OGH vom 27.07.2010, 10ObS98/10z

OGH vom 27.07.2010, 10ObS98/10z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und VPr. Susanne Höller (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anna B*****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Pensionshöhe, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Rs 14/10y-6, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 17 Cgs 180/09k 10, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters einen mit 185,76 EUR (darin 30,96 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Anteil an den Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die am geborene Klägerin bezieht von der beklagten Partei eine Pension, deren Höhe im Jahr 2007 326,14 EUR brutto monatlich betrug. Die beklagte Pensionsversicherungsanstalt erhöhte im Zuge der Pensionsanpassung 2008 die Höhe der Pension ab um 1,7 %, sodass sie ab diesem Zeitpunkt 331,68 EUR brutto monatlich betrug. Im Zuge der Pensionsanpassung 2009 erhöhte die beklagte Partei die Pension der Klägerin durch Multiplikation mit dem Faktor 1,034, sodass sie ab 342,96 EUR brutto monatlich betrug.

Am stellte die Klägerin bei der beklagten Partei den Antrag auf bescheidmäßige Erledigung betreffend die Nachzahlung eines Betrags von 185,52 EUR für die Zeit vom bis und die Zahlung einer monatlichen Bruttopension von 358,94 EUR ab . Die beklagte Partei hat über diesen Antrag der Klägerin nicht entschieden.

Mit der am beim Erstgericht eingebrachten Säumnisklage begehrt die Klägerin, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr für den Zeitraum vom bis einen Betrag von 185,52 EUR nachzuzahlen und ihr ab eine Pension in Höhe von 358,94 EUR brutto monatlich zu bezahlen. Ihre Pension sei im Zuge der Pensionsanpassung 2008 unzulässigerweise nicht um den Fixbetrag von 21 EUR brutto monatlich oder zumindest um 2,81 %, sondern nur um 1,7 % erhöht worden. Die Klägerin hätte somit vom bis Anspruch auf eine (um 15,46 EUR erhöhte) monatliche Bruttopension von 347,14 EUR gehabt (insgesamt für zehn Monate 185,52 EUR). Ab habe sie Anspruch auf eine monatliche Bruttopension von 358,94 EUR, da die auf 347,14 EUR erhöhte monatliche Bruttopension Ausgangsbasis für die weitere Pensionserhöhung sein hätte müssen. Die für die Pensionsanpassung 2008 in § 634 Abs 10 ASVG normierte Regelung, wonach höhere Pensionen eine höhere Aufwertung erfahren als solche unter 747 EUR monatlich, sei wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungswidrig. Da von dieser Regelung überwiegend Frauen betroffen seien, sei diese Bestimmung auch gemeinschaftsrechtswidrig.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin ab die Pension in der bescheidmäßig zuerkannten Höhe von 342,96 EUR brutto monatlich zu bezahlen (Wiederholung des Bescheidzuspruchs) und wies das darüber hinausgehende, auf Zahlung einer höheren Pension im Ausmaß von 358,95 EUR brutto monatlich gerichtete Mehrbegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, dass es (auch) das weitere Klagebegehren auf Zuspruch des Betrags von 185,52 EUR für den Zeitraum vom bis abwies. Nach seiner rechtlichen Beurteilung habe die Klägerin mit dem erst im Jänner 2009 gestellten Antrag zwar noch die Überprüfung der Pensionsanpassung für das Jahr 2009, rückwirkend mit , verlangen können; eine Überprüfung des Zeitraums vom bis komme - § 367 Abs 3 ASVG folgend aber nicht mehr in Betracht. Damit erweise sich die Säumnisklage betreffend den Zeitraum vom bis als unberechtigt. Darüber hinausgehend habe die Klägerin gegen die Erhöhung der ihr ab zustehenden Beträge aufgrund der Pensionsanpassung 2009 in der Berufung nichts ins Treffen geführt.

Die Revision sei im Hinblick auf das Fehlen einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 367 Abs 3 ASVG zulässig.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer vollinhaltlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision im Hinblick auf die zwischenzeitig ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen zu § 367 Abs 3 ASVG nicht zulässig .

