevereinigung sachlich zu rechtfertigen, dann übersieht sie, dass der Gesetzgeber eine derartige Rechtfertigung bzgl. der Gemeindevereinigung nicht auf solche Gründe gestützt hat. Dieses Vorbringen ist daher nicht zutreffend.
Es ist richtig, dass die Fusionsprämie des Bundes gemäß § 21 Abs 9 FAG 2008 der neuen Gemeinde zusteht. Bedenken der Antragstellerin dahingehend[,] dass die Bevölkerung der Antragstellerin davon nicht profitieren würde, sind insoferne unberechtigt, als mit dieser Prämie pauschal die Kosten der Gemeindefusion abgegolten werden sollen und damit (im Nachhinein) auch die Kosten, die der Antragstellerin im Zusammenhang mit Vorbereitungsmaßnahmen für die Vereinigung entstanden sind.
Die Antragstellerin versucht […] darzustellen, dass die Finanzsituation der Antragstellerin in den Jahren 2009 und 2010 von besonderen, außergewöhnlichen Umständen […] negativ beeinflusst worden sei. Die Landesregierung erblickt in den allgemein gehaltenen Hinweisen der Antragstellerin zu ihren besonderen außergewöhnlichen Umständen kein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den übrigen steirischen Gemeinden im angesprochenen Zeitraum. Denn die Gemeindestrukturreform zielt auch darauf ab, die (neuen) Gemeinden gegenüber exogenen Einflüssen, wie zum Beispiel einer Finanz- und Wirtschaftskrise, resistenter zu machen. So wies die Marktgemeinde Ilz während der angesprochenen Krise im Zeitraum 2009 bis 2010 ausgeglichene Haushalte auf, während die Antragstellerin in diesen Jahren Haushaltsabgänge erwirtschaftete; auch die freie Finanzspitze der Antragstellerin war in den Jahren 2009 und 2010 negativ […].
Zudem führt die Antragstellerin aus, dass die 'Ertragsteile des Bundes' im Jahr 2010 nicht an die Gemeinden ausgezahlt worden seien. Diese nicht weiter begründete Behauptung der Antragstellerin entspricht nicht den Tatsachen. Die Landesregierung hält fest, dass die vom Bund angewiesenen Ertragsanteile[,] dem Finanzausgleichsgesetz 2008 entsprechend, auch im Jahr 2010 an alle steirischen Gemeinden ausgezahlt wurden.
Hinsichtlich der Katastrophenfälle entspricht die Auszahlung der Mittel aus dem Katastrophenfondsgesetz nach Prüfung durch die zuständigen Bundesstellen im jeweiligen August des Folgejahres den Vorgaben des BMF gem. § 4 KatastrophenfondsG 1996, BGBl Nr 201/1996 i.d.g.F.[, über Antrag] können […] Vorschüsse auf die zu erwartenden Mittel gewährt werden; die Gemeinden können darüber hinaus auch beim Land um Gewährung eines Vorschusses aus Bedarfszuweisungen für diese Mittel ansuchen, dies wurde von der Antragstellerin nicht in Anspruch genommen.
Die Antragstellerin weist zudem darauf hin, dass neben den Pflichtaufgaben der Gemeinde zahlreiche Serviceleistungen für die GemeindebürgerInnen angeboten und erledigt werden. […] Dazu bemerkt die Landesregierung, dass keine Gründe bekannt sind, dass diese Serviceleistungen für die GemeindebürgerInnen nicht auch durch die neue Gemeinde weiter erbracht werden könnten.
Die Landesregierung weist im Hinblick auf den dargestellten Gesamtschuldenstand und die gegenwärtige Finanzlage der Antragstellerin zudem darauf hin, dass sie auch Gemeinden vereinigen kann, die unterschiedliche finanzielle Ausgangslagen haben. Denn der Gesetzgeber bewegt sich im Rahmen des ihm von der Verfassung zugestandenen Gestaltungsfreiraumes, wenn er darauf abzielt, zwischen finanziell stärkeren und schwächeren Gemeinden einen Ausgleich zu schaffen und er sich auch des Mittels der Änderung der Gemeindestruktur bedient (VfSlg 9668/1983; 10.637/1985).
Abschließend ist festzuhalten, dass die Landesregierung auf Grund der von ihr vorgenommenen Prognose über die finanziellen Auswirkungen der gegenständlichen Vereinigung von Kosteneinsparungen in der Höhe von rund EUR 273.700,00 ausgeht. Diese Kosteneinsparungen sind nach Einschätzung der Landesregierung im Bereich der Gebrauchs- und Verbrauchsgüter, wie gemeinsame Nutzung von Büroinfrastruktur (EUR 3.000,00), im Bereich des Personals (EUR 230.700,00[…]) und im Bereich der Bezüge der Gemeindeorgane (EUR 30.000,00) und der sonstigen Kosten für die Gemeindeverwaltung sowie für den Gemeindebetrieb (insgesamt EUR 10.000,00) erzielbar […].
Durch die Gemeindevereinigung werden der neuen Gemeinde in etwa 3 % mehr Budgetmittel für die Bewältigung der Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zur Verfügung stehen[…] als ohne Vereinigung. Die Landesregierung weist darauf hin, dass die neue Gemeinde zudem auch die Voraussetzungen nach dem Österreichischen Stabilitätspakt 2012 […] leichter erfüllen wird können.
Zum Vorbringen der Kritik des Rechnungshofes in seiner Stellungnahme im Begutachtungsverfahren […] ist festzuhalten, dass der Rechnungshof grundsätzlich positiv anmerkt, dass die Ziele des StGsrG seinen Vorschlägen in Bezug auf Strukturreform im Gemeindebereich Rechnung tragen. Wenn vom Rechnungshof bemängelt wird, dass die finanziellen Auswirkungen auf die Konstellationen nicht dargestellt wurden, so ist dem entgegenzuhalten, dass im Begutachtungsentwurf tatsächlich nur der Allgemeine Teil der Erläuterungen enthalten war. Der umfassende Erläuterungsteil mit den Begründungen für jede einzelne Konstellation wurde aus zeitlichen Gründen erst in die Regierungsvorlage aufgenommen. Eine Gesamtabschätzung des Einsparungspotentials wurde aber bereits im Leitbild durch auszugsweise Veröffentlichung der Studie der ******** ******** ********************** *** vorgelegt […]. Auch der zuständige Ausschuss des Landtages und in der Folge der Landtag Steiermark haben sich mit dieser Frage beschäftigt und in einem schriftlichen Bericht festgehalten, dass die Bestimmungen des § 18 Abs 3 GeoLT eingehalten wurden […].
2.2.1.2. Zum Vorbringen 'Infrastruktur und Demografische Entwicklung' (Punkt 4.2.1.2.4. sowie 4.2.1.3. [iii] des Antrages)
[…]
Im Gemeindegebiet der durch die Gebietsänderung betroffenen – neuen – Gemeinde müssen der Bevölkerung gewisse Infrastrukturdienstleistungen angeboten werden. Die Marktgemeinde Ilz ist mit einer über das Gemeindegebiet hinausgehenden Dienstleistungs- und Versorgungsfunktion im Regionalen Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Fürstenfeld gem. § 4 Abs 1 als Teilregionales Versorgungszentrum ausgewiesen. Aufgrund der Standortgunst ist die Gemeinde im Regionalen Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Fürstenfeld (in Funktionsergänzung mit Großwilfersdorf) als regionaler Industrie- und Gewerbestandort festgelegt (§4 Abs 2 Regionales Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Fürstenfeld). Aufgrund der verkehrsgünstigen Lage weist die Gemeinde eine Vielzahl an unterschiedlichen Nutzungen wie produzierendes Gewerbe, Handel sowie öffentliche und private Einrichtungen und Dienstleistungen auf. Die Marktgemeinde Ilz verfügt damit über eine umfassende lokale Versorgungsinfrastruktur (Nahversorgung, Gastronomie, Apotheke, Banken, Rettung, Postpartner) und ergänzende Infrastruktureinrichtungen insbesondere im Dienstleistungs- und Sozialbereich (Tagesmütter, praktische Ärzte, Zahnarzt, physiotherapeutische Einrichtungen). Mit einem Kindergarten, einer Volksschule, der Neuen Mittelschule sowie einer Musikschule weist Ilz auch ein breites Angebot an Schulinfrastruktur auf.
