VfGH vom 26.09.1994, B87/94

VfGH vom 26.09.1994, B87/94

Sammlungsnummer

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Leitsatz

Keine willkürliche Abweisung einer Beschwerde von Pharmaunternehmen an die Rundfunkkommission wegen behaupteter Verletzung des Objektivitätsgebotes durch eine Fernseh-Berichterstattung über Aids-Viren in Blutpräparaten

Spruch

Die Beschwerdeführerinnen sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen sind schuldig, den Beteiligten J K und Dr. H B zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Gegenstand des Verfahrens ist der am in der Sendung Inlandsreport im zweiten Fernsehprogramm (ORF 2) ausgestrahlte Beitrag "Tödliches Blut". Dieser Beitrag wurde zu Beginn mit den Worten "Bluter klagen an. Aidsviren in Medikamenten" vorgestellt, wobei ein von der Zweitbeschwerdeführerin hergestelltes und von der Erstbeschwerdeführerin im Handel vertriebenes Präparat eingeblendet wurde.

Sodann wurde der Beitrag vom Moderator der Sendung, Dr. H B, wie folgt eingeleitet:

"In unserem nächsten Beitrag geht es einerseits um die Minderheit einer Minderheit, andererseits aber auch um die Verantwortung eines österreichischen Pharmaunternehmens, der Immuno.

Die Vorgeschichte: Bis 1985 haben sich Bluter mit einem Medikament, das sie zur Blutgerinnung brauchen, das Aids-Virus geholt: rund 140 Menschen in Österreich, 50 sind bereits tot. Vom Aids-Virus konnte die I zwar noch nichts wissen, damals dennoch, es sind Schicksalsschläge, die vielleicht nicht passiert wären, hätte die I zur Herstellung des Medikamentes nur österreichisches Blut verwendet und nicht billiges aus den USA, wo die Immunschwächekrankheit Aids damals verbreiteter war als hier. Die Überlebenden wollen den Fall jetzt neu aufrollen. Die Abstandszahlung von 300.000 Schilling reicht ihnen nicht mehr. Bluter brauchen ein Medikament; das Aids-Virus kann darin heute nicht mehr enthalten sein. Aber auch ein neues Produkt der Immuno ist jetzt umstritten."

Gegen diesen Beitrag brachten die I Aktiengesellschaft und die Österreichisches Institut für Haemoderivate Gesellschaft mbH bei der Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes eine Beschwerde ein und machten einen Verstoß gegen die Grundsätze der Objektivität und der Unparteilichkeit der Berichterstattung (ArtI Abs 2 BVG-Rundfunk) und "eine verzerrende Darstellung der Dimensionen nach den Programmrichtlinien des ORF" geltend.

In der Beschwerde wurden - neben der bereits oben wiedergegebenen Einleitung - folgende Textstellen des Beitrages inkriminiert:

"Friedhof Stammersdorf an der Wiener Stadtgrenze. Frau V kommt, seit ihr Sohn hier begraben wurde, fast täglich. Frau V: 'Markus war Bluter und ist am 14. Februar an Aids gestorben. Die Krankheit hat er durch das Medikament bekommen, das er gegen seine Bluterkrankheit gebraucht hat. Ich hätte mir eigentlich nicht gedacht, daß er sterben muß. Ich hab's einfach nicht geglaubt. Mir ist nur gesagt worden, daß Markus mit dem Aids-Virus in Berührung gekommen ist und daß ich aber keine Angst haben muß, die Krankheit muß nicht ausbrechen.'

Sprecherin: Die tödliche Krankheit ist aber letzten Sommer voll ausgebrochen. Markus konnte ab September das Spital nicht mehr verlassen. Bei seinem letzten Geburtstag im November war er bereits völlig abgemagert. Niemand hatte den Mut, ihm die Wahrheit zu sagen.

Frau V: 'Ich habe nie vermutet, daß das Präparat für den Markus schlecht sein könnte'."

