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OGH vom 20.12.2012, 13Os99/12a

OGH vom 20.12.2012, 13Os99/12a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Haberreiter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerlinde K***** und einen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Gerlinde K***** und Markus K***** sowie die Berufung des Privatbeteiligten Mag. Wilhelm L***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom , GZ 38 Hv 2/10y-174, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Brenner, des Verteidigers Dr. Bachmann sowie des Privatbeteiligtenvertreters Mag. Herold zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A/I hinsichtlich des Gerlinde K***** im Zusammenhang mit der Al***** GmbH vorgeworfenen Verhaltens und A/II/2 im diese Angeklagte betreffenden Umfang, weiters in den Schuldsprüchen B/II und B/III, demgemäß auch in den Strafaussprüchen und im Ausspruch über gegen Gerlinde K***** gerichtete privatrechtliche Ansprüche der B***** im Ausmaß von 46.431,38 Euro aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.

Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen.

Mit ihren gegen die Strafaussprüche gerichteten Berufungen werden die Angeklagten auf die aufhebende Entscheidung verwiesen.

Den Berufungen des Markus K***** gegen die ihn betreffenden Aussprüche über privatrechtliche Ansprüche und der Gerlinde K*****, soweit diese die Zusprüche an die Privatbeteiligte B***** im Ausmaß von 136.789,98 Euro und den Privatbeteiligten Mag. Wilhelm L***** bekämpft, wird stattgegeben. In diesem Umfang werden diese beiden Privatbeteiligten mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Der Berufung des Privatbeteiligten Mag. Wilhelm L***** wird nicht Folge gegeben.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last; hievon sind die durch die Berufung des Privatbeteiligten Mag. Wilhelm L***** verursachten Kosten ausgenommen, für welche diesem der Ersatz auferlegt wird.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Gerlinde K***** und Markus K***** der Vergehen der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 2 (zu ergänzen: Abs 5 Z 3 iVm § 161 Abs 1) StGB (A/I), des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 (zu ergänzen: und Abs 2) StGB (A/II), Markus K***** überdies der Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 (zu ergänzen: iVm § 161 Abs 1) StGB (B/I) und des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (B/II) sowie des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (B/III) schuldig erkannt.

Danach haben

(A) in den Jahren 2006 und 2007 Gerlinde K***** als faktische Geschäftsführerin und Markus K***** als Geschäftsführer der A***** GmbH (kurz: A-Konstruktionen GmbH) und der Al***** GmbH (kurz: M-Bau GmbH) in W*****

I) in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der genannten Gesellschaften grob fahrlässig die Befriedigung deren Gläubiger dadurch vereitelt oder zumindest geschmälert, dass sie (im Ausmaß von insgesamt 84.607,74 Euro) überhöhte Geschäftsführergehälter bezogen und damit übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Unternehmen in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieben;

II) als „Dienstgeber“ (richtig: als zur Vertretung befugte Organe des jeweiligen Dienstgebers) Beiträge von Dienstnehmern zur Sozialversicherung der B***** als berechtigtem Versicherungsträger vorenthalten, und zwar

1) 136.789,98 Euro hinsichtlich der A Konstruktionen GmbH

2) 46.431,38 Euro hinsichtlich der M-Bau GmbH;

(B) Markus K***** als Geschäftsführer der A Konstruktionen GmbH

I) im Frühjahr 2007 in W***** einen Bestandteil des Vermögens dieses Unternehmens verheimlicht und beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung der Gläubiger des Unternehmens oder wenigstens eines von ihnen zumindest geschmälert, indem er 25.000 Euro von Irene Kr***** kassierte und für unternehmensfremde Zwecke verwendete;

II) von 12. Juni bis in Wien und an anderen Orten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug (§ 147 Abs 2 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, im Urteil namentlich genannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, er oder die A Konstruktionen GmbH sei befugt, (bereits zedierte) Rechnungsbeträge bar für dieses Unternehmen zu kassieren, zu Handlungen, nämlich jeweils zur Übergabe von Bargeld an ihn oder seinen Boten, verleitet, wodurch die R***** als Zessionarin im 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag von 61.805,58 Euro am Vermögen geschädigt wurde;

