OGH vom 11.03.2004, 12Os16/04
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kainz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christoph R***** wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB sowie der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, AZ 5 U 45/03k des Bezirksgerichtes Zwettl, über die vom Generalprokurator gegen den Beschluss vom (ON 28) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, und des Verteidigers des Verdächtigen Dr. Gerhard Rößler, zu Recht erkannt:
Spruch
In der Strafsache gegen Christoph R*****, AZ 5 U 45/03k des Bezirksgerichtes Zwettl, verletzt der Beschluss vom (ON 28) durch die Erteilung der Auflage, binnen sechs Monaten 60 Stunden gemeinnützige Leistungen zu erbringen und diese unaufgefordert dem Gericht nachzuweisen, das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 90a Abs 1 und 90f Abs 2 StPO.
Dieser Teil des Beschlusses wird ersatzlos aufgehoben.
Text
Gründe:
Mit (seit rechtskräftigem) Beschluss vom , GZ 5 U 45/03k-28, stellte das Bezirksgericht Zwettl das Strafverfahren gegen Christoph R***** wegen §§ 83 Abs 2, 125 StGB gemäß § 90f (zu ergänzen:) Abs 1 und 2 StPO iVm § 90b StPO unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren vorläufig ein und verknüpfte dies mit der "Auflage", binnen sechs Monaten 60 Stunden gemeinnützige Leistungen zu erbringen, sowie der "Weisung", sich einem Antiaggressionstraining zu unterziehen.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Generalprokurator in der gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht die im Beschluss vom enthaltene Auflagenerteilung mit dem Gesetz nicht im Einklang. Vorweg sei festgehalten, dass nach § 90f Abs 2 StPO keine Weisungen (oder Auflagen) zu erteilen sind, sondern der Verdächtige freiwillig Pflichten auf sich zu nehmen hat (Fabrizy StPO9 § 90f Rz 4), was das Bezirksgericht Zwettl zwar materiell berücksichtigt (s AS 196), durch die diesbezüglich terminologisch verfehlte Fassung des Beschlusstenors aber nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht hat.
§ 90a Abs 1 StPO sieht als Diversionsmaßnahmen ua die Erbringung gemeinnütziger Leistungen iSd § 90d StPO (Z 2) sowie die, allenfalls mit Bewährungshilfe und Erfüllung von Pflichten verbundene, Bestimmung einer Probezeit iSd § 90f StPO (Z 3) vor. Aus dem die Konjunktion "oder" zwischen den einzelnen Varianten diversioneller Reaktion auf kriminelles Handeln verwendenden Gesetzeswortlaut ergibt sich aber, dass (auch) die Kombination der Verfahrensbeendigung gegen Probezeit mit anderen diversionellen Erledigungsformen nicht zulässig ist. Damit soll eine dem Diversionscharakter nicht mehr entsprechende übermäßige Inanspruchnahme des Verdächtigen durch Verknüpfung von Diversionsmaßnahmen hintangehalten werden (Schroll, WK2 Nachbem zu § 42 Rz 62, 76).
Hinzu kommt, dass § 90f Abs 2 StPO die Auferlegung nur solcher Pflichten zulässt, die als Weisungen (§ 51 StGB) erteilt werden könnten, was auf die Anordnung, eine gemeinnützige Leistung zu erbringen, gerade nicht zutrifft. Die Abschöpfung potentieller Einkommensmöglichkeiten durch den Zeitaufwand für die Arbeitsleistung in Verbindung mit der Einschränkung der Freizeit und der örtlichen Fixierung zur Erbringung der Leistung stellen diese Maßnahme nämlich - wirkungsbezogen betrachtet - zwischen Geld- und Freiheitsstrafe, womit sie als sanktionssubstituierend dem Anwendungsbereich des § 51 StGB entzogen, also exklusiv jenem des § 90d StPO vorbehalten ist (Schroll, WK2 § 51 Rz 8, 10).
Da die Gesetzesverletzungen dem Verdächtigen zum Nachteil gereichen, war über deren bloße Feststellung hinaus die Beseitigung des betroffenen Entscheidungsteils auszusprechen.