VfGH vom 27.11.2019, E1599/2019

VfGH vom 27.11.2019, E1599/2019

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht auf Grund gesetzwidriger Berücksichtigung von Pflegegeldbezügen als Einkommen bei der Berechnung der Wohnbauhilfe

Spruch

I.Die Beschwerdeführerin ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II.Das Land Wien ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1.Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und stellte am 5. Dezember 2017 den Antrag auf Gewährung einer Wohnbeihilfe bzw auf Verlängerung der Gewährung der Wohnbeihilfe gemäß § 61, 61a Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 (WWFSG).

2.Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 8. Mai 2018 wurde der Antrag abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien durch einen Landesrechtspfleger mit Erkenntnis vom 27. Dezember 2018 ab. Nach Vorstellung erkannte das Verwaltungsgericht Wien mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Erkenntnis vom 14. März 2019 zu Recht, dass der Beschwerdeführerin Wohnbeihilfe in der Höhe von monatlich € 37,23 gewährt werde. Die – gesamte – Begründung dieses Erkenntnisses lautet wie folgt:

"Entscheidungsgründe

Gemäß § 20 WWFSG 1989 ist der Mieterin, der durch eine Wohnung, deren Errichtung im Sinne des ersten Hauptstückes gefördert wurde, durch den Woh-nungsaufwand unzumutbar belastet wird, auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, sofern sie ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringendes Wohnbedürfnisses regelmäßig verwendet. Die Wohnbeihilfe ist in der Höhe zu gewähren, die sich aus dem Unterschied zwischen zumutbarer und der in Abs 4 und 5 näher bezeichneten Wohnungsaufwandbelastung je Monat ergibt; bei Wohnungen deren Nutzfläche die im § 17 Abs 3 WWFSG 1989 genannten Grenzwerte für die angemessene Wohnnutzfläche übersteigt, ist der Berechnung der Wohnung nur jener Teil der Wohnungsaufwandbelastung zu Grunde zu legen, der dem Verhältnis der angemessenen zur tatsächlichen Wohnnutzfläche entspricht. Die näheren Bestimmungen über die zumutbare Wohnungsaufwandbelastung hat die Landesregierung durch VO zu treffen.

Zum Einkommen:

Gemäß § 2 Z 14 WWFSG 1989 gelten als Einkommen, das Einkommen gemäß § 2 Abs 2 Einkommensteuergesetz 1988 vermehrt um die bei der Einkommensermittlung abgezogenen Beträge gemäß § 18, 34 Abs 1 und 5 und 8 des Einkommensteuergesetzes 1988, die steuerfreien Einkünfte gemäß § 3 Abs 1 Z 3 litb bis e, 4 lita und e 5, 8 bis 12 und 22 bis 24 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie die gemäß § 29 Z 1 zweiter Satz des Einkommensteuergesetzes 1988 steuerfrei gestellten Bezüge und vermindert um die Einkommensteuer die Alimentationszahlungen gemäß § 29 Z 1 zweiter Satz des Einkommensteuergesetzes 1988 soweit diese nicht bei der Einkommensermittlung gemäß § 34 des Einkommensteuergesetzes 1988 in Bezug gebracht wurden. Den Bezug der Pflege und Lindenzulage (Pflege- oder Blindengeld, Pflege- oder Blindenbeihilfe) und den Zusatzrenten zu einer gesetzlichen Unfallversorgung.

