zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 16.07.2007, 13Os81/07x

OGH vom 16.07.2007, 13Os81/07x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Egger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hannes K***** und einen anderen Beschuldigten wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 19 Ur 137/06f des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Hannes K***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz vom , AZ 9 Bs 198/07x (ON 230), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Hannes K***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Dem Bund wird der Ersatz der mit 700 Euro zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer festgesetzten Beschwerdekosten an den Beschwerdeführer auferlegt.

Text

Gründe:

Mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz vom , AZ 9 Bs 198/07x (ON 230), wurde die von der Untersuchungsrichterin des Landesgerichtes für Strafsachen Graz am über Hannes K***** verhängte (ON 177) und sodann am fortgesetzte (ON 209) Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Verdunkelungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und 2 StPO bis zum mit der Einschränkung prolongiert, dass der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr mit Ablauf des entfalle. Zur Haftvoraussetzung des dringenden Tatverdachts referierte der Gerichtshof zweiter Instanz die - sich ihrerseits in einer unkritischen Übernahme des Haftantrags der Staatsanwaltschaft (S 3xx-3zz in ON 1) erschöpfenden - Sachverhaltsannahmen der Untersuchungsrichterin des Landesgerichtes für Strafsachen Graz (ON 209; „inhaltlich des bekämpften hier wörtlich wiedergegebenen Beschlusses sei Hannes K***** [weiterhin] dringend verdächtig...") unter Übernahme der dort aufscheinenden Klammerzitate (Verweise auf einzelne Punkte des „Schlussberichtes" ON 165) und Einschübe (wie:

„wobei durch weitere Erhebungen zu klären sein wird, ob die von 2002 bis 2006 geleisteten Zahlungen der Fa. P***** an den SK P***** einlangten und diesfalls als Abdeckung der angeführten einbehaltenen Geldbeträgen dienten" [Faktum B.I.2.] und „wobei zu klären ist, inwieweit es sich bei den angeführten Beträgen eventuell zum Teil um [weitere] Schwarzlohnzahlungen an diverse Spieler des Vereins handelt" [Faktum B.I.7]).

Danach folgt eine teilweise Auseinandersetzung mit den Argumenten des Beschwerdeführers gegen die erstinstanzliche Haftentscheidung und eine von dieser teils abweichende rechtliche Beurteilung zu einzelnen Punkten des Faktenkatalogs.

So wird in Zusammenhang mit dem Transfererlös für den an den FC B***** verkauften Spieler Markus S***** (Faktum B I 5) der Ansicht Ausdruck verliehen, die nunmehrige Verantwortung des Beschuldigten vermöge die qualifizierte Verdachtslage einer Veruntreuung zum Nachteil des SK P***** nicht zu entkräften, ... und demgegenüber zum selben Sachverhalt ausgeführt, „bei der nunmehrigen Einlassung würde sich die Frage einer Indikation nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB stellen

..."