"Auch die Pharmaindustrie hat die tödliche Gefahr erst erkannt, als der Schaden bereits angerichtet war. ... Die Blutermedikamente werden aus Blutspenden gewonnen. Viel zu spät war eindeutig klar, daß Aids-verseuchtes Blut die Präparate kontaminiert hatte. Das Blut kam oft aus Pools in Amerika, wo Aids Anfang der 80er-Jahre bereits verbreitet war. In Österreich hat die Firma I die meisten Präparate hergestellt."

"Gibt es angesichts dieser medizinischen Katastrophe heute für die I ein Gefühl der Mitschuld oder Verantwortung?"

"Ohne das Medikament hätte H F keine Chance gehabt. Mit dem Medikament hat er keine mehr. Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit war es 1985, als er den Aids-Virus verabreicht bekommen hat."

"Ich habe früher immer Präparate der Firma I verwendet. Wurde durch eines dieser Präparate mit HIV infiziert. Ziemlich genau kann man das sogar eruieren: Im Jahre 1985, Frühling wahrscheinlich, und hab' dann beschlossen, also hab' geschaut, also was es für andere Präparate gibt in Österreich und da hat sich eben diese Firma herausgestellt, also die zweite Firma in Österreich, mehr gibt's nicht."

"Sein Medizinstudium mußte er aufgeben. Als Aids-kranker Arzt hätte er keine Chance gehabt. Seine Wünsche an das Leben waren eigentlich ganz normal. Ein interessanter Beruf, eine Familie gründen mit möglichst vielen Kindern. Wünsche, die nie mehr zu erfüllen sind."

"300.000 Schilling für jeden wurden da bezahlt, wenn er eine Klageverzichtserklärung gegenüber der I abgegeben hat."

"Der Rechtsanwalt T P will die schlechte finanzielle Situation der Betroffenen ändern. Die unterschriebenen Verzichtserklärungen sind seiner Meinung nach sittenwidrig. Er vertritt 40 Betroffene, die nach jahrelangem Fürchten und Warten jetzt als letzten Ausweg die Klage einreichen werden. Dr. P glaubt, in einem Prozeß der I die Verantwortung der Firma beweisen zu können."

"Minderreine Präparate haben den Nachteil, daß besonders bei HIV-positiven Blutern, deren Immunsystem nachhaltig gestört wird, sodaß sie schneller, daß ihre CD4-Lymphozyten - so sagt man dazu - schneller abfallen, und diese CD4-Lymphozyten sind ein guter Prädikator für eine Entwicklung der Krankheit in Richtung Aids."

2. Die Rundfunkkommission gab dieser Beschwerde mit ihrem Bescheid vom keine Folge und begründete dies wie folgt:

"Die von den Beschwerdeführern behauptete Verletzung der Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung liegen nicht vor, wenn man die von der Kommission entwickelten Grundsätze einer rechtlichen Beurteilung auf den konkreten Fall anwendet. Selbst in einer Berichterstattung sind Beiträge nicht ausgeschlossen, die zum kritischen Denken und zur freien Urteilsbildung anregen, wobei weder Kritiklosigkeit noch eine überdurchschnittlich engherzige Einstellung der Maßstab für so eine Beurteilung sein kann. Einzelne Äußerungen bzw. Sendungspassagen sind immer im Zusammenhang mit dem konkreten Anlaßfall und dem gesamten Beitrag zu sehen und daher, selbst wenn sie allenfalls allein betrachtet unobjektiv sein mögen, keine Gesetzesverletzung. Wie die optische und akustische Kontrolle der Aufzeichnung der Sendung durch die Kommission ergeben hat, kann der Gesamteindruck eines Durchschnittskonsumenten nicht der sein, den ihm die Beschwerdeführer unterstellen. Zwischen Verantwortung und Mitschuld ist deutlich und nachvollziehbar unterschieden, sodaß vor allem dieser Rechtsmeinung einer Vorverurteilung, dem Schwerpunkt der Beschwerde, nicht gefolgt werden kann. Was schließlich den zweiten Schwerpunkt der Beschwerde betrifft, es wäre der Grundsatz 'Audiatur et altera pars' verletzt worden, ist auch dieser nicht berechtigt. Ein Vertreter der Beschwerdeführer hat nicht nur Gelegenheit gehabt, ausführlich Stellung zu nehmen, überdies wurde dieses Interview auch, offenbar um die Ausgewogenheit besonders zu dokumentieren, am Ende der Sendung gesendet. Was schließlich den weiteren Vorwurf der Parteilichkeit, also die Schonung anderer Erzeugerfirmen nach Meinung der Beschwerdeführer anlangt, genügt es, darauf hinzuweisen, daß sie selbst andererseits von Schleichwerbung zugunsten eines Konkurrenzunternehmens sprechen, also diese Widersprüchlichkeiten in der Argumentation der Beschwerdeführer für sich spricht. Insgesamt und zusammenfassend muß daher erkannt werden, daß genau die Kritikpunkte, die in der Vorentscheidung der Kommission zu GZ 444/4-RFK/88 aus Anlaß einer früheren Dhnlichen Sendung zu einer Verurteilung geführt haben, im gegenständlichen Fall nicht mehr vorliegen, die Sendungsgestalter also daraus gelernt und sich danach ausgerichtet haben, weshalb die Beschwerde eben nicht wie seinerzeit zu einem Erfolg führen konnte."

