VfGH vom 18.09.2015, E2002/2014

VfGH vom 18.09.2015, E2002/2014

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und Zurückverweisung des Verfahrens hinsichtlich einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mangels Feststellungen zur Sicherheit des afghanischen Beschwerdeführers in der Heimatprovinz Baghlan bzw zur gefahrlosen Erreichbarkeit der Provinz

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit seine Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen und das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs 1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden. Das angefochtene Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer, ein aus dem (im Norden des Landes gelegenen) Dorf Karadaka, Distrikt Dushi, Provinz Baghlan stammender Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005AsylG 2005), BGBl I 100/2005 idF BGBl I 50/2012, (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 3 leg.cit. (Spruchpunkt II.) abgewiesen sowie der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

3. Die nur gegen Spruchpunkt II. und III. dieses Bescheides erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung – gemäß §§3 Abs 1 und 8 Abs 1 AsylG 2005 idF BGBl I 87/2012 als unbegründet abgewiesen und das Verfahren gemäß § 75 Abs 20 leg.cit. zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

3.1. Die abweisende Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten enthält folgende "Feststellungen zum Herkunftsstaat" [aE Seite 14]:

"Die vorläufige Sachverhaltsannahme des Bundesverwaltungsgerichts zur maßgeblichen Situation in Afghanistan wird aufgrund der Hinzunahme zum Gerichtsakt in der Verhandlung vom diesem Erkenntnis zur Darstellung der aktuellen Lage zugrunde gelegt."

3.2. Im Rahmen der Beweiswürdigung führt das Bundesverwaltungsgericht aus [aE Seite 15 f.]:

"Die in der mündlichen Verhandlung erörterten Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat wurden den Parteien zur Einsicht angeboten und ihnen die Möglichkeit eingeräumt, zu den getroffenen Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben.

Der BF gab dazu an, dass er diese Beurteilung zur Kenntnis nehme.

Die Verfahrensparteien sind weder den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen noch den auf diesen beruhenden und in der mündlichen Verhandlung erörterten Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat explizit entgegengetreten.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen."

3.3. Die rechtlichen Erwägungen sind – abgesehen von der Wiedergabe zahlreicher allgemeiner Rechtssätze aus der Judikatur – betreffend die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten folgende [aE Seite 19 ff.]:

"Dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

Selbst wenn im Herkunftsstaat die Todesstrafe als gesetzliche Strafsanktion für besonders schwere Straftaten vorgesehen ist, so hat sich auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens kein reales Risiko ergeben, dass der BF im Herkunftsstaat einer dem 6. bzw. 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen werden würde.

Aus den herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich zwar, dass die aktuelle Situation in Afghanistan unverändert weder sicher noch stabil ist, doch variiert dabei die Sicherheitslage regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt.

Hinsichtlich der in Afghanistan vorherrschenden Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung ist auszuführen, dass die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist. Die soziale Absicherung liegt traditionell bei den Familien und Stammesverbänden. Afghanen, die außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit im westlich geprägten Ausland zurückkehren, stoßen auf größere Schwierigkeiten als Rückkehrer, die in Familienverbänden geflüchtet sind oder in einen solchen zurückkehren, da ihnen das notwendige soziale oder familiäre Netzwerk sowie die erforderlichen Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen.

Beim BF handelt es sich um einen arbeitsfähigen und gesunden jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der BF verfügt zwar über keine Schulausbildung, er hat jedoch in seiner Heimat viele Jahre lang in der Landwirtschaft gearbeitet und Viehzucht betrieben. Er wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein, sich mit der bislang ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Überdies verfügt der BF in Afghanistan nach wie vor über weitreichende familiäre Anknüpfungspunkte. So gab der BF in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass seine Frau, seine Mutter, seine Geschwister sowie mehrere Onkel und Tanten nach wie vor im Heimatdorf leben würden. Der BF steht seinen eigenen Angaben zufolge in regelmäßigem Kontakt mit seiner Mutter und telefoniert ein- bis zweimal im Monat mit ihr. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass dem BF im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan auch im Rahmen seines Familienverbandes eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteil wird, insbesondere durch Wohnraum und Nahrung. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der BF auch einen großen Teil seiner bisherigen Lebenszeit (ca. 20 Jahre) in Afghanistan verbracht hat und somit mit den dortigen örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten vertraut ist.

Es sind auch keine Umstände hervorgekommen, dass es dem BF nicht zumutbar wäre, in seine Heimatprovinz Baghlan zurückzukehren. Wie sich aus den vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Informationen ergibt, kann die Sicherheitslage in der Provinz Baghlan keineswegs allgemein als gefährlich bezeichnet werden. Auch der Reiseweg von Kabul in sein Heimatdorf ist dem BF zumutbar, zumal er durch keine Provinz reisen müsste, welche als gefährlich eingestuft wird."

4. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art 144a B VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und gemäß Art 2, 3 EMRK sowie nach Art 47 GRC, "wegen des Unterlassens jeglicher Ermittlungstätigkeit zu verfahrensentscheidenden Punkten sowie infolge des Außerachtlassens verfahrenserheblichen Vorbringens", "insbesondere auch [wegen] der mangelhaften Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Situation in Afghanistan" geltend gemacht.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der es dem Beschwerdevorbringen im Wesentlichen entgegnet,

dass dem Beschwerdeführer gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht "ausführliche aktuelle Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat Afghanistan" übermittelt worden seien, in welchen sich auch "im Speziellen Feststellungen zur Lage in der Provinz Baghlan" befunden hätten. Im Zuge der mündlichen Verhandlung sei dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt worden, zu diesen getroffenen Feststellungen Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer habe von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch gemacht. Der Beschwerdeführer erstattete im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof eine Replik.

II. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Die Beschwerde richtet sich nicht gegen die Nichtanerkennung des Beschwerdeführers als Asylberechtigter, sondern ausschließlich gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan sowie – daraus folgend – gegen die Zurückverweisung des Verfahrens zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl; insoweit ist die Beschwerde auch begründet:

2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

3. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten unterlaufen:

3.1. Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, dessen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Neben der politischen Lage bzw. Sicherheitslage im Herkunftsland können das Vorhandensein einer Unterkunft und die Möglichkeit einer Versorgung im Zielstaat unter dem Gesichtspunkt des Art 3 EMRK relevant sein (vgl. VfSlg 19.602/2011 mwN).

3.2. Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird (auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören), der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs 1 AsylG 2005 erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; ; , 99/20/0586; , 99/20/0373; , 99/20/0460; , 2000/20/0131; vgl. dazu überdies Elgafaji , C 465/07, Slg. 2009, I 00921, Rz 45, wonach eine Bedrohung iSd Art 15 litc der RL 2004/83/EG des Rates auch dann vorliegt, wenn der einen bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein).

3.3. Das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner Entscheidung davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers ein solches Risiko nicht besteht. Aus den "herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen" ergebe sich, dass "die aktuelle Situation in Afghanistan unverändert weder sicher noch stabil sei, und die Sicherheitslage regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt variiere".

3.3.1. Der Beschwerdeführer stammt nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes aus der Provinz Baghlan. Dazu führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass keine Umstände hervorgekommen seien, wonach es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar wäre, in seine Heimatprovinz zurückzukehren. Wie sich aus den "herkunftsstaatsbezogenen Informationen" ergebe, könne die Sicherheitslage in der Provinz Baghlan keineswegs allgemein als gefährlich bezeichnet werden.

3.3.2. Diese Begründung ist zunächst insofern grob mangelhaft, als das Bundesverwaltungsgericht aus den "herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen" zwar Schlussfolgerungen ableitet, diese Erkenntnisquellen in der Begründung der Entscheidung allerdings weder benennt, noch irgendwelche Feststellungen aus diesen Erkenntnisquellen trifft, welche die Schlussfolgerungen decken würden. Anders als das Bundesverwaltungsgericht meint, werden solche Feststellungen nämlich nicht schon dadurch getroffen, dass dem Beschwerdeführer Länderberichte zur Stellungnahme ausgehändigt werden, sondern nur dadurch, dass das Gericht diese Feststellungen gemäß den gesetzlichen Vorschriften über die Begründungspflicht seiner Entscheidung (vgl. § 29 Abs 1 VwGVG) in einer die Rechtmäßigkeitskontrolle ermöglichenden Weise in die Begründung der Entscheidung aufnimmt.

3.3.3. Es kommt auch nicht darauf an, wie das Gericht meint, ob die Sicherheitslage in der Provinz Baghlan "allgemein als gefährlich bezeichnet werden kann" oder nicht, sondern wie die – wie das Gericht selbst ausführt regional "variierende" – Sicherheitslage in jenem Distrikt ist, von dem das Gericht meint, dass sich der Beschwerdeführer gefahrlos dorthin begeben könnte.

3.3.4. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit den Tatsachen auseinandergesetzt, die es anderen Entscheidungen zugrunde gelegt hat, und auf Grund derer Beschwerdeführern aus der Provinz Baghlan wegender jeweils als kritisch angenommenen Sicherheitslage in einem zeitlich engen Zusammenhang mit der hier angefochtenen Entscheidung subsidiärer Schutz gewährt wurde, und zwar u.a. deshalb, weil sich den – auch für das Gericht im vorliegenden Fall verfügbaren – Länderberichten zufolge, nach dem Abzug der amerikanischen Truppen die Sicherheitslage entsprechend verschlechtert hat. Auch scheint trotz des Vorhandenseins einer Straßenverbindung auf Grund der Sicherheitslage die Erreichbarkeit der Provinz fraglich zu sein (BVwG , W148 1434233 1 unter Hinweis auf ; vgl. ferner auch die dem angefochtenen Erkenntnis nachfolgende Entscheidung BVwG , W209 1435471 7E; zu den Konsequenzen ähnlicher Feststellungen betreffend die Provinz Baghlan vgl. auch ). Schließlich wurden seitens des Bundesverwaltungsgerichtes auch keine Feststellungen dahingehend getroffen, wie der Beschwerdeführer von Kabul aus in seine Heimatprovinz im Nordosten Afghanistans gelangen könnte (vgl. dazu etwa und zuletzt , jeweils mwH).

3.4. Das Bundesverwaltungsgericht belastet daher seine Entscheidung, soweit damit die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, insofern mit Willkür, als es sich nicht in ausreichendem Maße mit der Sicherheit des Beschwerdeführers in seiner Heimatprovinz bzw. mit der Möglichkeit des Beschwerdeführers, auf sicherem Weg dorthin zu gelangen, auseinandergesetzt und es überdies die dazu erforderlichen Feststellungen zur Gänze unterlassen hat.

Eine Zurückverweisung des Verfahrens zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wie sie in Spruchpunkt A.II. des angefochtenen Erkenntnisses angeordnet wird, ist gemäß § 75 Abs 20 Z 1 AsylG 2005 nur dann zulässig, wenn der abweisende Bescheid des Bundesasylamtes bestätigt wird. Dies ist mit der Kassation von Spruchpunkt A.I. nicht länger der Fall. Da die Aufhebung dieses Spruchteiles auf den Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung zurückwirkt, entbehrt damit auch Spruchpunkt A.II. der angefochtenen Entscheidung seiner Rechtsgrundlage; auch dieser Spruchteil ist daher aufzuheben (vgl. ).

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung, soweit damit seine Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen und das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs 1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

2. Die Entscheidung ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:E2002.2014