Die Antragstellerin argumentiert, dass durch die mehr als 35 Betriebe im Gemeindegebiet der Antragstellerin die Grundversorgung der Bevölkerung gedeckt werde. Hierzu ist zu bemerken, dass die angeführten Betriebe aus den Bereichen Gastronomie, Bankwesen, Körperpflege/Gesundheitseinrichtungen, Handwerksbetriebe oder Tankstelle diese Grundversorgung nicht erfüllen können. Zum angegebenen 'Lebensmittelhandel' wird festgehalten, dass es sich hier um eine Tankstelle an der Bundesstraße handelt, die über kein Vollsortiment verfügt. Der Grundbedarf der Bevölkerung der Antragstellerin in Bezug auf die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs ist somit nicht gedeckt. Von einer Grundversorgung vor Ort und ausreichend eigenen infrastrukturellen Versorgungseinrichtungen kann demnach nicht ausgegangen werden.
Entgegen ihren Ausführungen im Antrag hat die Antragstellerin diese infrastrukturelle Unterversorgung in ihrem Örtlichen Entwicklungskonzept 4.0 auch selbst festgestellt:
'Da nur ein Teil des Grundbedarfs innerhalb der Gemeinde abgedeckt werden kann, bestehen starke Verflechtungen zu den Nachbargemeinden Sinabelkirchen und Ilz bzw. Fürstenfeld und Gleisdorf als Regionale Zentren.' (ÖEK 4.0[…])
Die Marktgemeinde Ilz (in Kombination mit der Gemeinde Sinabelkirchen) übernimmt mit ihrem umfassenden Angebot Versorgungsfunktionen für die antragstellende Gemeinde; auch das wird im ÖEK bestätigt: 'Im rechtswirksamen Regionalen Entwicklungsprogramm der Planungsregion Fürstenfeld (LGBl Nr 34/1991 und 1/2001) ist für die Gemeinde Nestelbach im Ilztal keinerlei zentralörtliche Funktion festgelegt. Demnach ist Nestelbach im Ilztal ein Teil des Nahversorgungsbereiches Ilz mit der Marktgemeinde Ilz als Nahversorgungszentrum und einer tragenden Bevölkerungszahl von ca. 5.000 Einwohnern für den Nahversorgungsbereich.' (ÖEK 4.0[…])
Die Antragstellerin bringt vor, dass die Kindergarteninfrastruktur umfangreich saniert worden sei und die Auslastung durchschnittlich 90 % betrage. Auch sei die Volksschule umfangreich saniert worden, dies im Anbetracht der steigenden Schüleranzahl. Dazu ist zu bemerken, dass der Kindergarten der Antragstellerin mit 27 Kindern bei 25 bewilligten Plätzen bei einer Gruppe voll ausgelastet ist, hingegen der Kindergarten in der Marktgemeinde Ilz mit 73 Kindern bei 79 bewilligten Plätzen noch Potential hätte.
Die Volksschule der Antragstellerin besuchen derzeit 50 SchülerInnen, aufgrund der Geburtenentwicklung lauten die Prognosen für die Volksschule der Antragstellerin auf 39 SchülerInnen (-22 %) im Schuljahr 2019/2020. Eine steigende SchülerInnenzahl liegt daher – wie im Antrag vorgebracht – nicht vor.
Da auch die SchülerInnenzahl der Marktgemeinde Ilz stagnieren wird, wird es nach der Vereinigung die Aufgabe der neuen Gemeinde sein, die bestehende Kindergarten- und Schulinfrastruktur bedürfnisorientiert auf die sich ändernde Kinderzahl anzupassen.
Weitere schulische Verflechtungen mit der Marktgemeinde Ilz gibt es über die Neue Mittelschule Ilz, die im Schuljahr 2013/2014 von 188 Schulpflichtigen 29 SchülerInnen aus der antragstellenden Gemeinde besucht haben.
2.2.1.2.2. Zum kritisierten Punktesystem wird festgehalten, dass die Kriterien, auf deren Basis die neue Gemeindestruktur der Steiermark erarbeitet wurde, im Leitbild zur Gemeindestrukturreform umfassend dargelegt und dokumentiert wurden. Diese sind neben der Haushalts- und demografischen Entwicklung, raumordnungspolitische und infrastrukturelle Gesichtspunkte, die geografische Lage (Topografie), bestehende Kooperationen sowie die Lebensrealitäten der Gemeinden (Orientierung am 'Zentrale-Orte-Konzept').
2.2.1.2.3. Die Einwohnerzahl und die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung sind entscheidende Kriterien für die Funktionsfähigkeit eines Gemeinwesens und somit im öffentlichen Interesse. Der Bevölkerungsstand der antragstellenden Gemeinde war von 1981 bis 2013 steigend (+4,4 %). Am hatte die Antragstellerin 1.132 EinwohnerInnen, die Prognosen bis 2030 gehen von einem Bevölkerungsrückgang auf 1.082 EinwohnerInnen aus.
[…]
Die Geburtenbilanz (Geburten minus Sterbefälle) ist in den letzten Jahren durchwegs positiv; die Wanderungsbilanz (Zuzüge minus Wegzüge) ist aber negativ. Da zu erwarten ist, dass die Geburtenbilanz in Zukunft ausgeglichen sein wird und die Wanderungsbilanz negativ bleiben wird, kommt man bei der Bevölkerungsprognose für die Antragstellerin auf einen Rückgang der Bevölkerung bis 2030 auf 1.082 EinwohnerInnen.
Wenn die Antragstellerin vorbringt, dass die Annahmen für die Bevölkerungsprognosen in den Gesetzeserläuterungen nicht klar dargelegt wurden und diese Zahlen daher auch falsch seien, so verweist die Landesregierung darauf, dass diese Daten auf Erhebungen der Landes Statistik beruhen, die mit Hilfe von Annahmen über die künftige Entwicklung von Geburten, Sterbefällen und Wanderungsbewegungen Zahl und Struktur der Bevölkerung für die Zukunft fortgeschrieben hat. Bevölkerungsprognosen sind keine linearen Fortschreibungen, sondern es wird den letzten Jahren immer ein höheres Gewicht beigemessen als länger zurückliegende[n] Jahre[n]. Außerdem wird sich die Altersstruktur der Bevölkerung der Antragstellerin ändern, was in der Prognose zu berücksichtigen ist.
In Anbetracht der von der Landesstatistik unter Berücksichtigung der künftigen Geburtenentwicklung, der Sterbefälle und de[r] Wanderungsbewegungen durchgeführten Bevölkerungsprognose[…] ist das Vorbringen der Antragstellerin, dass die Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre auf eine länger andauernde Bevölkerungszahl von deutlich über 1.100 EinwohnerInnen schließen lasse, nicht richtig.
Laut Pendlerstatistik der Registerzählung 2011 hatte die Antragstellerin 128 ErwerbseinpendlerInnen und 477 Erwerbsauspendlerlnnen, d.h. die antragstellende Gemeinde hatte einen negativen Pendlersaldo von 349. Von diesen 477 Auspendlerlnnen pendeln 31 Personen nach Ilz. Damit ist Ilz nach Graz, Gleisdorf, Fürstenfeld und Sinabelkirchen das fünfthäufigste Auspendelziel.
Nach der Judikatur des VfGH ist die Zusammenlegung einer (aus demografischer Sicht so genannten) Kleingemeinde mit weniger als 1.000 EinwohnerInnen mit einer anderen Gemeinde in der Regel sachlich. Diese Einwohnergrenze stelle einen bloßen Richtwert dar und sei keineswegs eine starre Grenze (VfSlg 9668/1983; 9655/1983). Demgemäß ist auch bei einer geringfügigen Überschreitung dieser Grenze – wie bei der antragstellenden Gemeinde – von einer grundsätzlichen Sachlichkeit der betreffenden Vereinigung auszugehen. Von einer Sachlichkeit könne in jenen Fällen nicht mehr gesprochen werden, in denen die Zusammenlegung auf Grund ganz besonderer Umstände vorhersehbarerweise völlig untauglich war, das angestrebte Ziel einer Kommunalstrukturverbesserung zu erreichen (VfSlg 10.637/1985; 13.543/1993).
