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VfGH vom 22.09.2016, E1641/2016 ua

VfGH vom 22.09.2016, E1641/2016 ua

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine mangels Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten

Spruch

I. 1. Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit ihre Beschwerden gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine, die Nichtzuerkennung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung von Rückkehrentscheidungen, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung sowie die Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen werden, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI BVG zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung verletzt worden.

Das Erkenntnis wird in diesem Umfang aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerden abgelehnt.

II. Der Bund ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 3.728,40 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Beschwerde

1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Ukraine. Sie gehören der ukrainischen Volksgruppe sowie dem christlich-orthodoxen Glauben an. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Die Beschwerdeführer reisten am im Besitz österreichischer Reisevisa der Kategorie C rechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin zu diesem Antrag im Wesentlichen Folgendes aus: In der Ukraine komme es zu Kriegshandlungen, die das ganze Land beträfen. Darüber hinaus habe der Erstbeschwerdeführer Probleme mit seinem ehemaligen Vorgesetzten gehabt und sei deswegen gekündigt worden. Hintergrund dieses Konflikts sei gewesen, dass der Vorgesetzte vom Erstbeschwerdeführer verlangt habe, die Bilanz des Unternehmens zu manipulieren. Der Erstbeschwerdeführer habe sich aber geweigert, dem nachzukommen. Seither verfolge der ehemalige Vorgesetzte des Erstbeschwerdeführers dessen Familie und habe durch Intervention dafür gesorgt, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin auch andere Anstellungen verloren hätten. Die Beschwerdeführer hätten aus diesen Gründen wirtschaftliche Probleme gehabt.

2. Mit Bescheiden vom wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine ab. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§57 und 55 AsylG 2005 wurden nicht erteilt. Zudem wurden gegen die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (im Folgenden: BFA-VG) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG 2005) erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Ukraine gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist. Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen festgelegt. Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dazu – zusammengefasst – aus, die Aussagen der Beschwerdeführer seien widersprüchlich und damit unglaubwürdig. Selbst für den Fall, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer als wahr angesehen würde, ergäbe sich aber kein asylrelevanter Sachverhalt. Der wahre Fluchtgrund der Beschwerdeführer liege in wirtschaftlichen Motiven. Den Beschwerdeführern stünde eine gefahrlose Rückkehr in die Ukraine offen.

3. In den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden brachten die Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde hätte notwendige Erhebungen unterlassen. Darüber hinaus äußerte der Erstbeschwerdeführer, er habe einer Einberufungsverständigung zum Wehrdienst am keine Folge geleistet, woraufhin ihm mitgeteilt worden sei, dass er bei der nächsten Verständigung jedenfalls zum Militärdienst eingezogen würde. In diesem Zusammenhang verwiesen die Beschwerdeführer auch auf den Erlass des Präsidenten der Republik Ukraine vom , in dem eine Mobilisierung sämtlicher männlicher wehrfähiger Personen im Alter zwischen 25 und 40 Jahren verfügt worden sei. Im Falle einer Rückkehr in die Ukraine hätte der Erstbeschwerdeführer mit einer neuerlichen Einberufung und damit auch mit der Teilnahme an Kampfhandlungen in der Ostukraine zu rechnen. Hierdurch sei sein Leben unmittelbar gefährdet. Dazu legte der Erstbeschwerdeführer Unterlagen vor, die belegen sollten, dass zahlreiche Bekannte, Freunde und ehemalige Berufskollegen zwischenzeitig zum Militärdienst eingezogen worden und einige von ihnen im Rahmen des Kriegsdienstes gefallen seien.

4. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden – ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung – als unbegründet ab. Das Bundesverwaltungsgericht schloss sich dabei den Ausführungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an und kam ebenfalls zu dem Ergebnis, das Vorbringen der Beschwerdeführer sei unglaubwürdig, stelle aber, auch wenn es wahr wäre, keine asylrelevante Verfolgung dar, zumal der Ausreise primär wirtschaftliche Motive zugrunde gelegen hätten. Hinsichtlich der Behauptung, der Erstbeschwerdeführer würde in der Ukraine mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Militärdienst eingezogen, verwies das Bundesverwaltungsgericht zwar auf das Neuerungsverbot des § 20 BFA-VG, ging aber auch inhaltlich darauf ein: So seien aus der aktuellen Berichtslage weder landesweite Unruhen noch ein bewaffneter Konflikt in der Heimatstadt der Beschwerdeführer ersichtlich. Generell sei es als notorisch anzusehen, dass die Kampfhandlungen in der Ostukraine in den letzten Monaten beendet worden seien und der Waffenstillstand im Wesentlichen eingehalten werde. Damit könne eine tatsächliche Involvierung des Erstbeschwerdeführers in Kampfhandlungen im Fall einer Rückkehr in die Ukraine als nicht wahrscheinlich erachtet werden.