Im Zusammenhang mit den „Erlösverkürzungen aus dem Kartenverkauf" besteht hingegen nach Meinung des Beschwerdegerichtes „in diesem Umfang der qualifizierte Verdacht einer im Sinne der Veruntreuung unrechtmäßigen Bereicherung" nicht, sondern komme „der buchhalterischen Einnahmenreduktion unter dem Aspekt der §§ 12, zweite Alternative, 146 f StGB strafrechtliche Indikation zu", weil der Mitbeschuldigte Gerhard S***** über Auftrag des Beschwerdeführers den Bundesligaanteil (der 2,5 % der um die öffentlichen Abgaben verminderten tatsächlichen Einnahmen aus dem Kartenverkauf zu betragen gehabt hätte) „auf Basis der durch die gegenständlichen Manipulationen verringerten Kartenabrechnungen" ausgewiesen haben soll, „sodass nahe liegt, dass die Bundesliga durch Verschweigen der tatsächlichen Einnahmen und somit durch Täuschung darüber um ihre Quote an den verschleierten Beträgen geschädigt wurde, während der SK P***** im selben Ausmaß unrechtmäßig bereichert war". Zu den Fakten B I 1, 3 und 7 begründete der Gerichtshof zweiter Instanz, weshalb seiner Ansicht „entgegen erstgerichtlicher Annahme qualifizierter Indikation des Verbrechenstatbestandes nach der Aktenlage richtigerweise der Verdacht des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB" vorliege. Zu den Behebungsvorgängen in Bezug auf Beträge von 600.000 S (im Jahr 1999) und 694.362 S (im Jahr 2000) wird auf die Erhebungsergebnisse in ON 116 und ON 201 verwiesen und weiters die Auffassung vertreten, „wenngleich nunmehr im Raum steht, dass auf wirtschaftlich dem SK P***** zuordenbaren Sparbüchern veranlagte Beträge für Schwarzzahlungen an Spieler des Vereins verwendet wurden, ist doch nach wie vor die Verwendung eines Betrages von rund 490.000 Euro ungeklärt (ON 211). Mit Blick auf die den Beschwerdeführer belastenden Angaben des Mitbeschuldigten Gerhard S***** vor der Untersuchungsrichterin (S 14 des fortgesetzten Beschuldigtenprotokolls ON 176) liegt in Zusammenschau mit den weiteren mutmaßlich nicht gerechtfertigten Behebungen (siehe oben) beim Fehlen hinreichender entlastender Beweisergebnisse auch in Bezug auf die Sachverhalte lt. B I 7 ein höherer Grad der Wahrscheinlichkeit für ein Vorgehen mit Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz, somit für tatbildliches Handeln des Beschwerdeführers iSd §§ 146 f StGB vor."

Zu den - auch im Beschluss des Erstgerichtes nicht wertmäßig individualisierten - Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung „nach den § 33 Abs 1 (Faktum A II) und Abs 2 lit b, 38 Abs 1 lit a FinStrG (in der jeweils zu den Tatzeiten geltenden Fassung wegen §§ 1, 61 StGB, Faktum A I.)" wird ausgeführt, die Annahme dringenden Tatverdachtes sei „rechtsfehlerfrei" erfolgt, weil „über Veranlassung des Beschwerdeführers Ausgangsrechnungen mit dem Briefkopf des SK P***** erstellt und nicht in dessen, sondern im Rechenwerk der P***** GmbH verbucht wurden, wobei als Zweck dieser Scheinrechnungen nahe liegt, unter Verletzung der abgabenrechtlichen Wahrheitspflicht das Betriebsergebnis der P***** GmbH zu reduzieren und damit einen Steuervorteil für das Unternehmen in einem die zuständigkeitsbegründende Wertgrenze nach § 53 FinStrG bei weitem übersteigenden Betrag zu lukrieren. Durch das äußere Tatgeschehen sind nicht nur grund- und werttatbestandsmäßiger Vorsatz, sondern darüber hinaus auch gewerbsmäßige Absicht nachdrücklich indiziert, also dass es dem Beschwerdeführer, der am Unternehmen wirtschaftlich partizipiert, darauf ankam, auch sich selbst durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen."

Auf die übrigen gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfe ging der Gerichtshof zweiter Instanz nicht ein.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde kommt Berechtigung zu:

Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass der Fortsetzungsbeschluss des Oberlandesgerichts, welcher nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die erstinstanzliche Entscheidung nicht bloß zu beurteilen, sondern zu ersetzen und solcherart eine neue - reformatorische - Entscheidung darzustellen hat (§ 182 Abs 4 zweiter Satz StPO; RIS-Justiz RS0116421, RS0120817), in Betreff der Sachverhaltsannahmen für die Haftvoraussetzung des dringenden Tatverdachtes in einer das Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzenden Weise undeutlich geblieben ist. Nach § 179 Abs 4 Z 4 StPO (§ 182 Abs 4 zweiter Satz StPO) hat jeder Beschluss eines Oberlandesgerichts über die Fortsetzung der Untersuchungshaft „die bestimmten Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht" für den Gerichtshof zweiter Instanz ergibt, zu enthalten. Das bedeutet, dass mit Bestimmtheit anzugeben ist, welcher - in Hinsicht auf die mit hoher Wahrscheinlichkeit als begründet angesehenen strafbaren Handlungen (rechtlichen Kategorien, also Tatbeständen; vgl § 260 Abs 1 Z 2 StPO) rechtlich entscheidend beurteilte - Sachverhalt angenommen wurde (sogenannte Feststellungsebene) und klarzustellen ist, auf welchen ganz bestimmten Tatumständen (Beweisergebnissen, sogenannten erheblichen Tatsachen) diese Sachverhaltsannahmen über die sogenannten entscheidenden Tatsachen beruhen (sogenannte Begründungsebene; vgl 14 Os 59/06t, EvBl 2006/132, 690; RIS-Justiz RS0120817). Geschieht dies nicht, liegt eine Grundrechtsverletzung vor (vgl Ratz, JBl 2000, 536 f; ders, ÖJZ 2005, 417; ders, ÖJZ 2005, 705 f; ders, ÖJZ 2006, 319; ders, WK-StPO § 281 Rz 4 f, 419). Insoweit unterscheidet sich die Begründungspflicht für Haftbeschlüsse nicht von der für ein Strafurteil (vgl 14 Os 59/06t, EvBl 2006/132, 690). Kann sich dabei das Beschwerdegericht - entgegen der Auffassung der Beschwerde - auch auf die Feststellung haftrelevanter Umstände einiger weniger Taten aus einer umfangreichen Verdachtslage, deretwegen die Voruntersuchung geführt wird, beschränken, so müssen diese hafttragend sein, um der im Grundrechtsbeschwerdeverfahren vorzunehmenden Prüfung standhalten zu können.

Vorliegend hat sich das Oberlandesgericht damit begnügt, die Sachverhaltsannahmen der Untersuchungsrichterin im Konjunktiv zu zitieren und diese - weitgehend ohne Herstellung eines Zusammenhangs zur dort vorgenommenen Faktenbezeichnung - teilweise zu kommentieren, ohne jedoch zu irgendeiner der dem Beschuldigten angelasteten Taten eine klare und für Dritte nachvollziehbare Aussage darüber zu treffen, von welchen eigenen Sachverhaltsannahmen es ausging oder - im nächsten Schritt - auf welchen konkreten Beweisergebnissen diese basieren. Solcherart wurde den gesetzlichen Deutlichkeitserfordernissen in keiner Weise entsprochen. Nur unter Rückgriff auf den Akteninhalt zur Ausdeutung des Beschlusses lässt eine Analyse der Wiedergabe der Annahmen des Erstgerichts und der weiteren - nicht an § 182 Abs 4 zweiter Satz (§ 179 Abs 4 Z 2) StPO ausgerichteten - Ausführungen des Oberlandesgerichts für den Obersten Gerichtshof den Schluss zu, dass das Oberlandesgerichtes Graz zum Ausdruck bringen wollte, der Beschuldigte sei aus seiner Sicht dringend verdächtig, Gelder veruntreut, unter Vorgabe seiner Verfügungsberechtigung über Konten des SK P***** betrogen, Gerhard S***** zu einem Betrug zum Nachteil der Bundesliga angestiftet und Abgaben hinterzogen zu haben. Um Undeutlichkeit zu vermeiden, genügt es aber nicht, in der - rechtsstaatlich verfehlten - Erwartung, das Höchstgericht werde vom Gerichtshof zweiter Instanz verabsäumte, haftbezogen essentielle Sachverhaltsannahmen treffen und diesen mögliche Beweismittel zuordnen, bloß undeutlich auf den Akteninhalt, frühere Beschlüsse oder Entscheidungen des Erstgerichtes zu verweisen, vage mehrere Varianten eines möglichen Tatsachengeschehens anzudeuten und dazu weitgehend pauschal Bezugsstellen aktenkundiger Erhebungsergebnisse der Finanzbehörde und Kriminalpolizei zu zitieren. Andernfalls würde sich die Kompetenz für die letztinstanzliche Entscheidung in der Haftfrage ohne Rechtsbasis vom Oberlandesgericht zum Obersten Gerichtshof verschieben.

