OGH vom 18.08.2016, 15Ns56/16b

OGH vom 18.08.2016, 15Ns56/16b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und Dr. Oshidari sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen Redwane K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 30 Hv 34/16z des Landesgerichts Salzburg, über den Kompetenzkonflikt zwischen diesem Gericht und dem Landesgericht Innsbruck nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Für die Durchführung des Strafverfahrens ist das Landesgericht Innsbruck zuständig.

Text

Gründe:

Mit am beim Landesgericht Salzburg zu AZ 30 Hv 34/16z eingebrachtem Strafantrag legt die Staatsanwaltschaft Redwane K***** ein den Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (dies unter Beteiligung eines weiteren Angeklagten) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB subsumiertes Verhalten zur Last, das am in Salzburg gesetzt worden sein soll (ON 6).

Die Einzelrichterin des Landesgerichts Salzburg verhängte am selben Tag die Untersuchungshaft über den Angeklagten (ON 12) und überwies die Sache nach im Akt dokumentierter Prüfung des Strafantrags gemäß § 485 Abs 1 StPO (ON 1 S 3) dem Landesgericht Innsbruck zur gemeinsamen Führung mit dem dort gegen Redwane K***** anhängigen Hauptverfahren AZ 23 Hv 45/16y (ON 1 S 4), in welchem diesem unter anderem ein am gesetztes, den Vergehen des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB subsumiertes Verhalten vorgeworfen wurde.

Das Landesgericht Innsbruck verneinte seine Zuständigkeit, weil der Akt des Landesgerichts Salzburg erst „am in der Geschäftsabteilung eingelangt“ sei, jedoch sei das Verfahren AZ 23 Hv 45/16y bereits am „hinsichtlich aller beim Landesgericht Innsbruck anhängigen Strafverfahren gegen den Angeklagten“ rechtskräftig erledigt worden, sodass eine Einbeziehung gemäß § 37 StPO nicht erfolge.

Das Landesgericht Salzburg verfügte am (unter Verweis auf RIS-Justiz RS0128876) neuerlich die Aktenübersendung an das Landesgericht Innsbruck, das daraufhin die Akten dem Obersten Gerichtshof gemäß § 38 StPO zur Entscheidung über den Kompetenzkonflikt vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 37 Abs 3 StPO sind, sofern zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anklage rechtswirksam wird, ein Hauptverfahren gegen den Angeklagten anhängig ist, die Verfahren – mittels prozessleitender Verfügung (§ 35 Abs 2 zweiter Fall StPO) – zu verbinden, wobei sich die Zuständigkeit des Gerichts (für die verbundenen Verfahren) nach § 37 Abs 1 und 2 StPO bestimmt. Demnach ist unter Gerichten gleicher Ordnung bei Fehlen einer Sonderzuständigkeit jenes Gericht zur Entscheidung über sämtliche Tatvorwürfe berufen, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt (§ 37 Abs 2 zweiter Satz StPO).

Die Verbindung der Verfahren gemäß § 37 Abs 3 erster Teilsatz StPO ist zwingend, dem Gericht kommt kein Ermessensspielraum zu. Unterbleibt die Verfahrensverbindung und kann dieser Rechtsfehler nicht mehr saniert werden, weil etwa über den Angeklagten mittlerweile ein Urteil gefällt wurde, ist dennoch die örtliche Zuständigkeit des Gerichts anzunehmen, in dessen Kompetenz das Verfahren bei gemeinsamer Verfahrensführung gefallen wäre (RIS-Justiz RS0128876; Oshidari , WK StPO § 37 Rz 10). Andernfalls läge es in der Hand des zur Einbeziehung verpflichteten Gerichts durch die Verweigerung der Verfahrensverbindung, unberechtigte Verfahrensabtretung und eigene rasche Verfahrensführung das Recht auf den gesetzlichen Richter zu beeinflussen (12 Ns 67/08m).

Vorliegend war zum Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit des Strafantrags im Verfahren AZ 30 Hv 34/16z des Landesgerichts Salzburg mit das frühere Straftaten umfassende Hauptverfahren AZ 23 Hv 45/16y des Landesgerichts Innsbruck (noch) anhängig, weshalb die beiden Verfahren zufolge subjektiver Konnexität zu verbinden gewesen wären. Gemäß § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO kommt die Zuständigkeit daher dem Landesgericht Innsbruck zu. Dieses Gericht hat somit das Hauptverfahren durchzuführen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0150NS00056.16B.0818.000