5. Gegen dieses Erkenntnis richten sich die vorliegenden, auf Art 144 B VG gestützten Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, in denen die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI BVG zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, auf Leben gemäß Art 2 EMRK, auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art 8 EMRK sowie auf persönliche Freiheit gemäß "Art8 StGG" und Art 5 EMRK behauptet wird.

5.1. In der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers an den Verfassungsgerichtshof wird – im Wesentlichen gleichlautend mit dem Vorbringen in den Beschwerden der Zweit- und des Drittbeschwerdeführers – u.a. Folgendes ausgeführt:

"a) Die belangte Behörde führt im Pkt. 3./3.3.4. der Entscheidung (Seite 88) […] aus, dass die in der Beschwerde erstmals vorgebrachte Furcht vor Einberufung zum Militärdienst keinen Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft darstellen würde. Tatsächlich hat der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme am ausgeführt, dass er seinen offiziellen Militärdienst in dem Zeitraum 2002-2003 in Dnipropetrowsk, Kirovograd bei der Truppe des Innenministeriums der Ukraine abgeleistet hat. Der Beschwerdeführer hat im Zuge einer Urkundenvorlage sein Wehrdienstbuch dem BFA vorgelegt, darüber hinaus auch den Aufruf zur Mobilisierung, welcher ein[e] verpflichtet[e] Teilnahme des Beschwerdeführers an Kriegshandlungen im Bereich der Ostukraine wahrscheinlich nach sich gezogen hätte, vorgelegt. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer dem nachgewiesenen Aufruf zur Mobilisierung nicht nachgekommen ist, stellt in der Republik der Ukraine einen Straftatbestand dar, welcher mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren verfolgt wird. Der Beschwerdeführer ist dieser Mobilisierung aufgrund seiner persönlichen Überzeugung, dass er nicht mit der Waffe an Kriegshandlungen im Rahmen eines Bürgerkrieges teilnehmen möchte und teilnehmen kann und dabei möglicher Weise ukrainische Staatsbürger töten und verletzten könnte. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer die konkrete Angst im Rahmen dieser kriegerischen Aktivitäten ums Leben zu kommen und seine Gattin und seinen minderjährigen Sohn schutzlos zurück [zu] lassen […]. Diese berechtigte Verweigerung zur Teilnahme an Kriegshandlungen stellt in Kombination mit der Gefahr der strafrechtlichen Verfolgung jedenfalls einen asylrelevanten Fluchtgrund dar […].

b) Das Bundesverwaltungsgericht legte in seiner Entscheidung aufgrund eines massiv mangehaften durchgeführten Beweisverfahrens (Unterlassung einer mündlichen Verhandlung sowie Ergänzung der aktuellen Sachverhaltsfeststellungen[)] nicht vollständige bzw. veraltete Sachverhaltsfeststellungen zugrunde. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen einer Urkundenvorlage diverse Dokumente UNHCR-International Protection Relate[d] to Developments in Ukraine – Update II und sonstige Urkunden vorgelegt, welche zur Gänze nicht berücksichtigt wurden. Dem Erken[n]tnis zugrunde liegend[e] Länderfeststellungen datieren mit Mai 2014 und wurden nicht ergänzt. Im Rahmen des vom Beschwerdeführer vorgelegten zitierten UNHCR Dokumentes wurde empfohlen, die Ukraine aus der Liste der sicheren Drittländer zu entfernen (Abs32 des Dokumentes). Der Umstand, dass der gegenständlichen Entscheidung keine objektive und vollständige bzw. korrekte Länderfeststellung zugrunde gelegt wurd[e], stellt einen massiven Verfahrensverstoß dar, welcher jedenfalls den Gleichheitsgrundsatz verletzt […].

[…] Das Bundesverwaltungsgericht trifft keinerlei Feststellungen hinsichtlich der aktuellen Gefahrenlage in der Herkunftsstadt Kirovograd bzw. hinsichtlich der Mobilisierung in den Kriegsdienst einbezogene[r] Personen für Kriegshandlungen im Bereich der Ostukraine.

5) Das Bundesverwaltungsgericht führt in seiner Entscheidung zur aktuellen Kriegssituation der Ukraine aus: [']Generell ist es als notorisch anzusehen, dass die Kriegshandlungen in der Ostukraine in den letzten Monaten beendet wurden, der Waffenstillstand im Wesentlichen eingehalten wird, weshalb eine tatsächliche Involvierung des Beschwerdeführers in Kampfhandlungen im Falle einer Rückkehr als nicht wahrscheinlich erachtet werden kann.'

Dem gegenüber kamen allein am im Rahmen von Kriegshandlungen im Bereich der Ostukraine während Kampfhandlungen von 10 Stunde[n] 23 Personen ums Leben und wurden 34 Personen verletzt. Der Vorhalt, wonach die Kriegshandlungen im Bereich der Ostukraine dauerhaft eingestellt worden sind, ist somit tatsachenwidrig.

