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OGH vom 22.05.2006, 10ObS9/06f

OGH vom 22.05.2006, 10ObS9/06f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter OLWR Dr. Peter Hübner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Eva-Maria Florianschütz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Christine W*****, im Revisionsverfahren nicht vertreten, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Hinterbliebenenleistungen, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Rs 56/05m und 10 Rs 57/05h-10, womit infolge der Berufungen der beklagten Partei das Urteil und das Ergänzungsurteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom bzw , GZ 25 Cgs 11/00s-99 und 25 Cgs 11/00s-108, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat: „Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Teilersatz der Bestattungskosten und die Witwenrente in gesetzlicher Höhe nach dem am verstorbenen Pieter S***** zu gewähren, wird abgewiesen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der verstorbene Versicherte war holländischer Staatsangehöriger mit damaligem Wohnsitz in Wien. Seit 1994 war er als Lehrer beim Dienstgeber V***** gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG pflichtversichert. Vom Dienstgeber wurde er zu einer internationalen Lehrerkonferenz nach O*****, Portugal, entsandt. Die Teilnahme an dieser Lehrerkonferenz im Zeitraum vom bis war daher dienstlich motiviert. Auf Grund eines Defektes am Flugzeug, mit welchem die Konferenzteilnehmer und auch der Versicherte den Rückflug hätten antreten sollen, trat eine Wartezeit bis ein. Wegen des verschobenen Rückfluges wurden die Konferenzteilnehmer (darunter der Versicherte mitsamt seiner Familie) von Seiten der Fluggesellschaft bis zu dem zunächst nicht absehbaren Zeitpunkt des Rückfluges im Hotel „V*****" in P***** untergebracht.

Die Kosten der Teilnahme an der Lehrerkonferenz in Portugal für den Versicherten trug der Dienstgeber. Die Kosten für die mitreisenden Familienangehörigen (die am geborene Ehegattin und die drei Kinder, darunter der am geborene und damals 3 Jahre alte Sohn Hugo) trug der Versicherte aus seinem privaten Vermögen. Am Vormittag des bekamen die im Hotel „V*****" auf den Rückflug wartenden Lehrer von der Fluglinie die Mitteilung, dass der Rückflug um etwa 14.00 Uhr am Nachmittag stattfinden werde. Die Familie beschloss daraufhin, in der Zeit bis zum Abflug einen Strandspaziergang zu unternehmen.

Das Hotel „V*****" war durch eine Straße und eine Promenade vom Sandstrand getrennt. Der Strand war ungefähr 50 m breit und sehr leicht abfallend. Es herrschte Schönwetter mit einem leicht anlandigen Wind. Für einen unbeteiligten Beobachter bot die Situation am Stand keinen Anlass, irgendein Gefahrenmoment anzunehmen. Die Klägerin bemerkte auch, dass einige Personen - darunter auch Kinder - den Strand entlang im Wasser wateten.

Das Ehepaar S***** ging mit den Kindern im Abstand von einigen Metern die Wasserlinie entlang, als der 3-jährige Hugo durch eine Welle im Bereich der Beine nass wurde. Seine Mutter nahm ihn locker an die Hand und sprach auf ihn ein, um ihn zu beruhigen. Der Versicherte stand 1 bis 2 m daneben. In diesem Augenblick kam unerwartet eine große Welle, die dem Kind den Sand unter den Füßen wegspülte. Das Kind wurde in das Meer gezogen. Der Vater sprang ihm in voller Bekleidung nach und versuchte ihn zu retten, was aber misslang. Beide kamen ums Leben.

Der im Jahr 1964 geborene Versicherte war seit 1975 Inhaber eines Rettungsschwimmerzertifikates des Königlich-Niederländischen Vereins zur Rettung von Ertrinkenden. Das niederländische Recht enthält keine dem § 175 Abs 1 bzw § 176 Abs 1 Z 2 ASVG vergleichbare Bestimmung. Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der Unfallversicherung nach dem am „4.

11. 1999" (richtig: ) verstorbenen Pieter S***** mit der Begründung ab, dass der Spaziergang am Strand rein eigenwirtschaftlichen Motiven entspringe, sodass der ursächliche Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung gelöst sei.

Das Erstgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt. Den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich wie folgt:

Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz umfasse auch Wartezeiten, die durch verkehrsbedingte Umstände entstehen und auf die der Versicherte keinen Einfluss habe. Versichert sei nicht nur reines Warten, sondern jedes Verhalten, das sinnvoll und angemessen sei, um eine solche Zeit im Einzelfall in zumutbarer Weise zu überbrücken. Das vom Versicherten gesetzte Verhalten, zur Überbrückung der Wartezeit einen Strandspaziergang zu unternehmen, sei - gemessen an den Umständen des Falles - sinnvoll und angemessen, sodass bereits nach dem Grundtatbestand des ASVG Versicherungsschutz gegeben zu sein scheine.

