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VfGH vom 11.10.2017, E3016/2017

VfGH vom 11.10.2017, E3016/2017

Leitsatz

Aufhebung des angefochtenen Beschlusses im Anlassfall

Spruch

I.Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Beschluss wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Beschluss wird aufgehoben.

II.Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Sachverhalt und Beschwerde

1.Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz. Das BFA hat diesen Antrag mit Bescheid vom abgewiesen (§3 AsylG), keinen subsidiären Schutz zuerkannt (§8 AsylG), einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (§§57 und 55 AsylG), eine Rückkehrentscheidung erlassen (§52 Abs 2 FPG) und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig ist und eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise gesetzt (§55 Abs 1-3 FPG). Gegen diesen Bescheid erhob der Rechtsvertreter am per Fax Beschwerde. Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass die Beschwerdefrist bereits am geendet habe und die Möglichkeit zur Stellungnahme zur Versäumung der Frist gegeben.

Am brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Beschwerdefrist ein. Er brachte vor, dass die Versäumung der Frist auf einen Übertragungsfehler beim Eintragen der Frist durch die Rechtsberaterin zurückzuführen sei und dass darin ein minderer Grad des Versehens liege.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom hat das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs 1 und 3 VwGVG abgewiesen und die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

2.Dagegen richtet sich die nunmehr beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Leben und Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlung (Art2 und 3 EMRK), des Rechtes auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Art47 GRC, Art 13 EMRK) sowie des Rechtes auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (Art1 ff BVG zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung) rügt.

II.Erwägungen

1.Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1.1.Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G134/2017, die Wortfolge "2,4 und" sowie den zweiten Satz in § 16 Abs 1 BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 24/2016, als verfassungswidrig aufgehoben und gemäß § 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG ausgesprochen, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind.

2.Das Bundesverwaltungsgericht hat bei Erlassung des angefochtenen Beschlusses eine der als verfassungswidrig aufgehobenen Gesetzesbestimmungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Ausspruch, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind, hat auch für den Verfassungsgerichtshof die Wirkung, dass er die betreffenden Bestimmungen nicht mehr anzuwenden hat (vgl. etwa VfSlg 12.954/1991, 15.401/1999; ; , B308/11; , E543/2016).

3.Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Beschluss wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt.

Der Beschluss ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

4.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 3 Z 4 VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 88a Abs 1 iVm § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2017:E3016.2017
Schlagworte:
VfGH / Anlassfall, VfGH / Aufhebung Wirkung

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