Eine solche 'völlige Untauglichkeit' liegt hier nicht vor: Durch die erzielbaren Kosteneinsparungen bei der Zusammenlegung der Verwaltungen, die effizientere Nutzung der vorhandenen Infrastruktur, die Schaffung einer professionelleren Verwaltung, sowie die optimierte Raumplanung und nutzung[…] gibt es Vorteile für die Bevölkerung der neuen Gemeinde. Die neue Gemeinde wird durch die Vereinigung besser in der Lage sein, auf die künftigen Herausforderungen wie z.B. die Bevölkerungsentwicklung und die fortschreitende Alterung der Bevölkerung, aber auch auf Finanz- und Wirtschaftskrisen[…] zu reagieren. Die Vereinigung ermöglicht eine mittel- bis langfrist[ig]e Erhaltung und Attraktivierung des Versorgungs- und Dienstleistungsangebotes in der neuen Gemeinde. Darauf wird auch in den Erläuterungen zu § 3 Abs 4 Z 4 StGsrG[…] hingewiesen.
2.2.1.2.4. Darüber hinaus wird behauptet, dass es aufgrund der Entfernung und der topografischen Gegebenheiten keine Möglichkeit gebe, mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand Versorgungseinrichtungen (Wasser, Kanal, Fernwärme) zwischen den beiden Gemeinden herzustellen. Dem wird seitens des Landes entgegengehalten, dass in der Steiermark mehrere Gemeinden – bspw. aus topografischen Gründen – zwei oder gar mehrere völlig getrennt voneinander bestehende Versorgungseinrichtungssysteme (Wasser, Kanal, Fernwärme) betreiben. Das Nichtvorliegen eines das neue Gemeindegebiet zentral umfassenden Versorgungssystems steht einer Gemeindevereinigung nicht entgegen. Die Antragstellerin unterlässt eine nähere Begründung, weshalb die Vereinigung der beiden Gemeinden eine Änderung der vorhandenen Anlagen der kommunalen Infrastruktur bedinge. Die Vereinigung zweier oder mehrerer Gemeinden zu einer neuen Gemeinde erfordert grundsätzlich keinen Neubau öffentlicher Anlagen, wie etwa jene zur Wasserver- oder Abwasserentsorgung.
2.2.1.3. Zum Vorbringen 'Raumplanung und Siedlungsverflechtungen' (Punkt 4.2.1.3. [iv] des Antrages)
[…]
Die Antragstellerin ist gemäß dem Regionalen Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Fürstenfeld, LGBl Nr 36/2010, im Gegensatz zur Marktgemeinde Ilz, nicht als teilregionales Versorgungszentrum ausgewiesen. Die Antragstellerin ist auch nicht – wie u.a. Ilz – zur Dokumentation des öffentlichen Interesses der Sicherung der Standortvoraussetzungen für bestehende Betriebe von regionaler Bedeutung bzw. zur langfristigen Sicherung langfristiger Flächenpotenziale für industriell-gewerbliche Nutzung – als Industrie- und Gewerbestandort ausgewiesen (§4 Abs 2 Regionales Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Fürstenfeld). Der im regionalen Entwicklungsprogramm ausgewiesene Teilraum 'Siedlungs- und Industrielandschaften' liegt in der Marktgemeinde Ilz […].
[…]
Das Vorbringen der Antragstellerin in Bezug auf die örtliche Raumplanung beruht auf nicht nachvollziehbare[n] Annahmen; Maßnahmen in der örtlichen Raumplanung ergeben sich nicht aus dem StGsrG, sondern aus bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen. Die Besorgung der örtlichen Raumplanung liegt im eigenen Wirkungsbereich der jeweiligen Gemeinde. Das ändert sich nach der Vereinigung nicht und obliegt die Entscheidung somit der neuen Gemeinde, in welchen Bereichen sie künftige raumordnerische Entwicklungen – unter Prüfung der jeweiligen Standortbedingungen – beabsichtigt. Es wird nicht schlüssig dargelegt, wieso der neue Gemeinderat einen Wirtschaftsstandort 'schädigen' soll. Im Gegensatz dazu wird in den Erläuterungen zu § 3 Abs 4 Z 4 StGsrG[…] davon ausgegangen, dass der ggst. Raum eine hohe Siedlungsdynamik aufweist und mit der Vereinigung eine strategische und räumlich abgestimmte Standortentwicklung im Raum Ilz ermöglicht wird.
2.2.1.3.2. Zu den Ausführungen der Antragstellerin hinsichtlich der Siedlungsverflechtungen […], wird […] angemerkt, dass die Antragstellerin selbst im Örtlichen Entwicklungskonzept 4.00 Verflechtungen mit der [G]emeinde Ilz hervorhebt:
'(…) Die Gemeinde besitzt vielfältige Umlandbeziehungen zu den Nachbargemeinden und zwar insbesondere in den Bereichen Kultur, Bildung, Gesundheits- und Krankenversorgung, Wirtschaft und Infrastruktur. Trotz zahlreicher Kooperationen und einer im Allgemeinen guten Zusammenarbeit auf regionaler Ebene soll in Hinkunft die Zusammenarbeit speziell in den Bereichen: Siedlungsentwicklung, Wohnen; Wirtschaftsentwicklung (Gewerbe- und Industriestandorte, etc.), Regionale Energie- und Ressourcennutzung (Geothermie, erneuerbare Energieträger, etc.) weiter verstärkt werden.' (ÖEK 4.00[…]).
Weiters heißt es dort:
'(…) Für den Besuch von höheren Schulen (Hauptschule, AHS, HTL, HAK, udgl.) [müssen] die Schüler in andere Gemeinden auspendeln. Die Hauptzielorte sind Sinabelkirchen und Ilz. Die Schülerpendelbeziehungen entsprechen somit jenen der Berufstätigen. Die ärztliche Versorgung mit praktischen Ärzten sowie Fachärzten erfolgt ebenfalls über die o. a. Nachbargemeinden.' (ÖEK 4.00[…]),
und
'(…) da nur ein Teil des Grundbedarfes innerhalb der Gemeinde abgedeckt werden kann, bestehen starke Verflechtungen zu den Nachbargemeinden Sinabelkirchen und Ilz bzw. Fürstenfeld und Gleisdorf als Regionale Zentren.' (ÖEK 4.00[…]).
[… D]ie antragstellende Gemeinde [führt] aus, dass im Hinblick auf etwaige Siedlungsverflechtungen aufgrund von Dienstleistungen eine Gemeindevereinigung zu keiner Verbesserung für die Gemeindebevölkerung führe, da es für die Gemeindebevölkerung als Konsumenten dieser Dienstleistungen unerheblich sei, ob diese in der eigenen oder einer Nachbargemeinde bezogen werden würden. Die Landesregierung hält unter Verweis auf die oben genannten Ausführungen fest, dass die Bevölkerung der Antragstellerin Güter und Dienstleistungen in der Marktgemeinde Ilz in Anspruch nimmt, was ein weiteres Indiz für die räumlich-funktionelle Verbindung der Antragstellerin mit der Marktgemeinde Ilz darstellt. Darüber hinaus bestehen zwischen der Antragstellerin und der Marktgemeinde Ilz noch Verflechtungen/Kooperationen:
- Beide Gemeinden sind Mitglied der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) 'Vulkanland' im Rahmen des EU-Förderprogramms 'LEADER'[.]
- Kooperationen bestehen als Teil der Kleinregion 'Fürstenfeld', des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbandes 'Ilz' und als Teil der 'Impulsregion Fürstenfeld' (Kommunalsteuersplitting über die Gemeinden des ehemaligen Bezirkes Fürstenfeld)[.]
- Die Pfarre Ilz umfasst auch die Antragstellerin[.]
In Zusammenschau der raumplanerischen Beurteilung aus überörtlicher Sicht sowie der Selbsteinschätzung der Antragstellerin (Örtliches Entwicklungskonzept: Verordnung und Erläuterungen) ist eine eindeutige raumstrukturelle Verbindung zwischen der Antragstellerin und der Marktgemeinde Ilz gegeben.
2.2.1.4. Wenn die Antragstellerin behauptet, das Land ignoriere die kulturelle Eigenständigkeit der antragstellenden Gemeinde[,] und hinzufügt, dass auch kulturelle Faktoren wie z.B. ein umfassendes Vereinsleben gegen eine Vereinigung der betroffenen Gemeinden sprechen, so genügt der Verweis auf § 1 Abs 2 StGsrG, wonach auch die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere naturräumliche und kulturelle Verhältnisse, wie auch historische Verbundenheiten sowie lokales Handeln für das Gemeinwohl und Ausüben von Ehrenämtern berücksichtigt werden. Mit dem StGsrG ist ein Eingriff in das Vereinsleben nicht intendiert.