Gemäß § 2 Z 15 WWFSG 1989 gelten als Haushaltseinkommen die Summe der Einkommen der Förderungswerberin oder Mieterin und der mit ihm im gemein-samen Haushalt lebenden Personen mit Ausnahme von haushaltsbeschäftigten Arbeiternehmer und Angestellten Pflegepersonal. Laut Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt erhält die Antragstellerin EUR 1.179,40 monatlich. Ausgehend von diesem Betrag ergibt sich für einen 2-Personen-Haushalt eine gemäß § 20 Abs 2 WWFSG 1989 iVm der VO des Landeswien LGBl 32/1989 in der gültigen Fassung zur ermitteltene zumutbare Wohnungsaufwandbelastung in Höhe von EUR 252,57 darunter zu den Aufwendungen (Miete):

Zu den Aufwendungen ist anzuführen, dass bei der Berücksichtigung der Wohnbeihilfe nach dem ersten Hauptstück gemäß § 20 Abs 4 WWFSG 1989 nur Teile der Mietzinses und zwar jene mit deren Darlehnsrückzahlungen des Vermieters weiter verrechnet werden zu berücksichtigen sind.

Bei der Berechnung der Wohnbeihilfe nach dem dritten Hauptstück des WWFSG (allgemeine Wohnbeihilfe) ist gemäß § 60 Abs 5 WWFSG 1989 nur der Hauptmietzins in der Höhe von maximal 4,14 pro m2 zu Grunde zu legen. Bei einer im Umfang von 70 m2 zu berücksichtigenden Wohnnutzfläche ergibt dies eine Summe von EUR 289,80 nicht sind jedoch Betriebskosten oder sonstige in der Mietzinsabrechnung enthaltene Aufwendungen zu berücksichtigen. Da dieser Wert genau ob 37,23 EUR über der gemäß § 20 Abs 2 WWFSG 1989 bzw 61a Abs 2 WWFSG 1989 iVm der VO des Landes[w] Wien LBGI. 32/1988 in der gültigen Fassung zu berechnenden (im konkreten Fall mit EUR 252,57 ermittelten) zumutbaren Wohnungsaufwandbelastung liegt war dem Antrag in dieser Höhe Folge zu geben.

Zum Ausspruch der Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision:

[…]"

3.Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie im Recht auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, dass das Einkommen der Beschwerdeführerin verfahrensrechtlich mangelhaft und inhaltlich unzutreffend ermittelt worden sei.

4.Das Verwaltungsgericht Wien hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.

II.Rechtslage

Die § 2, 20, 60 und 61 des Gesetzes über die Förderung des Wohnungsneubaus und der Wohnhaussanierung und die Gewährung von Wohnbeihilfe (Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz – WWFSG 1989), LGBl 18/1989 (§2 idF LGBl 8/2017), lauten auszugsweise wie folgt:

"Begriffsbestimmungen

§2. Im Sinne dieses Gesetzes gelten:

1. […]

14. als Einkommen das Einkommen gemäß § 2 Abs 2 Einkommensteuergesetz 1988, vermehrt um die bei der Einkommensermittlung abgezogenen Beträge gemäß § 18, 34 Abs 1 bis 5 und 8 des Einkommensteuergesetzes 1988, die steuerfreien Einkünfte gemäß § 3 Abs 1 Z 3 litb bis e, 4 lita und e, 5, 8 bis 12 und 22 bis 24 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie die gemäß § 29 Z 1 2. Satz des Einkommensteuergesetzes 1988 steuerfrei gestellten Bezüge und vermindert um die Einkommensteuer, die Alimentationszahlungen gemäß § 29 Z 1 2. Satz des Einkommensteuergesetzes 1988, soweit diese nicht bei der Einkommensermittlung gemäß § 34 des Einkommensteuergesetzes 1988 in Abzug gebracht wurden, den Bezug der Pflege- oder Blindenzulage (Pflege- oder Blindengeld, Pflege- oder Blindenbeihilfe) und den Zusatzrenten zu einer gesetzlichen Unfallversorgung,

15. als Haushaltseinkommen die Summe der Einkommen des Förderungswerbers oder Mieters und der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen mit Ausnahme von im Haushalt beschäftigten Arbeitnehmern und angestellten Pflegepersonal;

16. […]

Wohnbeihilfe

§20. (1) Wird der Mieter einer Wohnung, deren Errichtung im Sinne des I. Hauptstückes gefördert wurde, durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet, ist ihm auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, sofern er und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwenden.

