OGH vom 10.04.2019, 15Os8/19v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rögner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Otari M***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach § 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1, 130 Abs 3 iVm Abs 1 und 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Niko G***** und Grigoli J***** und über die Berufung des Niko G***** gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom , GZ 38 Hv 75/18s-212, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Den Angeklagten Niko G***** und Grigoli J***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Niko G***** und Grigoli J***** jeweils des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach § 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1, 130 Abs 3 iVm Abs 1 und 15 StGB (A.) und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (C.), G***** überdies mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B.), des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs 2, 224 StGB (D.) und des Vergehens der Annahme, der Weitergabe oder des Besitzes falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden nach § 224a StGB (E.), J***** weiters des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B.) schuldig erkannt.
Danach haben sie
A) anderen fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 5.000 Euro übersteigenden Wert teils durch Einbruch in Wohnstätten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, weggenommen oder wegzunehmen versucht, nämlich
1. Otari M***** und Grigoli J***** gemeinsam als Mittäter in der Nacht auf den in S***** dem Philipp K***** 4.716 Euro Bargeld und weitere Wertgegenstände unbekannten Wertes durch Einschlagen der Fensterscheibe des Wohnhauses, nachdem sie zunächst erfolglos versucht hatten, im ersten Obergeschoß ein Fenster auszuhebeln;
2. Otari M*****, Niko G***** und Grigoli J***** gemeinsam als Mittäter am in K***** dem Paris Gü***** 200 Euro Bargeld und weitere Wertgegenstände durch Einschlagen des Badezimmerfensters des Wohnhauses mit einem Stein, wobei weitere Schmuckstücke sowie ein Tresor samt Halbedelsteinen und Mineralien unbekannten Wertes zum Abstransport bereit gestellt, jedoch nicht mitgenommen wurden;
3. Grigoli J***** und Irakli Mo***** gemeinsam als Mittäter zwischen 16. und in L*****,
a) der Dagmar H***** Schmuck im Gesamtwert von etwa 2.248,80 Euro durch Einschlagen der Balkontür zu deren Wohnung,
b) der Annemarie S***** ein Flachbildfernsehgerät unbekannten Wertes durch Einschlagen eines Balkonfensters,
c) dem Erich Se***** Schmuck unbekannten Wertes durch Einschlagen des Badezimmerfensters des Wohnhauses;
4. Niko G*****, Grigoli J***** und Irakli Mo***** gemeinsam als Mittäter am in L***** Gewahrsamsträgern des Unternehmens C***** elektronische Geräte im Gesamtwert von 7.905 Euro;
5. Niko G***** und Irakli Mo***** gemeinsam als Mittäter am in S***** dem Erich P***** eine Geldbörse samt 300 Euro Bargeld und weitere Wertgegenstände unbekannten Wertes durch Einschlagen einer Fensterscheibe des Wohnhauses,
6. Niko G***** und Grigoli J***** gemeinsam als Mittäter am in A***** dem Michael B***** und der Gerardina B***** Schmuck und weitere Wertgegenstände unbekannten Wertes durch Aushebeln der Terrassentüre des Wohnhauses,
7. Niko G*****, Grigoli J***** und Irakli Mo***** gemeinsam als Mittäter am in S***** Gewahrsamsträgern der B***** AG Spirituosen im Gesamtwert von 204,93 Euro,
8. Niko G*****, Grigoli J***** und Irakli Mo***** gemeinsam als Mittäter am in T***** dem Walter W***** eine Ledergeldbörse samt Bargeld in unbekannter Höhe sowie Schmuck und Silbermünzen unbekannten Wertes, die in einem Rucksack verstaut und am Tatort zurückgelassen wurden, durch Herausreißen eines Kellerschachtgitters und Aufzwängen des dahinter befindlichen Fensters des Wohnhauses,
9. Otari M*****, Niko G***** und Grigoli J***** gemeinsam als Mittäter am in G***** der Nicolasina Ko***** und dem Franz Ko***** Schmuck und weitere Wertgegenstände unbekannten Wertes und der Annemarie Pö***** 90 Euro Bargeld durch Einschlagen der Kellerfensterscheibe des Wohnhauses,
10. Niko G***** allein am in A***** Gewahrsamsträgern eines S*****-Marktes Zigaretten im Wert von 750 Euro;
B) Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, eines Rechts oder eines Rechtsverhältnisses gebraucht werden, nämlich
1. Niko G***** und Irakli Mo***** durch die unter Punkt A.5. angeführte Tat Führerscheine und eine ECard des Erich P*****,
2. Otari M*****, Niko G***** und Grigoli J***** durch die unter Punkt A.9. angeführte Tat zwei Reisepässe der Nicolasina Ko***** und des Franz Ko*****;
C) Niko G***** und Irakli Mo***** durch die unter Punkt A.5. angeführte Tathandlung unbare Zahlungsmittel des Erich P*****, über die sie nicht verfügen durften, nämlich Bankomatkarten und Visakarten, mit dem Vorsatz unterdrückt, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern;
D) Niko G***** im Jänner 2018 eine falsche Urkunde, nämlich einen griechischen Reisepass, ausgestellt auf den Namen Gekas Sa*****, sohin eine ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht, indem er unter Verwendung des gefälschten Reisepasses eine Wohnung in R***** anmietete;
E) Niko G***** im Jänner 2018 eine falsche Urkunde, nämlich einen griechischen Führerschein ausgestellt auf den Namen Gekas Sa*****, mit dem Vorsatz, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde, besessen.
