VfGH vom 16.06.2010, g10/10
Sammlungsnummer
19106
Leitsatz
Verfassungswidrigkeit der Ermächtigung des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003 zur unterschiedlichen Festsetzung der Aufenthaltsabgabe nach Art der Unterkünfte; keine gesetzlichen Kriterien für eine Staffelung; Gleichheitswidrigkeit der abweichenden Regelung für Nächtigungen in Freizeitwohnsitzen; Gesetzwidrigkeit einer Aufenthaltsabgabeverordnung nach Wegfall der gesetzlichen Grundlage
Spruch
I. 1. Die Wortfolge "und nach der Art der Unterkünfte" im
2. Satz des § 6 Abs 2 sowie der 4. Satz des § 6 Abs 6 des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003, LGBl. Nr. 85, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
4. Der Landeshauptmann von Tirol ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.
II. 1. Die Verordnung der Tiroler Landesregierung vom über die Festsetzung der Aufenthaltsabgabe im Gebiet des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen - Brixental, ZIIc-17/4405/11, kundgemacht im Boten für Tirol vom , Stück 52, Nummer 1775, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
3. Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B2075/08 eine auf
Art144 B-VG gestützte Beschwerde gegen einen Bescheid der Berufungskommission nach § 38 des Tiroler Tourismusgesetzes 2006 anhängig, mit dem dem Beschwerdeführer hinsichtlich eines Freizeitwohnsitzes in Brixen im Thale für das Jahr 2006 eine Aufenthaltsabgabe in Form eines Freizeitwohnsitzpauschales vorgeschrieben wurde. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf das Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003, LGBl. 85, insbesondere auf dessen §§3, 5 bis 7 und 10, und die auf Grundlage dieses Gesetzes erlassene Verordnung der Tiroler Landesregierung vom über die Festsetzung der Aufenthaltsabgabe im Gebiet des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen - Brixental, ZIIc-17/4405/11, kundgemacht im Boten für Tirol vom , Stück 52, Nummer 1775.
2. Die dagegen gerichtete Beschwerde behauptet die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und einer gesetzwidrigen Verordnung sowie die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums. Nach Auffassung des Beschwerdeführers verstößt § 6 Abs 6 des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003 gegen das verfassungsrechtliche Sachlichkeitsgebot, weil es jeglicher Lebenserfahrung widerspreche, wenn die dort geregelte Berechnungsweise für das Freizeitwohnsitzpauschale bei einer Wohnnutzfläche von über 100 m2 auf eine jährliche Nächtigungszahl von 360 abstellt. Der in der angewendeten Verordnung festgelegte Satz von € 1,75 je Nächtigung für Freizeitwohnsitze sei gesetzwidrig. Dieser Satz liege zwar innerhalb der gesetzlichen Grenze gemäß § 6 Abs 1 und 2 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003, für die Erfüllung der Aufgaben des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen - Brixental sei jedoch eine Aufenthaltsabgabe von € 1,75 je Nächtigung nicht erforderlich. Darüber hinaus sei die Differenzierung zwischen dem Abgabensatz von € 1,75 je Nächtigung für Freizeitwohnsitze und jenem von € 1,- für Nächtigungen in sonstigen Unterkunftsstätten unsachlich. Schließlich sei die Verordnung, mit der die Aufenthaltsabgabe für das Gebiet des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen - Brixental festgesetzt wurde, gesetzwidrig erlassen worden, weil es die Landesregierung entgegen § 6 Abs 3 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 verabsäumt habe, vor Verordnungserlassung die "betreffende(n) Gemeinde(n)" zu hören. Es gehe bereits aus der Promulgationsklausel der Verordnung hervor, dass lediglich die Gemeinden Brixen im Thale und Westendorf gehört wurden, nicht aber die - ebenfalls im Gebiet des betreffenden Tourismusverbandes gelegene - Gemeinde Kirchberg.
3. Bei der Behandlung dieser Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 und der Verordnung, mit der die Aufenthaltsabgabe für das Gebiet des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen - Brixental festgesetzt wurde, entstanden. Diese Bedenken veranlassten den Verfassungsgerichtshof, die im Spruch genannten Rechtsvorschriften mit Beschluss vom gemäß Art 139 Abs 1 und Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen in Prüfung zu ziehen.
4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003, LGBl. 85, lauten auszugsweise (die in Prüfung gezogenen Wortfolgen sind hervorgehoben):
"§1
Zweck und Art der Abgabe
(1) Zur Förderung des Tourismus in Tirol wird eine Aufenthaltsabgabe erhoben.
(2) Die Aufenthaltsabgabe - in der Folge kurz 'Abgabe' genannt - ist eine ausschließliche Landesabgabe.
§2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes ist/sind:
a) 'Tourismus' die Gesamtheit der Vorgänge und Wirkungen, die sich aus dem Aufenthalt von Gästen in Tirol ergeben;
b) ...
c) ...
d) 'Beherbergungsbetriebe' Unterkünfte, die unter der Leitung oder Aufsicht des Unterkunftgebers oder eines von diesem Beauftragten stehen und der entgeltlichen oder unentgeltlichen Nächtigung von wechselnden Gästen dienen; ...
e) 'Freizeitwohnsitze' Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden;
f) ...
g)'Freizeitwohnsitzpauschale' die vom Verfügungsberechtigten eines Freizeitwohnsitzes für seine Nächtigungen und für die Nächtigungen seiner Angehörigen zu entrichtende Abgabe;
h)...
i) 'Angehörige' der Ehegatte bzw. Lebensgefährte, die Verwandten oder Verschwägerten in auf- oder absteigender Linie und die Geschwisterkinder des über einen Freizeitwohnsitz oder eine mobile Unterkunft Verfügungsberechtigten oder Personen, die mit diesem noch näher verwandt oder im gleichen Grad verschwägert sind;
...
