OGH vom 20.03.2013, 15Os27/13d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zellinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz P***** wegen § 288 Abs 1 und Abs 4 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 37 Hv 109/12z des Landesgerichts Salzburg, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom , GZ 37 Hv 109/12z 19, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Ulrich, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 37 Hv 109/12z 19, mit dem vom Widerruf der bedingten Entlassung des Verurteilten Franz P***** abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, verletzt § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB sowie § 494a Abs 1 StPO.
Dieser Beschluss wird aufgehoben und der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Beschlussfassung gemäß § 494a Abs 1 Z 2 iVm Abs 6 StPO abgewiesen.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom , GZ 39 Hv 28/08x 23, wurde Franz P***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen (§ 43 Abs 1 StGB) Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Unter einem wurde dem Angeklagten die Weisung erteilt, sich einer psychotherapeutischen Gesprächstherapie zu unterziehen.
Mit Beschluss des genannten Gerichts vom , GZ 39 Hv 28/08x 45, wurde die bedingte Strafnachsicht infolge Weisungsbruchs widerrufen und die Freiheitsstrafe letztlich am in Vollzug gesetzt (ON 92).
Mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Vollzugsgericht vom , GZ 46 BE 70/11z 13, wurde dem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe der Strafrest von sechs Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen (§ 46 Abs 1 StGB) und dieser am (ON 15 im BE Akt und ON 97 im HV Akt) entlassen. Unter einem ordnete das Vollzugsgericht Bewährungshilfe an und erteilte dem Verurteilten mit dessen Zustimmung die Weisung, sich einer Psychotherapie zu unterziehen.
Mit in gekürzter Form ausgefertigtem, einen rechtskräftigen Freispruch (von einer Tat vom ) enthaltenden Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 37 Hv 109/12z 19, wurde Franz P***** der jeweils am begangenen Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB (I./) sowie der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt und zu einer für eine dreijährige Probezeit (§ 43 Abs 1 StGB) bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Unter einem wurde mit Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der durch das Landesgericht Salzburg als Vollzugsgericht „zu AZ 46 BE 70/11z gewährten bedingten Entlassung zur Verurteilung des Landesgerichts Salzburg zu 39 Hv 28/08z“ abgesehen, jedoch gemäß § 494a Abs 6 StPO die Probezeit auf fünf Jahre verlängert, obwohl aus der im Akt einliegenden Strafregisterauskunft die bedingte Entlassung im Jahr 2011 (dort „“) hervorging (ON 10 S 11) und auch das im Beschluss zitierte Aktenzeichen des Vollzugsgerichts eine Entlassung nicht vor dem Jahr 2011 auswies.
Rechtliche Beurteilung
Dieser gemeinsam mit dem Urteil gefasste und in Rechtskraft erwachsene, gemäß § 86 Abs 3 StPO im Protokollsvermerk beurkundete Beschluss des Landesgerichts Salzburg gemäß § 494a StPO steht wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Gemäß § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB und § 494a Abs 1 StPO kommt ein auf neuerliche Delinquenz gegründeter Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Entlassung und Verlängerung der Probezeit nur im Fall der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RIS Justiz RS0092019). Die der Beschlussfassung zugrunde liegende Straftat vom wurde jedoch nicht während der Probezeit nach bedingter Entlassung, sondern bereits vor deren Beginn (vgl § 49 StGB) verübt.
Weil sich diese Gesetzesverletzung durch Verlängerung der Probezeit auch zum Nachteil des Verurteilten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO), den Beschluss aufzuheben und den auf Beschlussfassung gemäß § 494a Abs 1 Z 2 iVm Abs 6 StPO (ON 11 S 2) gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft abzuweisen.