III) Ende August 2007 in W***** ein Gut, das ihm anvertraut worden war, sich oder der A Konstruktionen GmbH mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet, indem er einen ihm von Reinhard S***** unter anderem zur Bezahlung eines von der Se***** GmbH gelieferten und montierten Liftes der Marke Öko Star im Wert von zumindest 21.563 Euro übergebenen Geldbetrag nicht an dieses Unternehmen weiterleitete, sondern einbehielt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die gemeinsam ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten, die sich auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a, hinsichtlich Markus K***** auch auf Z 8, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO stützen. Ihnen kommt teilweise Berechtigung zu.

Zu den Schuldsprüchen A/I und II

Mit Recht wendet die Mängelrüge ein, dass die Feststellung, Gerlinde K***** sei faktische Geschäftsführerin auch der M-Bau GmbH gewesen (US 12), einer Begründung entbehrt (Z 5 vierter Fall). Nach den weiteren Konstatierungen erzielte die genannte Gesellschaft zwar „sämtliche Umsatzerlöse durch die Geschäftstätigkeit mit der“ A-Konstruktionen GmbH (US 10), war von dieser also wirtschaftlich abhängig. Annahmen dahingehend, dass sie trotz ihrer juristischen Selbständigkeit als Kapitalgesellschaft auch rechtlich abhängig gewesen wäre, die Organe der A-Konstruktionen GmbH als solche etwa Einfluss auf ihre Geschäftsführung gehabt hätten, haben die Tatrichter allerdings nicht getroffen. Zwar wäre (rechtlich gleichwertige) Strafbarkeit der Gerlinde K***** (auch ohne faktische Geschäftsführerschaft) in Form eines sonstigen Beitrags gemäß § 12 dritter Fall StGB an den von Markus K***** als De-iure-Geschäftsführer der M-Bau GmbH gesetzten Handlungen denkbar. Voraussetzung dafür wäre allerdings die Verletzung einer sie selbst treffenden deliktsspezifischen Sorgfaltspflicht gegenüber den Gläubigern dieser Gesellschaft (RIS-Justiz RS0090422; Kirchbacher in WK 2 StGB § 159 Rz 92 f; Fuchs , AT I 8 36/39; Kienapfel , Grundriss BT II 3 § 159 Rz 31 ff), was anhand der Entscheidungsgründe nicht beurteilt werden kann.

Damit konnten die Schuldsprüche A/I (in Ansehung der M-Bau GmbH) und A/II/2, jeweils hinsichtlich der Angeklagten Gerlinde K*****, keinen Bestand haben.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider hatte dieser Begründungsmangel jedoch keinen darüber hinausgehenden Einfluss auf die Schuldsprüche A/I und A/II, weil die Feststellungen zur faktischen Geschäftsführerschaft der Gerlinde K***** bei der A-Konstruktionen GmbH ebenso mängelfrei begründet wurden wie jene zur Eigenschaft des Markus K***** als De-iure-Geschäftsführer bei beiden Gesellschaften. Das Erstgericht ging deutlich genug davon aus, dass die Beschwerdeführer die Geschäftsführung der A Konstruktionen GmbH gemeinschaftlich ausgeübt haben und ungeachtet einer gewissen Aufgabenteilung im Innenverhältnis (vgl dazu RIS-Justiz RS0094587; Kirchbacher in WK 2 StGB § 161 Rz 10 mwN) über die inkriminierten Vorgänge zur Gänze informiert waren (US 8 f und 11 f iVm US 25).

Weshalb zusätzliche Feststellungen erforderlich gewesen wären, „ob und in welcher Form“ die Beschwerdeführer „bei den Tathandlungen der Fakten A) zusammengewirkt bzw sich an strafbaren Handlungen des jeweils anderen beteiligt haben“, sagt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht. Dass eine gemeinsame Haftung von De-iure- und De-facto-Geschäftsführer nur dann in Betracht komme, wenn Ersterer den Letzteren „durch einen konstitutiven Akt“ als „Strohmann“ einsetze, wird ohne methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz (RIS-Justiz RS0116565) unter verkürzter und sinnentstellter Wiedergabe eines Literaturzitats (vgl Kirchbacher in WK 2 StGB § 161 Rz 13 [vgl auch Rz 9]) bloß behauptet. Die Ausführungen zu den Voraussetzungen einer Beitragstäterschaft entfernen sich hinsichtlich der A Konstruktionen GmbH vom (zuvor wiedergegebenen) Urteilssachverhalt.