§3
Abgabepflicht
(1) Abgabepflichtig sind alle Nächtigungen im Rahmen des Tourismus
a) in Beherbergungsbetrieben und
b) in Freizeitwohnsitzen, die nicht oder nicht nur wechselnden Gästen überlassen werden,
soweit im § 4 Abs 1 nichts anderes bestimmt ist.
(2) ...
...
§6
Höhe der Abgabe
(1) Die Abgabe für Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben beträgt 55 Cent je Person und Nächtigung.
(2) Die Landesregierung hat durch Verordnung für das Gebiet eines Tourismusverbandes die Abgabe höchstens mit zwei Euro festzusetzen, sofern dies zur Erfüllung der Aufgaben des Tourismusverbandes erforderlich ist. Die Abgabe kann auch nach Winter- und Sommersaisonen, nach Gebietsteilen und nach der Art der Unterkünfte unterschiedlich festgesetzt werden (Staffelung). Eine Staffelung nach Gebietsteilen ist nur dann zulässig, wenn die dem Tourismus dienenden Vorhaben und Einrichtungen nicht allen im Gebiet des Tourismusverbandes nächtigenden Personen unter annähernd gleichen Bedingungen zugute kommen.
(3) Vor jeder Festsetzung der Abgabe sind die betreffende(n) Gemeinde(n) und, sofern die Festsetzung der Abgabe nicht auf eine Anregung eines Tourismusverbandes zurückgeht, der berührte Tourismusverband zu hören. Für die Abgabe einer Äußerung ist eine angemessene, vier Wochen nicht übersteigende Frist festzusetzen.
(4) Verordnungen der Landesregierung über die Festsetzung der Abgabe sind im Boten für Tirol kundzumachen. Das In-Kraft-Treten einer solchen Verordnung ist mit einem Monatsersten festzulegen.
(5) Eine Verordnung nach Abs 2 kann zugleich mit einer Verordnung nach den §§1 Abs 2 oder 3 Abs 1 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991, LGBl. Nr. 24, in der jeweils geltenden Fassung erlassen werden.
(6) Die Höhe des Freizeitwohnsitzpauschales ergibt sich aus der Vervielfachung der im Gebiet des Tourismusverbandes am 1. Mai eines jeden Jahres zu entrichtenden Abgabe mit der Nächtigungszahl. Die Nächtigungszahl beträgt bei einer Wohnnutzfläche bis zu 30 m² 120, bis zu 100 m² 240 und darüber 360. Bei einer Staffelung der Abgabe nach Gebietsteilen ist jener Betrag heranzuziehen, der für die Nächtigung in dem Gebietsteil, in dem der Freizeitwohnsitz liegt, zu entrichten ist. Bei einer Staffelung der Abgabe nach der Art der Unterkünfte ist der höchste Betrag heranzuziehen, sofern nicht die Abgabe für Nächtigungen in Freizeitwohnsitzen gesondert festgesetzt wurde. Die Verpflichtung des über einen Freizeitwohnsitz Verfügungsberechtigten zur Abfuhr der von anderen Personen als seinen Angehörigen für Nächtigungen im Freizeitwohnsitz zu entrichtenden Abgaben wird durch das Freizeitwohnsitzpauschale nicht berührt. Das Freizeitwohnsitzpauschale vermindert sich jeweils um die Hälfte jenes Betrages, der von den anderen Personen im vorangegangenen Jahr als Abgabe entrichtet worden ist, höchstens jedoch auf ein Viertel ..."
5. Die in Prüfung gezogene Verordnung der Landesregierung vom über die Festsetzung der Aufenthaltsabgabe im Gebiet des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen - Brixental, Bote für Tirol vom , Stück 52, Nr. 1775/2005, hat folgenden Wortlaut:
"Aufgrund des § 6 Abs 2 bis 5 des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003, LGBl. Nr. 85, wird nach Anhören der Gemeinden Brixen im Thale und Westendorf verordnet:
§1
Für das Gebiet des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen - Brixental wird die Aufenthaltsabgabe je Nächtigung
1) in Freizeitwohnsitzen mit € 1,75,
2) in allen übrigen Unterkunftsstätten mit € 1,- festgesetzt.
§ 2
(1) Diese Verordnung tritt mit in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten die Verordnungen der Landesregierung Bote für Tirol Nr. 326/2002, 1516/2003 und 1517/2003 außer Kraft.
[Fertigungsklausel]"
6. Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass die Beschwerde zulässig ist, die belangte Behörde sich bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides (u.a.) auf die Bestimmung des § 6 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 sowie auf § 1 Z 1 der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , Bote für Tirol Nr. 1775/2005, gestützt hat und auch der Verfassungsgerichtshof diese Vorschriften im verfassungsgerichtlichen Bescheidprüfungsverfahren anzuwenden hätte.