Für den Fall der Annahme einer Unterbrechung des Zusammenhanges zwischen versicherter Tätigkeit und Unfall durch den Versuch der Lebensrettung gegenüber dem eigenen mitreisenden Kind, sei der Unfall allerdings auch nach § 176 Abs 1 Z 2 ASVG qualifiziert. Danach seien Unfälle den Arbeitsunfällen gleichgestellt, die sich bei der Rettung eines Menschen aus tatsächlicher oder vermuteter Lebensgefahr oder dem Versuch einer solchen Rettung ereigneten.

Unfallversicherungsschutz im Sinne dieser Bestimmung bestehe jedoch nur dann, wenn keine besondere rechtliche Verpflichtung zu einer solchen Leistung bestehe, wenn sich der Unfall innerhalb der Republik Österreich oder im Gebiet eines Nachbarstaates ereignet habe und die tätig werdende Person österreichischer Staatsbürger mit Wohnsitz im Inland sei. Es handle sich bei dem vorliegenden Unfall zweifellos um den Versuch der Rettung eines Menschen aus tatsächlicher Lebensgefahr. Der Versicherte sei zwar nicht österreichischer Staatsbürger, wohl aber Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedsstaates mit Wohnsitz und Beschäftigungsverhältnis im Inland; der Unfall habe sich zwar nicht in einem Nachbarstaat, wohl aber in einem EU-Mitgliedsstaat zugetragen. Eine besondere Rechtspflicht, die bis zum Einsatz des eigenen Lebens reiche, bestehe auch zwischen engen Familienangehörigen im Rahmen der familiären Beistandspflicht im Sinne der §§ 44 und 137 ABGB nicht, sodass der Versicherte zusammengefasst beim Versuch der Rettung seines Kindes wohl eine allgemeine Beistandspflicht, nicht aber eine besondere Rechtspflicht erfüllt habe. Die Einschränkung des Versicherungsschutzes auf österreichische Staatsbürger und das Gebiet der Republik Österreich bzw eines Nachbarstaates sei nicht europarechtskonform. Eine europarechtskonforme Interpretation des § 176 Abs 4 ASVG, der im Unterschied etwa zu bilateralen Abkommen dem Gemeinschaftsrecht unterliege, ergebe, dass die Einschränkung auf österreichische Staatsbürger gegenüber EU-Staatsangehörigen diskriminierend sei. Die Einschränkung auf Unfälle in einem Nachbarstaat beinhalte sowohl eine direkte wie auch eine indirekte Diskriminierung. Eine sachliche Rechtfertigung für die mittelbare Diskriminierung liege nicht vor. Im Ergebnis folge daher, dass das persönliche Erfordernisse des § 176 Abs 4 ASVG auf Staatsangehörige der EU-Mitgliedsstaaten, das geographische Erfordernis auf das Staatsgebiet der Republik Österreich, der EU-Mitgliedstaaten und jener der Nachbarstaaten Österreichs einzuschränken sei. Im Sinne der „Acte clair" - Doktrin erübrige sich ein Vorabentscheidungsverfahren, da das Diskriminierungsverbot durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bereits hinreichend festgelegt sei.

Mit Ergänzungsurteil vom stellte das Erstgericht über Antrag der Klägerin gemäß § 423 ZPO fest, dass der Tod des Versicherten Pieter S***** am Folge eines Arbeitsunfalles ist und erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen (Teilersatz der Bestattungskosten und Witwenrente) in gesetzlicher Höhe nach dem am verstorbenen Versicherten „Mag." Pieter S***** zu gewähren. Weiters trug das Erstgericht der beklagten Partei auf, der Klägerin vom bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von EUR 250 monatlich zu erbringen.

