OGH vom 02.04.1998, 15Os26/98

OGH vom 02.04.1998, 15Os26/98

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kast als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Renate K***** und Ing.Manfred K***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Renate K***** und Ing.Manfred K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 12 b Vr 9552/96-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Renate K***** und Ing.Manfred K***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 "Abs 1" (offenkundiger Schreibfehler, richtig - siehe auch US 9: Abs 2) lit a FinStrG, Ing.Manfred K***** als Beteiligter gemäß § 11 dritte Alternative FinStrG schuldig erkannt.

Danach haben sie von Anfang 1990 bis Februar 1994 in Wien, und zwar Renate K***** als Einzelunternehmerin und Ing.Manfred K***** als leitender Angestellter, im bewußten und gewollten Zusammenwirken fortgesetzt vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen durch nicht sämtliche Erlöse ausweisende Erklärungen eine für gewiß gehaltene Verkürzung der selbst zu berechnenden Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bewirkt, und zwar für 1990, 1991 und 1993 um (zusammengefaßt) 3,849.109,60 S.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die getrennt ausgeführten, jeweils auf die Z 5 und 5 a sowie 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, die indes nicht berechtigt sind.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden führen die Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) jeweils ineinander vermengt aus.

Unter Behauptung einer unvollständigen und unzureichenden, teils auch widersprüchlichen (Ing.Manfred K*****) Begründung bekämpfen beide unter Hinweis auf unter Betrauung einer Steuerberatungskanzlei abgegebene angeblich korrekte (was ersichtlich nicht zutrifft, s.S 7) Jahresumsatzsteuererklärungen die den Angeklagten angelastete, auf die festgestellten Abgabenverkürzung gerichteten inneren Vorhaben, wobei die Angeklagte Renate K***** die Erstellung der Voranmeldungen nach bestem Willen und Wissen behauptet (S 2 ihrer Rechtsmittelschrift), während der Angeklagte Ing.Manfred K***** - wie in der Hauptverhandlung - einräumt, daß Ausgangsrechnungen an die Firma P***** "nicht zur Gänze an die Steuerberatungskanzlei weitergeleitet bzw erst zum Jahresende eingebucht und mit der Jahresumsatzsteuer dem Finanzamt bekanntgegeben" worden seien (S 4 der Rechtsmittelschrift).

Die Ausführungen gehen schon deshalb ins Leere, weil sie keine für die Lösung der konkreten Schuld- frage wesentliche Tatsache betreffen, wird den Angeklagten doch eine vorsätzliche Abgabenverkürzung anläßlich der Jahresumsatzsteuererklärungen (§ 33 Abs 1 FinStrG) gar nicht vorgeworfen. Bei der hier aktuellen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG sind nämlich Tatobjekt und geschütztes Rechtsgut die Umsatzsteuervorauszahlung, also nur die Beeinträchtigung der Umsatzsteuer im zeitlich der Fälligkeit der Jahresumsatzsteuer mitunter weit vorgelagerten Voranmeldungsstadium, während § 33 Abs 1 FinStrG dem Schutz (ua) der bescheidmäßig festzusetzenden Umsatzsteuer selbst dient. Eine Steuereinnahme wird nicht nur dann verkürzt, wenn sie überhaupt nicht eingeht, sondern auch dann, wenn sie ganz oder teilweise dem Steuergläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukommt, in dem er darauf gesetzlich Anspruch hat (Dorazil/Harbich FinStrG § 33 E 35). (Nur) Letzteres wird den Angeklagten hier vorgeworfen.

Aus welchen Erwägungen das Schöffengericht die subjektive Tatseite der Angeklagten, insbesondere auch die Wissentlichkeit zum Eintritt der Abgabenverkürzung festgestellt hat, legte es unter Berücksichtigung des gesamten Beweisverfahrens, insbesondere auch der Verantwortungen der Angeklagten, denkrichtig und im Einklang mit der allgemeinen Lebenserfahrung mängelfrei dar. In Wahrheit bekämpfen die Beschwerdeausführungen (teilweise unter isolierter Betrachtung aus dem Zusammenhang gerissener Teile von Zeugenaussagen) im Nichtigkeitsverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässig bloß die Beweis- würdigung des erkennenden Gerichtes und stellen somit den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht prozeßordnungsgemäß dar. Dies trifft insbesondere auch für das Beschwerdevorbringen des Angeklagten Ing.Manfred K***** zu, mit dem er unsubstantiiert und widersprüchlich zur eigenen Einlassung (S 211) jegliche Beteiligung an der Abgabe der (unrichtigen) Umsatzsteuervoranmeldungen in Abrede stellt. Zum Vorbringen betreffend eine Abgabe richtiger Jahresumsatzsteuererklärungen ist zum einen auf die obigen Ausführungen zu verweisen, zum anderen darauf, daß diese zwar in Ansehung der bereits vollendeten Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen den Strafaufhebungsgrund des § 29 FinStrG bewirken könnten, dieser aber vorliegend zufolge Nichterfüllung aller (weiteren) Voraussetzungen hiezu - was vom Schöffengericht unbekämpft festgestellt wurde - nicht zum Tragen kam (Leitner Grundzüge des öst. Finanzstrafrechts 172).

Keine Ausführungen enthalten die Nichtigkeitsbeschwerden darüber, woraus sich erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen ergeben sollen. Die Tatsachenrügen (Z 5 a) entbehren sohin einer der Strafprozeßordnung gemäßen Ausführung.

Dies trifft auch für die jeweiligen Rechtsrügen (Z 9 lit a) zu.

Die Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert nämlich ein unbedingtes Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt. Diesem Erfordernis entsprechen beide Rechtsrügen jedoch nicht, weil sie abweichend von den Konstatierungen der Tatrichter ein bewußtes und gewolltes gemeinsames, fortgesetzt vorsätzliches, hinsichtlich des Eintritts der Verkürzungen wissentliches Verhalten in Abrede stellen. Soweit die Rechtsrüge des Angeklagten Ing.Manfred K***** einen Feststellungsmangel zu Einzelheiten seines Handelns, sohin der Sache nach eine unzureichende Begründung (Z 5) releviert, ist ihr zu entgegnen, daß das Schöffengericht ausreichende Konstatierungen getroffen hat und auf Grund seiner Verpflichtung zur gedrängten Darstellung der Gründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten war, auch Details des bewußten und gewollten Zusammenwirkens darzulegen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d StPO), sodaß über die außerdem erhobenen Berufungen der Angeklagten das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 285 i StPO).