7. In der Sache hegte der Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Rechtmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Vorschriften und legte diese Bedenken im Einzelnen wie folgt dar:
"§6 Abs 2 leg.cit. ermächtigt die Landesregierung als verordnungserlassende Behörde, die Aufenthaltsabgabe u.a. nach Gebietsteilen und nach der Art der Unterkünfte unterschiedlich festzusetzen (Staffelung). Während das Gesetz die Voraussetzungen für eine Staffelung nach Gebietsteilen im letzten Satz des § 6 Abs 2 genauer umschreibt, scheint es keinen Anhaltspunkt zur Frage zu enthalten, nach welchen Kriterien und unter welchen Voraussetzungen eine Staffelung nach der Art der Unterkünfte festgesetzt werden darf. Ein Blick in die Vorgängerregelungen führt zu dem Ergebnis, dass seinerzeit eine Staffelung nach dem 'Rang der Fremdenbeherbergungsstätten' zulässig war (§15 Abs 1 Landesfremdenverkehrsgesetz, LGBl. 23/1949; im Gesetz selbst war ein höherer Aufenthaltsbeitrag für 'Hotels ersten Ranges' vorgesehen). Eine solche Staffelung ist dem gegenwärtigen Gesetzestext jedoch nicht zu entnehmen. Anders als bei der Staffelung nach Gebietsteilen wird auch nicht auf die dem Tourismus dienenden Vorhaben und Einrichtungen abgestellt, wobei anscheinend auch völlig offen wäre, in welcher Weise dieser Gesichtspunkt bei der Staffelung nach Art der Unterkunft berücksichtigt werden sollte. Geht man nämlich - in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Tiroler Landesregierung - davon aus, dass bei Nächtigungen in gut eingerichteten Beherbergungsbetrieben von den Gästen in erster Linie die betriebliche Infrastruktur und nicht die allgemeinen touristischen Einrichtungen des Ortes genutzt werden, müsste anscheinend die Aufenthaltsabgabe für Nächtigungen in einfachen Privatzimmern wesentlich höher sein als bei Nächtigungen in gut ausgestatteten Hotels, eine Konsequenz, die im Widerspruch zur historischen Wurzel dieser Staffelung stehen dürfte.
Da die Kriterien für eine Staffelung der Abgabe nach Art der Unterkunft dem Gesetz anscheinend nicht entnommen werden können und die Interpretation der Rechtslage widersprüchliche Ergebnisse ergibt, kann der Verfassungsgerichtshof vorderhand auch nicht erkennen, dass es unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes sachlich gerechtfertigt sein könnte, die Abgabe für Nächtigungen in Freizeitwohnsitzen abweichend von derjenigen in Beherbergungsbetrieben anzusetzen bzw. im Fall der Staffelung jedenfalls den höchsten Betrag heranzuziehen (§6 Abs 6, 4. Satz leg.cit.).
3. Unabhängig davon sind gegen die in Prüfung gezogene Verordnung folgende Bedenken entstanden:
3.1. Die Verordnung verlöre im Fall der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmung des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003 ihre gesetzliche Grundlage und erwiese sich damit als gesetzwidrig.
3.2. Weiters hat der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die Verordnung nicht gesetzmäßig zustande gekommen sein dürfte:
Es ist im bisherigen Verfahren unbestritten geblieben, dass die Gemeinde Kirchberg entgegen der Vorschrift des § 6 Abs 6 Tiroler Aufenthaltsgesetz 2003 im Verordnungserlassungsverfahren nicht gehört wurde. Zur Verteidigung der Rechtmäßigkeit dieser Vorgangsweise beruft sich die Landesregierung allerdings darauf, dass die Aufenthaltsabgabe für Freizeitwohnsitze im Gebiet der Gemeinde Kirchberg schon nach der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom über die Festsetzung der Aufenthaltsabgabe im Gebiet des Tourismusverbandes Kirchberg, Bote für Tirol Nr. 1516/2003, im Ausmaß von € 1,75 festgelegt war. Es sei daher für das Gemeindegebiet der Gemeinde Kirchberg keine Änderung eingetreten, so dass auf eine Anhörung dieser Gemeinde verzichtet werden konnte.
Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, dass dieser Umstand an dem Bedenken nichts zu ändern vermag. Der Zweck von gesetzlichen Anhörungspflichten für Verordnungserlassungsverfahren ist es, in die Grundlage der Entscheidung des Verordnungsgebers einerseits die Artikulation bestimmter Interessen und andererseits ein vollständiges Bild über die Tatsachenlage einfließen zu lassen. Aus der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes ergibt sich, dass der Verordnungsgeber die Äußerung der anzuhörenden Stelle(n) nicht vorwegnehmen darf. Nach dieser Rechtsprechung konnte etwa der Umstand, dass die neu zu erlassende Verordnung mit ihrer Vorgängerregelung inhaltsgleich war (VfSlg. 15.297/1998) oder nur geringfügige Änderungen vorsah (VfSlg. 15.469/1999) oder dass die anzuhörende Stelle zur Vorgängerregelung eine zustimmende Äußerung abgegeben hatte (VfSlg. 14.053/1995) oder dass die verordnungserlassende Behörde aus informellen Quellen vom Interesse der anzuhörenden Stelle wusste bzw. zu wissen glaubte (VfSlg. 14.140/1995), von der formellen Einhaltung der Anhörungspflichten nicht entbinden. Die verordnungserlassende Behörde kann sich daher nicht darauf berufen, dass die Interessenlage der anzuhörenden Stelle nicht beeinträchtigt wäre oder von ihr keine relevanten Tatsachen vorgebracht würden. Der Sinn von Anhörungspflichten als formalisiertes Mittel zur Schaffung der Entscheidungsgrundlage des Verordnungsgebers hat auch zur Folge, dass die im Anhörungsverfahren einzuhaltende Pflicht vor dem Zeitpunkt der Verordnungserlassung erfüllt werden muss und nicht durch Einholung von Stellungnahmen nach bereits erfolgter Verordnungserlassung, etwa erst im Stadium eines Verordnungsprüfungsverfahrens, saniert werden kann (VfSlg. 15.643/1999, 16.805/2003, 18.118/2007).