Das Berufungsgericht gab den gegen das Urteil und das Ergänzungsurteil des Erstgerichts erhobenen Berufungen der beklagten Partei nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Unfallversicherungsschutz bei Dienstreisen ergebe sich, dass im vorliegenden Fall der Spaziergang, der letztlich zum Unfall geführt habe, noch als unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehend anzusehen sei. Der Versicherte habe sich nach wie vor auf einer Dienstreise befunden, wobei allerdings bereits ab Beendigung der Konferenz am keine eigentlichen Dienstgeschäfte mehr zu verrichten gewesen seien, sondern der Versicherte aus nicht von ihm zu verantwortenden Gründen, nämlich wegen eines technischen Gebrechens, die Heimreise nicht habe antreten können. Dies ändere jedoch nichts daran, dass sich der Versicherte nach wie vor auf einer Dienstreise befunden habe. Die versicherte Tätigkeit sei daher jedenfalls ursächlich für seinen Aufenthalt im Hotel „V*****" gewesen, und es habe auch für diesen Aufenthalt jedenfalls der erforderliche innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bestanden. Entgegen der Rechtsansicht der beklagten Partei sei dieser Zusammenhang auch durch die Vornahme des Spazierganges am nicht gelöst worden. Der Versicherte (und seine Familie) hätten seit Beendigung der Konferenz am auf die Heimreise gewartet, wobei ihnen am Vormittag des 2. 11. mitgeteilt worden sei, dass diese voraussichtlich um 14 Uhr erfolgen werde. Der Spaziergang am sei vom Versicherten und seiner Familie zur Überbrückung der (restlichen) Wartezeit vorgenommen worden und stelle sich damit nicht als rein eigenwirtschaftliche Tätigkeit, sondern als noch im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehend dar. Wie das Bundessozialgericht im Zusammenhang mit Wegunfällen zu Wartezeiten auf Verkehrsmittel, die sich der Einflussmöglichkeit des Versicherten entziehen, ausgeführt habe, sei nicht nur rein passives Warten versichert, sondern jedes Verhalten, das sinnvoll und angemessen sei, um eine solche Zeit im Einzelfall in zumutbarer Weise zu überbrücken. So sei etwa bei Jugendlichen unter Mitberücksichtigung ihres besonderen Bewegungsdranges nach achtstündiger Wartezeit auch der Besuch eines Schwimmbades als angemessen erachtet worden (vgl Schlegel in Schulin, HS-UV, RdNr 21 zu § 33 mwN; BSG , Bd 57, E 42). Im Hinblick darauf, dass der Versicherte im vorliegenden Fall bereits mehr als 24 Stunden auf die Heimreise gewartet habe, erscheine die Vornahme eines Spazierganges im Nahebereich des Hotels als völlig sinnvolle und angemessene Beschäftigung zur Überbrückung der Wartezeit. Wenn sich die beklagte Partei auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 10 ObS 253/97x = SSV-NF 11/101 berufe und damit zum Ausdruck bringen wolle, dass durch den Spaziergang der „zulässige" Wartebereich verlassen worden sei, sei ihr zunächst entgegenzuhalten, dass es sich - im Unterschied zum vorliegenden Fall - dort nicht um ein im Rahmen einer Dienstreise eingetretenes Ereignis gehandelt habe, sondern die Frage zu beurteilen gewesen sei, ob die dortige Klägerin durch das Aufsuchen des Bahnsteiges für die Fahrt in die Gegenrichtung ihres Wohnortes den geschützten Arbeitsweg im Sinn des § 175 Abs 2 1 ASVG verlassen habe. Die Wege und Reisen außerhalb der Betriebsstätte, die zur Ausführung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt worden seien, seien im Unterschied zu den Arbeitswegen unmittelbar ein Teil der versicherten Tätigkeit und unterschieden sich darin von den Arbeitswegen im Sinne des § 175 Abs 2 Z 1 ASVG, die in einem nicht so unmittelbaren Betriebsinteresse stünden wie etwa Dienstreisen (vgl auch Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd 3, 92. Lfg, Rz 88 zu § 8 SGB VII mwN). Schon aus diesen Erwägungen lasse sich die von der Berufung angezogene Entscheidung nicht unmittelbar auf den gegenständlichen Sachverhalt umlegen. Im Übrigen habe der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung den Unfallversicherungsschutz auch für die Wartezeit auf ein öffentliches Verkehrsmittel - auf einem Arbeitsweg - grundsätzlich bejaht. Im konkreten Fall sei allerdings ein Verlassen des Arbeitsweges angenommen worden, weil die Versicherte im Zuge einer rund 20-minütigen Wartezeit den Bahnsteig verlassen und den gegenüberliegenden Bahnsteig aufgesucht hatte, wobei sie zusätzlich eine wesentliche Gefahrenerhöhung geschaffen habe, indem sie die Geleise unerlaubt und ohne Beachtung des geschlossenen Schrankens und des akustischen Warnsignals überschritten habe. Damit unterscheide sich dieser Fall nicht nur hinsichtlich der Dauer der Wartezeit (dort 20 Minuten, hier mehr als 24 Stunden), sondern auch hinsichtlich der Gefährlichkeit des Verhaltens (dort: verbotenes Überqueren der Gleise bei geschlossenem Schranken unter Missachtung des akustischen Warnsignals; hier: Strandspaziergang im Nahbereich des Hotels ohne erkennbare Gefahr) maßgeblich vom vorliegenden Sachverhalt, sodass daraus für die Rechtsansicht der beklagten Partei nichts zu gewinnen sei.

