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VfGH vom 17.06.2022, E3024/2021

VfGH vom 17.06.2022, E3024/2021

Leitsatz

Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses im Anlassfall

Spruch

I.Die Beschwerdeführerin ist durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II.Der Bund (Bundesminister für Justiz) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerdeführerin steht als Richterin (Landesgericht Wiener Neustadt) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Bescheid vom wurde die regelmäßige Dienstzeit der Beschwerdeführerin ab auf "50 v.H." herabgesetzt (sogenannte "Teilauslastung"). Mit Bescheid vom wurde diese Teilauslastung antragsgemäß ab dem auf "75 v.H." erhöht. In einem näher bestimmten Zeitraum war die Beschwerdeführerin zur Rufbereitschaft eingeteilt und wurde während dieser Rufbereitschaft zur Dienstverrichtung herangezogen.

Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin die Abrechnung der während der Rufbereitschaft erbrachten Überstundenleistungen durch Erlassung eines Feststellungsbescheides. Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom wurde im Wesentlichen festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in dem in Rede stehenden Zeitraum im Rahmen der Rufbereitschaft insgesamt 10,92 tatsächlich geleistete Überstunden erbracht hat, die auch ausbezahlt wurden.

Mit Erkenntnis vom hat das Bundesverwaltungsgericht der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde der Beschwerdeführerin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung "nicht Folge gegeben" (Spruchpunkt A). Begründend führt das Bundesverwaltungsgericht betreffend den Anspruch der Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, dass §16 Abs4 Gehaltsgesetz 1956 (im Folgenden: GehG) iVm §49 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (im Folgenden: BDG 1979) "analog" anzuwenden sei. Auf Grundlage dieser Bestimmungen stehe der Beschwerdeführerin eine besoldungsrechtliche Abgeltung für ihre zusätzliche Dienstleistung zu. Zum Anspruch der Beschwerdeführerin der Höhe nach führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Beschwerdeführerin für ihre Mehrdienstleistungen, die sie im Rahmen der Rufbereitschaft erbracht habe, nach den genannten Bestimmungen ein Zuschlag iHv 25% zustehe. Die Beschwerdeführerin habe insgesamt 10,92 Stunden an Mehrdienstleistungen erbracht, die entsprechend zur Auszahlung gelangt seien.

2. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt werden.

3. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 Z1 litb B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §16 Abs4 GehG iVm §49 Abs5 BDG 1979 ein. Mit Erkenntnis vom , G379/2021, hob er die Wortfolgen "gemäß §49 Abs4 BDG 1979" sowie "und 2. für Überstunden gemäß §49 Abs5 BDG 1979 25%" in §16 Abs4 GehG als verfassungswidrig auf.

4. Die Beschwerde ist begründet.

Das Bundesverwaltungsgericht hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.

Die Beschwerdeführerin wurde also durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg 10.404/1985).

Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2022:E3024.2021
Schlagworte:
VfGH / Anlassfall, Überstundenvergütung (Dienstrecht)

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Fundstelle(n):
PAAAE-24968