Im Zusammenhang mit dem Schuldspruch A/II/1 stellten die Tatrichter ausdrücklich fest, dass beide Beschwerdeführer als (De-iure- und De facto-)Geschäfts-führer ungeachtet ihrer (gemeinsamen) Verpflichtung zur Einzahlung der einbehaltenen Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung diese dem berechtigten Versicherungsträger vorenthielten (US 12). Die Forderung nach weiteren Feststellungen dahingehend, wer von den beiden „tatsächlich im Innenverhältnis mit den sozialrechtlichen Agenden betraut war“, unterlässt den für die Geltendmachung eines Feststellungsmangels essentiellen Hinweis auf indizierende Verfahrensergebnisse (RIS-Justiz RS0118580).

Dass den von den Beschwerdeführern vertretenen Unternehmen ausreichende (die Nettolöhne übersteigende) Mittel zur Entrichtung der geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge zur Verfügung standen, ist den Entscheidungsgründen deutlich genug zu entnehmen (vgl die Formulierungen auf US 12 und 30, wonach die „einbehaltenen“ Dienstnehmerbeiträge nicht „weitergeleitet“ wurden). Die Behauptung eines diesbezüglichen Rechtsfehlers mangels Feststellungen unterlässt daher abermals die Bezugnahme auf die Urteilskonstatierungen (RIS-Justiz RS0099810). Mit Beweiswerterwägungen zur Indizwirkung des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit (für das Fehlen ausreichender Mittel) bekämpfen die Beschwerdeführer die Feststellungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Der auf das an sich zutreffende (vgl Kirchbacher in WK 2 StGB § 153c Rz 21) Argument, tatbestandsmäßiges Verhalten komme nach Konkurseröffnung nicht mehr in Betracht, gestützte Einwand eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen, weil anhand des Urteilssachverhalts nicht auszuschließen sei, dass die Schuldsprüche A/II/1 und 2 auch nach diesem Zeitpunkt (jeweils [US 10]) fällig gewordene Beiträge umfasse, verfehlt die Bezugnahme auf den Urteilssachverhalt. Denn aus dem ausdrücklichen Verweis (US 30 iVm Beilage I zu ON 171 [zur Zulässigkeit eines solchen Verweises RIS-Justiz RS0115236]) auf das vom Verteidiger selbst in der Hauptverhandlung mit dem Hinweis auf die Bereinigung „um die Anfechtungsbeträge, die nach Insolvenzeröffnung waren“, vorgelegte (ON 171 S 4 f) Schreiben des geschädigten Sozialversicherungsträgers ergibt sich unmissverständlich, dass die Schuldsprüche keine nach der jeweiligen Konkurseröffnung fällig gewordenen Beiträge betreffen.

Zum Schuldspruch B/I

Die Feststellung, der Beschwerdeführer habe mit dem Vorsatz gehandelt, das Vermögen der A-Konstruktionen GmbH durch Entziehung eines Vermögensbestandteils (25.000 Euro) zu verringern und dadurch die Befriedigung der Gläubiger dieser Gesellschaft zumindest zu schmälern, haben die Tatrichter auf den „äußeren Geschehensablauf“ gestützt (US 32), was unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist (RIS-Justiz RS0116882). Dass dem Beschwerdeführer auch zur Last liegt, das bar kassierte Geld für private (also unternehmensfremde) Zwecke verwendet zu haben (US 13), übergeht die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) dabei prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0119370). Ob die Gläubiger durch diese Vorgangsweise tatsächlich einen Befriedigungsausfall erlitten haben, ist bloß für die Abgrenzung Versuch/Vollendung von Bedeutung und daher für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage nicht entscheidend (RIS-Justiz RS0122138). Unter dem Aspekt einer in der Nichtannahme des Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 13 StGB (vgl US 50) gelegenen Nichtigkeit nach Z 11 zweiter Fall ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 712) kann auf die Aufhebung des Strafausspruchs verwiesen werden.