[…]

9) Im Falle einer drohenden Abschiebung, besteht die konkrete Gefährdung, dass der Beschwerdeführer aufgrund der ihm bereits übermittelten Mobilisierung als Soldat in Kriegshandlungen im Gebiet der Ostukraine eingezogen wird und dabei ums Leben kommt. Es wird durch die erklärte Zulässigkeitserklärung der Abschiebung ein verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht auf Leben verfügt. Darüber hinaus droht dem Beschwerdeführer jedenfalls, wie bereits ausgeführt eine Inhaftierung aufgrund der Nichtfolgeleistung der Mobilisierung."

5.2. Darüber hinaus bringen die Beschwerdeführer Argumente vor, die nach ihrer Auffassung für ein hohes Maß an Integration sprechen.

II. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässigen – Beschwerden erwogen:

A. Die Beschwerden sind, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht betreffend die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine, die Nichtzuerkennung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung von Rückkehrentscheidungen, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und die Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise richten, begründet:

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

1.1. Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

1.2. Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Solche Fehler sind dem Bundesverwaltungsgericht im konkreten Fall unterlaufen:

2.1. Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, dessen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivil-person eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

2.2. Die Beschwerdeführer brachten im Laufe des Verfahrens wiederholt vor, dass in der Ukraine Krieg herrsche und der Erstbeschwerdeführer mit einer Einberufung zum Kriegsdienst zu rechnen habe, den er mit hoher Wahrscheinlichkeit im Bereich der Ostukraine absolvieren müsse. Das Bundesverwaltungsgericht führte dazu aus, dass – ausgehend vom Nichtvorliegen eines asylrelevanten Verfolgungssachverhaltes – nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren keine Hinweise darauf vorlägen, die Beschwerdeführer seien bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat den im Zusammenhang mit der Gewährung subsidiären Schutzes relevanten Gefahren ausgesetzt. Bereits im Rahmen der Prüfung, ob den Beschwerdeführern der Status des Asylberechtigen zuzuerkennen wäre, stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, aufgrund der aktuellen Berichtslage sei nicht ersichtlich, dass in der Heimatstadt der Beschwerdeführer die Situation eines bewaffneten Konflikts vorliege.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die im Asylverfahren herangezogenen Länderberichte hinreichend aktuell sein müssen; dies betrifft insbesondere Staaten mit sich rasch ändernder Sicherheitslage (vgl. etwa VfSlg 19.466/2011, 19.642/2012; ; , U1032/12; , U2557/2012; , U1159/2012; , U36/2013; , E1542/2014 ua.).

2.4. Die Beschwerdeführer übermittelten dem Bundesverwaltungsgericht mit Eingabe vom aktuelle Länderberichte. Das Bundesverwaltungsgericht setzte sich mit diesen jedoch nicht auseinander. Daran vermag auch die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach sich die Lage "folglich laufender Medienbeobachtung sowie Einsichtnahme in aktualisiertes Berichtsmaterial […] im entscheidungsrelevanten Aspekt gegenüber den zitierten, dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden, Feststellungen unverändert dar[stellt]", ohne dass der Inhalt dieses aktualisierten Berichtsmaterials offengelegt wurde, nichts zu ändern (vgl. auch VfSlg 19.642/2012).

3. Da es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen hat, sich mit den von den Beschwerdeführern vorgelegten aktuellen Länderberichten auseinanderzusetzen, ist das angefochtene Erkenntnis mit Willkür belastet.

4. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 (vgl. auch § 52 Abs 2 FPG) ist eine Entscheidung nach dem AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG 2005 vorliegt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige. Gemäß § 52 Abs 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Gemäß § 55 Abs 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten liegen die genannten Voraussetzungen nicht länger vor. Da die Aufhebung des entsprechenden Spruchpunktes auf den Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung zurückwirkt, entbehren auch die Erlassung der Rückkehrentscheidungen, die Nichtzuerkennung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung sowie die Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise ihrer Rechtsgrundlage; auch diese Spruchpunkte sind daher aufzuheben (vgl. ; , E707/2015 zu Spruchpunkten betreffend die Zurückverweisung des Verfahrens zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung).

B. Die Behandlung der Beschwerden wird, soweit damit die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten bekämpft wird, aus folgenden Gründen abgelehnt:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs 2 B VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

1.2. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

III. Ergebnis

1. Die Beschwerdeführer sind somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit ihre Beschwerden gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine, die Nichtzuerkennung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung von Rückkehrentscheidungen, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung sowie die Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen werden, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI BVG zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Im Übrigen ist die Behandlung der Beschwerden abzulehnen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 501,40 sowie die Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 720 ,– enthalten. Da die Beschwerdeführer gemeinsam durch einen Rechtsanwalt vertreten sind, ist der einfache Pauschalsatz, erhöht um einen entsprechenden Streitgenossenzuschlag, zuzusprechen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2016:E1641.2016