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VfGH vom 10.03.2015, E1993/2014

VfGH vom 10.03.2015, E1993/2014

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Untersagung der Teilnahme am häuslichen Unterricht mangels Ablegung einer Externistenprüfung; keine Vergleichbarkeit des häuslichen Unterrichts mit dem Unterricht in Privatschulen

Spruch

I. Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis in einem sonstigen Recht verletzt worden sind.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Erstbeschwerdeführer ist (gemeinsam mit der Mutter) obsorgeberechtigter Vater der Zweitbeschwerdeführerin. Die (von beiden Eltern vertretene) Zweitbeschwerdeführerin ist seit schulpflichtig. Am zeigte der Erstbeschwerdeführer beim Stadtschulrat für Wien (in der Folge: Stadtschulrat) die Teilnahme der Zweitbeschwerdeführerin am häuslichen Unterricht für die erste Schulstufe im Schuljahr 2013/2014 mittels Formblattes an. Dieses enthielt auch einen Hinweis auf die Verpflichtung zur Absolvierung einer Externistenprüfung bis zum Schulschluss sowie zur Vorlage des dabei erworbenen Zeugnisses bis spätestens .

2. Mit Schreiben vom wurde die Teilnahme am häuslichen Unterricht vom Stadtschulrat zur Kenntnis genommen, wobei nochmals auf die Verpflichtung zur Ablegung der Externistenprüfung hingewiesen wurde.

3. Mit Schreiben des Stadtschulrates vom wurde dem Erstbeschwerdeführer mitgeteilt, dass er gemäß § 11 Abs 4 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl 76 idF BGBl I 48/2014 (in der Folge SchulpflichtG), verpflichtet gewesen sei, den Erfolg des häuslichen Unterrichts der Zweitbeschwerdeführerin für das Schuljahr 2013/2014 vor Schulschluss nachzuweisen, was bis dato unterblieben sei. Er werde daher aufgefordert, bis spätestens das Jahreszeugnis über das Schuljahr 2013/2014 vorzulegen. Bis zu diesem Zeitpunkt müsse auch eine eventuelle Anzeige der Abmeldung zum häuslichen Unterricht für das kommende Schuljahr erfolgen.

4. Am teilte der Erstbeschwerdeführer dem Stadtschulrat mit, dass seine Familie sich im Rahmen der "Initiative Freilernen 2013" seit Dezember 2013 im Kontakt mit dem Bundesministerium für Bildung und Frauen befinde, um gemeinsam an der Anpassung der derzeitigen Form der Gleichwertigkeitsfeststellung für freilernende junge Menschen zu arbeiten. Da dieser Prozess noch nicht abgeschlossen sei, würden die Kinder des Erstbeschwerdeführers für das Schuljahr 2013/2014 kein Zeugnis einer öffentlichen Schule vorlegen. Stattdessen werde zum Nachweis des zureichenden Erfolgs ihres häuslichen Unterrichts und dessen Gleichwertigkeit mit dem der ersten Schulstufe an einer öffentlichen Schule eine Bestätigung einer Volksschuloberlehrerin vorgelegt und gleichzeitig die Abmeldung der Zweitbeschwerdeführerin zum häuslichen Unterricht für das kommende Schuljahr angezeigt.

5. Mit Schreiben vom teilte der Stadtschulrat dem Erstbeschwerdeführer mit, dass er ein weiteres Mal aufgefordert werde, das Jahreszeugnis der Zweitbeschwerdeführerin über das Schuljahr 2013/2014 vorzulegen. Eine eventuelle Anzeige der Abmeldung zum häuslichen Unterricht für das kommende Schuljahr sei nicht mehr möglich.

6. Mit einem undatierten, an die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin adressierten Bescheid untersagte der Stadtschulrat gemäß § 11 Abs 3 SchulpflichtG die Teilnahme der Zweitbeschwerdeführerin am häuslichen Unterricht (§11 Abs 1 leg.cit.) für das Schuljahr 2014/2015 und stellte fest, dass die Zweitbeschwerdeführerin ihre Schulpflicht gemäß § 11 Abs 4 SchulpflichtG im Schuljahr 2014/2015 auf der ersten Schulstufe an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht auf Dauer ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen habe. Dies wurde damit begründet, dass das vorangegangene Schuljahr im häuslichen Unterricht mangels Ablegung einer Externistenprüfung nicht erfolgreich abgeschlossen worden sei.

