OGH vom 28.06.2017, 15Os15/17w

OGH vom 28.06.2017, 15Os15/17w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Spunda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johannes G***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2, § 161 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 17 Hv 42/15s-185, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im freisprechenden Teil (II./) unberührt bleibt, im Schuldspruch (I./), demzufolge auch im Strafausspruch sowie im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche der B***** aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Kassation verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch (II./) enthält, wurde Johannes G***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2, § 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** als faktischer Geschäftsführer (§ 161 Abs 1 StGB) der J***** GmbH, die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, von bis Bestandteile des Gesellschaftsvermögens beiseite geschafft „bzw“ sonst wirklich verringert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert, wobei er durch die Taten einen 300.000 Euro übersteigenden Schaden von zumindest 2.040.401,75 Euro herbeiführte, indem er

1./ im März 2010 den Erlös aus dem Verkauf der im Eigentum der J***** GmbH stehenden Liegenschaft in ***** in Höhe von 2.650.000 Euro für einen gesellschaftsfremden Zweck, nämlich zur Finanzierung der Abtretung der Gesellschaftsanteile von Anneliese K***** an die in seinem Einflussbereich stehenden vermögenslosen Gesellschaften I***** GmbH und A***** GmbH, verwendete;

2./ am ohne wirtschaftliche Gegenleistung die im Eigentum der J***** GmbH stehende Liegenschaft in ***** um 325.000 Euro an die I***** GmbH verkaufte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der Berechtigung zukommt.

Der Sache nach zutreffend zeigt die Beschwerde (Z 9 lit a) einen Rechtsfehler mangels Feststellungen in Ansehung der Vereitelung oder Schmälerung der Befriedigung der Gläubiger der J***** GmbH auf.

§ 156 StGB schützt nämlich nicht Befriedigungsrechte von Gläubigern schlechthin, sondern ausschließlich das Gläubigerinteresse an der Befriedigung von zum Tatzeitpunkt bereits bestehenden Forderungen, womit einem Schuldner in weiten Bereichen tatsächliche und scheinbare Vermögensdispositionen verboten sind, welche die Gläubigerbefriedigung ganz oder teilweise verhindern (vgl Kirchbacher in WK² § 156 Rz 2;

Rainer, SbgK § 156 Rz 6).

Das Verbrechen der betrügerischen Krida ist dabei vollendet, wenn feststeht, dass ein Gläubiger infolge eines das Vermögen verringernden Verhaltens des Schuldners eine (im Tatzeitpunkt bestehende) Forderung nur zum Teil oder gar nicht beglichen erhält. Die Tathandlung muss eine Ursache dafür sein, dass zumindest ein Gläubiger (von mehreren) effektiv einen Befriedigungsausfall erleidet. Wenn es trotz Gelingens der Vermögensverringerung nicht zur Gläubigerschädigung kommt, kann strafbarer Versuch vorliegen (RIS-Justiz RS0115184, RS0094862; Kirchbacher in WK² § 156 Rz 5 f, 19 ff, 22 und 23;

Rainer, SbgK § 156 Rz 2, 29 ff, 41).

Nach den Feststellungen (US 12) hatte die J***** GmbH (im Urteil abgekürzt: J*****) „zu den Tatzeitpunkten (…) jeweils mehrere Gläubiger, unter anderem Angestellte und Arbeiter sowie öffentliche Stellen, wie Wiener Gebietskrankenkasse und Finanzamt, denen allein aufgrund dieser Dienstverhältnisse Abgaben zustanden. Des Weiteren war die J***** Mieterin von Geschäftsräumlichkeiten in ***** sowie nunmehr der Räumlichkeiten in der *****, die die nunmehrige Eigentümerin S ***** GmbH an die J***** vermietete. Zudem war die J***** Gläubigerin (gemeint: Schuldnerin) aus betriebsnotwendigen Dauer- und Zielschuldverhältnissen wie Strom, Gas, Wasser, Müllabfuhr, Lieferanten für die Produktion, und ähnliches.“ Im mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , AZ 4 S 148/11h, eröffneten Sanierungsverfahren „meldeten die Gläubiger der J***** Forderungen von zumindest 3,619.962,87 Euro an, wovon zumindest 2,040.401,75 Euro vom Masseverwalter anerkannt wurden. Dabei handelte es sich unter anderem um Forderungen der ehemaligen langjährigen Dienstnehmer der J*****, von Lieferanten, welche Ansprüche aus Lieferungen und Leistungen bzw. Werklöhne gegen die J***** hatten, sowie um öffentliche Stellen, welchen die J***** ebenfalls verpflichtet war“.

Dass durch den Verkauf der Liegenschaften die Befriedigung zumindest eines Gläubigers tatsächlich vereitelt oder geschmälert und dadurch ein 300.000 Euro übersteigender Schaden (iSv Befriedigungsausfall; vgl RIS-Justiz RS0120531) herbeigeführt wurde, hat das Erstgericht aber nur im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) angeführt. Die Zurechnung als vollendetes Verbrechen tragende Feststellungen, nämlich dass (und [für die Annahme der Qualifikation nach § 156 Abs 2 StGB] in welcher Höhe) durch die Tathandlungen jeweils zumindest ein Gläubiger tatsächlich einen Ausfall betreffend eine zur Tatzeit bestehende Forderung erlitten hat, fehlen hingegen (RIS-Justiz

RS0116587; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 271). Insoweit liegen nur Konstatierungen zur subjektiven Tatseite vor (US 16 f).

Diese sind aber, wie die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) der Sache nach ebenfalls richtig darlegt, offenbar unzureichend begründet, fehlt doch dem vom Schöffengericht als Beleg für die Annahme der Unglaubwürdigkeit des Angeklagten zum Thema Gläubigerschädigung herangezogenen „objektiv festgestellten Sachverhalt“ (US 30) mangels – wie aufgezeigt – dazu getroffener Feststellungen die Grundlage. Demnach vermag das Urteil auch die Verwirklichung des Tatbestands des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2, § 161 Abs 1 StGB in Form des Versuchs (§ 15 StGB) nicht zu tragen, weshalb es schon in nichtöffentlicher Beratung (§ 285e StPO) in dem im Spruch ersichtlichen Umfang aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen war. Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt sich daher.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Kassation des Strafausspruchs zu verweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00015.17W.0628.000
Schlagworte:
Strafrecht

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