OGH vom 09.03.2016, 13Os9/16x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schönmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Nenad J***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 erster, zweiter und dritter Fall StGB (idF BGBl I 2002/134) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 21 Hv 36/15p 99, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Nenad J***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 erster, zweiter und dritter Fall StGB (idF BGBl I 2002/134) schuldig erkannt.
Danach hat er am in Wien als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) der wegen dieser Tat bereits rechtskräftig verurteilten anderen Mitglieder dieser Vereinigung, Slavisa Jo***** und Jovica M*****, mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe Verfügungsberechtigten des Juweliergeschäfts „E*****“ fremde bewegliche Sachen, nämlich Schmuck und Uhren, mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen versucht, indem Jo***** nach Betreten des Geschäfts die Eingangstüre blockierte, um ein Schließen derselben zu verhindern, während J***** umgehend mit einer Axt auf Rüstü T***** und M***** mit einer Axt auf Necdet O***** einschlug, wodurch T***** eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich einen Bruch der rechten vorderen Schädeldecke mit Einblutung in die linke obere Gehirnhaut sowie eine Platzwunde am rechten Vorderkopf, eine Platzwunde am rechten Handgelenk und eine Prellung der rechten Hüfte samt Abschürfungen erlitt, wobei die Täter im Anschluss ohne Beute flüchteten.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus den Gründen der Z 5 und „9a“ des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS Justiz RS0118316).
Mit den jeweils ohne Aktenbezug (siehe aber RIS Justiz RS0124172) erfolgten Hinweisen auf die von den Tatrichtern ohnedies gewürdigte leugnende Verantwortung des Angeklagten (US 9) sowie die ebenfalls berücksichtigte Aussage des Zeugen Slavisa Jo*****, wonach der Angeklagte nicht der dritte Mittäter beim Überfall auf den Juwelier E***** gewesen sei (US 7 f), zeigt der Rechtsmittelwerber keine Unvollständigkeit des Urteils auf, sondern wendet sich bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Entgegen der Beschwerdebehauptung steht die Aussage des Zeugen Jovica M***** betreffend die Beteiligung des „dicken Mi*****“ an dem urteilsgegenständlichen Raub (ON 8 S 11, ON 98 S 15) nicht in erörterungsbedürftigem Widerspruch zu den den Schuldspruch des Angeklagten tragenden Feststellungen über entscheidende Tatsachen.
Gleiches gilt, soweit der Nichtigkeitswerber zudem unzulässig (RIS Justiz RS0119370) unter isolierter Hervorhebung einer Aussagepassage (vgl ON 98 S 12) - kritisiert, das Erstgericht habe sich zu Unrecht nicht mit den Angaben des genannten Zeugen auseinandergesetzt, wonach er mit dem Angeklagten nicht gleichzeitig aus Österreich ausgereist sei und sich nicht mehr erinnern könne, ob er mit diesem gleichzeitig eingereist sei (ON 98 S 12; vgl dazu US 8).
Der Einwand, eine Mitwirkung des „dicken Mi*****“ bei diesem Raubüberfall würde eine Täterschaft des Angeklagten sofort ausschließen, weil nur drei Personen beteiligt gewesen seien, ist rein spekulativ und orientiert sich im Übrigen erneut prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der Depositionen des genannten Zeugen (insbesondere ON 98 S 11 f).
Die Subsumtionsrüge (Z 10, nominell gestützt auf „9a“) strebt den Entfall der Qualifikation des § 143 dritter Fall StGB idF BGBl I 2002/134 an. Sie behauptet einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zur subjektiven Tatseite, weil die Tatrichter nicht konstatiert hätten, dass es dem Angeklagten darauf angekommen sei, Rüstü T***** schwer zu verletzen. Woraus der Beschwerdeführer ein Vorsatzerfordernis für diese Tatfolge ableitet, lässt er offen (RIS Justiz RS0116565; vgl § 7 Abs 2 StGB).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00009.16X.0309.000