7. Gegen diesen Bescheid erhoben sämtliche Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der sie bereits verfassungsrechtliche Bedenken gegen die den Bescheid des Stadtschulrates tragenden Vorschriften des SchulpflichtG äußerten.

8. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Die Begründung deckt sich im Wesentlichen mit jener im Bescheid des Stadtschulrates. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführer teilte das Bundesverwaltungsgericht vor allem mit Hinweis auf Art 14 Abs 7a B VG nicht.

9. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird. Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die "Überwachungsmechanismen" in § 11 Abs 2 und 4 SchulpflichtG würden in unzulässiger Weise in das Recht auf häuslichen Unterricht eingreifen, weil sie festlegen, dass der zureichende Erfolg jährlich durch Prüfung an einer in § 5 SchulpflichtG genannten Schule nachzuweisen ist. Dies nehme dem in Art 17 StGG gewährleisteten Recht jeglichen Raum für pädagogische Alternativen und für die Erziehungsbedürfnisse einzelner Gruppen. Diese Beschränkungen des häuslichen Unterrichts seien sohin verfassungswidrig.

Die Beschwerdeführer halten § 11 Abs 4 SchulpflichtG noch aus zahlreichen weiteren Gründen für verfassungswidrig. So verletze die Bestimmung Art 18 StGG, der ein Recht auf Gleichwertigkeit jeglicher Bildungsart verbürge, und den Gleichheitssatz, weil Schüler an Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht, die mitunter dasselbe pädagogische Konzept wie die Beschwerdeführer anwenden, keine Externistenprüfung gemäß § 11 Abs 4 SchulpflichtG abzulegen hätten. Außerdem müssten Schüler an öffentlichen Schulen beziehungsweise an Schulen mit Öffentlichkeitsrecht im Sinne des § 5 SchulpflichtG in dem Fall, dass sie den Erfolg ihres Unterrichts nicht durch eine positiv abgelegte Prüfung nachweisen könnten, nicht die von ihnen und ihren Eltern gewählte Bildungs- und Schulart wechseln. Stattdessen hätten sie das Schuljahr zu wiederholen. Dies führe zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung des häuslichen Unterrichts gegenüber der Erfüllung der Schulpflicht in einer Schule im Sinne des § 5 SchulpflichtG.

§11 Abs 4 SchulpflichtG verstoße weiters gegen Art 14 Abs 3 GRC, der das Recht auf freie Wahl zwischen mehreren Bildungseinrichtungen verbürge, sowie gegen Art 2 1. ZPEMRK, weil der Staat das Recht der Eltern zu achten habe, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen. Schließlich verletze die Bestimmung auch die Art 1 und 4 (in der Beschwerde offenbar irrtümlich als Art 3 bezeichnet) des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern, BGBl I 4/2011 (in der Folge BVG Kinderrechte), weil im Verfahren nach § 11 Abs 4 SchulpflichtG weder eine Berücksichtigung des Wohlergehens noch eine Gewährung eines Partizipationsrechts vorgesehen sei.

Der Stadtschulrat und das Bundesverwaltungsgericht hätten § 11 Abs 4 SchulpflichtG im Lichte des Art 17 Abs 3 StGG und des Art 18 StGG denkunmöglich und daher verfassungswidrig interpretiert bzw. diesem einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt, weil der Begriff der "öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen" in § 4 SchulpflichtG im Spruch der angefochtenen Entscheidung als "öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht auf Dauer ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulart" interpretiert worden sei, sodass davon Privatschulen im Sinne des § 14 Abs 2 Privatschulgesetz, die keiner öffentlichen Schulart entsprechen, aber über das Öffentlichkeitsrecht verfügen, ausgeschlossen seien. Außerdem seien im Verfahren Art 1 und 4 BVG Kinderrechte nicht gewahrt worden, weil das Kindeswohl nicht berücksichtigt und die Zweitbeschwerdeführerin nicht beteiligt worden sei. Auch Art 6 EMRK sei verletzt worden, weil entgegen dem Antrag der Beschwerdeführer keine mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei.