Zum Schuldspruch B/II

Deutlich genug macht die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geltend, dass die getroffenen Feststellungen den Schuldspruch nicht tragen. Die Tatrichter gingen im hier maßgeblichen Zusammenhang davon aus, dass zwischen der A Konstruktionen GmbH und der diese finanzierenden Bank ein Generalzessionsvertrag abgeschlossen worden sei, auf dessen Grundlage die Bank offene Forderungen der genannten Gesellschaft (gegen deren Zession) mit 80 % des Rechnungsbetrags bevorschusst habe. Kunden der A Konstruktionen GmbH hätten diese Forderungen durch Überweisung auf ein bei dieser Bank geführtes Konto begleichen sollen. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer beschlossen, die Kunden über seine „Befugnis, selbst bzw. durch einen Boten Barzahlungen für die“ A-Konstruktionen GmbH „entgegen nehmen zu dürfen, zu täuschen und diesen die im Folgenden genannten Geldbeträge herauszulocken“ und „diese für private oder sonstige Zwecke“ der A Konstruktionen GmbH zu verwenden (US 13 f).

Zur Subsumtion des Täterverhaltens unter den Tatbestand des Betrugs nach § 146 StGB ist unter anderem erforderlich, dass durch die Täuschung ein Irrtum des Geschädigten oder eines Dritten herbeigeführt wird, der kausal für das die Schädigung unmittelbar herbeiführende Verhalten des Irregeführten war; dabei muss der täuschungsbedingte Irrtum ein Vermögensinteresse betreffen, das der Getäuschte zu wahren hat ( Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 50). Der Umstand, dass ein Zedent vertragswidrig zum Nachteil des Zessionars gegenüber dem (nicht verständigten) Schuldner über die abgetretene Forderung disponiert, stellt in der Regel mangels Irreführung des Schuldners über einen für dessen Rechtsposition maßgeblichen Punkt keinen Gegenstand tatbildlicher Täuschung dar. Eine rechtsgeschäftliche Zession kommt nämlich alleine durch Einigung zwischen Zedent und Zessionar zustande. Zum Schutz des Schuldners regelt § 1395 zweiter Satz ABGB, dass dieser so lange schuldbefreiend an den Zedenten leisten darf, als ihm der Übernehmer der Forderung nicht bekannt ist (zum Ganzen Neumayr in KBB 3 § 1395 Rz 1 f und 4). Demzufolge ist es für den Schuldner, in dessen Interesse alleine die schuldbefreiende Wirkung seiner Zahlung liegt, ohne Bedeutung, ob die Behauptung des Zedenten, über diese Forderung (noch) verfügungsberechtigt zu sein, der Wahrheit entspricht (RIS-Justiz RS0094043; insbesondere 12 Os 115/10v, EvBl 2010/143, 967; vgl Kert , SbgK § 146 Rz 154 f).