Bereits nach den soeben dargestellten Grundsätzen dürfte es daher ohne Bedeutung sein, dass im Gemeindegebiet der Gemeinde Kirchberg bereits früher die gleichen Sätze für die Aufenthaltsabgabe gegolten haben. Dazu kommt, dass die Vorgängerregelung der in Prüfung gezogenen Verordnung einen anderen Tourismusverband als jenen betraf, für dessen Gebiet nunmehr Aufenthaltsabgaben erhoben werden. Es ist nicht auszuschließen, dass die Zusammenlegung der Tourismusverbände Auswirkungen auf die erforderliche Höhe der Aufenthaltsabgabe insgesamt oder auch nur im Gebiet der Gemeinde Kirchberg gehabt hätte. Weiters ist nicht auszuschließen, dass die Gemeinde Kirchberg ungeachtet der früheren Rechtslage im Hinblick auf die Neuregelung allenfalls auch ein Interesse an einem niedrigeren, einem höheren oder auch an einem differenzierten Abgabensatz gehabt haben könnte.
3.3. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die in Prüfung gezogene Verordnung Bedenken auch im Hinblick auf die Differenzierung der Abgabensätze:
Die Verordnung legt einen unterschiedlichen Abgabensatz für Nächtigungen in 'Freizeitwohnsitzen' einerseits (diesbezüglich gilt der mit der Nächtigungszahl zu multiplizierende Satz von € 1,75) und für Nächtigungen in 'allen übrigen Unterkunftsstätten' andererseits fest (€ 1,-).
Selbst wenn man - entgegen den oben dargelegten Bedenken - den Begriff 'Art der Unterkünfte' für hinreichend bestimmt erachtet, bezweifelt der Verfassungsgerichtshof vorderhand, ob allein der Umstand, dass eine Unterkunft ein 'Freizeitwohnsitz' ist, vom Verordnungsgeber als Merkmal einer 'Staffelung' nach der 'Art der Unterkunft' herangezogen werden darf. Der Gesetzgeber dürfte nämlich mit der Zugehörigkeit einer Unterkunft zur Kategorie 'Freizeitwohnsitz' bloß die Konsequenz verbinden, dass die Abgabe (aus Vereinfachungsgründen) im Weg einer Pauschalierung bemessen wird, bei der auf eine angenommene Nächtigungszahl zurückgegriffen wird. Diese durchschnittliche Nächtigungszahl soll nach dem Sinn der Regelung ein pauschalierendes Äquivalent zur tatsächlichen Nächtigungszahl in Beherbergungsbetrieben darstellen. Im Gesetz dürfte somit der Grundsatz verankert sein, dass alle Nächtigungen, soweit sich die Unterkunftsart nur dadurch unterscheidet, dass sie entweder Freizeitwohnsitz oder Beherbergungsbetrieb ist, als gleichwertig anzusehen sind. Für diese Beurteilung dürften auch die folgenden Überlegungen sprechen:
Die Möglichkeit der 'Staffelung' des pro Nächtigung zu entrichtenden Abgabensatzes bestand bereits in den Regelungen, die als historische Vorläufer des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003 anzusehen sind, so etwa im Landesfremdenverkehrsgesetz, LGBl. 23/1949, und dem - nachfolgenden - Aufenthaltsabgabegesetz, LGBl. 9/1961. Diese Gesetze kannten aber noch keine Steuerpflicht für Freizeitwohnsitze. Die Staffelungsregelung sollte somit stets zu einer Kategorisierung innerhalb der (übrigen) Beherbergungsstätten führen. Diese früheren Fassungen formulierten die Möglichkeit einer Abstufung mit den Worten: 'Rang der Fremdenbeherbergungsstätte' (1949), 'Ausstattung der Beherbergungsstätte' (1961), 'Ausstattung der Unterkunftsstätten' (1976), beziehungsweise 'Art der Unterkunftsstätte' (1991). Auch die im Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 geltende Wendung 'Art der Unterkunft' dürfte in diesem Sinn zu verstehen sein.
Die pauschale Besteuerung von Nächtigungen in Freizeitwohnsitzen (Ferienwohnungen) fand erst 1976 Eingang in das Gesetz (Aufenthaltsabgabegesetz 1976, LGBl. 23). Die Einbeziehung von Freizeitwohnsitzen (Ferienwohnungen) in die Steuerpflicht dürfte aber nichts am oben dargestellten Umstand geändert haben, dass der Gesetzgeber mit der Staffelungsregelung eine Staffelung innerhalb der Beherbergungsbetriebe gemeint hat.
Erst seit diesem Zeitpunkt besteht daher auch das Erfordernis für eine Regelung darüber, welchem Abgabensatz Freizeitwohnsitze (damals: Ferienwohnungen) im Fall einer Staffelung unterliegen sollen:
In der Fassung des Aufenthaltsabgabegesetzes 1976, LGBl. 23, fand sich diese Regelung in (dem insgesamt auf Ferienwohnungen bezogenen) Abs 5 des § 5 und lautete: 'Wurde die Abgabe gestaffelt (Abs2), so gilt für die Ermittlung des Pauschales die jeweils für den betreffenden Gebietsteil für Privatunterkünfte festgesetzte niedrigste Abgabe'. In der Fassung des Aufenthaltsabgabegesetzes 1991 lautete die Regelung: 'Bei einer Staffelung der Aufenthaltsabgabe nach der Art der Unterkunftsstätten ist der höchste Betrag heranzuziehen, sofern nicht die Aufenthaltsabgabe für Nächtigungen in Ferienwohnungen gesondert festgesetzt wurde'. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führten dazu aus: 'Bei einer Staffelung nach Art der Unterkunftsstätten kann die Aufenthaltsabgabe auch für die Nächtigung[en] in Ferienwohnung[en] gesondert festgesetzt werden'.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung dürfte § 6 Abs 6 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 aber so zu verstehen sein, dass diese (auf Freizeitwohnsitze bezogene) Bestimmung überhaupt nur dann zur Anwendung kommt, wenn eine Staffelung innerhalb der sonstigen Unterkünfte besteht. Nur für diesen Fall soll anscheinend die Rechtsfolge des zitierten Satzes eintreten, dass für Freizeitwohnsitze der 'höchste Satz' heranzuziehen ist; dies dürfte daraus folgen, dass mit dem 'höchsten Satz' nur einer der Abgabensätze aus dieser Staffelung gemeint sein kann und die Regelung keinen Sinn ergäbe, wenn sie nicht auf eine Staffelung innerhalb der übrigen Unterkünfte Bezug nähme.