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

4. Die Rundfunkkommission als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete aber darauf, eine Gegenschrift zu erstatten.

5. Hingegen brachten die für den inkriminierten Beitrag verantwortlichen Bediensteten des ORF, nämlich der Informationsintendant J K und der Hauptabteilungsleiter Dr. H B, als Beteiligte des verfassungsgerichtlichen Verfahrens eine Gegenäußerung ein, in der sie für die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde eintraten.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die Rundfunkkommission ist eine nach Art 133 Z 4 B-VG eingerichtete Verwaltungsbehörde. Ihre Entscheidungen unterliegen nach § 29 Abs 5 Rundfunkgesetz nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Der administrative Instanzenzug iSd Art 144 Abs 1 Satz 2 B-VG ist also ausgeschöpft (vgl. zB VfSlg. 8320/1978, 8906/1980, 11062/1986, 11213/1987, 11572/1987, 11670/1988, 12022/1989, 12035/1989, 12086/1989, 12491/1990, 12795/1991, 12969/1992; ).

Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 7716/1975, 7717/1975, 7718/1975 und 8320/1978 darlegte, ist es nicht ausgeschlossen, daß eine (natürliche oder juristische) Person, die eine auf § 27 Abs 1 Z 1 Rundfunkgesetz gestützte Beschwerde an die Rundfunkkommission gerichtet hat, durch den ihren Antrag ablehnenden Bescheid der Kommission in (irgend-)einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt wird. Sie ist daher legitimiert, gegen den Bescheid der Kommission gemäß Art 144 Abs 1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde zu führen (vgl. auch ).

Die Prozeßvoraussetzungen treffen (insgesamt) zu (vgl. VfSlg. 12022/1989, 12035/1989, 12086/1989, 12491/1990, 12795/1991, 12969/1992; ), die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Beschwerdeführerinnen erklären ausdrücklich, ihr einziger Beschwerdegrund sei, daß die belangte Behörde bei der Erledigung des angefochtenen Bescheides Willkür geübt habe. Der angefochtene Bescheid könne "an Sparsamkeit in der Erörterung von Gründen und Gegengründen und Kargheit der juristischen Überlegungen, weshalb die Gründe stärker wären als die Gegengründe, kaum überboten werden."

Im einzelnen werfen die Beschwerdeführerinnen der belangten Behörde vor:

"Die belangte Behörde befaßte sich in dem Bescheid - von dem Hinweis auf 'die von der Kommission entwickelten Grundsätze einer rechtlichen Beurteilung' abgesehen (Seite 8 des Bescheides) - nur mit drei einzelnen Details aus unserer Beschwerde vom .

a) Nach der Auffassung der belangten Behörde wäre

'zwischen Verantwortung und Mitschuld deutlich und nachvollziehbar unterschieden, sodaß vor allem dieser Rechtsmeinung einer Vorverurteilung, dem Schwerpunkt der Beschwerde, nicht gefolgt werden kann' (Seite 8 in ./B).

