OGH vom 08.04.2003, 10ObS94/03a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Holper (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Irmgard M*****, vertreten durch Dr. Christian Zangerle, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 25 Rs 124/02z-32, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Nach der im vorliegenden Fall bereits maßgebenden Neuregelung der Revisionszulässigkeit im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren durch die Zivilverfahrens-Novelle 2002, BGBl I 2002/76 (vgl Art XI Abs 6) ist gegen das Urteil des Berufungsgerichts die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Prozessrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.
Rechtliche Beurteilung
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Als Mangelhaftigkeit des "(Berufungs-)Verfahrens" rügt die außerordentliche Revision, das Berufungsgericht habe die vom Erstgericht unterlassene Einholung beantragter Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten Berufskunde, Berufspsychologie und Arbeitsmedizin zu Unrecht nicht als mangelhafte Stoffsammlung erkannt, die eine Ergänzung des Beweisverfahrens erfordert hätte. Zur Zulässigkeit ihres außerordentlichen Rechtsmittels macht die Klägerin geltend, dass das Gericht zweiter Instanz der Frage, ob weitere Sachverständige aus den beiden erstgenannten Fachgebieten hätten beigezogen werden sollen, von einer einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei, dass sich eine Rechtsprechung, wonach Laienrichter bzw fachfremde Sachverständige beurteilen könnten, ob weitere Sachverständige aus anderen Fachgebieten beigezogen werden sollen, noch nicht gefestigt habe, und dass auch zur Frage, ob eine Person, die sich sozial zurückgezogen habe und den Wohnort nicht mehr verlasse, noch arbeitsfähig sei, sowie zum Inhalt der Tätigkeiten einer Kanzleihilfskraft, in der Datenverarbeitung bzw im Lager eine grundlegende oberstgerichtliche Entscheidung fehle. Dabei wird zunächst übersehen, dass angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Berufungsgericht verneint wurden (hier: Beiziehung weiterer Sachverständiger [vgl Punkt A der Berufung]), nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates auch im Verfahren nach dem ASGG nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können (Kodek in Rechberger² Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO; MGA, ZPO15 E 38 zu § 503 mwN; SSV-NF 11/15; 7/74; 5/116 ua; RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061). Das gilt insbesondere für den vorliegenden Fall; hat die Klägerin doch - wie sie selbst festhält - bereits in ihrer Berufung die genannte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens erfolglos gerügt (vgl Seite 6 f der Berufungsentscheidung).
Ein Mangel des Berufungsverfahrens könnte daher - entgegen der Auffassung der Revisionswerberin - nur dann vorliegen, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte (Kodek aaO Rz 3 Abs 2 aE; MGA aaO E Nr 40 mwN; SSV-NF 15/13 mwN;
RIS-Justiz RS0043086 [T7 und T 9]; zuletzt: 10 ObS 34/03b mwN);
derartiges wird in der Revision aber - zu Recht - nicht einmal behauptet, weil sich das Gericht zweiter Instanz mit der Mängelrüge auseinandergesetzt und diese mit einer der Aktenlage nicht widersprechenden Begründung als nicht berechtigt erkannt hat (Seite 6 bis 10 der Berufungsentscheidung).
Davon abgesehen zeigt die Rechtsmittelwerberin gar nicht auf, von welchen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes das Berufungsgericht abgewichen sein soll, sodass die außerordentliche Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RIS-Justiz RS0043650). Die bloße (und nicht weiter substanziierte) Behauptung, die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts stehe im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung, ist in diesem Sinn nämlich nicht ausreichend (RIS-Justiz RS0043650 [T3] = 10 ObS 186/02d). Aber auch die weiteren Rechtsmittelausführungen entsprechen nicht dem Gesetz, weil sie nicht von der (im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbaren) Feststellung ausgehen, dass die Klägerin in der Lage ist, die von ihr ausgeübten Tätigkeiten weiterhin zu verrichten.
Mangels erheblicher, für die Entscheidung des Verfahrens relevanter Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision daher zurückzuweisen.