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OGH vom 12.05.2020, 15Os13/20f

OGH vom 12.05.2020, 15Os13/20f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen R***** I***** wegen des Verbrechens nach § 3h VerbotsG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Geschworenengericht vom , GZ 49 Hv 2/19t-25, ferner über dessen Beschwerde gegen den Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde R***** I***** des Verbrechens nach § 3h VerbotsG schuldig erkannt.

Danach hat er am in F*****dadurch, dass er unter dem Usernamen „R*****“ auf der öffentlich einsehbaren FacebookSeite „V*****“ des T***** P***** bezugnehmend auf dessen Äußerung: „Wann holt das System endlich die Holocaust (an den Deutschen) leugner F***** oder M***** ab, um sie endlich wegzusperren?!“, folgenden Kommentar verfasste und verbreitete: „Einfach alles wixer! Hollywood war in den lagern und hat vieles 'verfilmt' ... warum lauter nackte leichen? welcher 'nazi' hätte einem toten juden die lumpen geklaut? Warens vl doch deutsche leichen?“, in einem Medium den nationalsozialistischen Völkermord geleugnet.

Die Geschworenen haben die an sie gerichtete Hauptfrage bejaht, Eventual oder Zusatzfragen wurden nicht gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 10a und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.

Die Tatsachenrüge (Z 10a) greift ihrem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemeiner menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen konstatierten Tatsachen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht eröffnet. Urteilsnichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 10a StPO ist daher gegeben, wenn die Laienrichter das ihnen nach § 258 Abs 2 zweiter Satz StPO gesetzlich zustehende Beweiswürdigungsermessen in geradezu unerträglicher Weise gebraucht haben und damit eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert nahe liegt (RISJustiz RS0118780 [insb T 16]).

Mit der bloßen Wiederholung der Verantwortung des Angeklagten, er habe den nationalsozialistischen Völkermord nicht geleugnet, sowie der Behauptung, „ein Anzweifeln von Filmaufnahmen“ könne nicht „automatisch ein Leugnen […] darstellen“, gelingt es der Beschwerde nicht, solche erhebliche Bedenken beim Obersten Gerichtshof zu erwecken.

Die Subsumtionsrüge (nominell Z 12, der Sache nach Z 11a) vermisst Feststellungen „zur Begehungsform“ und dazu, „wie vielen Menschen das Posting zugänglich war“, übergeht dabei aber, dass der Angeklagte nach dem Wahrspruch der Geschworenen sein Posting auf einer öffentlich einsehbaren FacebookSeite platzierte (US 3). Solcherart verfehlt sie die gebotene Orientierung am Verfahrensrecht (vgl RISJustiz RS0099810).

Die Kritik, das Geschworenengericht habe keine Feststellungen zum Vorsatz getroffen, übersieht die im Wahrspruch implizit enthaltene Konstatierung zur subjektiven Tatseite. Wird nämlich in einem Tatbestand auf der subjektiven Tatseite keine vom Mindesterfordernis des § 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB abweichende Vorsatzform verlangt, wird der bedingte Vorsatz subintelligiert (RISJustiz RS0113270).

Auch mit dem Vorbringen, er habe den nationalsozialistischen Völkermord keinesfalls angezweifelt, vernachlässigt der Beschwerdeführer die gegenteiligen, im Wahrspruch der Geschworenen konstatierten entscheidenden Tatsachen und verfehlt so den Bezugspunkt materiellrechtlicher Anfechtung. Soweit er jene schlicht bestreitet, übt er lediglich – in diesem Rahmen unzulässige – Beweiswürdigungskritik.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde (§§ 344, 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00013.20F.0512.000

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