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OGH vom 12.09.2018, 13Os86/18y

OGH vom 12.09.2018, 13Os86/18y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Holzer als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Daniel B***** und andere Angeklagte wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit b, 38 Abs 1 FinStrG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom , GZ 52 Hv 86/16h-119, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Daniel B*****, Claudia B***** und Horst G***** von der Anklage freigesprochen, es haben im Bereich des Finanzamts S***** „vorsätzlich und teilweise zudem in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung einen nicht bloß geringfügigen fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen, nämlich hinsichtlich der Fakten I. 1) c) bis k) und 2) c) bis k), II.) iV. I. 1) c) bis k) und 2) c) bis k) und zu III. 1) c) bis i) und 2) c) bis i), (§ 38 Abs 2 Z 3 FinStrG)

I. Daniel B***** als Machthaber und Geschäftsführer der Hausbetreuung B***** GmbH mit Sitz in *****, unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des EStG sowie dazu ergangener Verordnungen entsprechenden Lohnkonten betreffend der Monate 01/2004 bis 12/2012, durch Umgehung der steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen, indem er die Beschäftigungsverhältnisse der Arbeitnehmer unrichtig darstellte oder Arbeitsstunden über fiktive Kilometer oder Werkverträge abrechnete, eine Verkürzung nachgenannter Abgaben in Höhe von insgesamt EUR 786.581,54 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und zwar

1. Lohnsteuer:

a) für Jänner 2004 in Höhe von EUR 2.685,28

b) für Februar 2004 in Höhe von EUR 2.685,28

c) für März bis Dezember 2004 iHv. EUR 26.852,75

d) für das Jahr 2005 in Höhe von EUR 40.356,13

e) für das Jahr 2006 in Höhe von EUR 60.745,33

f) für das Jahr 2007 in Höhe von EUR 123.206,47

g) für das Jahr 2008 in Höhe von EUR 191.658,09

h) für das Jahr 2009 in Höhe von EUR 149.239,33

i) für das Jahr 2010 in Höhe von EUR 27.162,82

j) für das Jahr 2011 in Höhe von EUR 28.191,36

k) für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 13.747,05

Gesamt EUR 666.529,89

2. Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen:

a) für Jänner 2004 in Höhe von EUR 527,61

b) für Februar 2004 in Höhe von EUR 527,61

c) für März bis Dezember 2004 iHv EUR 5.276,13

d) für das Jahr 2005 in Höhe von EUR 7.929,19

e) für das Jahr 2006 in Höhe von EUR 12.102,88

f) für das Jahr 2007 in Höhe von EUR 25.678,20

g) für das Jahr 2008 in Höhe von EUR 26.135,19

h) für das Jahr 2009 in Höhe von EUR 20.350,82

i) für das Jahr 2010 in Höhe von EUR 3.704,02

j) für das Jahr 2011 in Höhe von EUR 3.844,28

k) für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 13.975,72

Gesamt EUR 120.051,65

II. Claudia B***** als leitende Angestellte der Hausbetreuung B***** GmbH durch planmäßiges und bewusstes Zusammenwirken mit Daniel B***** und Horst G*****, indem sie Daniel B***** bei der Erstellung der Werkverträge bzw. fiktiven Werkverträge und angeführten Handlungen des Erstangeklagten Daniel B***** beigetragen;

III. Horst G***** als leitender Angestellter der Hausbetreuung B***** GmbH durch planmäßiges und bewusstes Zusammenwirken mit Daniel B***** und Claudia B*****, indem er Daniel B***** bei der Erstellung der fiktiven Werkverträge und Kilometergeldabrechnungen maßgeblich unterstützte, dazu beigetragen, dass Daniel B***** Abgabenhinterziehungen betreffend die Monate 01/2006 bis 12/2012 hinsichtlich eines Verkürzungsbetrages in der Höhe von EUR 699.741,56 (Lohnsteuer in Höhe von EUR 593.950,45 und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfond für Familienbeihilfe in Höhe von EUR 105.791,11) begehen habe können; nämlich

1. Lohnsteuer:

a) für Jänner 2006 in Höhe von EUR 5.062,11

b) für Februar 2006 in Höhe von EUR 5.062,11

c) für März bis Dezember 2006 iHv. EUR 50.621,11

d) für das Jahr 2007 in Höhe von EUR 123.206,47

e) für das Jahr 2008 in Höhe von EUR 191.658,09

f) für das Jahr 2009 in Höhe von EUR 149.239,33

g) für das Jahr 2010 in Höhe von EUR 27.162,82

h) für das Jahr 2011 in Höhe von EUR 28.191,36

i) für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 13.747,05

Gesamt EUR 593.950,45

2. Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen:

a) für Jänner 2006 in Höhe von EUR 1.008,57

b) für Februar 2006 in Höhe von EUR 1.008,57

c) für März bis Dezember 2006 iHv EUR 10.085,74

d) für das Jahr 2007 in Höhe von EUR 25.678,20

e) für das Jahr 2008 in Höhe von EUR 26.135,19

f) für das Jahr 2009 in Höhe von EUR 20.350,82

g) für das Jahr 2010 in Höhe von EUR 3.704,02

h) für das Jahr 2011 in Höhe von EUR 3.844,28

i) für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 13.975,72

Gesamt EUR 105.791,11“.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde.