Darüberhinaus ist ein für den Obersten Gerichtshof gerade noch erkennbarer Wille des Beschwerdegerichtes, haftrelevante Tatsachen festzustellen, gänzlich verschieden von deren gelungener Darstellung:

Lässt eine Analyse der angefochtenen Entscheidung trotz einer für Dritte bestehenden Unklarheit in Hinsicht auf die Feststellung haftrelevanter Tatsachen bei näherem Hinsehen aus Sicht des Obersten Gerichtshofs doch die (Text-)Beurteilung zu, dass das Beschwerdegericht die haftrelevanten Tatsachen feststellen wollte, ist bloß ein amtswegiges Einschreiten (§ 10 GRBG iVm §§ 290, 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) nicht erforderlich. Nur in diesem Umfang kann zur Ausdeutung auf den Akteninhalt und notorische Tatsachen, auf die in der angefochtenen Entscheidung nicht Bezug genommen wurde, die für den Beschuldigten aber nicht - wie für das Höchstgericht - auf der Hand liegen, zurückgegriffen werden (vgl dazu Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).

Aus einem Verweis auf bestimmte aktenkundige Texte ist zwar nicht grundsätzlich abzuleiten, dass sich das Oberlandesgericht die selbständige Annahme einer Sachverhaltsgrundlage und eine Auseinandersetzung mit dem Akteninhalt erspart hätte. Dies kann aber nicht schon dann gelten, wenn ein derartiger Verweis nur für das Höchstgericht deutlich genug ist, um von einem amtswegigen Einschreiten nach § 10 GRBG iVm §§ 290, 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO abzusehen. Vielmehr muss - auch für den von der Haftentscheidung Betroffenen - klar ersichtlich sein, dass der deutliche Verweis auf bestimmte Texte (wie frühere Beschlüsse oder die Anklageschrift) methodisch deren Wiedergabe darstellt und der Gerichtshof zweiter Instanz sich jene Argumente, auf die Bezug genommen wurde, zu Eigen gemacht, sich also damit identifiziert hat (vgl zu Verweisen in Zusammenhang mit bestimmten Tatsachen, also den deutlich zu bezeichnenden Beweisergebnissen, auf denen der Ausspruch über entscheidende Tatsachen beruht [§ 179 Abs 4 Z 4, § 182 Abs 4 StPO]:

Ratz, der Tatverdacht im Grundrechtsbeschwerdeverfahren, JBl 2000, S 536).

Bleibt eine nicht den aufgezeigten Standards klarer und ohne weiteres nachvollziehbarer Begründung entsprechende zweitinstanzliche Haftentscheidung, wie die vorliegende, jedoch vom Empfängerhorizont des davon Betroffenen undeutlich, kann dieser den Darstellungsmangel - wie hier - erfolgreich mit Grundrechtsbeschwerde geltend machen (§ 10 GRBG, § 281 Abs 1 Z 5 erster Fall StPO).

In Übereinstimmung mit der Generalprokuratur war daher in Stattgebung der Grundrechtsbeschwerde die Verletzung des Hannes K***** in seinem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf persönliche Freiheit (§ 2 Abs 1 GRBG) festzustellen.

Bleibt im Detail anzumerken, dass aus den eingangs zitierten Ausführungen des Oberlandesgerichtes Graz in Zusammenhang mit dem Transfererlös des Spielers Markus S***** nicht klar wird, in Bezug auf welchen konkreten Sachverhalt von einer höheren Wahrscheinlichkeit der Täterschaft des Beschuldigten ausgegangen wurde. Ebensowenig ist zu ersehen, zu welcher Duldung, Handlung oder Unterlassung die „Bundesliga" durch die „buchhalterische Einnahmenreduktion" der Kartenerlöse verleitet werden sollte und ob diesbezüglich überhaupt dringender Tatverdacht angenommen wurde (vgl dagegen die Formulierung „strafrechtliche Indikation", „naheliegt", S 12 des Beschlusses) noch auf welchen konkreten Beweismitteln diese Annahme beruhen könnte.