(2) Die Wohnbeihilfe ist in der Höhe zu gewähren, die sich aus dem Unterschied zwischen zumutbarer und der in Abs 4 und 5 näher bezeichneten Wohnungsaufwandbelastung je Monat ergibt; bei Wohnungen, deren Nutzfläche die im § 17 Abs 3 genannten Grenzwerte für die angemessene Wohnnutzfläche übersteigt, ist der Berechnung der Wohnbeihilfe nur jener Teil der Wohnungsaufwandbelastung zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der angemessenen zur tatsächlichen Wohnnutzfläche entspricht. Die näheren Bestimmungen über die zumutbare Wohnungsaufwandsbelastung hat die Landesregierung durch Verordnung zu treffen.

(3) Das der Wohnbeihilfenberechnung zu Grunde zu legende Haushaltseinkommen gemäß § 2 Z 15 vermindert sich um mindestens 20 vH

a) für Jungfamilien,

b) für Haushaltsgemeinschaften mit einem noch nicht schulpflichtigen Kind,

c) für Personen mit einer nachgewiesenen Behinderung von mindestens 45 vH im Sinne des § 35 Abs 2 Einkommensteuergesetz 1988,

d) für Haushaltsgemeinschaften mit mindestens drei Kindern, für die Familienbeihilfe bezogen wird,

e) für Haushaltsgemeinschaften mit einem behinderten Kind im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 oder

f) für allein erziehende Elternteile, die für im gemeinsamen Haushalt lebende Kinder Anspruch auf Leistungen des gesetzlichen Unterhaltes haben, die nicht wieder verheiratet sind, in keiner eingetragenen Partnerschaft und auch in keiner in wirtschaftlich ähnlich einer Ehe eingerichteten Haushaltsgemeinschaft leben.

Lita bis f sind nicht kumulierbar.

(4) Als Wohnungsaufwand gilt jener Teil des zu entrichtenden Mietzinses, welcher

1.der Tilgung und Verzinsung der Darlehen gemäß § 6 Abs 2 und § 12,

2.der Abstattung der Eigenmittel des Vermieters gemäß § 62 Abs 1 Z 2,

3.der Verzinsung der Eigenmittel des Vermieters gemäß § 14 Abs 1 Z 3 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes,

4. der Abstattung rückzahlbarer Zuschüsse gemäß § 14 Abs 1 dient.

Als Wohnungsaufwand gilt auch die anteilige geleistete Pauschalrate für die Tilgung und Verzinsung eines Eigenmittelersatzdarlehens. Bei gemäß § 15 geförderten Wohnungen gilt als Wohnungsaufwand der gemäß § 63 Abs 1 in Verbindung mit Abs 3 und Abs 4 vereinbarte, höchstens jedoch der zulässige Hauptmietzins.

Im Falle der Umschuldung gemäß § 68 Abs 4 zählt auch der dortgenannte Unterschiedsbetrag auf die Dauer der Laufzeit des bisherigen Darlehens zum Wohnungsaufwand.

(4a) Für die in Abs 3 genannten Personen gilt, falls sie Empfänger von Förderungsmaßnahmen gemäß § 7 Abs 1 Z 1 bis 3 sind, ein zusätzlicher Betrag von 0,70 Euro je m² tatsächlicher, höchstens jedoch angemessener Wohnnutzfläche gemäß § 17 Abs 3 als Wohnungsaufwand.

(5) Der Berechnung der Wohnbeihilfe ist höchstens ein Wohnungsaufwand zugrunde zu legen, der dem Hauptmietzins gemäß § 15a Abs 3 Z 1 des Miet-rechtsgesetzes zuzüglich eines Zuschlages von 20 vH entspricht. Bei Anwendung des Abs 4a erhöht sich der der Berechnung zugrundezulegende Wohnungsaufwand um den dort genannten Betrag.