Insgesamt stelle sich daher der Strandspaziergang des Versicherten als durchaus sinnvolle und angemessene Überbrückung einer mehrtägigen Wartezeit im Rahmen einer Dienstreise dar, der mit der versicherten Beschäftigung wesentlich zusammenhänge und damit nicht dem persönlichen Bereich des Versicherten zuzuordnen sei. Der Tätigkeit möge ein gewisses eigenwirtschaftliches Element innewohnen, das jedoch von der dienstlich bedingten Tätigkeit der Dienstreise nicht getrennt werden könne. Nach der Rechtsprechung gelte für Wegunfälle, dass, wenn eine Trennung zwischen dem dienstlich dominierten und dem eigenwirtschaftlich bedingten Teilstück eines Weges nicht vorgenommen werden könne, der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit für den ganzen Weg bestehe, wenn er zwar nicht ausschließlich, aber doch wesentlich auch der versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmt gewesen sei (RIS-Justiz RS0084858; RS0084903). Dies müsse in vergleichbarer Weise auch für den vorliegenden Fall gelten, in dem das Verhalten des Versicherten jedenfalls maßgeblich durch die ihm aufgezwungene Wartezeit im Rahmen der Dienstreise dominiert gewesen sei. Es liege daher ein Arbeitsunfall im Sinne des § 175 Abs 1 ASVG vor, weshalb nicht mehr geprüft werden müsse, ob der Sachverhalt auch unter § 176 Abs 1 Z 2 ASVG subsumiert werden könne. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil - soweit überschaubar - höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Unfallversicherungsschutz für die Überbrückung von Wartezeiten im Rahmen einer Dienstreise nicht bestehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, die angefochtenen Urteile der Vorinstanzen im klageabweisenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig und auch berechtigt.

Die Revisionswerberin gesteht zu, dass sich der tödliche Unfall während der - wegen eines Flugzeugdefekts - um zwei Tage verlängerten Dienstreise des Versicherten ereignet habe, die grundsätzlich in ihrer Gesamtheit, also bis zu seiner Rückkehr an den Wohn- und/oder Arbeitsort unter Versicherungsschutz stehe. Da jedoch nur der Versicherte zur Konferenzdienstreise entsandt worden sei, und nur für diesen die Kosten getragen worden seien, müssten seine im Zusammenhang mit der Familie stehenden Tätigkeiten dem privaten, ungeschützten Bereich zugerechnet werden. Für die Rettung des „rein privat" auf die Dienstreise mitgenommenen Kindes aus dem Meer, die somit nicht im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung (§ 175 Abs 1 ASVG) gestanden sei, bestehe daher kein Versicherungsschutz. Diesen Ausführungen kommt - im Ergebnis - Berechtigung zu. Dass der Gatte der Klägerin während der - durch äußere Umstände erzwungenen - Verlängerung seiner Dienstreise unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand, ist unstrittig. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ausnahmslos jeder Unfall während dieser Zeit ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall im Sinne von § 175 ASVG ist; liegt doch nach § 175 Abs 1 ASVG ein Arbeitsunfall nur dann vor, wenn sich der Unfall im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignet.