10. Der Stadtschulrat und das Bundesverwaltungsgericht legten die Verwaltungsakten vor.

Der Stadtschulrat erstattete darüber hinaus eine Gegenschrift, in der er im Wesentlichen von einer gesetzeskonformen Anwendung des § 11 Abs 4 SchulpflichtG ausgeht und diese Bestimmung als verfassungskonform erachtet, wobei er auf die Gleichrangigkeit von Art 17 StGG und Art 14 Abs 7a B VG hinweist. § 11 SchulpflichtG greife in die Form der Bildungsvermittlung des häuslichen Unterrichts nicht ein. Die Regelungen des § 11 SchulpflichtG würden sich bloß auf die Frage beziehen, ob ein Kind durch die Teilnahme am häuslichen Unterricht bereits seine Schulpflicht gemäß Art 14 Abs 7a B VG erfülle oder ob es dazu des Besuches einer Pflichtschule bedürfe. Die periodische Überprüfung der im häuslichen Unterricht beschulten Kinder durch staatliche Organe sowie die zwangsweise Einschulung bei Nichterreichung des Unterrichtszieles oder bei Verweigerung der Erbringung des Erfolgsnachweises seien mit dem Elternrecht auf häuslichen Unterricht gemäß Art 17 StGG vereinbar.

II. Rechtslage

1. Nach Art 14 Abs 7a B VG beträgt die Schulpflicht zumindest neun Jahre.

2. Die Art 1, 4 und 7 BVG Kinderrechte lauten:

"Artikel 1

Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.

[…]

Artikel 4

Jedes Kind hat das Recht auf angemessene Beteiligung und Berücksichtigung seiner Meinung in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten, in einer seinem Alter und seiner Entwicklung entsprechenden Weise.

[…]

Artikel 7

Eine Beschränkung der in den Artikeln 1, 2, 4 und 6 dieses Bundesverfassungsgesetzes gewährleisteten Rechte und Ansprüche ist nur zulässig, insoweit sie gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

3. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des SchulpflichtG lauten:

"Personenkreis

§1. (1) Für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, besteht allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes.

(2) Unter Kindern im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Minderjährige zu verstehen, die nach Maßgabe dieses Abschnittes schulpflichtig oder zum Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule berechtigt sind.

[…]

Öffentliche und mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen

§4. Unter den in den §§5 bis 10 genannten Schulen sind öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen zu verstehen.

Schulbesuch in den einzelnen Schuljahren

§5. (1) Die allgemeine Schulpflicht ist durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.

[…]

Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslicher Unterricht

§11. (1) Die allgemeine Schulpflicht kann – unbeschadet des § 12 – auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

(2) Die allgemeine Schulpflicht kann ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule – ausgenommen die Polytechnischen Schule – mindestens gleichwertig ist.

(3) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten haben die Teilnahme ihres Kindes an einem im Abs 1 oder 2 genannten Unterricht dem Landesschulrat jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Der Landesschulrat kann die Teilnahme an einem solchen Unterricht innerhalb eines Monates ab dem Einlangen der Anzeige untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß die im Abs 1 oder 2 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist.

(4) Der zureichende Erfolg eines im Abs 1 oder 2 genannten Unterrichtes ist jährlich vor Schulschluß durch eine Prüfung an einer im § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, soweit auch die Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so hat der Landesschulrat anzuordnen, daß das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5 zu erfüllen hat.

Besuch von Schulen, die keiner gesetzlich geregelten Schulart entsprechen

§12. (1) Die allgemeine Schulpflicht kann durch den Besuch von Schulen, die keiner gesetzlich geregelten Schulart entsprechen, erfüllt werden, wenn

1. dies in zwischenstaatlichen Vereinbarungen vorgesehen ist, oder

2. in dem vom zuständigen Bundesminister erlassenen oder genehmigten Organisationsstatut (§14 Abs 2 litb des Privatschulgesetzes, BGBl Nr 244/1962, in der jeweils geltenden Fassung) die Schule als zur Erfüllung der Schulpflicht geeignet anerkannt wird und die Schule das Öffentlichkeitsrecht besitzt.

(2) Der Abschluß solcher zwischenstaatlicher Vereinbarungen beziehungsweise eine solche Anerkennung darf nur erfolgen, wenn der Unterricht im wesentlichen jenem an einer der im § 5 genannten Schulen gleichkommt. Soweit es sich um die Erfüllung der Schulpflicht durch Kinder österreichischer Staatsbürgerschaft handelt, ist die Erreichung des Lehrzieles einer entsprechenden österreichischen Schule Voraussetzung."

III. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.