2.2.1.5. Weiteres Vorbringen der Antragstellerin zu den Kriterien der Sachlichkeit (Punkt 4.2.1.4. des Antrages)
[…]
Dazu ist auszuführen, dass die von der antragstellenden Gemeinde ins Treffen geführte Entfernung zwischen den Gemeinden als zumutbar angesehen werden kann, da die Ortskerne der beiden Gemeinden nur ca. 4 km voneinander entfernt liegen. Weiters ist die Antragstellerin über die B 65, welche die Antragstellerin mit der Marktgemeinde Ilz verbindet und dort in die A2 mündet, an regionale und überregionale Verkehrsachsen gut angeschlossen.
Im Hinblick auf die angeblichen angezogenen Entfernungen ist anzumerken, dass sich in diesem Bereich in den letzten Jahrzehnten vieles nachhaltig geändert hat. Der Aspekt der Entfernung wird deshalb auch anders bewertet werden müssen als etwa in den 70er Jahren. Besonders der erhebliche Ausbau der Infrastruktur, das verbesserte Straßennetz, der höhere individuelle Motorisierungsgrad und neue verbesserte Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs relativieren die Überwindung von räumlichen Distanzen. […]
2.2.1.5.2. Die antragstellende Gemeinde führt als weiteres Argument für die Verfassungswidrigkeit den Widerstand der Bevölkerung gegen die normierte Vereinigung an. […]
Dem ist zu entgegnen, dass in allen Phasen des Gemeindereformprozesses von Seiten des Landes Wert darauf gelegt wurde, kommunale Interessen zu berücksichtigen, die Gemeinden einzubeziehen und den Prozess möglichst transparent zu gestalten.
[…]
Die Ergebnisse der auf Ebene der Gemeinde durchgeführten Volksbefragungen/Volksabstimmungen sind – soweit sie der Aufsichtsbehörde mitgeteilt wurden – in jedem Einzelfall in die Abwägung aller Aspekte, die für und gegen die Gemeindevereinigung sprechen, mit eingeflossen. Sie waren aber bei den vom StGsrG betroffenen Gemeinden, mithin auch der antragstellenden Gemeinde, letztlich nicht ausschlaggebend, da sich die zu treffende Entscheidung – dem Sachlichkeitsgebot entsprechend – nach den Zielen dieses Gesetzes, den Kriterien des Leitbildes und den öffentlichen Interessen im Sinne von § 6 GemO zu orientieren hatte und die Prognosen für die jeweiligen neuen Gemeinden – als Komplex betrachtet – positiv waren (vgl. etwa VfSlg 13.543/1993).
Gemäß Art 72 L VG hätten (u.a.) 80 Gemeinden die Möglichkeit gehabt, zu verlangen, dass der Beschluss des Landtages über das StGsrG einer Volksabstimmung unterzogen wird. Von diesem im Zusammenhang mit Landesgesetzen zentralen direktdemokratischen Instrument wurde kein Gebrauch gemacht.
2.2.1.5.3. Die Antragstellerin führt an, dass der Landesgesetzgeber zur Beurteilung der Sachlichkeit ausführen hätte müssen, welche konkreten Vorteile er sich durch die Vereinigung erwarte[,] und dies mit überprüfbaren Zahlen belegen hätte müssen. […]
Zunächst ist festzuhalten, dass es mehrfach Gespräche mit und Stellungnahmen von Vertretern des Landes gegeben habe. […] Der Antragstellerin wurde dazu im Rahmen [des Gemeindestrukturreformprozesses] entsprechend der Aktenlage […] mehrfach die Möglichkeit geboten, zu der Strukturreform – auch in persönlichen Gesprächen mit Vertretern des Landes Steiermark – Stellung zu nehmen. So wurden der antragstellenden Gemeinde die Überlegungen des Landes anlässlich des Verhandlungsgespräches in der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld am näher gebracht. Für die zu vereinigenden Gemeinden wurde ein Landeskoordinator bestellt, der mehrmals mit der antragstellenden Gemeinde Kontakt hatte. Mit Schreiben der Abteilung 7 vom wurde die Antragstellerin eingeladen, eine Stellungnahme zur beabsichtigten Gemeindevereinigung abzugeben. Am gab es im Amt der Stmk. Landesregierung[…] ein Gespräch, an dem neben Vertretern der Abteilung 7 auch Vertreter der politischen Büros LH Mag. Franz Voves und LH-Stv. Hermann Schützenhöfer teilnahmen. Dabei wurden jene Kriterien und Argumente, die für die Vereinigung maßgeblich waren, nochmals eingehend erörtert. Auf dieses Gespräch wurde auch im Antwortschreiben des Amtes der Landesregierung vom Bezug genommen. Am wurde von Vertretern der Abteilung 7 auf Ersuchen der Antragstellerin ein Termin im Gemeindeamt der Antragstellerin und danach im Gemeindeamt der Marktgemeinde Ilz wahrgenommen, wo die Vereinigung abermals erörtert wurde. Des Weiteren wurde mit Schreiben der Abteilung 7 vom festgehalten, dass in Abwägung der Argumente der Antragstellerin und der Zielsetzungen des Leitbildes zur Gemeindestrukturreform an der Absicht festgehalten wurde, die Antragstellerin mit der Marktgemeinde Ilz zu vereinigen.
Der Gemeinderat der Marktgemeinde Ilz hat die Vereinigung mit der Antragstellerin beschlossen. Die ursprünglich in dieser Konstellation befindliche Gemeinde Hainersdorf hatte mehrere Optionen für eine Vereinigung und hat schließlich die Vereinigung mit der Gemeinde Großwilfersdorf beschlossen.
Wenn die antragstellende Gemeinde rügt, dass sich der Landesgesetzgeber sogenannter 'Allgemeinfeststellungen' und 'pauschaler Stehsatzzitate' bedient, so ist dem Folgendes entgegen zu halten: Gesetzeserläuterungen haben die dem Gesetz zugrunde liegenden Umstände, Motive und Überlegungen sowie den wesentlichen Inhalt und die zu erwartenden Auswirkungen des Entwurfes darzustellen. Sie haben jedoch keine normative Kraft, so wie es die Ausführungen der antragstellenden Gemeinden erscheinen lassen. Gesetzeserläuterungen sind auch nicht schon allein deshalb mangelhaft, weil sie vielleicht ähnlich formuliert sind.
In den Erläuterungen wurde jede einzelne Gemeinde entsprechend den Kriterien des Leitbildes spezifisch beschrieben und in den Erwägungen öffentlicher Interessen der Gebietsänderung die Prognosebeurteilung für jede Konstellation gut begründet. Da die öffentlichen Interessen in § 6 Abs 2 GemO definiert werden, ergibt sich naturgemäß, dass immer wieder auf die gleichen, dort genannten öffentlichen Interessen Bezug genommen wurde.
Weiters kommt jeder Gemeinde durch das Prinzip der Einheitsgemeinde grundsätzlich eine gleiche verfassungsrechtliche Stellung hinsichtlich Organisation und Aufgabenstellung zu, sodass sich auch daraus zwangsläufig Wiederholungen in den Formulierungen ergeben, worin die Landesregierung aber keine Unsachlichkeit erkennen kann.
2.2.1.5.4. Die Antragstellerin bringt weiters vor, dass andere – mit der antragstellenden Gemeinde vergleichbare – Gemeinden mit einer ihrer Ansicht nach 'schwächeren Gemeindestruktur' von der Gemeindestrukturreform nicht betroffen seien, und sieht darin eine Ungleichbehandlung.
Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VfGH (VfSlg 9655/1983; 13.543/1993) lässt der von de[r] antragstellenden Gemeinde hervorgehobene Umstand, dass Gemeinden mit einer ihrer Ansicht nach 'schwächeren Gemeindestruktur' von der Gemeindestrukturreform nicht betroffen seien, keinen Rückschluss darauf zu, dass die gegenständliche Vereinigung unsachlich wäre.
2.2.1.5.5. Die antragstellende Gemeinde sieht insbesondere in der Einführung eines Mehrzweckverbandes eine bessere Alternative zur gesetzmäßigen Vereinigung der Gemeinden. Diese Möglichkeiten der interkommunalen Kooperation seien jedoch seitens des Landes immer wieder negiert worden.