Nach den in der Rechtsprechung zur Frage des Unfallversicherungsschutzes auf Dienstreisen oder während Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen entwickelten Grundsätzen (10 ObS 105/02t mwN) besteht dieser Unfallversicherungsschutz also nicht schon deshalb, weil sich der Reisende im dienstlichen oder betrieblichen Interesse außerhalb seines Beschäftigungs- oder Wohnorts aufhält und bewegen muss. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Betätigung, bei der der Unfall eintritt, mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängt. Dieser Versicherungsschutz entfällt, wenn sich der Reisende seinen persönlichen, für die Betriebstätigkeit nicht mehr wesentlichen und von dieser nicht mehr wesentlich beeinflussten Belangen widmet (RIS-Justiz RS0084819). Allerdings wird bei Unfällen während einer Dienstreise ein innerer Zusammenhang mit der betrieblichen (dienstlichen) Tätigkeit auch außerhalb der eigentlichen dienstlichen Beschäftigung im Allgemeinen eher anzunehmen sein als am Wohn- oder Betriebsort (RIS-Justiz RS0084819 [T1]; 10 ObS 105/02t; zu allem auch Brackmann/Krasney SGB VII, 122./124. Lieferung § 8 Rz 100). Der Versicherungsschutz während einer Dienstreise kann sich daher auch auf solche Tätigkeiten erstrecken, die sonst dem privaten Bereich zuzuordnen sind (10 ObS 120/01x mwN; RIS-Justiz RS0084819 [T2]). An sich eigenwirtschaftliche Tätigkeiten, die dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen sind, stehen aber nicht allein deshalb in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, weil der Arbeitgeber an deren Verrichtung interessiert ist, damit die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers erhalten bleibt oder wiederhergestellt wird (SSV-NF 7/45). Maßnahmen eines Versicherten, die er setzt, um seine körperliche und geistige dienstliche Leistungsfähigkeit aufzubringen oder zu erhalten, stehen nämlich grundsätzlich nicht mit der dienstlichen Tätigkeit in einem unmittelbaren Zusammenhang; das Risiko der dienstlichen Leistungsfähigkeit fällt in der Regel in den unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich (vgl RIS-Justiz RS0084963; 10 ObS 105/02t mwN). Daher steht etwa ein Spaziergang während der Arbeitspause oder während einer Dienstreise nur dann unter Versicherungsschutz, wenn besondere Umständen (wie zB die notwendige Erholung für eine weiterer Betriebsarbeit) den inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit begründen (Brackmann/Krasney, aaO § 8 Rz 82 und 102 mwN).

Daraus folgt, dass selbst dann, wenn man - wie die Vorinstanzen - den Versicherungsschutz für den Strandspaziergang bejahen wollte, für die Klägerin nichts gewonnen wäre; der Versicherte hat den tödlichen Unfall nämlich nicht beim Spazierengehen erlitten, sondern im Zuge eines Lebensrettungsversuches, sodass der erforderliche innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit - unabhängig davon, wen dieser Lebensrettungsversuch betraf - jedenfalls unterbrochen war. Angesichts der Unfallortes in Portugal kam hier aber auch ein Versicherungsschutz nach § 176 Abs 1 Z 2 ASVG (Lebensrettung [vgl dazu RIS-Justiz RS0084062]) schon von vornherein nicht in Betracht:

Nach der Judikatur ist im vorliegenden Fall das Territorialitätsprinzip, das unbestritten für § 175 ASVG gilt, anzuwenden. Der Gesetzgeber geht nämlich selbst von einem strengen Begriff des Territorialitätsprinzips auch im § 176 ASVG aus, denn er erweiterte ausdrücklich den Unfallversicherungsschutz des § 176 ASVG in einzelnen und gesonderten Fällen (OLG Wien vom , 20 R 125/77 zitiert in Teschner/Widlar/Pöltner, MGA, ASVG, 87. Erg-Lfg, § 176 Anm 9, Seite 974/4 f). Im Hinblick auf diese Judikatur hat die 33. ASVG-Novelle zwar die ausdrückliche gesetzliche Regelung des § 176 Abs 4 ASVG (Gleichstellung von Unfällen, die sich „im Gebiet eines Nachbarstaates der Republik Österreich" ereignen) getroffen. Gleichzeitig wurde aber der dazu vertretenen Meinung Ausdruck gegeben, die Unfallversicherungsträger hätten bei der Prüfung, ob es sich bei dem in Betracht kommenden Unfall um einen nunmehr geschützten Unfall handelt, „einen strengen Maßstab anzulegen" (Teschner/Widlar/Pöltner aaO).

Wie die Revision zutreffend festhält ging es bei dieser Gesetzesänderung darum, bei einer Lebensrettung im alpinen Gebiet den Versicherungsschutz nicht deshalb zu versagen, weil sie nicht mehr diesseits sondern jenseits der Staatsgrenze stattfand (vgl Teschner/Widlar/Pöltner aaO). Der vom Erstgericht - mangels „nachvollziehbaren Zwecks" der genannten Regelung - vertretenen Ausweitung des Versicherungsschutzes auf „Lebensrettungen im gesamten EU-Raum" ist daher nicht zu folgen. Sie ist auch im Sinne europarechtskonformer Auslegung der zitierten Bestimmung nicht geboten. Nach der Koordinierung der Leistungen aus der Unfallversicherung ergibt sich nämlich nur, dass Wegunfälle im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaates so behandelt werden, als ob sie sich im Gebiet des zuständigen Staates ereignet hätten (Schrammel/Winkler, Arbeits- und Sozialrecht der Europäischen Gemeinschaft, 187). Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher im klageabweisenden Sinne abzuändern.