OGH 13.10.2011, 13Os74/11y
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ludwig als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen Kathrin G***** und einen Angeklagten wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Kathrin G***** sowie die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom , GZ 38 Hv 178/09z-66, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreter der Generalprokuratur, Dr. Geymayer, und der Finanzstrafbehörde, Dr. Inkl, der Angeklagten Kathrin G***** und ihres Verteidigers Dr. Rifaat zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das durch diese Entscheidung im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch der Kathrin G***** (A/1 und 2) sowie demzufolge auch im diese betreffenden Strafausspruch aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:
Kathrin G***** wird von der Anklage, sie habe im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Salzburg-Stadt als Geschäftsführerin der B***** TextilhandelsgmbH vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten Abgabenverkürzungen bewirkt, nämlich
(A) für die Jahre 2002 und 2003 um 86.593,46 Euro an Umsatzsteuer und
(B) für das Jahr 2002 um 8.724,58 Euro an Körperschaftsteuer,
gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.
Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kathrin G***** mehrerer Finanzvergehen der fahrlässigen (richtig:) Abgabenverkürzung nach § 34 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.
Danach hat sie
(A) im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Salzburg-Stadt als Geschäftsführerin der B***** TextilhandelsgmbH fahrlässig unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten Abgabenverkürzungen bewirkt, nämlich
1) für die Jahre 2002 und 2003 um 86.593,46 Euro an Umsatzsteuer und
2) für das Jahr 2002 um 8.724,58 Euro (gemeint wohl:) an Körperschaftsteuer.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde sind im Recht.
Die Rechtsrügen zeigen zutreffend auf, dass - soweit hier von Interesse - das Gericht nach § 53 Abs 1 FinStrG nur dann zur Ahnung eines Finanzvergehens zuständig ist, wenn dieses vorsätzlich begangen wurde.
Die Begründung der Gerichtszuständigkeit kraft subjektiver Konnexität (§ 53 Abs 3 FinStrG) setzt ein vom selben Angeklagten begangenes, nach § 53 Abs 1 oder Abs 2 FinStrG (originär) vom Gericht zu ahndendes Finanzvergehen voraus und kommt daher fallbezogen nicht in Betracht.
Entscheidungskompetenz des Gerichts infolge objektiver Konnexität (§ 53 Abs 4 FinStrG) verlangt - ebenso wie § 53 Abs 1 und Abs 2 FinStrG - vorsätzliche Tatbegehung.
Da somit der festgestellte Sachverhalt, wonach die Angeklagte fahrlässig Abgabenverkürzungen bewirkt habe (US 7), keine vom Gericht zu ahndende strafbare Handlung begründet, war insoweit gemäß § 214 FinStrG mit einem Freispruch vorzugehen.
Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ludwig als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen Kathrin G***** und einen Angeklagten wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ernst V***** sowie die Berufung der Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom , GZ 38 Hv 178/09z-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das durch diese Entscheidung im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Ernst V***** sowie demzufolge auch im diesen betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.
Der Angeklagte mit seinen Rechtsmitteln sowie die Finanzstrafbehörde mit ihrer Berufung werden auf diese Entscheidung verwiesen.
Die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Kathrin G***** sowie die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde werden einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorbehalten.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst V***** (richtig:) jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (B/1 bis 3) und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (B/4) schuldig erkannt.