Eine solche Staffelung hat der Verordnungsgeber im vorliegenden Fall aber nicht vorgesehen.
Bedenken gegen die Verordnung ergeben sich schließlich auf Grund folgender Erwägungen:
Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung betont, dass zwischen den auf Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben erhobenen Abgaben und Abgaben auf Nächtigungen in Ferienwohnungen ein innerer Zusammenhang besteht, der es erfordert, im Rahmen von Fremdenverkehrsabgaben eine angemessene Relation zwischen der Besteuerung der Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben und jener in Ferienwohnungen einzuhalten (vgl. zB VfSlg. 15.973/2000, S 506). Der Gerichtshof bezweifelt vorderhand, dass diese Relation im vorliegenden Fall eingehalten ist, wenn die Abgabe von Nächtigungen in Ferienwohnungen generell um 75 % höher festgesetzt wird als diejenige in Beherbergungsbetrieben (welcher Art auch immer), da ihm - jedenfalls vorderhand - nicht erkennbar ist, welche (im Rahmen einer Aufenthaltsabgabe verwirklichbaren) Gesichtspunkte eine derartige Differenzierung rechtfertigen könnten."
8. Die Tiroler Landeregierung erstattete im Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren fristgerecht eine Äußerung. Sie bestätigt, dass die in Prüfung gezogenen Vorschriften im Beschwerdeverfahren präjudiziell sind und dass dem Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren auch sonst keine Prozesshindernisse entgegenstehen. Sie tritt den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes jedoch in der Sache entgegen und beantragt mit näherer Begründung, der Verfassungsgerichtshof wolle die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig bzw. als gesetzwidrig aufheben. Für den Fall einer Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen beantragt die Tiroler Landesregierung, der Verfassungsgerichtshof wolle für das Außer-Kraft-Treten gemäß Art 140 Abs 5 bzw. Art 139 Abs 5 B-VG eine Frist v on einem Jahr setzen, um die erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.
Im Einzelnen tritt die Tiroler Landesregierung den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegen:
"1. Zur Staffelung nach der Art der Unterkünfte:
Laut dem vorliegenden Prüfungsbeschluss geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass das Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 hinsichtlich der im § 6 Abs 2 vorgesehenen Staffelung der Aufenthaltsabgabe nach der Art der Unterkünfte keine Anhaltspunkte zur Frage enthält, nach welchen Kriterien und unter welchen Voraussetzungen eine solche Staffelung festgesetzt werden darf.
Es trifft zwar zu, dass das Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 die Voraussetzungen für die Staffelung nach Gebietsteilen im § 6 Abs 2 letzter Satz besonders regelt, allerdings überlässt das Gesetz auch eine Staffelung nach der Art der Unterkünfte nicht dem freien Ermessen der Behörde. Die Erlassung einer Verordnung nach § 6 Abs 2 des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003 steht vielmehr unter dem Vorbehalt, dass 'dies zur Erfüllung der Aufgabe des Tourismusverbandes erforderlich ist.' Diese Bestimmung muss - mangels gegenteiliger Anordnung - auch auf die im zweiten Satz der genannten Bestimmung vorgesehene Staffelung nach der Art der Unterkünfte bezogen werden. Damit ist eine solche Staffelung aber nicht dem völlig freien Ermessen der Tiroler Landesregierung überlassen. Dieser wird zwar vom Gesetzgeber ein gewisser Gestaltungsspielraum eingeräumt, durch die einzuhaltende Prämisse der Erforderlichkeit geht dieser Spielraum aber nicht über das aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes einzuhaltende Maß hinaus. Der Gesetzgeber gibt ein Ziel vor und regelt mit hinreichender Deutlichkeit die dem Verordnungsgeber offen stehenden Maßnahmen, dieses Ziel zu erreichen.
Dass sich der Verordnungsgeber dabei von sachlichen Erwägungen leiten lassen muss, ergibt sich schon aus dem Gleichheitsgrundsatz, wird aber zusätzlich auch noch durch die Verpflichtung des Abs 3 leg.cit. angedeutet, wonach vor der Verordnungserlassung gewisse Anhörungsrechte zu wahren sind - auch wenn freilich keine Verpflichtung besteht, entsprechend dieser Anhörung zu handeln.