Zu den in der Revision aufgeworfenen Fragen hat der Oberste Gerichtshof ausführlich im Urteil vom , 10 ObS 42/10i (ebenso in 10 ObS 43/10m vom ) Stellung bezogen und zusammengefasst ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 367 Abs 3 ASVG ganz offensichtlich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung vorgesehen habe, dass über die in der Regel nicht problematischen Pensionsanpassungen ein Bescheid nur über Antrag des Pensionsbeziehers zu erlassen sei. Diese Erwägung müsse in gleicher Weise auch für die in § 634 Abs 10 ASVG unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die in § 108h ASVG vorgesehene Anpassung der Pensionen aus der Pensionsversicherung normierte Pensionsanpassung für das Jahr 2008 gelten. In diesem Sinn sei die Antragsmöglichkeit einer Pensionsbezieherin, über die Auswirkung der Pensionsanpassung 2008 auf die Höhe ihrer Pension einen Bescheid zu verlangen, gemäß § 367 Abs 3 ASVG kalendermäßig befristet gewesen. Bei einer Antragstellung im Jänner 2009 sei die maßgebliche Frist bereits verstrichen gewesen.

Auch im konkreten Fall der Klägerin war im Zeitpunkt ihrer Antragstellung bei der beklagten Partei im Jänner 2009 die angeführte Frist bereits verstrichen. Die beklagte Partei hätte daher den Antrag der Klägerin auf Nachzahlung einer Pensionsdifferenz von 185,52 EUR für den Zeitraum vom bis aufgrund der Pensionsanpassung 2008 richtigerweise mit Bescheid wegen Verfristung des Antrags zurückweisen müssen. Damit war aber auch eine inhaltliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Pensionsanpassung 2008 im Falle der Klägerin durch das Arbeits und Sozialgericht jedenfalls nicht mehr möglich, da das Recht der Klägerin auf Ausstellung eines vor dem Arbeits und Sozialgericht bekämpfbaren Bescheides über die Auswirkung der Pensionsanpassung 2008 auf die Höhe ihrer Pension gemäß § 367 Abs 3 ASVG bereits verfristet war. Die Klägerin konnte daher mit ihrem am bei der beklagten Partei eingelangten Antrag nur mehr eine inhaltliche Überprüfung der Pensionsanpassung für das Jahr 2009 erreichen, wobei dieser Pensionsanpassung gemäß § 636 Abs 1 Z 4 ASVG iVm § 108h Abs 2 ASVG die Pension zugrunde zu legen war, auf die nach den am in Geltung gestandenen Vorschriften Anspruch bestand. Ausgangsbasis für die Pensionsanpassung 2009 war somit im Fall der Klägerin ihr Pensionsanspruch für Oktober 2008 in Höhe von 331,68 EUR brutto monatlich. Durch die Multiplikation mit dem Faktor 1,034 ergibt sich daher ab ein Pensionsanspruch der Klägerin in der bereits vom Erstgericht (in Wiederholung des Bescheidzuspruchs) zuerkannten Höhe von 342,96 EUR brutto monatlich. Die von der Klägerin in ihrem Rechtsmittel weiters ins Treffen geführte Gemeinschaftsrechtswidrigkeit betrifft die im gegenständlichen Verfahren nicht mehr aufzugreifende Frage der Auswirkungen der Pensionsanpassung 2008, sodass auf diese Ausführungen nicht weiter einzugehen ist.

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Im Hinblick auf die rechtlichen Schwierigkeiten des Falls und die gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse entspricht es der Billigkeit, der Klägerin trotz der Zurückweisung ihrer Revision die Hälfte der von ihr verzeichneten Revisionskosten zuzuerkennen (10 Ob 26/08h, 10 ObS 144/09p ua), wurde doch die Revision bereits am eingebracht, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung 10 ObS 42/10i noch nicht gefällt war. Die Kostenbemessungsgrundlage beträgt 3.600 EUR (§ 77 Abs 2 ASGG).