2. Bedenken gegen die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegenden Rechtsvorschriften, insbesondere die von den Beschwerdeführern als verfassungswidrig erachteten Teile des § 11 SchulpflichtG, sind – aus der Sicht des Beschwerdefalles – nicht entstanden:

2.1. Mit ihrem Vorbringen, § 11 SchulpflichtG (insbesondere die in dessen Abs 4 angeordnete jährliche Überprüfung) verstoße gegen Art 17 Abs 3 StGG, Art 2 1. ZPEMRK sowie Art 1 und 4 BVG Kinderrechte, wenden sich die Beschwerdeführer im Ergebnis gegen das in der österreichischen Rechtsordnung verwirklichte System des öffentlichen Pflichtschulwesens. Diesen Beschwerdebehauptungen kann schon allein auf Grund der in Art 14 Abs 7a B VG verankerten Schulpflicht kein Erfolg beschieden sein.

2.2. Mangels Eröffnung des Anwendungsbereichs der GRC ist auf die Ausführungen zu Art 14 GRC nicht näher einzugehen.

2.3. Der Schutzbereich des Art 18 StGG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet, weil es sich bei der Erfüllung der Schulpflicht nicht um eine Berufswahl oder Berufsausbildung handelt.

2.4. Die behauptete Verletzung des Gleichheitssatzes durch § 11 Abs 4 SchulpflichtG liegt nicht vor, weil der häusliche Unterricht nicht mit dem Unterricht in Privatschulen – weder mit solchen nach § 5 Abs 1 SchulpflichtG noch mit solchen nach § 12 SchulpflichtG iVm § 14 Abs 2 PrivatschulG – zu vergleichen ist. Eine grundlegende Unterscheidung zwischen diesen Arten der Ausbildung ist schon durch Art 17 StGG gegeben, der in den Abs 2, 3 und 5 Schulen und häuslichen Unterricht gerade nicht gleich regelt. Im Bereich von Schulen (einschließlich Privatschulen) ist es staatlichen Organen laufend möglich, die Einhaltung schulrechtlicher Bestimmungen zu überprüfen.

3. Auch die darüber hinaus geltend gemachten Verletzungen in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten liegen nicht vor:

3.1. Die vorliegende Entscheidung stützt sich auf § 11 Abs 4 SchulpflichtG. In Anbetracht der bereits dargelegten Unbedenklichkeit dieser Bestimmung könnte eine Verletzung im Recht nach Art 17 Abs 3 StGG nur in einer denkunmöglichen Anwendung dieser Bestimmung liegen; eine solche vermag der Verfassungsgerichtshof aber nicht zu erkennen.

3.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.

3.3. Die Beschwerdeführer behaupten, dass das Bundesverwaltungsgericht § 11 Abs 4 SchulpflichtG einen gleichheitswidrigen Inhalt dadurch unterstellt habe, dass der Zweitbeschwerdeführerin die Erfüllung der Schulpflicht in einer Schule nach § 5 SchulpflichtG vorgeschrieben worden sei. Dem ist zu entgegnen, dass dies § 11 Abs 4 SchulpflichtG ausdrücklich vorsieht und dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (s. schon oben 2.).

Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass das Bundesverwaltungsgericht diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnten die Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Keiner dieser Mängel liegt hier jedoch vor: Das Bundesverwaltungsgericht hat § 11 Abs 4 SchulpflichtG auf Grund eines im Wesentlichen unbestrittenen Sachverhaltes – die Zweitbeschwerdeführerin hat keine Externistenprüfung abgelegt – angewendet, wobei ein grober Fehler nicht zu erkennen ist.

3.4. Das Schulrecht ist nicht von Art 6 EMRK und (schon mangels der Eröffnung des Anwendungsbereichs) auch nicht von Art 47 GRC erfasst; es ist daher nicht auf die vorgebrachten Bedenken in Bezug auf Art 6 EMRK, insbesondere den Entfall der mündlichen Verhandlung, einzugehen.

3.5. Art 4 BVG Kinderrechte ist nicht dahingehend zu verstehen, dass das Kind ein Recht hätte, der Anwendung von es treffenden, zwingenden gesetzlichen Bestimmungen zu widersprechen, die mit dem BVG Kinderrechte in Einklang stehen.

IV. Ergebnis

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.

2. Die Beschwerde ist daher abzuweisen und gemäß Art 144 Abs 3 B VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

3. Damit erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:E1993.2014