[…]
Der Landtag hat sich mehrmals mit der Frage beschäftigt, ob freiwillige Gemeindekooperationen bzw. Gemeindeverbände genauso geeignet sind, die mit einer Gemeindereform verfolgten Ziele zu erreichen. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn mit den freiwilligen Gemeindekooperationen oder Gemeindeverbänden die dargestellten gleichen Vorteile erzielt werden können. Es wurde daher geprüft, ob die Reformziele auch in einem oder in mehreren Gemeindeverbänden genauso gut erreicht werden können.
Im Leitbild zur Gemeindestrukturreform wurden die Vor- und Nachteile von Gemeindevereinigungen und Verbandslösungen ausführlich dargestellt. […]
[…]
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine rechtswissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2012 [vgl. Holoubek/Potacs/Scholz , Art 120 B VG als Instrument der Gemeindekooperation?, in: KWG (Hrsg.), Gemeindekooperationen – vom Kirchturmdenken zur vernetzten Region, 2012]: 'Eine rechtspolitische Gesamtbewertung gemeindeübergreifender Organisationsformen fällt somit zugunsten von Fusionen und Gebietsgemeinden aus, weil diese sich effizienter und finanziell günstiger ausgestalten lassen und […] eine Abmilderung des kommunalen Identitätsverlustes zulassen.'
Auch das immer wieder artikulierte Bedürfnis der Gemeinden nach derartigen Verbänden fand keinen Niederschlag in etwaigen aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren. Seit der landesgesetzlichen Umsetzung der B VG-Novelle gibt es in der Steiermark keinen derartigen Mehrzweckverband. […] Auch die antragstellende Gemeinde hat keinen derartigen Antrag eingebracht.
Es ist daher festzuhalten, dass die neu geschaffene Möglichkeit der Bildung von Mehrzweckverbänden die umfassende Gemeindestrukturreform durch Gebietsänderungen nicht ersetzen kann, sondern nur ein ergänzendes Modell darstellt. Das zeigten auch die bisherigen Erfahrungen mit freiwilligen Verbänden und dem 'Regionext-Modell' zur Bildung von Kleinregionen, die mit der Novellierung des § 38a GemO, LGBl Nr 92/2008, ermöglicht wurden. Obwohl sich viele Gemeinden zu Kleinregionen zusammenschlossen, blieben die erwünschten Effekte dieser Maßnahme weit hinter den Erwartungen zurück.
Die […] Landesregierung hält daher dem Vorbringen der antragstellenden Gemeinde entgegen, dass sie, obgleich sie Mehrzweckverbände als Alternative zur Gemeindevereinigung ansieht, keinen Antrag auf Bildung eines Mehrzweckverbandes gestellt hat. Allein der Verweis auf bestehende interkommunale Kooperation oder Kleinregionen i.S.d § 38a GemO unter Hinweis auf die zu erwartenden Nachteile ist noch kein Argument, dass eine Verbandslösung besser wäre als eine Vereinigung von Gemeinden. Die Landesregierung weist daher auch dieses Argument zurück.
III. Schlussbemerkungen:
[…]
Der Gesetzgeber konnte bei der Beschlussfassung des StGsrG davon ausgehen, dass die gegenständliche Gebietsänderung (§3 Abs 4 Z 4 StGsrG) dem aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleiteten Sachlichkeitsgebot sowie den in § 6 Abs 2 GemO normierten öffentlichen Interessen entspricht." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
3. Die antragstellende Gemeinde erstattete eine Replik auf die Äußerung der Stmk. Landesregierung.
II. Rechtslage
Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die zulässigerweise angefochtene Gesetzesbestimmung ist hervorgehoben):
4. Die §§6, 8 und 11 Abs 1 der Stmk. Gemeindeordnung 1967 (GemO), LGBl 115, idF LGBl 87/2013, lauten – auszugsweise – wie folgt:
"§6
Gebietsänderungen
(1) Gebietsänderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Grenzänderungen (§7), die Vereinigung von Gemeinden (§8), die Teilung einer Gemeinde (§9), die Neubildung und Aufteilung einer Gemeinde (§10).
(2) Gebietsänderungen nach Abs 1 dürfen nur aus Gründen der durch dieses Gesetz geregelten öffentlichen Interessen und unter Bedachtnahme auf die geografische Lage der Gemeinde erfolgen, wobei jedenfalls darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass die Gemeinden fähig sind, ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Als öffentliche Interessen sind insbesondere wirtschaftliche, infrastrukturelle, raumordnungs- und verkehrspolitische, demografische oder finanzielle Gründe zu verstehen.
[…]
§8
Vereinigung
(1) Zwei oder mehrere angrenzende Gemeinden können sich auf Grund übereinstimmender Gemeinderatsbeschlüsse mit Genehmigung der Landesregierung zu einer neuen Gemeinde vereinigen.
(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen nach § 6 Abs 2 vorliegen. Die genehmigte Vereinigung ist im Landesgesetzblatt zu verlautbaren; die Genehmigung der Landesregierung ist auch für den Fall erforderlich, wenn zwischen Verlautbarung und Rechtswirksamkeit der Vereinigung eine Auf-hebung oder Abänderung der beschlossenen Maßnahme durch Gemeinderatsbeschluss oder eine dem Gemeinderatsbeschluss gleichzuhaltende Entscheidung erfolgt.
(3) Zur Vereinigung von zwei oder mehreren angrenzenden Gemeinden gegen den Willen einer beteiligten Gemeinde ist ein Gesetz erforderlich.
(4) Die Vereinigung hat den vollständigen Übergang der Rechte und Pflichten der betroffenen Gemeinden auf die neue Gemeinde zur Folge.
(5) Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung in den bisherigen Gemeinden anhängige Verwaltungsverfahren sind zunächst vom gemäß § 11 Abs 1 eingesetzten Regierungskommissär und ab Angelobung des Bürgermeisters der neu geschaffenen Gemeinde von den ab diesem Zeitpunkt zuständigen Gemeindebehörden weiterzuführen.
(6) Die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung bestehenden öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnisse zu einer der bisherigen Gemeinden gelten als entsprechende Dienstverhältnisse zur neu geschaffenen Gemeinde.
§11
Gemeinsame Bestimmungen
(1) Für die gemäß §§8, 9 und 10 Abs 1 neu geschaffenen Gemeinden hat die Landesregierung binnen sechs Monaten nach den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung Neuwahlen des Gemeinderates auszuschreiben. Bis zur Angelobung des neugewählten Bürgermeisters führt ein von der Landesregierung nach § 103 einzusetzender Regierungskommissär die laufenden und unaufschiebbaren Geschäfte. Zu seiner Beratung ist von der Aufsichtsbehörde über Vorschlag der beteiligten Gemeinden ein Beirat zu bestellen; jeder beteiligten Gemeinde steht das Vorschlagsrecht für ein Beiratsmitglied zu. Bei den übrigen Gebietsänderungen kann die Landesregierung den Gemeinderat auflösen und binnen sechs Monaten Neuwahlen ausschreiben, wenn die Gebietsänderung eine Änderung der Einwohnerzahl zur Folge hat, durch die eine Änderung der Anzahl der Gemeinderäte (§15 Abs 1) bewirkt wird, oder wenn der durch die Änderung verursachte Zu- oder Abgang an Einwohnern die bisher auf ein Gemeinderatsmandat entfallende Anzahl von Einwohnern erreicht. Bis zur Angelobung der neugewählten Gemeinderatsmitglieder und des neugewählten Bürgermeisters führen die bisherigen Gemeindeorgane die Geschäfte der Gemeinde weiter."
5. Die §§1, 2, 3 und 7 des Stmk. Gemeindestrukturreformgesetzes (StGsrG), LGBl 31/2014 (berichtigt durch LGBl 36/2014), lauten – auszugsweise – wie folgt:
"§1
Ziele der Strukturreform
(1) Ziel der Reform der gemeindlichen Strukturen im Land Steiermark ist die Stärkung der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur sachgerechten und qualitätsvollen Erfüllung der eigenen und übertragenen Aufgaben und Funktionen zum Wohle der Bevölkerung. Die Strukturreform soll wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinden schaffen, die dauerhaft in der Lage sind, ihre Angelegenheiten ohne Haushaltsabgang zu erfüllen. Die Leistungsfähigkeit der gemeindlichen Ebene soll gestärkt und langfristig gesichert werden, um insbesondere die gemeindliche Infrastruktur effizient zu nutzen, die Grundversorgung der Bevölkerung mit privaten und öffentlichen Dienstleistungen im jeweiligen Gemeindegebiet abzudecken und der demografischen Entwicklung gerecht zu werden.