Dagegen hat der Angeklagte Niko G***** rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet, nach Zustellung der Urteilsausfertigung an den Verteidiger jedoch bloß die Berufung ausgeführt, welche er mit Eingabe vom zurückzog. Da er auch bei der Anmeldung keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet hat, war seine Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten Grigoli J***** gegen das Urteil erhobene und auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.
Der von der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) erhobene Einwand, das Urteil sei widersprüchlich, trifft nicht zu. Vielmehr haftet der Begründung bloß ein als solcher klar erkennbarer Schreibfehler an. Das Schöffengericht führte in der Beweiswürdigung zu A.2. des Schuldspruchs aus (US 17):
„Dass der Drittangeklagte [J*****] diesen Einbruch gemeinsam mit dem Erst und Zweitangeklagten verübt hat, erhellt zunächst aus der glaubhaften und schlüssigen Aussage des Zeugen Gü*****, der infolge eines Alarmsignals drei Täter auf frischer Tat betreten hat. Wenngleich er zunächst den Viertangeklagten [Mo*****] auf einer Lichtbildvorlage als die dritte Person identifizierte (AS 373 in ON 94), erklärte er anlässlich der Gegenüberstellung in der Hauptverhandlung nachvollziehbar, dass der Viertangeklagte aufgrund seiner Größe als jene von ihm beobachtete dritte Person ausscheide. Dem gegenüber wurde am Tatort das Handy des im Vergleich zum Viertangeklagten deutlich größeren Drittangeklagten sichergestellt (ON 335 in ON 94). Damit ist evident, dass der Viertangeklagte die dritte am Einbruchsdiebstahl beteiligte Person gewesen ist. Schließlich liegen keinerlei Anhaltspunkte für die Beteiligung einer bislang unbekannten fünften Person an den anklagegegenständlichen Einbruchsdiebstählen vor. Damit ist mittels Ausschlussprinzips im Zusammenhalt mit den Angaben Gü*****s und dem am Tatort sichergestellten Handy klar, dass der Drittangeklagte der dritte Täter ist.“
Es besteht kein Zweifel daran, dass die Anführung des Viertangeklagten anstatt des Drittangeklagten im vierten Satz des zitierten Textes bloß einen Schreibfehler darstellt (RISJustiz RS0106295 [T14]).
Entgegen dem weiteren Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) haben die Tatrichter bei den Feststellungen zu A.2. die Aussage des Zeugen Gü***** nicht außer Acht gelassen (US 17).
Im Übrigen ist die Mängelrüge (Z 5) nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (RISJustiz RS0119370). Dem entsprechen die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers zu A.2. des Schuldspruchs jedoch nicht, weil er übergeht, dass am Tatort sein Handy sichergestellt wurde (US 17).
Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RISJustiz RS0119583).
Indem die Tatsachenrüge auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten zu A.2., 4., 7., 8. und 9. und B.2. des Schuldspruchs, auf die den Rechtsmittelwerber diesbezüglich entlastenden Angaben der geständigen Mitangeklagten (vgl jedoch US 20) sowie auf den Umstand verweist, dass der Zeuge Gü***** ihn nicht eindeutig als Täter identifizieren konnte, gelingt es ebenso wenig, erhebliche Bedenken beim Obersten Gerichtshof zu wecken, wie durch das Vorbringen zu A.4. betreffend den Zeugen Se***** und ein Überwachungsvideo, den Hinweis zu A.8., er wäre während der Tat verletzt im Auto geblieben, und zu A.9. und B.2., wonach sich aus der Rufdatenauswertung keine Involvierung in die Tat ergebe, sondern bloß sein Aufenthalt in der Nähe des Tatorts.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten J***** war daher – entgegen der Ansicht der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorliegende Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00008.19V.0410.000 |
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