Zu den Fakten B I 1 und 3 wurde zwar auf die Behebungen in der angelasteten Höhe (die allerdings nur dem Beschluss der Untersuchungsrichterin deutlich zu entnehmen ist) eingestehende Verantwortung des Beschuldigten und die damit korrespondierenden aktenkundigen Kontounterlagen verwiesen. Offen bleibt, weshalb das Beschwerdegericht der Annahme war, Hannes K***** sei als Präsident des SK P***** nach außen hin nicht befugt, über das Vermögen des Vereins zu verfügen und habe demnach Verfügungsberechtigten der Raiffeisenbank St. Peter bloß vorgetäuscht, „zur Verfügung über die Spareinlage (materiell) berechtigt" zu sein.

Die Sachverhaltsannahmen zu Faktum B I 7 (nach denen „im Raum steht", dass Gelder für „Schwarzzahlungen" an Spieler des Vereins verwendet wurden, die Verwendung eines Betrages von rund 490.000 Euro jedoch „nach wie vor ungeklärt" ist, weshalb „in Zusammenschau mit den weiteren mutmaßlich nicht gerechtfertigten Behebungen beim Fehlen

hinreichender entlastender Beweisergebnisse ... ein höherer Grad der Wahrscheinlichkeit ... vorliege") tragen einen dringenden Tatverdacht

nach „§§ 146 f StGB" nicht, zumal auch die dazu angeführte Aufstellung des Finanzamtes (ON 211) nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist und der Aussage des Mitbeschuldigten Gerhard S***** lediglich vage Vermutungen zu einer von Hannes K***** eingestandenen Entnahme von 3.000.000 S „im Zusammenhang mit dem Büroumbau" zu entnehmen sind (S 14 der fortgesetzten Beschuldigtenvernehmung vom in ON 176). Zum angenommenen Verdacht nach §§ 33 Abs 1 und Abs 2 lit b, 38 Abs 1 lit a FinStrG „in der jeweils zu den Tatzeitpunkten geltenden Fassung wegen §§ 1, 61 StGB" (richtig: § 4 FinStrG), dessen Begründung für die Annahme eines unrechtmäßigen Steuervorteils für das Unternehmen „in einem die zuständigkeitsbegründende Wertgrenze nach § 53 FinStrG bei weitem übersteigenden Betrag" für rechtsfehlerfrei erachtet wurde, obgleich im „Schlussbericht" der Steuerfahndung (ON 165) „hinsichtlich der strafbestimmenden Wertbeträge und der entsprechenden Verantwortlichkeiten" das Finanzamt Graz-Stadt erst „ersucht" wird, „diese im eigenen Wirkungsbereich festzustellen" (S 141/VII), was bis zur Beschwerdeentscheidung nicht geschehen ist, genügt es anzumerken, dass konkrete Aussagen zu eigenen Sachverhaltsannahmen fehlen und das Oberlandesgericht Graz die Annahme einer höheren Wahrscheinlichkeit für gewerbsmäßige Absicht darauf gründete, Hannes K***** „partizipiere am Unternehmen". Zudem steht die vorgenommene Subsumtion (auch) unter § 38 Abs 1 lit a FinStrG im Widerspruch zu den daran anschließenden Ausführungen. Auch wenn der Oberste Gerichtshof eine Grundrechtsverletzung bereits wegen Vorliegens von Darstellungsmängeln bejaht hat, überprüft er im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens - schon wegen § 7 GRBG - auch die rechtliche Annahme der im § 180 Abs 2 StPO genannten Gefahr (Prognoseentscheidung) darauf, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als unvertretbar angesehen werden müsste (RIS-Justiz RS0117806). Das Gesetz versteht unter dem Begriff der bestimmten Tatsachen des § 179 Abs 4 Z 4 StPO nichts anderes als die deutliche Bezeichnung der den Ausspruch über das Vorliegen entscheidender Tatsachen (hier einer hohen Wahrscheinlichkeit für eine Flucht oder den Versuch der Erschwerung der Ermittlung der Wahrheit) tragenden Gründe - Gründe also, aus denen diese Prognose rechtsfehlerfrei abgeleitet werden konnte.

