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OGH vom 31.05.2007, 12Os9/07a

OGH vom 31.05.2007, 12Os9/07a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christine T***** wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom , GZ 602 Hv 3/05g-70, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Angeklagte (richtig:) mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat sie für die Monate August 1997 bis Mai 1998 und Jänner 1999 bis Mai 2001 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen wissentlich eine Verkürzung der Umsatzsteuer um 176.278,07 Euro bewirkt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) hat das Erstgericht die durch eine Auskunft der Finanzstrafbehörde erster Instanz (ON 66) gestützte Verantwortung der Beschwerdeführerin, die gegenständliche Umsatzsteuer-Last resultiere aus Mieteinnahmen, die großteils zugunsten der Finanzbehörde gepfändet worden waren, nicht mit Stillschweigen übergangen. Die Tatrichter stellten insoweit vielmehr - aktenkonform (S 283) - fest, dass die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Einnahmen aus Vermietung unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer um rund 176.000 Euro bewirkt hatte und dass die von der Finanzbehörde während des Tatzeitraums im Pfändungsweg erlangten Mieteinnahmen etwa 592.000 Euro betragen hatten (US 4), und bezogen die diesbezüglichen Verfahrensergebnisse mängelfrei sowohl in ihre beweiswürdigenden (US 8) als auch in ihre rechtlichen (US 10) Erwägungen ein.

Soweit die Beschwerde - ebenso wie die Generalprokuratur - eine nähere Erörterung einzelner Aussagepassagen der Beschwerdeführerin vermisst, übergeht sie, dass das Erstgericht - logisch und empirisch einwandfrei - darlegt, aus welchen Gründen es die (zur subjektiven Tatseite) leugnende Verantwortung der Beschwerdeführerin als widerlegt erachtet (US 6 bis 8). Damit entspricht es aber den Begründungserfordernissen des § 270 Abs 2 Z 5 StPO. Eine darüber hinausgehende Auseinandersetzung mit einzelnen Aussagedetails wird vom Gesetz nicht verlangt, sondern würde vielmehr dem in dieser Bestimmung normierten Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe zuwiderlaufen (RIS-Justiz RS0098717, zuletzt 12 Os 33/06d; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).

Indem die Rüge die Frage releviert, inwieweit die exekutiven Maßnahmen der Finanzbehörde Umsatzsteuerschulden der Beschwerdeführerin betroffen haben, bezieht sie sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen, weil das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG vollendet ist, wenn die (selbst zu berechnende) Umsatzsteuer-Vorauszahlung nicht am 15. Tag des auf den Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates entrichtet worden ist (§ 33 Abs 3 lit b FinStrG iVm § 21 Abs 1 UStG).

Das Vorbringen zu angeblichen Abgabengutschriften lässt den Aktenbezug vermissen und entzieht sich solcherart ebenso wie die darauf gegründeten spekulativen Erwägungen einer inhaltlichen Erwiderung.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) den Schuldausschließungsgrund des Irrtums (§ 9 FinStrG) einwendet (der Sache nach Z 9 lit b), erschöpft sie sich in der Bestreitung der gegenteiligen Urteilskonstatierungen (US 5) und verfehlt demgemäß den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt. Aus welchem Grund Feststellungen darüber erforderlich gewesen sein sollen, ob, gegebenenfalls in welchem Umfang Umsatzsteuer-Verpflichtungen exekutiv eingebracht wurden, lässt die Beschwerde nicht erkennen. Im Übrigen sei auf die Ausführungen zu dem diesen Umstand relevierenden Vorbringen der Mängelrüge verwiesen. Weshalb der - von der Beschwerde unsubstantiiert behauptete - Umstand, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen sei, die geschuldete Umsatzsteuer zu entrichten, rechtlich bedeutsam sein soll, leitet die Rüge nicht aus dem Gesetz ab. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die Einbringlichkeit der Abgabenschuld nicht Tatbestandsvoraussetzung des § 33 Abs 2 lit a FinStrG ist (RIS-Justiz RS0087133).