(6) Die Wohnbeihilfe vermindert sich um anderweitige Zuschüsse, die zur Minderung der Wohnungsaufwandbelastung gewährt werden. Insbesondere dürfen Wohnbeihilfe und die nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz zur Deckung des Wohnbedarfs gewidmeten Beihilfen den Hauptmietzins zuzüglich der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben auf Basis der tatsächlichen Wohnnutzfläche nicht überschreiten.

III. HAUPTSTÜCK

Allgemeine Wohnbeihilfe

§60. (1) Wird der Mieter einer nicht nach § 20 ff geförderten Wohnung durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet, ist ihm auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, sofern der Mieter und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwenden. Die Nutzflächeneinschränkung im Sinne des § 2 Z 1 ist nicht anzuwenden.

(2) Weiters kann Wohnbeihilfe nach diesem Hauptstück Mietern an Stelle einer Wohnbeihilfe nach dem I. Hauptstück gewährt werden.

(3) Die Wohnbeihilfe ist in der Höhe zu gewähren, die sich aus dem Unterschied zwischen der nach Abs 4 bzw § 20 Abs 2 ermittelten zumutbaren und der in Abs 5 näher bezeichneten Wohnungsaufwandsbelastung je Monat ergibt. Bei Wohnungen, deren Nutzfläche die im § 17 Abs 3 genannten Grenzwerte für die angemessene Wohnnutzfläche übersteigt, ist der Berechnung der Wohnbeihilfe jener Teil der Wohnungsaufwandsbelastung zu Grunde zulegen, der dem Verhältnis der angemessenen zur tatsächlichen Wohnnutzfläche entspricht.

(4) Der Betrag gemäß § 15a Abs 3 Z 3 (in Verbindung mit § 16 Abs 6) Mietrechtsgesetz je Quadratmeter Nutzfläche und Monat ist jedenfalls zumutbar.

(5) Als Wohnungsaufwand gilt der vereinbarte oder gesetzlich zulässig erhöhte (Haupt)Mietzins (einschließlich des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages) gemäß Mietrechtsgesetz bzw das Entgelt gemäß § 13 Abs 4 und 6, § 14 Abs 1 Z 1 bis 5 und 8, Abs 2 bis 5 sowie Abs 7a und § 39 Abs 18 Z 1 bis 4 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, jedoch höchstens bis zu dem für das Bundesland Wien kundgemachten Richtwert ohne Zuschläge gemäß Richtwertgesetz. Ansonsten ist für Kategorie B-Wohnungen oder bei allen befristeten Mietverträgen von diesem Richtwert ein Abschlag von 25 vH, für Kategorie C- und D-Wohnungen ein Abschlag von 50 vH vorzunehmen. Für die Fälle des § 46 Mietrechtsgesetz ist auf die Ausstattungskategorien zum Zeitpunkt des Eintritts des Wohnbeihilfenwerbers in das Mietverhältnis (§15a Abs 1 MRG), für alle anderen Fälle auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages (§15a Abs 1 und 2 MRG) abzustellen. Aufwendungen für Refinanzierungen auf Grund von nachgewiesenen Sanierungsmaßnahmen am Gebäude oder zur Anhebung der Ausstattungskategorie gelten unabhängig von der Kategorie bis zur Höchstgrenze im Sinne des ersten Satzes als Wohnungsaufwand.

(6) Die Wohnbeihilfe vermindert sich um anderweitige Zuschüsse, die zur Minderung der Wohnungsaufwandsbelastung gewährt werden.

§61. (1) Wohnbeihilfe im Sinne des III. Hauptstückes darf gewährt werden:

1. Österreichischen Staatsbürgern und gemäß § 9 Abs 3 gleichgestellten Personen,

2. Ausländern, die sich seit mindestens 5 Jahren ständig legal in Österreich aufhalten.

(2) Keinen Anspruch auf Wohnbeihilfe haben Mieter, die selbst (Mit)Eigentümer der Liegenschaft sind oder mit dem Vermieter in einem Naheverhältnis (§2 Z 11) stehen.