Eine solche Anhörungspflicht macht auch deutlich, dass die Kriterien, die letztlich zur Staffelung der Aufenthaltsabgabe nach der Art der Unterkünfte führen, variieren können und nicht vorab allgemein entschieden werden kann, wie eine solche Staffelung vorzunehmen ist. Historisch betrachtet mag ursprünglich eine Staffelung streng nach der jeweiligen Kategorie der Unterkunft beabsichtigt gewesen sein. Da das Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 dies aber gerade nicht mehr ausdrücklich normiert, kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er dies auch für die Zukunft festschreiben wollte. Vielmehr scheint der Gesetzgeber der Tiroler Landesregierung nunmehr ermöglicht zu haben, mehrere Gesichtspunkte bei einer Staffelung der Aufenthaltsabgabe durch Verordnung berücksichtigen zu können. Insofern scheint aber auch grundsätzlich unbedenklich, dass sich die Tiroler Landesregierung bei Erlassung der vorliegenden Verordnung weniger am Rang der Unterkunft sondern mehr daran orientiert hat, in welchem Umfang allgemeine touristische Einrichtungen des Ortes durch den jeweiligen Abgabepflichtigen genutzt werden. In diese Richtung geht auch die Bestimmung des vierten Satzes des § 6 Abs 4, wonach bei der Berechnung der Höhe des Freizeitwohnsitzpauschales der bei einer Staffelung der Abgabe am höchsten festgelegte Betrag heranzuziehen ist, sofern nicht die Abgabe für Nächtigungen in Freizeitwohnsitzen gesondert festgesetzt wurde. Auch dadurch wird angedeutet, dass nach dem Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 bei einer Staffelung nach der Art der Unterkünfte primär die - von Freizeitwohnsitzeigentümern häufiger in Anspruch genommene - Nutzung touristischer Infrastruktur abgegolten werden soll. Wie der Verfassungsgerichtshof aufzeigt, war laut dem Aufenthaltsabgabegesetz 1976, LGBl. 23, für die Ermittlung des Freizeitwohnsitzpauschales noch die niedrigste für Privatunterkünfte festgesetzte Abgabe heranzuziehen. Indem nunmehr auf den höchsten festgesetzten Betrag abgestellt wird, wollte der Gesetzgeber offenkundig einen Paradigmenwechsel vornehmen und ist diese Bestimmung daher auch nicht mehr nach ihrer historischen Wurzel zu beurteilen. Hätte der Gesetzgeber die ursprüngliche Regelung beibehalten wollen, hätte er im Aufenthaltsgesetz 1991 diese Bestimmung wohl auch nicht um den bereits erwähnten Halbsatz 'sofern nicht die Abgabe für Nächtigungen in Freizeitwohnsitzen gesondert festgesetzt wurde' ergänzt.
Insgesamt scheinen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003 aus der Sicht der Tiroler Landesregierung jedenfalls ausreichend bestimmt, einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich und daher nicht verfassungswidrig.
Ob die auf dieser Rechtsgrundlage verordnete Staffelung letztlich - wie vom Gesetz verlangt - zur Erfüllung der Aufgaben des jeweiligen Tourismusverbandes erforderlich ist, ist einer Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof zugänglich.
2. Zur Verordnung über die Festsetzung der Aufenthaltsabgabe im Gebiet des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen - Brixental:
a) Entsprechend der obigen Ausführungen beruht diese Verordnung auf einer verfassungskonformen, nicht aufzuhebenden gesetzlichen Grundlage und erweist sich daher nicht bereits aus diesem Grund als gesetzwidrig.
b) Aber auch das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, dass diese Verordnung wegen des Verzichts auf das gesetzlich gebotene Anhörungsrecht der Gemeinde Kirchberg nicht gesetzmäßig zustande gekommen und daher aufzuheben sei, wird seitens der Tiroler Landesregierung nicht geteilt. Diesbezüglich wird auf die unter Pkt. 3. c) getroffenen Ausführungen in der - aufgrund der Verfügung des Verfassungsgerichtshofes vom zu Zl. B2075/08-2 erstatteten - Äußerung der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Präs.II-834/660, verwiesen, wonach die Gemeinde Kirchberg von der gegenständlichen Verordnung gar nicht betroffen war, weil durch diese Verordnung die Aufenthaltsabgabe nicht neu festgesetzt wurde. Eine solche Auslegung scheint möglich, da das Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 - anders etwa als in den vom Verfassungsgerichtshof zitierten Verfahren zu VfSlg. 14.053/1995, 15.297/1998 und 15.469/1999 - keine Verpflichtung normiert, vor 'Erlassung einer Verordnung' gewisse Anhörungsrechte zu wahren, sondern vor 'jeder Festsetzung der Abgabe'. Hinsichtlich des die Gemeinde Kirchberg betreffenden Gebietes war die Abgabe aber bereits in der entsprechenden Höhe festgesetzt.
c) Anders als der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss geht die Tiroler Landesregierung weiters nicht davon aus, dass eine gesonderte Festsetzung der Abgabe für Freizeitwohnsitze nur dann zulässig ist, wenn generell eine Staffelung der Abgabe nach der Art der Unterkünfte erfolgte.