(2) Die Reform der gemeindlichen Strukturen soll auch entsprechende raumordnungs- und verkehrspolitische Maßnahmen ermöglichen, die eine bessere Nutzung der vorhandenen Fläche für den Siedlungsraum und die wirtschaftliche Entwicklung gewährleisten. Bestehende Siedlungsverflechtungen sollen sich in den verwaltungsmäßigen Strukturen der Gemeinden widerspiegeln. Daneben sollen auch die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere naturräumliche und kulturelle Verhältnisse, wie auch historische Verbundenheiten sowie lokales Handeln für das Gemeinwohl und Ausüben von Ehrenämtern berücksichtigt werden.
§2
Umsetzung der Strukturreform
Die in § 1 genannten Ziele werden durch Vereinigung angrenzender Gemeinden (§8 Abs 3 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967) und durch Aufteilung von Gemeinden auf angrenzende Gemeinden (§10 Abs 2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967) unter Beachtung der in § 6 Abs 2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 geregelten öffentlichen Interessen erreicht.
§3
Vereinigung von Gemeinden eines politischen Bezirkes
[…]
(4) Im politischen Bezirk Hartberg-Fürstenfeld werden folgende Gemeinden zu einer neuen Gemeinde vereinigt:
[…]
4. die Marktgemeinde Ilz mit der Gemeinde Nestelbach im Ilztal zur Marktgemeinde Ilz;
[…]
§7
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt mit in Kraft."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit
1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
Die antragstellende Gemeinde ist zur Antragstellung auf Grund des Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG legitimiert: Sie wird durch die bekämpfte, gesetzlich verfügte Gemeindevereinigung entsprechend ihrem Vorbringen schon deswegen nachteilig in ihrer Rechtssphäre berührt, weil sie durch die Vereinigung mit einer anderen Gemeinde ihre Rechtspersönlichkeit verliert. Die angefochtene Regelung greift auch unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre der antragstellenden Gemeinde ein; ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes steht der antragstellenden Gemeinde nicht zur Verfügung (vgl. , V46/2014).
1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2002). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011). Der Umfang einer zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmung ist derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Beseitigung der zulässigerweise geltend gemachten Rechtswidrigkeit erforderlich ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (vgl. VfSlg 19.496/2011 mwN).
Der Antrag erweist sich, soweit die Aufhebung des StGsrG zur Gänze begehrt wird, als zu weit gefasst und sohin als unzulässig; der Eventualantrag auf Aufhebung des § 3 Abs 4 Z 4 StGsrG erfüllt dagegen die Voraussetzungen eines zulässigen Aufhebungsbegehrens (vgl. , V46/2014).
1.3. Der Antrag ist auch durch einen entsprechenden Beschluss des hiefür zuständigen Gemeinderates (vgl. , V46/2014) gedeckt: Der Gemeinderat der antragstellenden Gemeinde hat in seiner Sitzung vom einen Beschluss zur Einbringung eines Individualantrages gegen das StGsrG gefasst. Damit wurde der Gemeinderatsbeschluss zwar vor der Kundmachung des StGsrG am , aber bereits nach der Beschlussfassung des StGsrG am gefasst. Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, dass der Gegenstand der Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof schon zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Gemeinderat hinreichend bestimmt war.
1.4. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, erweist sich der Antrag auf Aufhebung des § 3 Abs 4 Z 4 StGsrG als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Vorauszuschicken ist, dass der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, gemäß § 62 Abs 1 VfGG "die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen" hat. Dies bedeutet, dass der Antragsteller seine sämtlichen Bedenken im Antrag selbst darzulegen hat. Die in diesem Antrag nicht im Einzelnen dargelegten Bedenken können in einem nachfolgenden Schriftsatz nicht nachgeholt werden (vgl. VfSlg 17.516/2005). Der Verfassungsgerichtshof kann daher im vorliegenden Verfahren nur jene Bedenken behandeln, die von der antragstellenden Gemeinde bereits im Antrag im Einzelnen dargelegt worden sind, nicht aber jene Bedenken, die erst in der Replik auf die Äußerung der Stmk. Landesregierung erstmals vorgebracht wurden.
2.3. Die antragstellende Gemeinde Nestelbach im Ilztal behauptet zunächst die Unsachlichkeit der durch die bekämpfte Bestimmung bewirkten Vereinigung mit der Gemeinde Ilz. Begründend bringt die antragstellende Gemeinde im Wesentlichen Folgendes vor: Die für die bekämpfte Vereinigung vom Landesgesetzgeber herangezogenen Kriterien der Gemeindestrukturreform seien unsachlich und sprächen im vorliegenden Fall außerdem nicht für die bekämpfte Vereinigung. Die antragstellende Gemeinde weise eine stabile Bevölkerungszahl auf, befinde sich in einer positiven finanziellen Lage und verfüge über eine umfangreiche, effizient genutzte Infrastruktur; sie sei daher bereits gegenwärtig in der Lage, ihre Aufgaben ohne Haushaltsabgang zu erfüllen. Zwischen den von der bekämpften Vereinigung betroffenen Gemeinden bestünden – insbesondere auf Grund der Entfernung zwischen ihren Hauptsiedlungsschwerpunkten – keine besonderen räumlichen oder funktionellen Verflechtungen. Die bekämpfte Vereinigung führe zu keiner Verbesserung der Gemeindestruktur, sondern vielmehr zu erheblichen Nachteilen für die Bevölkerung der antragstellenden Gemeinde.
2.4. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes enthält die Bundesverfassung zwar eine Bestandsgarantie für die Gemeinde als Institution (vgl. insbesondere Art 116 Abs 1 B VG), sie garantiert der individuellen Gemeinde aber keineswegs ein Recht auf "ungestörte Existenz". Ein absolutes Recht auf Existenz kommt von Verfassungs wegen ausschließlich jenen juristischen Personen zu, die in Verfassungsnormen individuell und nicht bloß der Art nach bezeichnet sind. Maßnahmen, die bewirken, dass eine Gemeinde gegen ihren Willen als solche zu bestehen aufhört, sind weder durch die Vorschriften des B VG über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde noch durch das verfassungsgesetzliche Verbot einer nicht im öffentlichen Interesse gelegenen Enteignung (Art5 StGG) ausgeschlossen (vgl. grundlegend VfSlg 6697/1972, 9373/1982). An dieser Rechtsauffassung hat auch die im Rang eines einfachen Bundesgesetzes stehende und durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllende Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung, BGBl 357/1988, nichts geändert, weil ein solcher Staatsvertrag keinen Maßstab für die Verfassungskonformität eines Gesetzes darstellt. Gemäß Art 115 Abs 2 B VG obliegt es dem Landesgesetzgeber, das Land in "Gemeinden" zu gliedern und die Gemeindegebiete festzusetzen sowie zu ändern. Insgesamt kommt dem Gesetzgeber dabei ein weitgehender rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (vgl. ähnlich VfSlg 9655/1983, 9668/1983, 9669/1983, 10.637/1985); er ist aber insbesondere an das – aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließende – Sachlichkeitsgebot gebunden. Der Verfassungsgerichtshof hat alleine die Frage zu beurteilen, ob die vom Gesetzgeber vorgesehene Gemeindegliederung für sich genommen sachlich ist. Dem entsprechend ist es nicht seine Aufgabe, zu untersuchen, ob alternative Festlegungen zweckmäßiger gewesen wären oder bessere Auswirkungen gehabt hätten (vgl. zB VfSlg 6697/1972, 9655/1983, 13.543/1993, wonach der Gleichheitsgrundsatz dem Verfassungsgerichtshof keine Handhabe gibt, über die Zweckmäßigkeit gesetzlicher Bestimmungen zu urteilen), hier etwa die Bildung eines – durch die B VG-Novelle BGBl I 60/2011 nunmehr mit einem umfangreicheren Aufgabenbereich ausgestatteten – Gemeindeverbandes gemäß Art 116a B VG.
