OGH vom 17.08.2006, 10ObS92/06m

OGH vom 17.08.2006, 10ObS92/06m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Albert Ullmer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Karl P*****, vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Rs 27/06d-8, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Bescheid vom hat die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch des Klägers auf Witwerpension nach der am verstorbenen Friederike P***** ab anerkannt und ausgesprochen, dass sich für das Ausmaß der Pension ein Hundertsatz von Null ergebe, wobei derzeit auch die Voraussetzung für die Gewährung eines Erhöhungsbetrages aufgrund des eigenen Einkommens des Klägers nicht vorliege. Die Berechnungsgrundlage des Witwers betrage EUR 61.010,04, die Berechnungsgrundlage der Verstorbenen EUR 23.261,83. Das Erstgericht wies das auf Gewährung eines Erhöhungsbetrags zur Witwenpension gerichtete Begehren ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge; in der Begründung teilte es die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen die Pensionsberechnung nach § 264 Abs 2 bis 5 ASVG iSd Neuregelung der Witwenpension durch das 2. SVÄG 2004 nicht.

Die davon abweichende Auffassung des Revisionswerbers, die unter anderem damit begründet wird, dass sich bei anderer Gestaltung des gemeinsamen Lebens (etwa bei Vollerwerbstätigkeit beider Ehepartner mit „Zukauf" der unentgeltlich erbrachten [Pflege-]Leistungen seiner verstorbenen Ehefrau) die Höhe der Witwerpension geändert hätte, vermag keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der hier anzuwendenden Regelung der Pensionsberechnung zu begründen: Der Senat hat erst jüngst (E v , 10 ObS 126/06m) ausgesprochen, dass insoweit dagegen keine Bedenken bestehen, dass nach dem Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG vertragliche Pensionsansprüche (Firmenpensionen) - die auch nicht unter den Begriff des Erwerbseinkommens iSd § 91 Abs 1 ASVG fallen - nicht zu berücksichtigen sind, weil eine Differenzierung zwischen Beziehern einer Pension aus der Sozialversicherung oder aus dem öffentlichen Dienst einerseits und sonstigen Personen andererseits sachlich gerechtfertigt sei. Der Zweck der Witwen(Witwer)pension diene nämlich nicht allein in der Ermöglichung der Aufrechterhaltung des früheren Lebensstandards; diese Ausführungen des VfGH Erkenntnis vom , G 300/02 ua, bezögen sich vielmehr auf die Höhe der Hinterbliebenenpension. Auch dann, wenn der erreichte Lebensstandard beispielsweise allein auf nicht beitragsrechtlich relevantes Einkommen (zB Zinseinkünfte) zurückzuführen sei, könne der Gedanke der der Erhaltung Lebensstandards keine Hinterbliebenenpensionsleistung begründen.

Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht entschieden wenn es davon ausging, unter Bedachtnahme auf den Zweck und die Funktion der Witwen(Witwer)pension könne keine Gleichheitswidrigkeit erblickt werden, wenn Erwerbseinkünfte des verstorbenen Ehepartners für die Pensionsberechnung anders bewertet würden als sonstige Leistungen im Rahmen der Gestaltung des ehelichen Verhältnisses, wie etwa Haushaltsführung oder Betreuung von Familienangehörigen (für die kein Einkommen erzielt wurde und auch keine Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten waren).

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof in seinen Entscheidungen 10 ObS 132/05t, 10 ObS 41/06m, 10 ObS 62/06z und 10 ObS 94/06f näher ausgeführt hat, bestehen aber auch gegen die in § 264 Abs 3 und 4 ASVG (idF des 2. SVÄG 2004) normierte Zweijahresfrist keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes: Auch wenn ein zweijähriger Beobachtungszeitraum zu Härtefällen bei der Berechnung der Höhe der Witwen-/Witwerpension führen könne, sei zu bedenken, dass ein längerer Zeitraum vom Verfassungsgerichtshof als nicht verfassungskonform erachtet werde (vgl ). Unter Bedachtnahme auf den mit der Witwen-/Witwerpension angestrebten Zweck erscheine die Wahl eines zweijährigen Zeitraums, in der die Einkommen des verstorbenen und des überlebenden Ehepartners gegenübergestellt werden, nicht als unsachlich. Aufgrund des demokratischen Prinzips sei es dem einfachen Gesetzgeber nicht verwehrt, seine jeweiligen rechtspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen (10 ObS 205/02y = SZ 2002/151 mwN). Nicht einmal der Umstand, dass durch eine gesetzliche Regelung - so wie hier - Härtefälle entstehen können, mache ein Gesetz per se gleichheitswidrig (RIS-Justiz RS0053509 [T6] und [T7]). Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist daher die vorliegende außerordentliche Revision (wie auch jene zu 10 Ob 38/06w) zurückzuweisen.

Ungeachtet dieser Entscheidung bleibt dem Kläger die Möglichkeit, bis zum Ablauf des einen Antrag gemäß § 627 Abs 2 Satz 2 ASVG idF SVÄG 2006 zu stellen, grundsätzlich offen, weil dieser Vorgangsweise die Rechtskraft einer bereits ergangenen Entscheidung nicht entgegensteht.