Diese Auffassung begründet die belangte Behörde nicht. Sie hätte darlegen müssen, in welcher Weise die beiden Begriffe 'Verantwortung und Schuld bzw. Mitschuld' voneinander abzugrenzen wären. Daran hätte sie Überlegungen anschließen müssen, ob es der Sendung 'Tödliches Blut' nur um die 'Verantwortung eines österreichischen Pharmaunternehmens, der I' (Seite 1 in der Übertragung), nicht aber um deren 'Schuld oder Mitschuld' zu tun war.

Man sucht vergeblich in dem Bescheid nach einer solchen Begründung.

Die belangte Behörde verkennt offensichtlich die Bedeutung der Begriffe 'Verantwortung und Schuld bzw. Mitschuld'.

Wer sich verantwortet, gibt Antwort auf Fragen - und zwar auf Fragen eines Gerichtes (siehe Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Bibliographisches Institut Mannheim/ Wien/Zürich, Dudenverlag 1981, Band 6 Seite 2729). Mit seiner Antwort rechtfertigt sich jemand und verteidigt sich gegen den Vorwurf, ihm wäre ein böses Ereignis zuzurechnen, er trüge also an diesem Ereignis die Schuld. Wer sich nicht zu verantworten vermag, der wird schuldig gesprochen. Und wer die Verantwortung für ein Ereignis übernimmt, der gibt damit zu erkennen, daß er die Schuld auf sich nimmt, falls sich schlimme Folgen einstellen sollten.

Der Begriff 'Schuld' setzt voraus, daß jemand ein Verhalten gesetzt hat, das - als Ursache - zu etwas Bösem und Unangenehmen führen kann. Treten solche Folgen ein, hat er sich dem Verletzten gegenüber schuldig gemacht und ist ihm für sein Verhalten verantwortlich.

Es ist ein Spiel mit Worten. Denn ebenso gut könnte man sagen:

Treten solche Folgen ein, bin ich dem Verletzten gegenüber verantwortlich und habe ich für mein Verhalten die Schuld auf mich zu nehmen.

Die Begriffe 'Schuld und Verantwortung' werden daher oft und oft in ihrer Bedeutung einander gleichgesetzt. Sie sind oft und oft Synonyme.

?Was sollte wohl sonst das Wort 'oder' in der Frage der Sprecherin der Sendung, P P, an Dir.Dr. J E, Vorstandsmitglied und Geschäftsführer unserer Unternehmen, bedeuten:

'Gibt es angesichts dieser medizinischen Katastrophe heute für die I ein Gefühl der Mitschuld oder Verantwortung?' (Seite 2 in der Übertragung; die Unterstreichung stammt von uns).

Was tatsächlich mit dem Begriff 'Verantwortung' in den ersten Worten des Moderators der Sendung, Dr. H B, gemeint war (siehe Seite 1 in der Übertragung), macht nicht nur der Titel der Sendung 'Tödliches Blut', sondern auch die Ankündigung mit den Worten deutlich (siehe das dem Akt der belangten Behörde angeschlossene Videoband):

'Bluter klagen an. Aids-Viren in Medikamenten.'

Diese Ankündigung und der Titel der Sendung umfassen alle Elemente der - hier bedeutungsgleich zu verstehenden - Begriffe 'Schuld und Verantwortung':

Aids-Viren sind in Medikamenten enthalten. (An der Gegenwartsform dieser Äußerung darf sich niemand stoßen. Denn auch der dieser Behauptung vorangestellte Satz - 'Bluter klagen an' - ist im Präsens formuliert. Die miteinander zusammenhängenden Sätze beziehen sich also auf die Gegenwart.)