2.5. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , G44/2014, V46/2014, ausgesprochen hat, bestehen seitens des Verfassungsgerichtshofes grundsätzlich keine Bedenken, wenn der Landesgesetzgeber in Verfolgung der sich schon aus § 6 Abs 2 Stmk. GemO, § 1 StGsrG sowie den Erläuterungen zum StGsrG ergebenden Ziele Gebietsänderungen bzw. Vereinigungen von Gemeinden vorsieht, sofern jede dieser Maßnahmen dem Sachlichkeitsgebot entspricht. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich auch vor dem Hintergrund der im vorliegenden Fall vorgetragenen Bedenken nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
2.5.1. Bei der Untersuchung der Frage, ob das StGsrG verfassungsmäßig ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ausschließlich auf den Zeitpunkt der Erlassung des Gesetzes betreffend die Vereinigung der Gemeinden an; dies deshalb, weil es sich dabei um eine einmalige Maßnahme handelt (vgl. zB VfSlg 8108/1977, 10.637/1985, 11.629/1988, 11.858/1988, 13.543/1993). Es ist dabei unter Bedachtnahme auf den Zeitpunkt der Erlassung des Gesetzes zu prüfen, ob sich das Gesetz im Lichte der zu diesem Zeitpunkt zu erwartenden künftigen Entwicklung als sachlich und nachvollziehbar erweist. Bei dieser Prognoseentscheidung hat der Gesetzgeber zu beurteilen, ob die Gemeindevereinigung insgesamt – also nicht bloß auf die Belange der einzelnen Gemeinde bezogen – eine Verbesserung der Gemeindestruktur erwarten lässt (vgl. VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993). Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine gesetzlich angeordnete Änderung der Gemeindestruktur vor dem Gleichheitssatz bestehen kann, hat der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, dass die Vereinigung einer Kleingemeinde mit weniger als 1.000 Einwohnern mit einer anderen Gemeinde in der Regel sachlich ist (vgl. VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993), wobei es sich bei dieser Einwohnerzahl nicht um eine starre Grenze, sondern um einen Richtwert handelt (vgl. VfSlg 9668/1983).
2.5.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung weiters ausgeführt, dass die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit von Strukturänderungsmaßnahmen jeder Art von einer Vielzahl von Umständen abhängig ist. So gut wie niemals ist eine Situation so beschaffen, dass ausnahmslos alle in Ansehung einer bestimmten Maßnahme erheblichen Umstände für diese Maßnahme sprechen. Der Umstand alleine, dass eine Änderung der Gemeindestruktur auch Nachteile bewirkt, macht eine solche Maßnahme aber noch nicht unsachlich (so schon VfSlg 10.637/1985, 11.372/1987, 11.629/1988, 11.858/1988).
2.6. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen erweist sich das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde als unbegründet:
2.6.1. Durch den bekämpften § 3 Abs 4 Z 4 StGsrG wird die antragstellende Gemeinde Nestelbach im Ilztal mit der Marktgemeinde Ilz zur Marktgemeinde Ilz vereinigt. Die antragstellende Gemeinde hatte mit 1.132 Einwohner (Quelle: Statistik Austria, Statistik des Bevölkerungsstandes vom ) und überschreitet sohin nur geringfügig jenen Richtwert von 1.000 Einwohnern, bei dessen Unterschreiten der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung im Regelfall von der Sachlichkeit einer Vereinigung ausgeht. Die Gemeinde Ilz hatte zum Stichtag 2.537 Einwohner. Beide Gemeinden verzeichneten in den letzten Jahrzehnten eine positive Bevölkerungsentwicklung. Während der Landesgesetzgeber im Hinblick auf die Gemeinde Ilz von einem weiteren Bevölkerungszuwachs ausgeht, prognostiziert er der antragstellenden Gemeinde – auf Grundlage der von der Stmk. Landesregierung in ihrer Äußerung nachvollziehbar dargelegten Variablen – einen Bevölkerungsrückgang auf 1.082 Einwohner bis zum Jahr 2030; der durch die bekämpfte Vereinigung neu geschaffenen Gemeinde sagt der Landesgesetzgeber bis 2030 langfristig Bevölkerungszuwächse voraus. Angesichts der geringen Bevölkerungszahl der antragstellenden Gemeinde und der (nachvollziehbar) negativen Bevölkerungsprognose kann dem Landesgesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er – auch im Hinblick auf die demographischen Entwicklungen – mit der bekämpften Vereinigung eine mittel- bis langfristige Erhaltung und Attraktivierung des Versorgungs- und Dienstleistungsangebotes zu ermöglichen und damit auch einen Beitrag zur Stärkung des ländlichen Raumes zu leisten sucht (vgl. die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 96 ff.).
2.6.2. Die antragstellende Gemeinde grenzt im Osten an die Gemeinde Ilz an. Die bekämpfte Vereinigung führt sohin zu einem geschlossenen Gemeindegebiet. Die Gemeinden sind insbesondere durch die B 65 verkehrsmäßig direkt miteinander verbunden. Die Gemeinden liegen im Ilztal, eingebettet in das Oststeirische Riedelland, und sind durch im Wesentlichen gleichartige geographische und topographische Gegebenheiten geprägt. Entgegen der Ansicht der antragstellenden Gemeinde begründet auch die Distanz zwischen den Siedlungsschwerpunkten der antragstellenden Gemeinde und dem Hauptsiedlungsschwerpunkt der Gemeinde Ilz – gemessen vom Hauptsiedlungsschwerpunkt der antragstellenden Gemeinde beträgt sie ca. 3,5 Kilometer – keine Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigung (vgl. VfSlg 9655/1983, 10.637/1985, 11.629/1988, 13.543/1993). Dem verschlägt auch der Umstand nichts, dass die Distanz gemessen von anderen Wohngebieten der antragstellenden Gemeinde bis zu acht Kilometer beträgt.
Der Landesgesetzgeber zielt mit der bekämpften Vereinigung im Hinblick auf die geographische und topographische Lage der Gemeinden und der besonderen Siedlungsdynamik in ihren Gebieten nachvollziehbar darauf ab, die Grundlage für eine strategische und räumlich abgestimmte Standortentwicklung zu schaffen und Lösungen raumordnungs- und verkehrspolitischer Fragen in einem größeren regionalen Kontext zu ermöglichen (vgl. die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 96 ff.). Die von der antragstellenden Gemeinde befürchtete Änderung der Raumordnungspolitik und die damit verbundenen behaupteten Nachteile für die Bevölkerung machen – selbst wenn diese Überlegungen zutreffen sollten – die angefochtene Gemeindevereinigung nicht unsachlich. Künftige Entscheidungen der Gemeindeorgane, die einen Teilbereich der neu gebildeten Gemeinde benachteiligen, können nämlich dem Landesgesetzgeber nicht angelastet werden (vgl. VfSlg 9668/1983, 10.637/1985, 11.629/1988). Besondere Umstände, die ein solches Verhalten der Organe der neuen Gemeinde erwarten lassen, bestehen im vorliegenden Fall nicht.
2.6.3. Die antragstellende Gemeinde ist mit öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen – zuvorderst mit Gütern des täglichen Bedarfs – unterversorgt. Hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen sowie der schulischen (Neue Mittelschule) und ärztlichen Versorgung bestehen Verflechtungen (unter anderem) mit der Gemeinde Ilz, welche über eine umfassende Versorgungsinfrastruktur und ergänzende höherrangige Infrastruktureinrichtungen (insbesondere im Schul- und Sozialbereich) verfügt und gemäß § 4 Abs 1 des Regionalen Entwicklungsprogramms als Teilregionales Versorgungszentrum festgelegt ist. Dieser Umstand ist auch dem Örtlichen Entwicklungskonzept 4.0 der antragstellenden Gemeinde zu entnehmen. Auch das Bestehen des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbands "Ilz", die Pendlerstatistik der antragstellenden Gemeinde sowie mehrere Kooperationen zwischen den betroffenen Gemeinden (zB Kleinregion "Fürstenfeld", "Impulsregion Fürstenfeld") belegen die funktionelle Verflechtung zwischen den Gemeinden. Vor diesem Hintergrund ist für den Verfassungsgerichtshof die Einschätzung des Landesgesetzgebers nachvollziehbar, dass sich mit der bekämpften Vereinigung die bestehenden Verflechtungen in der verwaltungsmäßigen Struktur der neuen Gemeinde widerspiegeln (vgl. die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 96 ff.). In Anbetracht der Unterversorgung der antragstellenden Gemeinde und ihrer funktionellen Verflechtungen mit der Gemeinde Ilz unterscheidet sich der vorliegende Fall auch deutlich von jenem, welchen der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 11.372/1987 zu beurteilen hatte.
