VfGH vom 01.10.2019, E1890/2018
Leitsatz
Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses im Anlassfall
Spruch
I.Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II.Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreter die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom wurde über den Beschwerdeführer als Obmann des Vereines "***************************" eine Verwaltungsstrafe iHv € 80,– verhängt, weil er als Vereinsobmann veranlasst habe, dass entgegen den Vorgaben der Verordnung der Bundespolizeidirektion Linz vom betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten, Pr-4157, kundgemacht in der Amtlichen Linzer Zeitung, Folge 5/1983, 22 f., (im Folgenden: PlakatierungsV), Plakate, mit denen auf die "***** ***** *** ********" hingewiesen wurde, im Stadtgebiet von Linz ausgehängt wurden. Die Plakate seien an Blechkästen, Abspannmasten, Baustellengittern und Überdachungen an einer Baustelle angebracht worden.
2.In der gegen das Straferkenntnis erhobenen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, dass es in Linz nur noch vier legale Möglichkeiten, Plakate anzubringen, gebe und diese allesamt am Stadtrand lägen. Im innerstädtischen Bereich gebe es keine Flächen mehr, auf denen das Plakatieren zulässig sei. Bei Erlass der Verordnung habe es hingegen 30 Flächen in Linz gegeben, die im Einklang mit den Vorschriften der Verordnung hätten plakatiert werden dürfen. Inzwischen seien die Flächen stark vermindert und Erweiterungen seien nicht ersichtlich.
3. Mit Erkenntnis vom gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur insofern statt, als die Geldstrafe auf € 50,– herabgesetzt wurde; im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aus, dass es die Bedenken des Beschwerdeführers gegen die PlakatierungsV nicht teile. Die Vorgaben der PlakatierungsV seien im Sinne der öffentlichen Ordnung insbesondere notwendig, um einen "Plakatwildwuchs" in der Innenstadt zu verhindern.
4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Eigentumsfreiheit und auf ein faires Verfahren sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.
5.Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 139 Abs 1 Z 2 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des § 1 Abs 1 und 2 PlakatierungsV ein. Mit Erkenntnis vom , V20/2019, stellte er fest, dass die bezeichneten Bestimmungen gesetzwidrig waren.
6.Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat eine gesetzwidrige Verordnungsbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).
Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
7.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
8.Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer iHv € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG iHv € 240,– enthalten. Die als "ERV-Zuschlage" geltend gemachten Kosten iHv € 4,10 sind schon deshalb nicht zuzusprechen, weil diese bereits mit dem Pauschalsatz abgegolten sind (vgl zB ).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2019:E1890.2018 |
Schlagworte: | VfGH / Anlassfall |
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