Der aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen erfordert eine Aufhebung des Schuldspruchs. Für eine abschließende strafrechtliche Beurteilung reicht der Urteilssachverhalt jedoch nicht aus. Grundsätzlich kommen die Möglichkeiten eines Betrugs zum Nachteil der die A Konstruktionen GmbH finanzierenden Bank durch Täuschung (über ein allenfalls geplantes, vereinbarungswidriges Barinkasso von Kundenforderungen) bereits bei Abschluss des Generalzessionsvertrags (vgl aber US 35) oder zum Nachteil der getäuschten Kunden der A Konstruktionen GmbH in Betracht, wenn diese trotz bereits erfolgter Verständigung von der Zession vom Beschwerdeführer über dessen (seines Boten) Befugnis zum Barinkasso (für die Zessionarin) getäuscht wurden und solcherart nicht schuldbefreiend zahlten. Das Erstgericht wird im weiteren Verfahren aber auch die Subsumtion des dem Beschwerdeführer angelasteten Verhaltens unter einen anderen Tatbestand zu prüfen haben. In Betracht kommen sofern die Ergebnisse des weiteren Beweisverfahrens Feststellungen zu den jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen ermöglichen insbesondere betrügerische Krida (zum in diesem Zusammenhang maßgeblichen Vermögensbegriff Kirchbacher in WK 2 StGB § 156 Rz 7 f; vgl auch 13 Os 49/11x) oder abhängig von einer zwischen den Kunden und dem Beschwerdeführer getroffenen Vereinbarung über eine Verwendungspflicht hinsichtlich der bar kassierten Beträge Veruntreuung nach § 133 StGB (vgl etwa 10 Os 113/80). Untreue nach § 153 StGB würde voraussetzen, dass der Beschwerdeführer einer ihm (seitens der finanzierenden Bank) eingeräumten Verfügungsbefugnis bei Einziehung der zedierten Forderungen zuwidergehandelt hat (vgl RIS-Justiz RS0094512; Kirchbacher in WK 2 § 153 Rz 48 ff).

Zum Schuldspruch B/III

Im Ergebnis macht der Beschwerdeführer zu Recht eine Überschreitung der Anklage (Z 8) geltend. Diese legte ihm zur Last, im Frühjahr 2007 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die (fehlende) Zahlungsfähigkeit der A Konstruktionen GmbH, Mitarbeiter der Se***** GmbH Co KG zur diese schädigenden Lieferung und Montage eines Liftes im Wert von 25.875,60 Euro verleitet zu haben, und qualifizierte dieses Verhalten (gemeinsam mit anderen Taten) als Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 148 zweiter Fall StGB (ON 119 S 4 f und 11).

Der vom Erstgericht in diesem Zusammenhang gefällte Schuldspruch wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB basiert auf den Feststellungen, der Beschwerdeführer habe als Geschäftsführer der (als Generalunternehmerin fungierenden) A-Konstruktionen GmbH den bezeichneten Lift im Auftrag seiner Kunden, Reinhard und Renate S*****, (ohne Betrugsvorsatz) bei der Se***** GmbH Co KG bestellt. Nachdem diese den Lift geliefert und im Haus von Reinhard und Renate S***** montiert habe, hätten diese der A-Konstruktionen GmbH den vereinbarten Werklohn von insgesamt 89.580 Euro bezahlt und darüber hinaus Ende August 2007 dem Beschwerdeführer 30.000 Euro in bar übergeben, wovon ein Großteil zur Bezahlung von Lieferung und Montage des Liftes bestimmt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe den Teilbetrag von 21.563 Euro jedoch vereinbarungswidrig nicht an die Se***** GmbH Co KG weitergeleitet, sondern sich mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet (US 18 ff).

Dieser Schuldspruch ist mit dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht „bloß“ deshalb belastet, weil das Erstgericht eine Information des Beschwerdeführers im Sinn des § 262 StPO unterlassen hat (vgl RIS-Justiz RS0113755), sondern weil Anklage und Urteil nicht dieselbe Tat im prozessualen Sinn betreffen, das Erstgericht somit gegen § 267 StPO verstoßen hat. Dies ergibt sich aus einer wertungsmäßigen Gesamtschau der (hier abweichenden) Einzelkriterien Zeit und Ort der Tat sowie im Hinblick auf die Einbeziehung von der Anklage nicht erwähnter dritter Personen (Reinhard und Renate S*****) Modalität ihrer Ausführung (zum Beurteilungsmaßstab Lewisch , WK StPO § 262 Rz 32 ff; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 512).

Der ohne Anklage gefällte Schuldspruch B/III war daher ersatzlos aufzuheben (vgl 11 Os 47/12i; 15 Os 164/07t ua). Diese Entscheidung war, da sie inhaltlich einem Erkenntnis in der Sache gleichkommt (vgl § 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO), im Gerichtstag zu treffen (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 530). Die von der Staatsanwaltschaft ungerügt gebliebene Nichterledigung des angeklagten Sachverhalts kommt hingegen einem rechtskräftigen Freispruch gleich (RIS-Justiz RS0099646), sodass Punkt B/II/2 der Anklage (ON 119 S 4) nicht mehr Gegenstand des weiteren Verfahrens ist.

