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OGH vom 05.04.2017, 15Os21/17b

OGH vom 05.04.2017, 15Os21/17b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ibraim J***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 42 Hv 29/16i-134, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ibraim J***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (A./) und der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 202 Abs 1, 15 StGB (B./) sowie der Vergehen der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (C./), der sexuellen Belästigung nach §§ 218 Abs 1 Z 1, 15 StGB (D./) sowie der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1a StGB (E./) schuldig erkannt.

Danach hat er – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – „in Wien

A./ die Nachgenannten mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlungen zu nötigen versucht, und zwar

1./ am Lea P*****, indem er sie in der Tiefgarageneinfahrt in *****, zu Boden brachte, ihr Mund und Nase zuhielt, ihre Hose aufriss und ihr (mit einer Hand) auf der Vagina auf und abfuhr, wobei Lea P***** dem Ibraim J***** in die Hand beißen konnte, weswegen dieser zunächst die Flucht ergriff, sie jedoch nachdem sie wieder aufgestanden war, erneut zu Boden stieß und erneut auf ihrer Vagina auf und abfuhr sowie erneut flüchtete, nachdem sie ihn abermals biss;

2./ am Katharina H*****, indem er sie bis zu ihrem Wohnhaus verfolgte, hinter ihr das Haus sowie den Aufzug betrat und sie nach Verlassen des Aufzugs von hinten packte, ihr den Mund zuhielt und unter den Rock auf den Slip griff, wobei die weitere Tatausführung aufgrund der Gegenwehr des Opfers unterblieb;

D./ die Nachgenannten durch geschlechtliche Handlungen an diesen belästigt, indem er diesen plötzlich zwischen die Beine in den Schritt fasste, und zwar

II./

1./ am Susanne Pe*****;

2./ am in B***** Stefanie W*****;

…“

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich als nicht berechtigt.

Trotz umfassenden Aufhebungsantrags wurde lediglich zu A./ und D./II./ des Schuldspruchs ein inhaltliches Vorbringen erstattet (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Zu A./1./ behauptet die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), das Erstgericht hätte die in der Hauptverhandlung nicht verlesenen Angaben der von der Polizei im Ermittlungsverfahren vernommenen Zeugin Sandra M***** berücksichtigt (vgl § 258 Abs 1 StPO; RISJustiz RS0098481), wonach der Angeklagte die Phrase „Spass haben“ stets verwendete, wenn er mit ihr den Beischlaf ausüben wollte (US 22). Der Rechtsmittelwerber lässt dabei jedoch außer Acht, dass der Zeugin eben diese Aussage bei ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung vorgehalten wurde, womit sie iSd § 258 Abs 1 StPO vorgekommen ist (ON 114 S 34; vgl Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 57; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 203; RIS-Justiz RS0107792 [T2]).

Die das behauptete Alibi des Angeklagten nicht bestätigenden Angaben der Genannten im Ermittlungsverfahren wurden entgegen dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge zu A./1./ (Z 5 vierter Fall) sehr wohl verlesen (ON 114 S 34). Ebenso wurde die kontradiktorische Vernehmung der Zeugin Lea P***** in der Hauptverhandlung vorgeführt (US 9; ON 133a S 9).

Indem die weitere Mängelrüge zu D./II./1./ und 2./ ausführt, das Erstgericht hätte zur subjektiven Tatseite keine ausreichende Begründung angeführt (Z 5 vierter Fall), verkennt sie, dass der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen ohne weiteres rechtsstaatlich vertretbar und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen ist (US 33; RISJustiz RS0098671 [T5]).

Zu A./I./ und II./ vermisst die Rechtsrüge (Z 9 lit a) jeweils die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen der eingesetzten Gewalt und dem Nötigungsziel der Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung, nämlich einer digitalen Vaginalpenetration (vgl Philipp in WK² StGB § 201 Rz 17), übersieht dabei jedoch, dass dem Angeklagten lediglich Versuch zur Last liegt. Soweit der Angeklagte diesbezüglich Konstatierungen zur subjektiven Tatseite vermisst, legt er nicht dar, weshalb die Urteilsannahmen, wonach er P***** und H***** jeweils zur Duldung der Vaginalpenetration mit seinen Fingern nötigen wollte, indem er die im Urteil näher beschriebene Gewalt gegen sie ausübte (US 12), nicht genügen sollten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00021.17B.0405.000
Schlagworte:
3 Alle Os-Entscheidungen

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