Danach hat er
(B) im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Salzburg-Stadt als „tatsächlicher Machthaber“ der B***** TextilhandelsgmbH vorsätzlich Abgabenverkürzungen bewirkt, nämlich
1) unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen für die Jahre 2002 und 2003 um 86.593,46 Euro an Umsatzsteuer,
2) unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten durch Abgabe einer unrichtigen Beilage zur Steuererklärung 2002 um 8.724,58 Euro (gemeint wohl:) an Körperschaftsteuer,
3) unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten für die Jahre 2002 bis 2004 um 24.775,17 Euro an Kapitalertragsteuer durch (richtig:) Unterlassen der Anmeldung sowie der Abfuhr und
4) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen für die Monate Jänner bis Oktober 2004 um 18.019,46 Euro an Umsatzsteuer.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlass der dagegen aus Z 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass die Feststellungen der Tatrichter den Schuldspruch nicht tragen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
Die Urteilskonstatierungen erschöpfen sich im Wesentlichen in der (zweimaligen) Wiedergabe des Referats der Entscheidungsgründe im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) und lassen solcherart den erforderlichen Sachverhaltsbezug vermissen (US 7, 8; 16, 17).
Daneben (US 8 bis 16) gibt das Erstgericht Ergebnisse des Abgabenverfahrens wieder, ohne dabei - wie schon der Einleitungssatz (US 8 unten: … „wurden vom Finanzamt Salzburg-Stadt folgendes festgestellt“) zeigt - einen eigenen Feststellungswillen erkennen zu lassen.
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass auch die vorgenommene Zusammenfassung der abgabenbehördlichen Erhebungsergebnisse (abgesehen vom fehlenden Feststellungswillen) keine taugliche Basis für den Schuldspruch darstellt:
Selbständige Tat im materiellen Sinn (§ 21 Abs 1 FinStrG; zum Begriff: RIS-Justiz RS0113754; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 517) ist bei der Abgabenverkürzung mittels unrichtiger Jahressteuererklärungen die jeweilige Erklärung zu einer Steuerart, bei der Hinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG das dort pönalisierte Verhalten, bezogen auf einen Voranmeldungszeitraum (13 Os 142/08v, JBl 2010, 318 mwN).
Durch das pauschale Nennen eines Gesamt-Hinterziehungsbetrags für mehrere Veranlagungsjahre (B/1; US 10) bzw mehrere Voranmeldungszeiträume (B/4; US 8) wird somit die einzelne Tat nicht hinreichend konkretisiert.
Zum Schuldspruch B/2 sagt die angefochtene Entscheidung nicht, welche Abgabe verkürzt worden sei.
Ein diesem Schuldspruch zuordenbares Sachverhaltssubstrat ist auch der Wiedergabe der abgabenbehördlichen Verfahrensergebnisse (US 8 bis 16) nicht zu entnehmen.
Hinsichtlich des Schuldspruchs B/3 wird nicht klar, welche „Überbezahlung“ von 59.429,03 Euro (US 12) aus welchem Grund als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen sei und wann diese an den Beschwerdeführer geflossen sein soll. Hinzu kommt, dass die Anwendung des 25%igen Kapitalertragsteuersatzes nicht den diesbezüglich in der US 12 angeführten Betrag ergibt.
Warum durch den Zufluss nicht entrichteter Umsatzsteuer in der Höhe von 18.019,46 Euro eine Kapitalertragsteuerschuld in der Höhe von 9.918,67 Euro entstanden sein soll (US 16), bleibt ebenfalls unklar.
Der Schuldspruch war somit von Amts wegen schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben (§ 285e StPO iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Dies hat die Kassation des Strafausspruchs zur Folge, wobei festzuhalten bleibt, dass der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben jene Feststellungen, welche - bedeutsam für die Sanktionsfrage (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB iVm § 23 Abs 2 FinStrG) - die Abgrenzung zwischen versuchter und vollendeter Tat zulassen, nicht zu entnehmen sind, indem teils nicht festgestellt wird, ob die Abgabenbescheide in Rechtskraft erwachsen sind (B/1), teils nicht einmal, ob überhaupt ein solcher Bescheid erlassen worden ist (B/2).
Der Angeklagte mit seinen Rechtsmitteln sowie die Finanzstrafbehörde mit ihrer Berufung waren auf diese Entscheidung zu verweisen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Strafrecht |
Schlagworte | Strafrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2011:0130OS00074.11Y.1013.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAE-15035