Diese Tatsache ist auf unser Verhalten zurückzuführen. Denn die Sendung 'Tödliches Blut' befaßt sich mit der 'Verantwortung eines österreichischen Pharmaunternehmens, der I' (Seite 1 in der Übertragung).

Die Tatsache, daß sich Aids-Viren in Medikamenten befinden, führte zum Tod vieler Bluter.

Deshalb 'klagen Bluter an'.

Gegen die Vorwürfe der Bluter in deren Klage haben wir uns also zu verantworten, das heißt Antwort darauf zu geben, ob uns eine Schuld daran trifft oder nicht, daß sich Aids-Viren in Medikamenten befinden.

Was soll es also für eine Rolle spielen, daß Dr. B in den ersten Worten das - nach der Auffassung der belangten Behörde angeblich - völlig harmlose und eine 'Vorverurteilung' keineswegs andeutende Wort 'Verantwortung' verwendet, das an eine 'Schuld' oder 'Mitschuld' gar nicht denken ließe. Denn erst an viel späterer Stelle würde die Sprecherin ihre vorhin zitierte Frage an Dir.Dr. E mit dem Wort 'Mitschuld' ausschmücken? (siehe Seite 2 in der Übertragung). - ?Als ob mit diesen Worten - gerade durch das Bindewort 'oder' - nicht nur kein Unterschied zwischen diesen Begriffen gemacht, sondern sie in ihrer Bedeutung als gleichwertig und vertauschbar hingestellt werden?

Dem ersten - einleitenden - Satz läßt Dr. B die 'Vorgeschichte' folgen. Darin wird das Verhalten näher beschrieben, für das wir die 'Verantwortung' zu übernehmen hätten und an dem wir die 'Verantwortung' - im Sinne einer 'Schuld bzw. Mitschuld' - tragen würden:

Hätten wir zur Herstellung des Blutermedikamentes

'nur österreichisches Blut verwendet und nicht billiges aus den USA, wo die Immunschwächekrankheit Aids damals bereits verbreiteter war als hier',

wären die Schicksalsschläge, nämlich der Tod von 50 Aids-infizierten Blutern 'vielleicht nicht passiert' (die Zitate siehe Seite 1 in der Übertragung).

Auch wenn Dr. B in dieser 'Vorgeschichte' die Bemerkung eingebaut hat,

'Vom Aids-Virus konnte die I zwar noch nichts wissen damals' (aaO),

ist der Hinweis auf die Verwendung 'billigen Blutes aus den USA' - gerade im Hinblick auf den Zusatz, daß in den USA 'die Immunschwächekrankheit damals bereits verbreiteter war als hier' - einer 'Vorverurteilung' gleichzusetzen. Denn mit den Worten der 'Vorgeschichte' wird uns ein nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches strafbares Verhalten zur Last gelegt: wir trügen die 'Mitschuld oder Verantwortung' daran, daß 140 Bluter schwerste Schäden an ihrer Gesundheit genommen haben und daß von diesen Menschen 50 bereits tot sind. Uns wird - unverhohlen und geradeheraus - der Vorwurf gemacht, wir hätten 'billiges Blut aus den USA' um des kommerziellen Vorteiles willen und in Kenntnis der Tatsache gekauft und zur Herstellung des Bluterpräparates verwendet, daß in den USA die Immunschwächekrankheit damals bereits verbreiteter war als hier. Wir hätten also auf Kosten der Bluter, die auf unser Bluterpräparat angewiesen waren, sehenden Auges - mit Wissen und Willen - die Gefahr in Kauf genommen, mit Aids-Viren infizierte Medikamente herzustellen, und hätten uns mit vollem Bewußtsein - oder zumindest mit bedingtem Vorsatz - damit abgefunden, daß sich die Bluter mit unserem Medikament die Immunschwächekrankheit Aids zuziehen könnten.

