VfGH vom 23.02.2017, E2402/2015
Leitsatz
Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses im Anlassfall
Spruch
I.Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II.Das Land Vorarlberg ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 3.117,60 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1.Mit Eingabe vom suchten die Beschwerdeführer um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Geräteschuppens für eine Imkerei auf dem Grundstück Nr 2702 (nunmehr Grundstück Nr 2702/2), GB 90107 St. Gallenkirch, an. Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der Gemeinde St. Gallenkirch dieses Ansuchen gemäß § 28 Abs 3 Vorarlberger Baugesetz ("Vbg. BauG"), LGBl 52/2001, ab. Gegen diese Entscheidung erhoben die Beschwerdeführer Berufung an die Berufungskommission der Gemeinde St. Gallenkirch, welche dieser mit Bescheid vom keine Folge gab und den angefochtenen Bescheid bestätigte.
2.Mit dem vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis vom bestätigte das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg den Bescheid der Berufungskommission der Gemeinde St. Gallenkirch und wies die dagegen erhobene Beschwerde ab. Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hierzu unter anderem aus, die zu bebauende Fläche von Bauwerken betrage nach dem "Bebauungsplan Garfrescha" der Gemeinde St. Gallenkirch vom maximal 80 m2; eine Ausnahme für landwirtschaftliche Gebäude sei in diesem Bebauungsplan nicht enthalten. Hierbei sei zu beachten, dass den Beschwerdeführern mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Gallenkirch vom bereits die Baubewilligung für das Ferienhaus auf dem nunmehrigen Grundstück Nr 2702/2 mit einer überbauten Fläche von 79,5 m2 erteilt worden sei. Mit dieser Bebauung sei die nach dem Bebauungsplan Garfrescha zulässiger Weise bebaubare Fläche konsumiert und damit keine weitere Bebauung mehr möglich. Folglich erweise sich der projektierte Geräteschuppen mit einer überbauten Fläche von 17,28 m2 auch im Hinblick auf den Bebauungsplan als unzulässig.
3.In ihrer auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde machen die Beschwerdeführer mit näherer Begründung die Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplans Garfrescha aus dem Jahr 2014 geltend, dem zufolge Bauwerke maximal eine Fläche von 80 m2 in Anspruch nehmen dürfen.
4.Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg und die Gemeindevertretung der Gemeinde St. Gallenkirch legten die Gerichts- bzw. Verordnungsakten vor.
5.Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg erstattete eine Äußerung, in der es den in der Beschwerde erhobenen Bedenken entgegentritt.
6.Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 139 Abs 1 Z 2 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Gemeinde St. Gallenkirch über eine Änderung des Bebauungsplanes Garfrescha, beschlossen am , genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , kundgemacht vom 17. bis , soweit davon das Grundstück Nr 2702 (nunmehr Grundstück Nr 2702/2), GB 90107 St. Gallenkirch, betroffen ist, ein. Mit Erkenntnis vom , V76/2016, hob der Verfassungsgerichtshof die Verordnung im bezeichneten Umfang als gesetzwidrig auf.
7.Die Beschwerde ist begründet.
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war. Die Beschwerdeführer wurden also durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).
Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.
8.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
9.Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist ein Streitgenossenzuschlag, Umsatzsteuer in der Höhe von € 479,60 sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2017:E2402.2015 |
Schlagworte: | VfGH / Anlassfall |
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Fundstelle(n):
PAAAE-24887