In Rechtskraft erwachsen daher bei Markus K***** die Schuldsprüche A/I, A/II und B/I zur Gänze sowie der Teilfreispruch (US 7), bei Gerlinde K***** die Schuldsprüche A/I, soweit er das ihr angelastete Verhalten als faktische Geschäftsführerin der A-Konstruktionen GmbH betrifft, und A/II/1.

Gegenstand des zweiten Rechtsgangs sind bei Gerlinde K***** nur mehr die Anklagevorwürfe A/I, soweit dieser die M-Bau GmbH betrifft, und A/II/2, bei Markus K***** die Anklagevorwürfe B/II/1/a, b, d, e, f, g und i.

Infolge Aufhebung der Strafaussprüche waren die dagegen von den Angeklagten ergriffenen Berufungen durch Verweis darauf zu erledigen.

Zu den Berufungen betreffend die Aussprüche über privatrechtliche Ansprüche

Mit Recht wenden die Angeklagten in ihren Berufungen ein, dass der Zuspruch an die B***** verfehlt war. Dienstnehmerbeiträge, deren rechtzeitige Entrichtung durch im Sinn des § 153c Abs 1 StGB strafbares Verhalten unterbleibt, sind vom Sozialversicherungsträger im Verwaltungsweg einzutreiben (vgl § 64 Abs 1 und 2 ASVG). Öffentlich-rechtliche Ansprüche können im Adhäsionsverfahren aber nicht geltend gemacht werden (vgl § 366 Abs 2 StPO; zum Ganzen Kirchbacher in WK 2 StGB § 153c Rz 33 ff). Im Umfang der den Berufungen stattgebenden Entscheidung war die B***** mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Ihren darüber hinausgehenden Privatbeteiligtenanschluss im gegen Gerlinde K***** gerichteten Ausmaß von 46.431,38 Euro, der zufolge gemeinsamer Aufhebung des bezughabenden Adhäsionserkenntnisses mit dem Schuldspruchs A/II/2 noch verfahrensgegenständlich ist, wird das Erstgericht gemäß § 67 Abs 4 Z 1 und Abs 5 StPO zurückzuweisen haben (12 Os 115/10v; 14 Os 30/09g).

