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OGH vom 05.06.2020, 15Os22/20d

OGH vom 05.06.2020, 15Os22/20d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. MichelKwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Walter, LL.M., LL.M., BA als Schriftführerin in der Strafsache gegen J***** A***** wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach § 127, 130 Abs 1 erster Fall und 15 StGB, AZ 13 Hv 24/18v des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , AZ 22 Bs 197/18h, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen J***** A*****, AZ 13 Hv 24/18v des Landesgerichts für Strafsachen Wien, verletzt das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , AZ 22 Bs 197/18h, durch die Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom , GZ 42 Hv 42/18d20, § 31 Abs 1 StGB.

Text

Gründe:

J***** A***** wurde mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom , GZ 13 Hv 24/18v-38, des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach § 127, 130 Abs 1 erster Fall und 15 StGB schuldig erkannt und zu einer unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Dagegen führte die Angeklagte eine Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe aus (ON 45).

Während des anhängigen Rechtsmittelverfahrens wurde A***** neuerlich verurteilt, und zwar mit Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom , GZ 42 Hv 42/18d-20, wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach § 127, 130 Abs 1 erster Fall und 15 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Dieser Verurteilung liegen Diebstähle zugrunde, die von der Angeklagten am und am verübt wurden.

Mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , AZ 22 Bs 197/18h, wurde der gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom erhobenen Berufung der Angeklagten wegen Nichtigkeit und Schuld nicht, jedoch jener wegen Strafe mit der Maßgabe Folge gegeben, dass „die Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe gemäß § 31, 40 StGB zu der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom , GZ 42 Hv 42/18d-20, verhängten Strafe zu gelten hat“. Die Freiheitsstrafe wurde unter Beibehaltung der bedingten Strafnachsicht auf sechs Monate herabgesetzt (ON 59 des Bezugsakts).

Diese bedingte Strafnachsicht wurde mittlerweile aufgrund eines gemeinsam mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom , AZ 13 Hv 97/18d, ergangenen Beschlusses (rechtskräftig) widerrufen (ON 63 des Bezugsakts).

Die Bedachtnahme des Berufungsgerichts gemäß § 31 Abs 1 StGB steht – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt – mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Eine Zusatzstrafe nach § 31 StGB kommt nur dann in Frage, wenn sämtliche abzuurteilende Taten vor dem Vor-Urteil erster Instanz begangen wurden (Ratz in WK² StGB § 31 Rz 3, 15; RIS-Justiz RS0090964, RS0090926 [T5]).

Taten, die nach Fällung des früheren Urteils, aber vor dessen Rechtskraft begangen worden sind, also etwa – wie hier – vor dem Berufungsurteil, können nicht Gegenstand einer nachträglichen Verurteilung im Sinn des § 31 StGB sein, weil ab Fällung des früheren Urteils eine gemeinsame Führung der Straftaten gemäß § 37 Abs 1 StPO nicht mehr möglich gewesen wäre (RIS-Justiz RS0113612; Ratz in WK² StGB § 31 Rz 3; Tischler, SbgK § 31 Rz 10; Leukauf/Steininger/Tipold StGB4§ 31 Rz 14a).

Vorliegend verübte J***** A***** am 9. und , sohin nach der Verurteilung vom , weitere Diebstähle, für die sie mit Urteil vom schuldig erkannt wurde. Eine gemeinsame Aburteilung im zeitlich ersten Erkenntnis wäre somit nicht möglich gewesen.

Diese – der Verurteilten nicht zum Nachteil gereichende – Gesetzesverletzung war festzustellen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00022.20D.0605.000

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