§ 6 Abs 2 des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003 erlaubt nämlich ganz allgemein und ausdrücklich, dass die Abgabe auch 'nach der Art der Unterkünfte unterschiedlich festgesetzt werden' kann. Dass Beherbergungsbetriebe und Freizeitwohnsitze unterschiedliche Arten der Unterkünfte darstellen, ist offenkundig, ergibt sich aber auch konkludent aus § 3 Abs 1 leg.cit., wonach alle Nächtigungen im Rahmen des Tourismus in Beherbergungsbetrieben und in Freizeitwohnsitzen abgabepflichtig sind. Eine Einschränkung, dass nur zwischen bestimmten Unterkunftsarten differenziert werden darf, findet sich im Gesetz nicht. Insofern muss auch eine Differenzierung zwischen Freizeitwohnsitzen und anderen Unterkunftsarten möglich sein. Der Halbsatz 'sofern nicht die Abgabe für Nächtigungen in Freizeitwohnsitzen gesondert festgesetzt wurde' im vierten Satz des § 6 Abs 6 leg.cit. unterstreicht dies. Aufgrund der speziellen Bezugnahme auf Freizeitwohnsitze im Zusammenhang mit der Staffelung der Abgabe ist nicht erkennbar, woraus abgeleitet wird, dass der Gesetzgeber mit der Kategorie 'Freizeitwohnsitz' einzig die Konsequenz verbunden haben soll, dass die Abgabe im Wege einer Pauschalierung bemessen wird und warum eine gesonderte Festsetzung der Abgabenhöhe bei Freizeitwohnsitzen nur dann zur Anwendung gelangen soll, wenn eine Staffelung innerhalb der sonstigen Unterkünfte besteht. Eine gesonderte Festsetzung der Abgabenhöhe für Freizeitwohnsitze kann schließlich auch unabhängig davon Sinn machen, ob eine Staffelung innerhalb der übrigen Unterkünfte vorgenommen wurde. Es obliegt dem Verordnungsgeber zu entscheiden, welche Kriterien er im Hinblick auf die Erfüllung der Aufgaben des Tourismusverbandes und aufgrund der Gegebenheiten im jeweiligen Tourismusverband für berücksichtigungswürdig hält und zwischen welchen Unterkunftskategorien daher zu unterscheiden ist. In diesem Sinn finden sich in den einzelnen Verordnungen über die Festsetzung der Aufenthaltsabgabe in den Gebieten der Tourismusverbände auch die verschiedensten Staffelungen nach der Art der Unterkünfte: innerhalb der verschiedenen Kategorien - etwa in Anlehnung an die österreichische Hotelklassifizierung - von Unterkünften, nach gewerblichen und/oder privaten Beherbergungsbetrieben, zwischen Freizeitwohnsitzen und 'allen übrigen Unterkunftsstätten', zwischen Freizeitwohnsitzen, gewerblichen und den übrigen Unterkünften etc.
Zwischen Freizeitwohnsitzen und anderen Unterkünften lassen sich jedenfalls Unterschiede, wie insbesondere etwa die bereits erwähnte unterschiedliche Nutzung von Tourismusinfrastruktur, finden, die auch die Festsetzung einer unterschiedlichen Abgabenhöhe sachlich rechtfertigen können. Aufgrund der Vielzahl der zu berücksichtigenden Umstände ist eine starre Gewichtung dieser Kriterien durch den Gesetzgeber nicht möglich bzw. sinnvoll und ist über diese Festsetzung daher jeweils im Einzelfall zu entscheiden. Es ist jedenfalls nicht zwingend geboten und auch weder dem Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 noch den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage hierzu zu entnehmen, dass sich der Verordnungsgeber an den historisch und ursprünglich vorgegebenen Kriterien orientieren und eine Staffelung allein nach der Ausstattung der jeweiligen Unterkunft erfolgen muss.
Insofern geht die Tiroler Landesregierung aber auch nicht davon aus, dass alle Nächtigungen, soweit sich die Unterkunftsart nur dadurch unterscheidet, dass sie entweder Freizeitwohnsitz oder Beherbergungsbetrieb ist, als gleichwertig anzusehen sind.
Dass sich auch aus der Geschichte der Aufenthaltsabgabeneinhebung ein Paradigmenwechsel und die Absicht des Gesetzgebers, ganz bewusst auch eine unterschiedliche Festsetzung der Abgabe für Freizeitwohnsitze und andere Unterkunftsarten ermöglichen zu wollen, ableiten lässt, wurde bereits oben unter Pkt. III.1. dargestellt.
d) Zu den zuletzt vom Verfassungsgerichtshof vorgebrachten Bedenken, wonach die vorliegende Verordnung mangels angemessener Relation zwischen der Höhe der in Beherbergungsbetrieben und der in Freizeitwohnsitzen zu entrichtenden Abgabe gesetzwidrig sei, darf wiederum auf die Ausführungen der Tiroler Landesregierung in ihrer Äußerung vom , Zl. Präs. II-834/660, verwiesen werden, in welche[r] die Sachlichkeit der gegenständlichen Abgabenfestsetzung dargelegt wird."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Das Gesetzes- und das Verordnungsprüfungsverfahren sind zulässig. Die belangte Behörde hatte die in Prüfung gezogene Verordnung anzuwenden. Zwischen den einzelnen Teilen der Verordnung besteht ein untrennbarer Zusammenhang. Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003 sind Bestandteil der gesetzlichen Grundlage der Verordnung und daher vom Verfassungsgerichtshof bei der Beurteilung der Gesetzeskonformität der Verordnung anzuwenden.
2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen das Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 bezogen sich zunächst darauf, dass die Bestimmung des § 6 Abs 2 leg.cit., die die Landesregierung zu einer "unterschiedlichen Festsetzung" (Staffelung) der Aufenthaltsabgabe u.a. nach der Art der Unterkünfte ermächtigt, nicht hinreichend bestimmt sei, weil sie keine Anhaltspunkte dafür biete, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien eine solche Staffelung erfolgen darf. Angesichts dessen konnte der Verfassungsgerichtshof (vorderhand) auch nicht erkennen, dass es unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes sachlich gerechtfertigt sein könnte, die Abgabe für Nächtigungen in Freizeitwohnsitzen abweichend von derjenigen in Beherbergungsbetrieben anzusetzen bzw. im Fall der Staffelung jedenfalls den höchsten Betrag heranzuziehen (§6 Abs 6, 4. Satz leg.cit.).
Die Tiroler Landesregierung hält dem primär entgegen, das Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 überlasse die Staffelung nach der Art der Unterkünfte nicht dem freien Ermessen der Behörde; die Erlassung einer Verordnung nach § 6 Abs 2 leg.cit. stehe vielmehr unter dem Vorbehalt, dass dies zur Erfüllung der Aufgaben des Tourismusverbandes erforderlich ist. Diese Bestimmung müsse - mangels gegenteiliger Anordnung - auch auf die Staffelung nach der Art der Unterkünfte bezogen werden.
