OGH vom 29.09.2021, 13Os88/21x

OGH vom 29.09.2021, 13Os88/21x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Vizthum in der Strafsache gegen ***** G***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten ***** G***** und ***** I***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 34 Hv 10/21i-49, sowie über die Beschwerden der Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Widerruf bedingter Entlassungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden ***** G***** mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und Abs 4 Z 1 SMG (A) und des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (B) sowie ***** I***** der Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (B) und der Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB (C) schuldig erkannt.

[2] Danach haben in I*****

(A) ***** G***** im Frühjahr 2020 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Delta-9-THC und THCA-hältiges Cannabis, anderen überlassen, indem er in zwei Angriffen jeweils zumindest fünf Gramm Cannabis an den am geborenen ***** K***** verkaufte, wobei er dadurch einem Minderjährigen den Gebrauch von Suchtgiften ermöglichte, während er selbst volljährig und um mehr als zwei Jahre älter als der Minderjährige war,

(B) ***** G***** und ***** I***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) am mit Gewalt gegen ***** K***** und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) dem Genannten fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen oder abgenötigt, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, indem ***** G***** dem Genannten gegenüber ankündigte, dass er jetzt „abgezogen“ werde, ***** G***** und ***** I***** abwechselnd den Rucksack des ***** K***** nach Wertgegenständen durchsuchten, ***** G***** dem ***** K***** zusätzlich wiederholt Ohrfeigen versetzte und ihm androhte, dass sie ihn „aufschlitzen“ werden, beide ihn zwangen, sich nackt auszuziehen, ihm 1.150 Euro wegnahmen und damit den Tatort verließen, weiters

(C) ***** I***** nach dem und vor dem durch die nach Bestellung im Internet von Unbekannten erfolgte Übernahme von täuschend echt aussehenden, jedoch gefälschten Banknoten im Nominalwert von 13.650 Euro nachgemachtes oder verfälschtes Geld im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten (§ 12 StGB) oder einem Mittelsmann mit dem Vorsatz übernommen, es als echt und unverfälscht in Verkehr zu bringen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richten sich die von ***** G***** aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO und von ***** I***** aus Z 4, 5, „9“ und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden.

[4] Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ***** G*****:

[5] Die Feststellungen zur objektiven Tatseite des Schuldspruchs A und B leitete das Erstgericht aus den für glaubwürdig befundenen Angaben des Zeugen ***** K***** ab (US 15 und 19). Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) ist diese Ableitung nicht zu beanstanden.

[6] Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der Glaubwürdigkeitsbeurteilung (vgl dazu RIS-Justiz RS0119422) behauptet die Mängelrüge (Z 5), weil sich das Erstgericht mit Divergenzen in den Aussagen des Zeugen ***** K***** nicht auseinandergesetzt habe. Durch das Hervorheben von Details eines Amtsvermerks vom (ON 2 S 69 f) bezieht sie sich aber gerade nicht auf eine Aussage des genannten Zeugen. Auf die von der Beschwerde insoweit angesprochenen Wertungen und Mutmaßungen der Berichtsverfasserin hatte das Gericht bei der Glaubwürdigkeitsbeurteilung der Aussage des ***** K***** nicht einzugehen (vgl RISJustiz RS0097540).

[7] Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Verbrechens des Raubes (Schuldspruch B) begegnet deren Ableitung aus dem objektiven Geschehen (US 19 f) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RISJustiz RS0116882).

[8] Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ***** I*****:

[9] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung (ON 48 S 35) des Antrags auf „direkte Inaugenscheinnahme der Geldscheine zum Beweis dafür, dass man schon beim Angreifen erkennt, dass es kein echtes Geld ist (ON 48 S 35)“, keine Verteidigungsrechte beeinträchtigt. Weshalb die begehrte Beweisaufnahme – entgegen dem diesbezüglichen Gutachten der Nationalbank (ON 31 S 149 f iVm ON 48 S 37) – das behauptete Beweisergebnis erwarten lasse, ließ der Antrag nämlich offen (siehe aber RIS-Justiz RS0118444).

[10] Soweit sich die Mängelrüge (Z 5) mit inhaltsgleichem Vorbringen wie jene des Mitangeklagten gegen den Schuldspruch B wendet, ist sie auf das dazu Dargelegte zu verweisen.

[11] Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite begegnet deren Ableitung aus dem objektiven Geschehen (US 19, gemeinsames Auftreten mit ***** G***** am Tatort als dieser die bevorstehende Raubtat ankündigte, Durchsuchung des Rucksacks, der Kleidungsstücke und der Geldbörse des ***** K*****, während der Mitangeklagte gleichzeitig Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gegenüber ***** K***** ausstieß und diesem Ohrfeigen versetzte) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS-Justiz RS0116882).

[12] Der Vorwurf fehlender Begründung der Feststellungen zur „von vornherein einkalkulierten Verabredung des Einsatzes von Gewalt als Tatmittel“ betrifft angesichts der zusammenfassend dargelegten Konstatierungen des Erstgerichts zum Tathergang (US 11 f) sowie jener zur subjektiven Tatseite (US 13) keinen für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage entscheidenden Aspekt (dazu eingehend mwN Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 26).

[13] Der Nichtigkeitsgrund der „Z 9“ wird nur nominell herangezogen.

[14] Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) eine Unterstellung des zum Schuldspruch B festgestellten Sachverhalts unter § 127 StGB oder unter § 131 StGB anstrebt, ihre Argumentation aber nicht auf der Basis der Gesamtheit der Konstatierungen entwickelt (siehe erneut US 11 f und 13), verfehlt sie den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

[15] Unter dem Aspekt des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei hinzugefügt: Muss – wie hier festgestellt – das durch Gewalt oder Drohungen in Schach gehaltene Opfer die Wegnahme des im örtlichen Nahbereich abgelegten Tatobjekts dulden, liegt eine im Sinn des § 142 Abs 1 StGB tatbestandsmäßige Wegnahme vor (Eder-Rieder in WK2 StGB § 142 Rz 40 f mwN).

[16] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[17] Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[18] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00088.21X.0929.000

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