Ihr Vorbringen verkennt die Verschiedenheit der Anfechtungskalküle (vgl RIS-Justiz RS0115902):

Während tatsächlich getroffene Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (zu diesem Begriff Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398 f) – nach Maßgabe der in § 281 Abs 1 Z 5 StPO genannten fünf Kategorien von Begründungsfehlern – mit Mängelrüge bekämpft werden können (instruktiv dazu statt vieler: 13 Os 143/15a), kann das Fehlen von (durch Verfahrensergebnisse jedoch indizierten) Feststellungen zu bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebrachten Tatbestandsmerkmalen – als Feststellungsmangel (zum Begriff Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600) – mit Rechtsrüge (hier: Z 9 lit a) releviert werden.

Die Beschwerde lässt weitgehend nicht erkennen, ob sie (inhaltlich) Begründungs- (Z 5) oder Feststellungsmängel (Z 9 lit a) geltend machen will. Sich aus dieser Art der Rechtsmittelausführung ergebende Unklarheiten gehen zu ihren Lasten (RIS-Justiz RS0100183).

Dem auf Z 5 erster Fall gestützten Einwand zuwider geht aus dem angefochtenen Urteil klar hervor, „welchen Sachverhalt das Erstgericht seiner Entscheidung überhaupt zugrunde gelegt hat“. Denn die Tatrichter sahen– unmissverständlich – als nicht erwiesen an, dass Daniel B***** „bei seinem Handeln für die Hausbetreuung B***** GmbH [...] während des von der Anklage umfassten Zeitraums eine EUR 100.000,00 übersteigende Verkürzung von Lohnabgaben bewirkt und dabei eine Verletzung abgabenrechtlicher Verpflichtungen ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat oder er gar von einer entsprechenden Abgabenverkürzung gewusst hat“; ebenso wenig, dass Claudia B***** und Horst G***** „es ernstlich für möglich gehalten haben oder sich damit abgefunden haben, mit ihren Handlungen zur Verletzung abgabenrechtlicher Verpflichtungen beizutragen, oder dass sie von einer entsprechenden Verkürzung von Lohnabgaben wussten“ (US 4). Diese – für die Schuldfrage bedeutsame, demnach entscheidende Tatsachen betreffenden (RIS-Justiz RS0106268; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399) – (Negativ-)Feststellungen tragen die Freisprüche.

Die von der Beschwerde (nominell Z 9 lit a, inhaltlich Z 5 vierter Fall) vermisste Begründung für diese Negativfeststellungen (in Ansehung des Daniel B*****) findet sich auf den US 4 ff.

Soweit es Horst G***** betrifft, wurde die Negativfeststellung – dem Beschwerdevorwurf (Z 5 vierter Fall) zuwider willkürfrei – vor allem aus der vom Gericht als überzeugend erachteten (leugnenden) Verantwortung dieses Angeklagten und aus dem Fehlen stichhältiger Hinweise „auf bewusst auf eine Abgabenhinterziehung hinwirkendes Handeln“ abgeleitet (US 6).

Ohne Bezugnahme auf konkrete, tatsächlich getroffene Feststellungen über entscheidende Tatsachen (siehe aber RIS-Justiz RS0130729) unterzieht das übrige Vorbringen (nominell Z 5 zweiter, dritter und fünfter Fall sowie Z 9 lit a) einzelne – (wie die Beschwerde selbst einräumt) im Urteil ohnehin erwogene – Beweisergebnisse (Schuldeinbekenntnis und Schuldspruch des Daniel B***** in einem anderen, gegen ihn wegen § 153d und § 153e StGB subsumierter Taten geführten Strafverfahren; geschäftliche Aufzeichnungen der Hausbetreuung B***** GmbH; Aussagen mehrerer Zeugen) einer eigenständigen Bewertung, indem es daraus dem Beschwerdestandpunkt günstige Schlüsse zieht. Damit wird bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer – im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) – Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld bekämpft.

Mit dem (nominell aus Z 9 lit a erhobenen) Einwand, „unabhängig von den gescheiterten Beweisanträgen des Privatbeteiligtenvertreters […] hätte das Erstgericht von sich aus zur Klärung der Schuldfrage noch weitere Beweisaufnahmen durchführen müssen“, wird keine der von §§ 281 Abs 1, 281a StPO eröffneten Anfechtungskategorien deutlich und bestimmt angesprochen. Sollte das Vorbringen inhaltlich als Aufklärungsrüge (Z 5a – vgl RIS-Justiz RS0115823) zu verstehen sein, genügt der Hinweis, dass dieser Nichtigkeitsgrund zum Nachteil der Angeklagten nicht geltend gemacht werden kann (§ 281 Abs 2 StPO).

Da die – nicht erfolgreich mit Mängelrüge bekämpften – (Negativ-)Feststellungen zur subjektiven Tatseite den angestrebten Schuldsprüchen jedenfalls entgegenstehen, geht die – Feststellungsmängel in Bezug auf ungeklärt gebliebene Tatbestandselemente im Übrigen bloß behauptende (siehe aber RISJustiz RS0118580) – weitere Rechtsrüge (Z 9 lit a, teils nominell verfehlt auch Z 5) von vornherein ins Leere.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00086.18Y.0912.000

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