Vorliegend blieben die für die Annahme der Fluchtgefahr herangezogenen - wenn auch als notorisch bezeichneten - Auslandskontakte des Beschuldigten ebenso im Vagen wie nicht deutlich und bestimmt ausgesprochen wurde, welche besondere Ausformung die Reputation des Beschuldigten aufweisen sollte, sodass deren Verlust die Annahme drohender Flucht rechtfertigen könnte.

Ein aus der „bei verdachtskonformer Verurteilung wegen der Kriminaldelikte zu erwartenden Strafe innerhalb eines Strafrahmens von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe" abgeleiteter Fluchtanreiz sowie die drohenden Schadenersatzzahlungen und die im Falle einer Verurteilung nach dem FinStrG zu erwartende Geldstrafe vermögen aber für sich alleine die Annahme der Gefahr einer Flucht des Beschuldigten nicht zu tragen. Diese Umstände sind zwangsläufig mit jeder Annahme dringenden Tatverdachtes wegen mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedrohten Vermögensdelikten oder Finanzvergehen verbunden und können per se nicht haftbegründend sein. Nach den Sachverhaltsannahmen der Beschwerdeentscheidung ist die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages in Zusammenhang mit den Finanzvergehen zudem gänzlich ungeklärt.

Zum angenommenen Haftgrund der Verdunkelungsgefahr ist anzumerken, dass das Oberlandesgericht Graz diesen - mit Blick auf eine bereits vor seiner Verhaftung von Hannes K***** gesetzte Verdunkelungshandlung - schon deshalb als vorliegend erachtete, weil „die (ehemaligen) Vorstandsmitglieder des Vereins sowie dessen in die Vertragsverhandlungen eingebundener ehemaliger Angestellter Heinz S*****" zu den Spielerverträgen gerichtlich noch nicht einvernommen wurden". Dabei bleibt aber im Dunklen, inwiefern trotz ausführlicher Befragung der genannten Zeugen durch Finanzbehörde und Kriminalpolizei die bis zum Tag der Entscheidung des Oberlandesgerichtes unterbliebene gerichtliche Einvernahme eine nachteilige Beeinträchtigung der Wahrheitsermittlung befürchten lässt. Die Annahme des Beschwerdegerichts, dass erst „anhand der danach vorliegenden Aussagen vor Gericht zu beurteilen sein werde, ob weitere, die Ermittlung der Wahrheit beeinflussende Verdunklungsmomente anzunehmen sind", ist jedenfalls nicht hafttragend.

Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr liegt zufolge Ablaufs der Frist des § 194 Abs 1 StPO am nicht mehr vor. Der Oberste Gerichtshof sieht sich bei der beschriebenen Ausgangslage - trotz zwischenzeitig erfolgter Enthaftung des Beschuldigten - veranlasst, den angefochtenen Beschluss aufzuheben (§ 7 Abs 1 GRBG); eine grundrechtskonforme Begründung der Fluchtgefahr ist bei unveränderter Sachverhaltsgrundlage nicht zu erwarten. Die Untersuchungsrichterin des Landesgerichtes für Strafsachen Graz ist somit verpflichtet, unverzüglich den der Anschauung des Obersten Gerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (§ 7 Abs 2 GRBG). Fallaktuell wird dabei zu beachten sein, dass auch die Anwendung gelinderer Mittel, die unter anderem eine einwandfreie Annahme eines Haftgrundes zur Voraussetzung hat, keine Grundlage hätte.

Die Kostenersatzpflicht des Bundes gründet sich auf § 8 GRBG.