TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 19.10.2021, 13Os94/21d

OGH vom 19.10.2021, 13Os94/21d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Lampret in der Strafsache gegen ***** S***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 15, 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Geschworenengericht vom , GZ 39 Hv 148/20k-63, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Verlängerung von Probezeiten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde ***** S***** des Verbrechens des Mordes nach § 15, 75 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am in L***** ***** Sa***** zu töten versucht, indem er ihm mit einem Messer mit einer Klingenlänge von 10 cm vom linken Hinterkopf quer hinunter bis über den Hals schnitt, wodurch der Genannte eine 23 cm lange, tiefe Schnittverletzung an der linken Halsseite mit Durchtrennung des linken Kopfnickermuskels sowie eines Astes der querverlaufenden Gesichtsarterie erlitt.

[3] Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

[4] Entgegen der Verfahrensrüge wurden durch die Abweisung (ON 43a S 61) des Antrags auf „Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Zurechnungs-fähigkeit des Angeklagten, weil er von Anfang an sagte, dass er sich nach dem Konsum von Alkohol und Drogen an nichts mehr erinnern kann, wodurch ein die Zurechnungsfähigkeit ausschließender Zustand hinreichend indiziert ist“ (ON 43a S 60), keine Verteidigungsrechte verletzt.

[5] Zum Zeitpunkt der Antragstellung lag bereits ein Gutachten des vom Gericht beigezogenen gerichts-medizinischen Sachverständigen Ass.Prof. Dr. M***** vor, dessen Gegenstand – unter Berücksichtigung der Angaben des Angeklagten zu seinem Alkohol- und Drogenkonsum vor der Tat sowie des Ergebnisses eines nach der Tat durchgeführten Alkomattests – auch Fragen zum Bestehen einer tatsächlichen Grundlage für die Beurteilung der Diskretions und der Dispositionsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit (§ 11 StGB) sowie zur Plausibilität des Vorliegens eines (vom Angeklagten behaupteten) Erinnerungsverlusts aus medizinischer Sicht waren (ON 43a S 28 ff [36 ff]).

[6] Im Rahmen der Gutachtenserörterung hatte der Angeklagte die – von seinem Verteidiger auch genutzte – Gelegenheit, den Sachverständigen zu befragen (ON 43a S 38 ff).

[7] Gemäß § 127 Abs 3 StPO ist ein weiterer Sachverständiger – soweit hier von Interesse – dann beizuziehen, wenn das Gutachten widersprüchlich oder sonst mangelhaft (dazu RISJustiz RS0127942) ist und sich die Bedenken nicht durch Befragung des bestellten Sachverständigen beseitigen lassen.

[8] Ein dem eingeholten Gutachten im Sinn dieser Gesetzesstelle anhaftender Mangel wurde im (dasselbe Beweisthema betreffenden) Beweisantrag, der zudem die Erläuterungen des Sachverständigen gänzlich außer Acht lässt nicht behauptet.

[9] Vielmehr begehrte der Antrag der Sache nach nur eine Überprüfung der vorliegenden Expertise (in der nicht indizierten Erwartung eines für den Angeklagten günstigeren Ergebnisses) und zielte damit auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung (RISJustiz RS0117263 [T2, T 10, T 17 und T 18].

[10] Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS-Justiz RS0099618).

[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO iVm § 344 StPO bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[12] Über die Berufung und die – gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO als erhoben zu betrachtende – Beschwerde hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§§ 344, 285i; 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

[13] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00094.21D.1019.000

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.