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OGH vom 14.03.2018, 15Os18/18p

OGH vom 14.03.2018, 15Os18/18p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ettel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sayed M***** wegen Vergehen der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1a und § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom , GZ 11 Hv 165/16b-43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unzulässigen Subsumtionsfreispruch (vgl RIS-Justiz RS0120128; Lendl, WK-StPO § 259 Rz 1) enthält, wurde Sayed M***** der Vergehen der sexuellen Belästigung (und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen) nach § 218 Abs 1a und § 15 StGB schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs (A./) hat er am in E***** im Freibad nachgenannte Personen durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt oder zu verletzen versucht, und zwar:

1./ die am geborene Jana B*****, indem er sie intensiv im Bereich der Oberschenkelinnenseite bis zur Hüfte betastete;

2./ Kerstin S*****, indem er sie im Bereich der Oberschenkelinnenseite bis zur Leiste intensiv betastete;

3./ die am geborene Marlene S*****, indem er sie „intensiv im Genitalbereich“ (vgl aber US 3 iVm US 7) betastete;

4./ die am geborene Julia L*****, indem er sie im Bereich der Hüfte fest packte und zu sich zog, wobei „das Berühren des Genitalbereiches“ (vgl aber US 7) daran scheiterte, dass ihn die Genannte wegstieß.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der keine Berechtigung zukommt.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts blieb es bei dem vom Angeklagten vorgenommenen Übergriff auf Julia L***** (A./4./) beim Versuch, weil der Angeklagte sie zwar auf der linken Seite im Hüftbereich packte, wodurch sie eine Rötung erlitt, und sie zu sich zog, „das intensive Berühren im Genitalbereich“ aber daran scheiterte, dass sie ihn wegstieß. Nicht festgestellt werden könne, dass der Vorsatz des Angeklagten auf den „Einsatz von Gewalt zur Duldung der geschlechtlichen Handlung“ gerichtet war (US 3).

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider blieb diese Negativfeststellung nicht unbegründet. Die Tatrichter haben sich diesbezüglich vielmehr – ohne Verstoß gegen die Grundsätze logischen Denkens und grundlegende Erfahrungssätze – auf die „Situation im Sprudelbecken“, in dem der Angeklagte und die Mädchen in einem Strömungskanal schwammen, was gegen die Annahme gezielter und präziser Berührungen spreche, sowie den Umstand gestützt, dass sich Julia L***** problemlos vom Angeklagten lösen konnte (US 5 f). Dass aus diesen Beweisergebnissen auch andere Schlüsse möglich waren, vermag den Nichtigkeitsgrund nicht zu begründen (RIS-Justiz RS0098471 [T7]).

Entgegen dem weiteren, aus Z 5 zweiter Fall erstatteten Vorbringen hat sich das Erstgericht betreffend die Negativfeststellung zum Vorsatz des Angeklagten auf den „Einsatz von Gewalt zur Duldung der geschlechtlichen Handlung“ mit der Aussage der Zeugin L***** (ON 8), auf deren Angaben die Feststellungen zu dem auf sie verübten Übergriff und der dabei erlittenen Rötung im Bereich der Hüfte (A./4./) beruhen, auseinandergesetzt (US 4). Indem die Rüge diese Beweisergebnisse anders, nämlich in Richtung einer Erfüllung des Tatbestands geschlechtlicher Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB bewertet, kritisiert sie lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld, ohne einen formellen Begründungsmangel aufzeigen zu können.

Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580).

Diesen Anforderungen entspricht die (zu A./4./) Feststellungen zu einem auf die Erzwingung geschlechtlicher Handlungen durch Gewaltanwendung gerichteten Vorsatz des Angeklagten einfordernde Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) nicht, weil sie die gerade diese subjektive Tatseite verneinende Konstatierung des Erstgerichts übergeht (US 3; RISJustiz RS0118580 [T24]).

Mit ihrer Forderung nach Unterstellung der zum Nachteil von Marlene S***** und Julia L***** begangenen Taten unter den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (A./3./) und nach §§ 15, 207 Abs 1 StGB (A./4./) scheitert die Subsumtionsrüge (Z 10) schon daran, dass in Ansehung der diesbezüglichen, im Urteil nicht enthaltenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite die Geltendmachung eines Feststellungsmangels unterblieb (vgl RIS-Justiz RS0127315).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00018.18P.0314.000
Schlagworte:
Strafrecht;

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