(3) Bewohner von Heimplätzen sowie Nutzungsberechtigte von Kleingartenwohnhäusern haben keinen Anspruch auf Wohnbeihilfe. Betreute Personen, die ein Nutzungsrecht an einer Wohnung haben, deren Hauptmieter ein vom Fonds Soziales Wien anerkannter Träger ist, haben Anspruch auf Wohnbeihilfe. § 61 Abs 5 ist nicht anzuwenden.

(4) Die Wohnbeihilfe vermindert sich um anderweitige Zuschüsse, die zur Minderung der Wohnungsaufwandsbelastung gewährt werden. Insbesondere dürfen Wohnbeihilfe und die nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz zur Deckung des Wohnbedarfs gewidmeten Beihilfen den Hauptmietzins zuzüglich der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben auf Basis der tatsächlichen Wohnnutzfläche nicht überschreiten.

(5) Eine Wohnbeihilfe darf nur gewährt werden, wenn das Einkommen (das Haushaltseinkommen) der Förderungswerber die Höhe im Sinne des Richtsatzes für Ausgleichszulagen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz erreicht oder nachweisbar im Sinne des § 27 über einen ununterbrochenen Zeitraum von 12 Monaten in den letzten zehn Jahren vor Antragstellung erreicht hat.

(6) Die im Abs 5 genannten Einkommensgrenzen gelten nicht für Verlängerungsanträge auf Wohnbeihilfe."

III.Erwägungen

1.Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2.Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

3.Ein solcher Fehler ist dem Verwaltungsgericht Wien unterlaufen:

3.1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seinem Erkenntnis ein monatliches Einkommen der Beschwerdeführerin in Höhe von € 1.179,40 "laut Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt" zugrunde, das sich allerdings weder aus den Verwaltungs- noch aus den Gerichtsakten nachvollziehen lässt. Im Akt erliegt lediglich eine Verständigung der Pensionsversicherungsanstalt vom Jänner 2018, welche die Höhe der Leistungen an die Beschwerdeführerin zum 1. Jänner 2018 mit € 1.153,50 ausweist. Sowohl diese aktenkundige Verständigung vom Jänner 2018 als auch die von der Beschwerdeführerin dem Verfassungsgerichtshof vorgelegte Verständigung der Pensionsversicherungsanstalt vom Jänner 2019, welche die Leistungshöhe zum 1. Jänner 2019 mit den – vom Verwaltungsgericht als Einkommen festgestellten – € 1.179,40 angibt, inkludieren Pflegegeld der Stufe I in Höhe von € 157,30. Pflegegeldbezüge sind gemäß § 2 Z 14 WWFSG 1989 jedoch nicht als Einkommen zu berücksichtigen (vgl idS auch VwGH 5.3.2014, 2013/05/0041).

3.2. Indem das Verwaltungsgericht die eindeutige Rechtslage in diesem – entscheidungswesentlichen – Punkt grob verkennt und eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit dem nach dem WWFSG 1989 maßgeblichen Einkommen unterlässt, hat es seine Entscheidung mit Willkür belastet.

3.3. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin und darauf einzugehen, ob die – eingangs wiedergegebene – Begründung des angefochtenen Erkenntnisses rechtsstaatlichen Standards an sich entspricht.

IV.Ergebnis

1.Die Beschwerdeführerin ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

2.Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4.Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten. Ein Ersatz der Eingabengebühr ist nicht zuzusprechen, weil die Beschwerdeführerin Verfahrenshilfe (auch) im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lita ZPO genießt.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2019:E1599.2019
Schlagworte:
Wohnbauförderung, Einkünfte, Sozialhilfe

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.