Die Beschwerdeprämisse, die Finanzbehörde sei verpflichtet gewesen, Umsatzsteuerbescheide zu erlassen, ist unverständlich, zumal der Beschwerdeführerin zu Last liegt, die - selbst zu berechnenden (§ 21 Abs 1 UStG) - Umsatzsteuer-Vorauszahlungen nicht geleistet zu haben. Korrespondierendes gilt für das Vorbringen zur Anzeige- und Offenlegungspflicht, das sich inhaltlich auf das - nicht verfahrensgegenständliche - Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG bezieht.

Mit den Ausführungen zum angeblich fehlenden Vorsatz bekämpft die Rüge einmal mehr die anders lautenden Urteilsfeststellungen (US 5). Der Einwand, das Erstgericht stütze die Feststellungen zur objektiven Tatseite zu Unrecht auf die Berechnungen der Abgabenbehörde (der Sache nach Z 5), lässt nicht erkennen, welche Verfahrensergebnisse diesen Konstatierungen zuwiderlaufen und solcherart erörterungsbedürftig iSd § 270 Abs 2 Z 5 StPO sein sollen. Nach dem insoweit unbestrittenen Inhalt der betreffenden Urkunden ergeben sich die relevanten Beträge vielmehr aus rechtskräftigen Abgabenbescheiden (S 5), welchen nach ständiger Judikatur die dem Resultat eines fachspezifischen Ermittlungsverfahrens inhärente Bedeutung einer qualifizierten Vorprüfung der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des jeweils aktuellen Finanzvergehens zukommt (EvBl 1992/26, 93 [verst Senat]; zuletzt 11 Os 7/06y).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Mit Blick auf die Bestimmung des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO wird festgehalten, dass - wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt - die zu § 114 ASVG (nunmehr § 153c StGB) hinsichtlich der strafprozessualen Anrechnung von Zahlungen entwickelte Judikatur (RIS-Justiz RS0084637) hier nicht anwendbar ist. Diese leitet aus der Bestimmung des § 1416 ABGB den Grundsatz ab, dass ungewidmete Zahlungen (auch) für den Bereich des Strafrechts auf die dem Schuldner insoweit beschwerlichste, demgemäß idR die mit Strafsanktion bewehrte Schuld anzurechnen sind (12 Os 37/04; Kirchbacher/Presslauer in WK² § 153c Rz 20). Liegt hingegen eine Zahlungswidmung vor, bleibt für die Anwendung dieser Zweifelsregel kein Raum (EvBl 1978/42, 126). Dies gilt ebenso in Bezug auf Exekutionsverfahren, wo aufgrund eines Exekutionstitels eine exakt determinierte Forderung (s hier § 229 BAO) betrieben wird, also gerade kein Zweifel darüber besteht, welche Schuld die dabei realisierten Beträge tilgen sollen.

Anzumerken bleibt, dass die (teilweise) bedingte Nachsicht einer Ersatzfreiheitsstrafe im Gesetz nicht vorgesehen und demnach verfehlt ist (10 Os 151/80, SSt 52/8 [verst Senat]; 13 Os 167/99; Lässig in WK² § 19 Rz 33). Dies folgt schon aus deren rechtlichem Charakter einer nur subsidiär zu vollstreckenden Sanktion. Wird nämlich die primär ausgesprochene Strafe bedingt aufgeschoben, kann die Ersatzfreiheitsstrafe bis zum Widerruf ohnedies nicht vollzogen werden. In den Fällen der Verhängung einer unbedingten Primärsanktion oder des Widerrufs einer bedingten Nachsicht hinwieder wäre es in sich widersprüchlich, bei Unvollstreckbarkeit die substituierende Unrechtsfolge nicht zu vollziehen (Dorazil/Harbich, FinStrG § 26 Anm 4). Da dieser Rechtsfehler nicht zum Nachteil der Beschwerdeführerin wirkt, hat auch insoweit eine Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO zu unterbleiben.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.