Dieses Argument vermag die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes nicht zu zerstreuen. Nach § 6 Abs 2 leg.cit. hat die Landesregierung als verordnungserlassende Behörde bei der Festsetzung des Satzes der Aufenthaltsabgabe, wenn es nicht beim gesetzlich vorgesehenen Mindestsatz bleibt, auf die Erfüllung der Aufgaben des Tourismusverbandes Bedacht zu nehmen. Die Aufgaben des konkreten Tourismusverbandes sind somit immer dann zu berücksichtigen, wenn der Abgabensatz für diesen Tourismusverband abweichend vom Mindestsatz festgesetzt werden soll. Die Tiroler Landesregierung vermag nicht darzutun, inwiefern die - verfassungsrechtlich gewiss unbedenkliche - Bedachtnahme auf die Aufgaben des Tourismusverbandes eine Differenzierung des Abgabensatzes nach Art der Unterkunft rechtfertigen und determinieren kann. Auch bei Berücksichtigung der Aufgaben des konkreten Tourismusverbandes ist nämlich für den Normadressaten weder erkennbar, welche Arten von Unterkünften bei einer solchen Staffelung zu unterscheiden wären, noch vorhersehbar, in welcher Weise die Art seiner Unterkunft die Staffelung des Abgabensatzes bestimmt. Dass auch der Verordnungsgeber die gesetzliche Regelung nicht als Determinante, sondern geradezu als Freibrief verstanden hat, zeigt ein Blick in die auf der Basis des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003 ergangenen Verordnungen: Diese sehen - sofern eine Staffelung nach der Art der Unterkünfte vorgenommen wird - unterschiedliche Gliederungskriterien bei der Art der Unterkünfte und unterschiedliche Abstufungen im Abgabensatz vor, wobei anscheinend ganz verschiedene rechtspolitische Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Landesgesetzgeber - wie die Tiroler Landesregierung vorbringt - von der seinerzeit maßgebenden Staffelung nach dem Rang der Unterkunft abrücken und damit einen "Paradigmenwechsel" vornehmen wollte. Die Gesetzeslage lässt dies jedenfalls nicht erkennen. Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher dabei, dass das Gesetz keinen Anhaltspunkt dafür bietet, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Gesichtspunkten eine Differenzierung "nach Art der Unterkünfte" vorzunehmen ist. Wieso an diesem Befund die nach § 6 Abs 3 leg.cit. bestehenden Anhörungsrechte etwas ändern sollen, ist nicht erkennbar.
Damit haben sich aber auch die Bedenken gegen § 6 Abs 6,
4. Satz leg.cit. bestätigt: Da die Voraussetzungen und Kriterien für eine Staffelung der Abgabe nach Art der Unterkunft dem Gesetz anscheinend nicht entnommen werden können, ist es unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes nicht zu rechtfertigen, die Abgabe für Nächtigungen in Freizeitwohnsitzen abweichend von derjenigen in Beherbergungsbetrieben anzusetzen bzw. im Fall der Staffelung jedenfalls den höchsten Betrag heranzuziehen.
3. Der Verfassungsgerichtshof hält es für zweckmäßig, in diesem Zusammenhang noch auf Folgendes hinzuweisen: Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes bestehen nicht darin, dass es dem Gesetzgeber grundsätzlich verwehrt wäre, bei der Regelung der Aufenthaltsabgabe auf die Art der Unterkunft Bedacht zu nehmen. Er kann daher auch den Verordnungsgeber ermächtigen, dieses Kriterium bei der Festsetzung des Abgabensatzes zu berücksichtigen. Er muss aber zu erkennen geben, welche Gesichtspunkte diese Staffelung leiten sollen. In Erinnerung zu rufen ist in diesem Zusammenhang aber, dass der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Judikatur zum Ausdruck gebracht hat, "dass zwischen den auf Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben erhobenen Abgaben und Abgaben auf (Nächtigungen in) Ferienwohnungen ein innerer Zusammenhang besteht, der es erfordert, im Rahmen von Fremdenverkehrsabgaben eine angemessene Relation zwischen der Besteuerung der Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben und jener in Ferienwohnungen einzuhalten" (VfSlg. 15.973/2000, S 505 mwN). Daraus folgt aber auch, dass eine gesetzliche Regelung, die eine Staffelung nach Art der Unterkunft zulässt, diesen Anforderungen genügen muss.
4. Die Wortfolge "und nach der Art der Unterkünfte" im
2. Satz des § 6 Abs 2 sowie der 4. Satz des § 6 Abs 6 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 sind daher als verfassungswidrig aufzuheben. Damit verliert die in Prüfung gezogene Verordnung ihre gesetzliche Grundlage, so dass sie schon aus diesem Grund als gesetzwidrig aufzuheben ist. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf die weiteren im Prüfungsbeschluss ausgeführten Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnung näher einzugehen.
5. Im Hinblick auf das von der Tiroler Landesregierung aufgezeigte Erfordernis, im Fall der Aufhebung legistische Vorkehrungen zu treffen, sieht sich der Verfassungsgerichtshof veranlasst, für das Außer-Kraft-Treten sowohl der aufgehobenen Gesetzesstellen als auch der aufgehobenen Verordnung eine Frist bis zum Ablauf des einzuräumen (Art139 Abs 5 dritter Satz, Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG).
6. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz
7. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes und der Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG, § 64 Abs 2 VfGG und § 2 Abs 1 liti Tiroler Landes-Verlautbarungsgesetz beziehungsweise aus Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG, § 60 Abs 2 VfGG und § 2 Abs 1 litj Tiroler Landes-Verlautbarungsgesetz.
8. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.