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OGH vom 14.03.2000, 15Os32/00

OGH vom 14.03.2000, 15Os32/00

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Greinert als Schriftführerin, in der beim Landesgericht Innsbruck zum AZ 25 Vr 986/99 anhängigen Strafsache gegen Wilfried H***** wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147, 148 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom , AZ 6 Bs 53, 54/00 (= ON 45), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Wilfried H***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe :

Beim Landesgericht Innsbruck wird gegen Wilfried H***** Voruntersuchung geführt, weil er dringend verdächtig ist, die Verbrechen des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147, 148 erster Fall StGB und der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB verübt zu haben. Mit Beschluss des Untersuchungsrichters vom wurde über ihn gemäß § 180 Abs 2 Z 2 und 3 lit b und c StPO die Untersuchungshaft verhängt (ON 11 iVm ON 14) und deren Fortsetzung am (ON 17) sowie am mit Wirksamkeit bis längstens (Samstag, den) angeordnet (ON 23).

Da bereits zwei Haftverhandlungen stattgefunden hatten, verzichtete der Beschuldigte am auf die Durchführung einer bevorstehenden weiteren Haftverhandlung (S 3 s/I). Daraufhin fasste der Untersuchungsrichter am Montag, dem , den schriftlichen Beschluss auf Fortsetzung der Untersuchungshaft (mit Wirksamkeit bis längstens ) ohne vorangegangene mündliche Verhandlung (ON 35). Tags darauf stellte Wilfried H***** einen Enthaftungsantrag, der am nach Durchführung einer Haftverhandlung abgewiesen wurde (ON 39).

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Innsbruck einer Beschwerde des Beschuldigten gegen die beiden zuletzt bezeichneten Beschlüsse des Untersuchungsrichters nicht Folge und ordnete die Fortsetzung einer Untersuchungshaft aus den genannten Haftgründen bis längstens Montag, den , an (ON 45).

Mit der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit deshalb verletzt, "weil die Untersuchungshaft, deren Fortdauer bis zum beschlossen wurde, und nach diesem Zeitpunkt fortgesetzt wurde, obwohl ihm der schriftliche Beschluss auf Fortsetzung der Untersuchungshaft vom erst nach Ablauf der Haftfrist zugestellt wurde" (ON 46). Die Annahme des dringenden Tatverdachts und der herangezogenen Haftgründe wird nicht bekämpft.

Die Beschwerde ist - im Sinne der im Ergebnis zutreffenden Begründung des Gerichtshofs zweiter Instanz - nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 181 Abs 5 StPO kann der Beschuldigte auf die Durchführung einer bevorstehenden weiteren Haftverhandlung verzichten, wenn - wie vorliegend - bereits zwei Haftverhandlungen stattgefunden haben. Entgegen dem Beschwerdestandpunkt ist weder dem Gesetz noch dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung zu entnehmen, dass eine solche Verzichtserklärung nur dann rechtswirksam sein soll, wenn sie entweder im Beisein des Verteidigers abgegeben oder diesem vorher Gelegenheit zu einer Stellungnahme geboten wurde (vgl AB 5 f, 1157 BlgNR XVIII GP, bei Pleischl/Soyer1, §§ 41 und 42). Dem Verteidiger wäre es vielmehr im Rahmen seiner Vertretungspflichten und fallbezogener Einschätzung oblägen, nach Durchführung der zweiten Haftverhandlung allenfalls den Beschuldigten darauf hinzuweisen, einen Verzicht auf die Durchführung einer weiteren Haftverhandlung erst nach Rücksprache mit ihm zu erklären. Wilfried H***** hat daher mit seiner Erklärung am dem Untersuchungsrichter gegenüber auf Durchführung einer weiteren Haftverhandlung rechtswirksam verzichtet, zumal die Sonderbestimmungen über die Unwirksamkeit eines Rechtsmittelverzichts (§§ 466 Abs 1, 489 Abs 1 StPO) im Haftrecht nicht gelten (13 Os 77/94).

Obwohl die Beschlussfassung am über die Fortsetzung der Untersuchungshaft an sich von der Grundrechtsbeschwerde nicht (mehr) ausdrücklich gerügt wird, scheint (neuerlich) eine Klarstellung zum Ende der Haftfristen des § 181 StPO iVm § 6 Abs 2 Satz zwei StPO geboten:

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in den Entscheidungen vom , AZ 14 Os 57/94 (= EvBl 1994/139 = JBl 1995, 260; aM Venier AnwBl 1995, 478) und vom , AZ 15 Os 139/97 (= EvBl 1998/36 = JBl 1999, 63 = RZ 1998/24) unmissverständlich ausgesprochen, dass es sich bei den in § 181 Abs 1 und Abs 2 StPO normierten Haftfristen grundsätzlich um - von den gesetzlich determinierten Ausnahmen der §§ 6 Abs 2, 181 Abs 3 und Abs 4 StPO abgesehen - unerstreckbare prozessuale, (weil "in diesem Gesetz" bestimmt) den Regeln des § 6 StPO unterliegende Fristen handelt (vgl Mayerhofer StPO4 § 181 E 1 mwN). Im Anlassfall kommt die Ausnahme des § 6 Abs 2 Satz 2 zum Tragen. Dieser Bestimmung zufolge war der nächste Werktag (Montag, der ) als letzter Tag der Frist anzusehen, weil das Ende der zweimonatigen Haftfrist auf einen (richtig) Sonntag () fiel (vgl § 6 Abs 1 Satz zwei StPO). Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass im Beschluss vom (ON 23) der Ablauftag von vornherein irrig mit angeführt wurde (Mayerhofer aaO E 2). Dadurch, dass der Untersuchungsrichter nach der - auch vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogenen - Aktenlage den Beschluss über die Fortsetzung der Untersuchungshaft noch am Montag, dem , vor 24.00 Uhr schriftlich abfasste und unterfertigte, erging dieser daher noch vor Ablauf der gemäß § 181 Abs 2 Z 3 StPO zunächst mit zwei Monaten limitiert gewesenen, jedoch durch § 6 Abs 2 Satz 2 StPO ausnahmsweise verlängerten Haftfrist.

Der Beschwerdeeinwand, die zulässige Haftdauer sei vorliegend deshalb überschritten worden, weil dem Beschuldigten der schriftliche Beschluss über die Fortsetzung einer Untersuchungshaft vom erst nach Ablauf der Haftfrist am zugestellt worden sei, findet im Gesetz keine Deckung (Hager/Holzweber GRBG § 2 E 72a).§ 181 Abs 1 StPO fordert nämlich, dass vor Ablauf der Haftfrist eine Haftverhandlung durchzuführen ist; Abs 5 leg cit hinwieder verlangt, dass der Beschluss über die Aufhebung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft (vor Ablauf der Haftfrist) ohne vorangegangene mündliche Verhandlung schriftlich ergehen muss.

Anders als in § 176 Abs 1 und § 179 Abs 3 StPO hat der Gesetzgeber bei der grundlegenden Reformierung des Haftrechts durch das Strafprozessänderungsgesetz 1993 (BGBl 1993/526) die Zustellung einer Beschlussausfertigung nicht normiert und insbesondere - der Beschwerde zuwider - auch nicht angeordnet, dass der schriftliche Fortsetzungsbeschluss noch vor Ablauf der aktuellen Haftfrist dem Beschuldigten zugestellt werden und er diesen "in Händen" haben muss.

Da sohin Wilfried H***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde, war die Grundrechtsbeschwerde - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.