OGH vom 25.05.2016, 15Os24/16t

OGH vom 25.05.2016, 15Os24/16t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Isep als Schriftführer in der Strafsache gegen Farzin I***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom , GZ 24 Hv 30/15i 26, sowie über dessen Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Farzin I***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (A./I./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall SMG (A./III./) und nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs 2 SMG (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung „vorschriftswidrig

A./ Suchtgift (erkennbar gemeint: zu I./) in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge von Tschechien aus und über Deutschland nach Österreich eingeführt sowie (gemeint: zu III./) einem anderen angeboten und überlassen, wobei er (zu I./) die Straftaten nach § 28a Abs 1 SMG gewerbsmäßig beging und schon einmal, nämlich am vom Landesgericht Linz zu 40 Hv 3/14k, wegen einer solchen Straftat verurteilt worden ist, nämlich:

I./ am im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Naida A***** in C***** 27 Gramm Crystal Meth (enthaltend zumindest 71 % Methamphetamin als Reinsubstanz) um 400 Euro angekauft und mit dem auf A***** zugelassenen PKW der Marke VW Passat, Kennzeichen *****, über Deutschland nach T***** transportiert;

III./ durch gewinnbringenden Verkauf von Suchtgift

1) im Sommer 2014 in F***** an Thomas P***** zumindest 5 Gramm Kokain durchschnittlicher Qualität zum Grammpreis zwischen 65 Euro bis 75 Euro.“

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel.

Dem Einwand der Beschwerde zuwider blieben die Feststellungen zur gewerbsmäßigen Tendenz des Angeklagten (US 4) nicht unbegründet (Z 5 vierter Fall), sondern sie wurden ohne Verstoß gegen Grundsätze logischen Denkens und allgemeine Erfahrungssätze auf die einschlägige Vorverurteilung, die von den Tatrichtern angestellte „Gewinnüberlegung“ (US 5), die professionelle Handlungsweise des Angeklagten im Zug der ersten Schmuggelfahrt (US 6) sowie auf seine schwierige wirtschaftliche Lage in Österreich, die erhebliche Schuldenbelastung und auf die Delinquenz in Bezug auf Suchtgifte verschiedener Art (US 8) gestützt. Dass diese Begründung dem Rechtsmittelwerber nicht überzeugend erscheint, stellt den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund nicht dar (RIS Justiz RS0099455).

Soweit der Rechtsmittelwerber die dazu angestellten Erwägungen des Erstgerichts kritisiert, bekämpft er lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld die Beweiswürdigung der Tatrichter.

Die Frage, wann und aufgrund welcher Umstände der „Entschluss“ gefasst wurde, sich durch den Schmuggel von Suchtgift eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, betrifft keine entscheidende Tatsache, sodass die daran anknüpfende Kritik (der Sache nach auch Z 9 lit a) ins Leere geht.

Der zu A./III./ erhobene Einwand unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) in Bezug auf den „Tatplan“ hinsichtlich des Verkaufs von Kokain an Thomas P***** stellt gleichfalls bloß Kritik an der Beweiswürdigung dar, ohne nichtigkeitsbegründende Umstände aufzuzeigen. Wegen gewerbsmäßiger Begehung wurde der Angeklagte zu diesem Faktum im Übrigen ungeachtet der sprachlich missverständlichen Formulierung im Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO nicht verurteilt (vgl US 2, 9).

Der Beziehungsstatus zwischen Naida A***** und Markus K***** betrifft ebenso wenig eine entscheidende Tatsache (zum Begriff siehe RIS Justiz RS0117264) wie der (ursprüngliche) Grund für die Fahrt nach C***** und die Frage, von wem die Initiative dazu ausging.

Dass die Tatrichter den Angaben der Zeugin A***** teils gefolgt sind, teils ihr aber keinen Glauben geschenkt haben, stellt keinen Nichtigkeitsgrund dar (RIS Justiz RS0098372). Den Umstand, dass diese Zeugin „durchaus in sich widersprüchliche Angaben machte“, haben die Tatrichter bei Würdigung der Beweisergebnisse mitberücksichtigt (US 6; Z 5 zweiter Fall).

Die Konstatierungen zum Ankauf und daraus folgend zum Schmuggel von 27 Gramm Crystal Meth in C***** (A./I./) gründeten die Tatrichter logisch und empirisch mängelfrei auf die im Einzelnen gewürdigte und in diesem Punkt für glaubwürdig befundene Aussage der Zeugin A***** (US 5 f). Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einer Zeugin aufgrund des von dieser in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch psychologische Vorgang als solcher ist aber der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS Justiz RS0106588). Soweit die Beschwerde den Erwägungen der Tatrichter eine eigenständige Bewertung der Angaben dieser Zeugin sowie „weit naheliegendere Varianten“ des Geschehens entgegenhält, verbleibt sie wiederum im Bereich einer nach Art einer Berufung wegen Schuld vorgetragenen Kritik an der Beweiswürdigung der Tatrichter.

Der an mehreren Stellen der Rechtsmittelschrift erhobene Vorwurf der Aktenwidrigkeit verkennt, dass eine solche nur dann vorliegt, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS Justiz RS0099547), nicht aber, wenn die Tatrichter aus den erhobenen Beweisen mängelfrei andere als vom Beschwerdeführer gewünschte Schlussfolgerungen gezogen haben (RIS Justiz RS0099524).

Die prozessordnungskonforme Darstellung einer Tatsachenrüge (Z 5a) verlangt, aus dem in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismaterial unter konkreter Bezugnahme auf solches anhand einer Gesamtbetrachtung der tatrichterlichen Beweiswürdigung erhebliche Bedenken gegen die Urteilsfeststellungen zu entscheidenden Tatsachen abzuleiten (RIS Justiz RS0117446). Diesen Kriterien wird die Beschwerde nicht gerecht, indem sie unter Verweis auf das zur Mängelrüge (Z 5) Vorgebrachte die Beweiswürdigung der Tatrichter pauschal als „völlig spekulativ“ und „von jeglichen getätigten Aussagen“ abweichend bezeichnet.

Mit Blick auf § 290 Abs 1 StPO bleibt anzumerken, dass das Urteil zu A./III./ keine Feststellungen zum Erwerb und Besitz von Suchtgift (§ 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG) enthält. Ein über die unrichtige Subsumtion hinausgehender Nachteil für den Angeklagten ist damit jedoch nicht verbunden, weil sie sich weder auf den konkret zu bildenden Strafrahmen nach § 28a Abs 2 SMG auswirkte noch daraus unrichtige, für ihn nachteilige Strafzumessungstatsachen abgeleitet wurden (US 9; Z 11). In diesem Umfang ist das Oberlandesgericht bei seiner Berufungsentscheidung auch nicht an den fehlerhaften Ausspruch des Erstgerichts gebunden (RIS Justiz RS0118870).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über Berufung und Beschwerde ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00024.16T.0525.000