Der Landesgesetzgeber geht auch nachvollziehbar davon aus, dass durch die Stärkung der Funktionsfähigkeit des bestehenden Zentrums mittel- bis langfristig die Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen und privaten Dienstleistungen in zumutbarer Entfernung sichergestellt werden kann (vgl. die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 96 ff.). Damit werde einem erklärten Ziel der Strukturreform entsprochen, regionale Gemeindezentren zu stärken bzw. schaffen, die diese Grundversorgung leisten können. Durch die Annäherung der administrativen Gemeindegrenzen an die funktionalen Verflechtungs- und Nutzungsräume werde es einfacher, Nutzen und Kostentragung der Infrastruktur in der neuen größeren Gemeinde zur Deckung zu bringen.
2.6.4. Auch wenn die beiden Gemeinden gegenwärtig in der Lage sind, in finanzieller Hinsicht ihre Pflichtaufgaben selbstständig zu erfüllen, steht dies ihrer Vereinigung nicht entgegen, wenn sich durch die Vereinigung ein (noch) leistungsfähigeres Kommunalwesen als bisher ergibt (vgl. zB VfSlg 10.637/1985).
Der Landesgesetzgeber erwartet durch die bekämpfte Vereinigung, da sie die politische Vertretung verkleinert und bestehende Gemeindeverwaltungen zusammenführt, Kosteneinsparungen im Bereich der politischen Organe der neuen Gemeinde, durch eine effizientere Nutzung der örtlichen Infrastruktur mit einer höheren Auslastung und Effizienz, im Bereich der Anschaffung von Gebrauchs- und Verbrauchsgütern, sowie als Folge einer professionelleren Verwaltung mit Spezialisierung auf einzelne Verwaltungsgebiete und handhabbaren Vertretungsregelungen von Mitarbeitern. Weder der Verweis auf eine gegenwärtig effiziente Personalverwaltung noch die Behauptung eines künftigen Rückganges der freiwilligen bzw. ehrenamtlichen Tätigkeit in der Gemeindebevölkerung ist geeignet, die vom Landesgesetzgeber auf die bezeichneten Umstände gegründeten Einsparungspotentiale zu widerlegen. Wie sich die Freiwilligenarbeit bzw. ehrenamtliche Tätigkeit in der neuen Gemeinde entwickeln wird und ob tatsächlich – wie von der antragstellenden Gemeinde ausgeführt – eine Reduktion der diesbezüglichen Bereitschaft zu einer Kostensteigerung im Personalbereich führen wird, ist nicht abschätzbar und kann folglich ebenfalls nichts an der Plausibilität der Annahmen des Landesgesetzgebers ändern. Als nicht nachvollziehbar erweist sich angesichts der im Stmk. Gemeinde-Bezügegesetz, LGBl 72/1997, idF LGBl 86/2013, festgelegten Bezüge der Gemeindeorgane – auch unter Berücksichtigung der höheren Einstufung der Mitglieder des Gemeindevorstandes der neuen Gemeinde – schließlich auch das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde, die Kosten für Gemeindeorgane würden durch die bekämpfte Vereinigung insgesamt steigen.
2.6.5. Zum Vorbringen, dass nicht geprüft wurde, ob ein Gemeindeverband zweckmäßiger wäre, ist auf Punkt 2.4. zu verweisen. Der Verfassungsgerichtshof hat alleine die Frage zu beurteilen, ob die vom Gesetzgeber vorgesehene Gemeindevereinigung – sohin die Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit der Gemeinde Ilz – für sich genommen sachlich ist.
2.6.6. Zum weiteren Vorbringen, dass die Bevölkerung gegen diese Maßnahme eingestellt sei, genügt es auf die zu dieser Frage ergangene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein anhaltender Widerstand der Bevölkerung allenfalls ein Indiz für die Unsachlichkeit sein kann, für sich alleine jedoch noch keine Unsachlichkeit zu begründen vermag (vgl. VfSlg 13.543/1993 mwN).
2.6.7. Die antragstellende Gemeinde vertritt die Auffassung, dass für die Zulässigkeit und Sachlichkeit einer Gemeindestrukturreform eine umfassende Grundlagenforschung und Begründung erforderlich sei, eine solche jedoch nicht vorgenommen worden sei.
Wie sich bereits aus den Gesetzesmaterialien ergibt, ist dem StGsrG ein mehrjähriger Gemeindestrukturreformprozess vorangegangen, in dessen Rahmen die Grundlagen für die Veränderung der Gemeindestruktur in der Steiermark (u.a. durch wissenschaftliche Studien) ermittelt und die Gemeindevereinigungen in mehreren Phasen intensiv vorbereitet wurden; in der sogenannten Verhandlungsphase vom Februar 2012 bis September 2012 wurden die Vorstellungen des Landes und die Vorschläge der Gemeinden auch mit den betroffenen Gemeinden diskutiert, und in der Entscheidungsphase vom Oktober 2012 bis Jänner 2013 wurden die Ergebnisse und Stellungnahmen aus der Vorschlags- und Verhandlungsphase ebenfalls mit Gemeindevertretern besprochen. Deshalb ist auch das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde, dass sie in den Reformprozess nicht eingebunden gewesen sei, nicht zutreffend: So fanden insbesondere am und am Verhandlungsgespräche zwischen Vertretern der Stmk. Landesregierung und Vertretern der von der bekämpften Vereinigung betroffenen Gemeinden statt, in welchen die Vereinigung konkret diskutiert wurde. Zudem nahm die antragstellende Gemeinde mehrere Gelegenheiten zur Erstattung schriftlicher Stellungnahmen in Anspruch, so beispielsweise am und am .
Selbst wenn das StGsrG ohne vorangegangene Grundlagenforschung oder ohne Begründung erlassen worden wäre, begründete dies noch keine Unsachlichkeit des Gesetzes, solange die mit diesem Gesetz erfolgte Vereinigung der Gemeinden im Ergebnis sachlich gerechtfertigt ist (vgl. , V46/2014).
2.6.8. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Landesgesetzgeber begründet annehmen konnte, dass durch die bekämpfte Gemeindevereinigung insgesamt eine Verbesserung der Gemeindestruktur zu erwarten ist. Der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wurde nicht überschritten.
Daran ändert auch das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde, andere Gemeinden seien nicht miteinander vereinigt worden, nichts, lassen sich daraus doch keine Rückschlüsse auf die Unsachlichkeit der hier bekämpften Vereinigung ziehen (vgl. VfSlg 9668/1983).
2.7. Auch das Bedenken der antragstellenden Gemeinde, dass durch das StGsrG die verfassungsgesetzlich verankerte Institution der Ortsgemeinde "weitgehend aufgehoben" und durch den "Regelfall der 'Großgemeinde'" ersetzt werde, geht ins Leere: Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, dass sich der Landesgesetzgeber mit der bekämpften Vereinigung im Rahmen des in Art 115 Abs 1 B VG festgelegten Konzepts der Ortsgemeinden bewegt.
2.8. Schließlich ist für den Verfassungsgerichtshof in keiner Weise nachvollziehbar, inwiefern die bekämpfte Vereinigung einen – auch von der antragstellenden Gemeinde nicht näher präzisierten – Eingriff in die verfassungsgesetzlichen Wahlgrundsätze gemäß Art 117 Abs 2 B VG darstellen soll.
2.9. Die von der antragstellenden Gemeinde vorgebrachten Bedenken haben sich nicht als zutreffend erwiesen.
2.10. Auf das gegen die in § 8 Abs 4 Stmk. GemO angeordnete Rechtsnachfolge im Falle einer Gemeindevereinigung vorgebrachte Bedenken ist nicht einzugehen, weil es sich, wie die Stmk. Landesregierung zu Recht darlegt, nicht gegen die bekämpfte Bestimmung des StGsrG richtet.
IV. Ergebnis
6. Der Antrag ist daher, soweit die Aufhebung des StGsrG zur Gänze begehrt wird, als unzulässig zurückzuweisen.
Im Übrigen ist der Antrag als unbegründet abzuweisen.
7. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2014:G101.2014