OGH vom 03.03.2016, 12Os6/16y

OGH vom 03.03.2016, 12Os6/16y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kühlmayer als Schriftführer in der Strafsache gegen Khalil A***** A***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2 und 3 und Abs 4 FPG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Khalil A***** A***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom , GZ 13 Hv 127/15b 27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten wegen Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Khalil A***** A***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch eines Mitangeklagten enthält, wurde Khalil A***** A***** des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2 und 3 sowie Abs 4 erster Fall FPG (ersichtlich: idF BGBl I 2013/144) schuldig erkannt.

Danach hat er am in A***** und an anderen Orten als Mitglied einer kriminellen (richtig:) Vereinigung die rechtswidrige Ein- und Durchreise von 42 syrischen und irakischen Staatsangehörigen, somit einer „größeren Zahl“ von Fremden, in und durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz, sich durch ein dafür geleistetes Entgelt von 200 Euro pro Person unrechtmäßig zu bereichern, gefördert, indem er diese Personen mit einem LKW vom serbisch ungarischen Grenzgebiet in Richtung Deutschland transportierte, wodurch die Fremden während der Beförderung längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurden, indem diese während der Fahrt ohne Sitzplätze und Sicherheitsgurte und ohne Bereitstellung von Nahrung und Getränken großteils stehend auf der Ladefläche in Dunkelheit und nur mit geringer Luftzufuhr verweilen mussten und auch keine Pausen zur Verrichtung der Notdurft eingehalten wurden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Die Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), ein auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteter Vorsatz scheide angesichts des in Rede stehenden (objektiv nicht überhöhten) Fuhrlohns von 200 Euro aus, geht an den Konstatierungen vorbei, wonach jeder der 42 transportierten Personen ein Entgelt in dieser Höhe hätte leisten sollen (US 1, 4), womit sie den im festgestellten Sachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit verfehlt (RIS Justiz RS0099810).

Im Übrigen erklärt die Beschwerde nicht, weshalb ein der Menschenwürde und jeglicher legaler Gestaltung widerstreitender achtstündiger qualvolle Zustände im Sinn des zitierten Urteilsspruchs bewirkender Transport von 42 Personen auf einer Ladefläche von 20,175 m² überhaupt einen Anspruch auf einen wie auch immer gearteten Fuhrlohn bewirken sollte (vgl 11 Os 139/15y).

Bleibt lediglich der Vollständigkeit halber anzumerken, dass das Erstgericht wie aus der Bezugnahme (US 1, 11) auf die „größere Zahl von Fremden“ (vgl § 114 Abs 3 Z 2 FPG idF BGBl I 2013/144) hervorgeht ersichtlich Tatzeitrecht angewendet hat, obwohl das zum Urteilszeitpunkt (seit kurzem) geltende Recht (vgl § 114 Abs 3 Z 2 FPG idF BGBl 2015/121: („mindestens drei Fremde“) im konkreten Fall (42 Fremde) nicht ungünstiger war und demzufolge den Ausschlag hätte geben müssen (§§ 1, 61 StGB). Dieses rechtliche Versehen wirkte sich jedoch nicht zum Nachteil für den Angeklagten aus (§ 290 Abs 1 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ebenso wie die vom Angeklagten Khalil A***** A***** angemeldete (ON 26 S 12), aber im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Berufung wegen Schuld bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00006.16Y.0303.000