OGH vom 25.03.2015, 15Os20/15b

OGH vom 25.03.2015, 15Os20/15b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Romig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gabor N***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall und § 15 StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Laszlo P***** sowie die Berufungen des Angeklagten Gabor N***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom , GZ 48 Hv 16/14m 258, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen der Angeklagten Gabor N***** und Laszlo P***** zu A./II./3./, demzufolge auch in den zu A./ gebildeten Subsumtionseinheiten und den Aussprüchen über Freiheitsstrafen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) aufgehoben und die Strafsache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

M it ihren Berufungen werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten Laszlo P***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Angeklagten Gabor N***** und einen rechtskräftigen Freispruch des Angeklagten Laszlo P***** von weiteren Vorwürfen enthält, wurden diese jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall und § 15 StGB (A./) und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (B./) schuldig erkannt.

Danach haben sie (zusammengefasst) vom 5. Oktober bis in N***** und an anderen Orten im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB)

A./ in insgesamt 105 Angriffen im Urteil konkretisierte fremde bewegliche Sachen (einschließlich Bargeld) in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren (§ 128 Abs 1 Z 4 StGB) Diebstählen durch Einbruch (§ 129 Z 1 und Z 2 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Einbruch in Gebäude und durch Aufbrechen von Behältnissen, den im Urteil genannten Gewahrsamsträgern weggenommen (I./) und wegzunehmen versucht (II./);

B./ in drei Angriffen (I./ bis III./) im Urteil konkretisierte fremde Sachen beschädigt und einen Schaden in 3.000 Euro nicht übersteigender Höhe herbeigeführt.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P***** kommt teilweise Berechtigung zu.

Zutreffend zeigt die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zu A./II./3./ auf, dass die auf den Einbruchsversuch vom in P***** (zum Nachteil des Unternehmens H*****) bezogenen Feststellungen zur objektiven Tatseite zur Gänze unbegründet blieben, sodass in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur die Kassation des Schuldspruchs zu diesem Faktum unvermeidbar ist.

Da der dieselbe Tat (§ 12 StGB; A./II./3./) betreffende Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen beim Angeklagten Gabor N***** der keine Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen hat - in gleicher Weise mangelhaft blieb, somit derselbe Grund (§ 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO), auf dem die Verfügung zu Gunsten des Angeklagten P***** beruht, auch ihm zustatten kommt (RIS Justiz RS0129172; Ratz , WK StPO § 290 Rz 11), war aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO) auch bei N***** der Schuldspruch zu A./II./3./ aufzuheben.

Im Übrigen kommt der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P***** jedoch keine Berechtigung zu:

Die

Verfahrensrüge (Z 4) zu A./ scheitert schon daran, dass sie eine Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung und Objektivität (§ 3 StPO) sowie das Fehlen von Ermittlungen zum Wert der gestohlenen Fahrnisse behauptet, ohne auf einen

in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Beschwerdeführers oder einen gegen dessen Widerspruch gefassten Beschluss Bezug zu nehmen (RIS Justiz RS0099250, RS0108863). Unter dem Aspekt der

Aufklärungsrüge (Z 5a) legt der Beschwerdeführer wiederum nicht dar, wodurch er an einer entsprechenden zielgerichteten Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert war (RIS Justiz

RS0114036, RS0115823).

Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) hat das Erstgericht zu A./ (nur) die Konstatierungen zu den weggenommenen Gegenständen auf die „diesbezüglichen Angaben der Opfer“ (US 26 f) gestützt, nicht jedoch jene zur subjektiven Tatseite. Der Einwand, Gegenstand von Zeugenaussagen seien „nur objektive Wahrnehmungen, nicht aber Mutmaßungen über das Wissen und Wohl anderer Personen“, geht damit ins Leere. Dass die Tatrichter die Feststellungen zur subjektiven Tatseite jedoch aus dem „äußeren Tatgeschehen“ abgeleitet haben (US 27), begründet weder (nominell geltend gemachte) Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall; RIS Justiz RS0118316), noch ist dieser Schluss unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) zu beanstanden (RIS Justiz RS0098671, RS0116882).

Zu A./I./1./ behauptet die Beschwerde (Z 5 vierter Fall), den Urteilsannahmen fehle es an einer „zureichenden Begründung“, weil nicht argumentiert worden sei, „wie man über die diesbezüglich leugnende Verantwortung des Angeklagten hinwegkommt“, und ein zur Tatzeit am Tatort geparktes ungarisches Auto „nicht den zwingenden Schluss“ zulasse, „dass der Angeklagte (…) den Einbruchsdiebstahl begangen hat“. Damit orientiert sie sich nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370), denen zufolge die Konstatierungen nicht nur auf die Angaben des Zeugen Gerald G***** und das Geständnis des Angeklagten N*****, sondern auch auf eine „augenscheinliche Schuhspurenübereinstimmung“ mit den Schuhen beider Angeklagter sowie einen „positiven DNA Treffer“ zu N***** gestützt wurden (US 20), und übersieht, dass eine logisch „zwingende“ Begründung nicht möglich und daher nicht gefordert ist (RIS Justiz RS0111358, RS0098471).

Mit den allgemein gehaltenen Überlegungen zur Berechnung der Werte der weggenommenen Sachen sowie der (ebenfalls auf kein konkretes Faktum Bezug nehmenden) Behauptung, das Erstgericht habe nicht „im Wege der amtswegigen Wahrheitsforschung“ die Wiederbeschaffungs-preise ermittelt, sondern im Widerspruch stehend zur Verantwortung des Angeklagten und „unvereinbar mit der allgemeinen Lebenserfahrung“ den „von den Bestohlenen angegebenen individuellen Wert“ herangezogen, zeigt die Beschwerde kein Begründungsdefizit (Z 5 vierter Fall) auf, sondern kritisiert damit lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld.

Während somit die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Laszlo P***** in diesem Umfang in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen war (§ 285d Abs 1 StPO), waren bei beiden Angeklagten die Schuldsprüche zu A./II./3./, demzufolge auch die zu A./ gebildeten Subsumtionseinheiten und die Aussprüche über Freiheitsstrafen einschließlich der Vorhaftanrechnungen (nicht jedoch die von der Kassation unberührt gebliebenen - Aussprüche über die Konfiskation und den Verfall) in nichtöffentlicher Beratung aufzuheben (§ 285e StPO) und es war die Strafsache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Die nachträgliche Ergänzung der Nichtigkeitsbeschwerde durch den Angeklagten P***** war mit Blick auf die in § 285 Abs 1 StPO normierte Einmaligkeit der Rechtsmittelausführung unbeachtlich (RIS Justiz RS0100152).

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00020.15B.0325.000