OGH vom 26.06.2012, 10ObS91/12y

OGH vom 26.06.2012, 10ObS91/12y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger, die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter MMag. DDr. Hubert Fuchs (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und KR Karl Frint (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist Straße 1, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die „außerordentliche Revision“ der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 12/12i 45, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits und Sozialgericht vom , GZ 18 Cgs 222/06i 41, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Rechtsmittel wird, soweit es sich gegen die Bestätigung der Abweisung des Ablehnungsantrags richtet, zurückgewiesen (§ 24 Abs 2 JN).

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies das auf Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension gerichtete Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass Berufsunfähigkeit nicht vorgelegen sei, weil die Klägerin trotz ihrer medizinischen Einschränkungen weiterhin in der Lage sei, ihren bisher ausgeübten Beruf als Musikpädagogin auszuüben. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht weiters aus, der von der Klägerin in der letzten mündlichen Streitverhandlung gegen den Sachverständigen Univ. Prof. Dr. G***** L***** gestellte Ablehnungsantrag sei nicht berechtigt. Tatsächlich sei die Klägerin nur mit dem für sie ungünstigen Ergebnis dessen Gutachtens nicht einverstanden. Dies stelle keinen Befangenheitsgrund dar.

Gegen dieses Urteil erhob die Klägerin Berufung und machte als Berufungsgrund ua unrichtige rechtliche Beurteilung mit der Begründung geltend, die Abweisung des Ablehnungsantrags sei zu Unrecht erfolgt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, die Rechtsansicht des Erstgerichts, nach der eine Befangenheit des Sachverständigen nicht gegeben sei, sei zutreffend. Ausgehend von den vom Erstgericht getroffenen und zu übernehmenden Feststellungen lägen die Voraussetzungen für die Gewährung der Berufsunfähigkeitspension nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Das gegen diese Entscheidung gerichtete, als „außerordentliche Revision“ bezeichnete Rechtsmittel der Klägerin ist soweit es sich gegen die Bestätigung der Abweisung der Ablehnung des Sachverständigen richtet gemäß § 24 Abs 2 JN unzulässig. Im Übrigen ist die außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

1. Sachverständige können aus denselben Gründen abgelehnt werden, welche zur Ablehnung eines Richters berechtigen (§ 355 Abs 1 ZPO). Über die Ablehnung wird ohne mündliche Verhandlung von jenem Richter mit Beschluss entschieden, bei dem der Ablehnungsantrag zulässigerweise eingebracht wurde (§ 355 Abs 2 und 3 iVm § 24 Abs 1 JN). Dass das Erstgericht statt mit Beschluss mit Urteil über den Ablehnungsantrag entschieden hat, beeinflusst aber weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des Rechtsmittels (RIS Justiz RS0036324). Gemäß § 366 Abs 1 ZPO konnte die Klägerin daher ihre Beschwerde gegen die Entscheidung des Erstgerichts über die Verwerfung des Ablehnungsantrags mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung eingebrachten Rechtsmittel zur Geltung bringen. Dieses Rechtsmittel bleibt in jedem Fall ein Rekurs, auch wenn es mit einer Berufung einzubringen ist (RIS Justiz RS0108617 [T5, T 6]). Wenngleich die Klägerin den (vorbehaltenen) Rekurs nicht förmlich erhoben, sondern als besonderen Beschwerdepunkt in der Berufung ausgeführt hat, bleibt im vorliegenden Zusammenhang nur wesentlich, dass das Berufungsgericht das Vorbringen zu den behaupteten Befangenheitsgründen inhaltlich geprüft und eine Befangenheit des Sachverständigen als nicht gegeben erachtet hat. Nach völlig einhelliger Rechtsprechung ist § 24 Abs 2 JN, der auch in arbeits und sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden ist (10 ObS 154/04a, SSV NF 18/88 mwN), so auszulegen, dass gegen die bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz, mit der eine inhaltliche Prüfung der geltend gemachten Ablehnungsgründe erfolgte, kein weiteres Rechtsmittel zulässig ist (RIS Justiz RS0074402; RS0098751 [T11]).

Auch in Sachverständige betreffenden Ablehnungssachen ist der Rechtszug in § 24 Abs 2 JN abschließend geregelt (1 Ob 162/04m; 7 Ob 289/02d; 2 Ob 278/00x; RIS Justiz RS0016522 [T13]).

Dieser Rechtsmittelausschluss trifft auch auf „außerordentliche“ Revisionsrekurse zu (RIS Justiz RS0074402 [T19]). Anderes würde nur gelten, wenn das Gericht zweiter Instanz eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung gerichteten Rechtsmittels aus formellen Gründen abgelehnt hätte (RIS Justiz RS0044509). Dies ist hier aber nicht der Fall.

2. Dass sich das Berufungsgericht nach Ansicht der Revisionswerberin nicht eingehend genug mit den vorgebrachten Ablehnungsgründen befasst haben soll, weswegen es den Ablehnungsantrag als nicht berechtigt erachtet und die Beauftragung eines weiteren Sachverständigen unterlassen habe, vermag keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens zu begründen.

3. Wenn die Klägerin in ihrer Rechtsrüge nur noch vorbringt, es sei aufgrund ihres Gesundheitszustands völlig ausgeschlossen, dass sie die Tätigkeit einer Musikpädagogin weiterhin ausübe, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus (RIS Justiz RS0043312). Die außerordentliche Revision ist somit mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.