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OGH vom 23.07.2013, 10ObS98/13d

OGH vom 23.07.2013, 10ObS98/13d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter KR Hermann Furtner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AR Angelika Neuhauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Ludwig Beuerle und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Pflegegeld, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 13/13k 42, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Ein bereits in der Berufung geltend gemachter angeblicher Mangel des Verfahrens erster Instanz, den das Berufungsgericht verneint hat, kann nach ständiger Rechtsprechung auch im Verfahren nach dem ASGG im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. Dies gilt auch für eine unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz gerügte Verletzung der Verpflichtung zur Anleitung bzw amtswegigen Beweisaufnahme nach §§ 39 bzw 87 ASGG (10 ObS 132/12b mwN).

2. Dem Obersten Gerichtshof ist ein Eingehen auf die von der Rechtsmittelwerberin weiterhin geltend gemachte angebliche Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens verwehrt. Auch die Begründung, die das Berufungsgericht für das Nichtvorliegen des Verfahrensmangels gegeben hat, ist daher der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen (10 ObS 33/13w; RIS Justiz RS0043061 [T14] mwN). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei deshalb mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei (10 ObS 61/13p; 10 ObS 54/13h RIS Justiz RS0042963 [T58]; RS0043061 [T18]).

3. Die Zulassungsbeschwerde wendet sich erneut gegen die in der Berufung erfolglos als Verfahrensmangel erster Instanz und als unrichtige Beweiswürdigung monierte Unterlassung der Einholung eines weiteren (aktuellen) Sachverständigengutachtens zum Geisteszustand der Klägerin und zu ihrer angeblichen Eigengefährdung. Die (der irreversiblen Tatfrage zu unterstellende) Beurteilung, ob noch weitere Beweisaufnahmen erforderlich waren oder nicht, kann in der Revision aber auch auf dem Umweg der Rüge einer Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Beweisaufnahme nicht mehr bekämpft werden (10 ObS 132/12b; RIS Justiz RS0043320; RS0043163).

4. Auch im vorliegenden Fall wurden die für die Entscheidung relevanten Tatsachen im Sinn des § 87 Abs 1 ASGG im Wege amtswegiger Beweisaufnahme festgestellt. Die außerordentliche Revision wiederholt unter dem Titel „Begründungsmangel des Berufungsurteils“ die erfolglose Beweisrüge der Berufung und legt Alternativfeststellungen zu den (in dritter Instanz nicht mehr angreifbaren) Feststellungen der Tatsacheninstanzen zu Grunde.

4.1. Die Frage, ob die aufgenommenen Beweise für die Übernahme der Feststellungen durch das Berufungsgericht ausreichten oder ob noch weitere Beweise aufzunehmen waren, gehört jedoch zur Beweiswürdigung und ist mit der Revision nicht neuerlich zu bekämpfen (RIS Justiz RS0043320 [insb T 15]; 10 ObS 132/12b mwN).

5. Ein „revisibler Begründungsmangel“ im Sinne der Ausführungen von Zechner in Fasching ² § 503 ZPO Rz 223 (mangelhaft begründete Feststellung im Sinne der Übernahme eines „der menschlichen Vernunft widerstreitenden Sachverhalts, den ein vom Gericht eingeholtes SV-GA stützt“) liegt nicht vor. Vielmehr entfernt sich die Rechtsrüge von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen, wenn sie davon ausgeht, dass die Klägerin „immer wieder stürzt“ und daraus deren ständige Eigengefährdung und das Erfordernis dauernder Anwesenheit einer Pflegeperson ableiten will:

5.1. Festgestellt wurde nämlich, dass es (bloß) „gelegentlich“ zu Stürzen (drei Stürze in 16 Monaten) bzw Verwirrtheitszuständen kam und die Klägerin grundsätzlich jeweils eine (ganze) Stunde allein gelassen werden kann, wobei sie in der Lage ist, eine Pflegekraft zu verständigen, wenn sie etwa in der Nacht die Toilette aufsuchen muss.