Die Mag. Wilhelm L***** als Masseverwalter (Insolvenzverwalter) der A-Konstruktionen GmbH und der M Bau GmbH betreffenden Privatbeteiligtenzusprüche sind wie die dagegen gerichteten Berufungen zutreffend aufzeigen ebenfalls verfehlt. § 159 (iVm § 161 Abs 1) StGB ist ein Schutzgesetz im Sinn des § 1311 ABGB (ausschließlich) zugunsten der Gesellschaftsgläubiger. Deren aus tatbestandlichem Verhalten abgeleitete Schadenersatzansprüche sind nach ständiger Rechtsprechung kein Bestandteil des Vermögens der Gesellschaft (der Konkursmasse), weshalb sie von den Gläubigern direkt gegen die Organe der Gesellschaft geltend zu machen sind. Mangels Betroffenheit des Gesellschaftsvermögens fällt die Verfolgung derartiger Ansprüche nicht in die Zuständigkeit des Masseverwalters im Konkurs der Gesellschaft, weil er das von ihm (auch) wahrzunehmende Interesse der Gesellschaftsgläubiger an höherer Befriedigungsquote nur durch Vergrößerung der Masse erreichen könnte (zum Ganzen RIS-Justiz RS0049450, RS0023866, RS0027475; Spenling , WK-StPO Vor §§ 366-379 Rz 71 und § 369 Rz 56). Dass ein im Sinn des § 159 StGB tatbestandsmäßiges Verhalten auch die Voraussetzungen für (allenfalls vom Masseverwalter geltend zu machende) Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Organe im Zusammenhang mit einer anderen gesetzlichen Grundlage (vgl insbesondere § 25 GmbHG und § 84 AktG) erfüllen kann, spielt im Strafverfahren keine Rolle, weil Voraussetzung eines Privatbeteiligtenanschlusses ein „durch die Straftat“ erlittener Schaden ist (§ 67 Abs 1 StPO). Wenngleich damit nicht nur der „tatbestandsrelevante Schaden“, also die aus der Verletzung des vom übertretenen Strafgesetz unmittelbar geschützten Rechtsguts resultierende Beeinträchtigung, gemeint ist (RIS-Justiz RS0095973), muss der Schaden doch aus der strafbaren Handlung und dem ihr zugrunde liegenden Sachverhalt ableitbar sein, also im Schuldspruch (und der aus diesem sich ergebenden Tatbestandsgrenze) Deckung finden ( Spenling , WK-StPO Vor §§ 366-379 Rz 41 und § 366 Rz 2 und 14; vgl RIS-Justiz RS0101311). Die Möglichkeit einer durch die Straftat nicht in ihren Rechten verletzten Person, aus der Tat Privatrechte abzuleiten, reicht ebenso wenig wie die Bedeutung der Straftat als Vorfrage für ein (späteres) Zivilverfahren ( Spenling , WK-StPO Vor §§ 366-379 Rz 25 ff). Dass es nicht um die sachverhaltsmäßige Erfüllung einer von der strafbaren Handlung verschiedenen gesetzlichen Anspruchsgrundlage geht, ergibt sich auch aus der Anordnung des § 366 Abs 1 StPO, derzufolge der Privatbeteiligte bei einem Freispruch (also bei Nichtannahme des strafrechtlichen Tatbestands) zwingend auf den Zivilrechtsweg zu verweisen ist. Die Erfüllung sonstiger Anspruchsgrundlagen (etwa körperschafts- oder vertragsrechtlicher Natur [vgl RIS-Justiz RS0059600]) auf Basis des im Strafurteil festgestellten Sachverhalts hat das Strafgericht nicht mehr zu prüfen (vgl auch die Formulierung des § 371 Abs 1 StPO, wonach „aus der Schuld des Angeklagten“ unter Umständen nicht in Geld bestehende Ansprüche abgeleitet werden können).

Dem steht auch die Entscheidung 13 Os 132/01 nicht entgegen, die sich ausschließlich mit dem Recht eines Masseverwalters, sich am Strafverfahren zu beteiligen, befasste, das nach der Rechtsprechung zur früheren Rechtslage (vgl RIS-Justiz RS0101261) unabhängig von der Möglichkeit eines Privatbeteiligtenzuspruchs im Urteil anerkannt war. Seit Inkrafttreten des StrafprozessreformG (BGBl I 2004/19) ist ein Anschluss als Privatbeteiligter hingegen nur mehr in Verknüpfung mit einem (nicht offensichtlich unberechtigten) Anspruch auf Leistung, Feststellung oder Rechtsgestaltung (vgl § 69 Abs 1 StPO) zulässig ( Spenling , WK-StPO Vor §§ 366-379 Rz 8; 12 Os 115/10v).

Der Privatbeteiligte Mag. Wilhelm L***** war daher in Stattgebung der diesbezüglichen Berufungen der Angeklagten mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Die vorstehenden Überlegungen zu aus dem Schutzbereich des Strafgesetzes (vgl Kirchbacher in WK 2 StGB § 156 Rz 2) sich ergebenden Schadenersatzansprüchen und zur Legitimation deren Geltendmachung (ausschließlich) durch die Gesellschaftsgläubiger gelten auch für den Schuldspruch B/I wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB, weshalb der vom Privatbeteiligten Mag. Wilhelm L***** als Masseverwalter der A-Konstruktionen GmbH gegen die in diesem Zusammenhang erfolgte Verweisung auf den Zivilrechtsweg erhobenen Berufung kein Erfolg beschieden war.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a StPO. Die Angeklagten haben die auf Erledigung ihrer Rechtsmittel entfallenden, der Privatbeteiligte Mag. Wilhelm L***** jene durch seine (ganz erfolglos gebliebene) Berufung verursachten Kosten zu tragen ( Lendl , WK-StPO § 390a Rz 10).