?Was sollte von einem Unternehmen zu halten sein, das die Not lebensgefährlich erkrankter Menschen in gewissenloser Weise in klingende Münze umsetzt und ein Medikament herstellt und vertreibt,

'ohne das die Bluter keine Chance gehabt hätten weiterzuleben, mit dem sie aber keine mehr haben weiterzuleben' (siehe die ähnlichen Worte der Sprecherin auf Seite 2 in der Übertragung).

?Welche andere Verantwortung sollten wir daher tragen als diejenige, 'billiges Blut aus den USA' gekauft zu haben - mit dem Wissen, daß in den USA 'die Immunschwächekrankheit Aids damals bereits verbreiteter war als hier'?

Das ist der Grund, weshalb

'die Überlebenden den Fall jetzt neu aufrollen (wollen)' (Seite 1 in der Übertragung)

und weshalb 'Bluter anklagen'.

Der Grundton einer 'Vorverurteilung', der bereits mit den ersten Sätzen wie mit einer Stimmgabel angeschlagen wird, pflanzt sich weiter fort und bildet das Leitmotiv der ganzen Sendung:


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In ähnlicher Weise wie bei unserem früheren Präparat - denn das Ergebnis spricht für sich: 'Rund 140 Menschen in Österreich holten sich das Aids-Virus, 50 sind bereits tot' - ist 'auch ein neues Produkt der Immuno jetzt umstritten' (Seite 1 in der Übertragung).


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An diese Worte schließt sich eine Bildfolge an, die den Friedhof in Stammersdorf an der Wiener Stadtgrenze und einen Grabstein zeigt, auf dem eine Kerze angezündet wird. Damit wird nicht nur auf die 50 toten Bluter hingewiesen, sondern auch unterstrichen, wie umstritten - mehr noch: wie lebensgefährlich - unser neues Produkt ist.

Damit erscheint die Auffassung Dris. M überzeugend und schlagend nachgewiesen zu sein, daß

'die Zulassung von Kryobulin in Österreich nicht befürwortet werden (kann)' (Seite 3 in der Übertragung).


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Die Erwiderung von Dir.Dr. E auf die Frage, ob es für uns 'angesichts dieser medizinischen Katastrophe ein Gefühl der Mitschuld oder Verantwortung' gäbe, wird mit den unmittelbar anschließenden Worten der Sprecherin ignoriert:

'Ohne das Medikament hätte H F keine Chance

gehabt. Mit dem Medikament hat er keine mehr' (Seite 2 in der Übertragung).


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Mit diesen Worten verliert die Erwiderung von Dir.Dr. E, daß von einer Mitschuld nicht die Rede sein könne, jede Bedeutung (siehe Seite 2 in der Übertragung). Sie geht im Bewußtsein des Zusehers unter.


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Auf die 'Mitschuld oder Verantwortung', die wir zu tragen hätten, wird vielmehr mit den Worten über die Situation H F hingewiesen: 'Seine Wünsche an das Leben waren
eigentlich so normal' (Seite 2 in der Übertragung). - !Doch wir hätten diese Wünsche zerstört und zunichte gemacht: 'Wünsche, die nie mehr zu erfüllen sind' (Seite 2 in der Übertragung).


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Auf diese 'Mitschuld oder Verantwortung' macht auch RA Dr. T P aufmerksam: Er hält die Klageverzichtserklärung von Blutern für sittenwidrig und


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'glaubt, in einem Prozeß der Immuno die Verantwortung der Firma beweisen zu können' (Seite 3 in ./B).


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?Welche andere Verantwortung sollten wir tragen als diejenige 'billiges Blut aus den USA' gekauft zu haben - mit dem Wissen, daß in den USA 'die Immunschwächekrankheit Aids damals bereits verbreiteter war als hier', sodaß wir für 'Aids-Viren in Medikamenten' verantwortlich sind oder die Schuld dafür tragen?


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Nicht zuletzt trägt zu diesem Grundton der Titel der Sendung 'Tödliches Blut' bei. Denn der Zuseher setzt das 'tödliche Blut' mit dem 'billigen Blut' aus den USA gleich, das wir zur Herstellung Blutpräparaten verwendeten. Der Zuseher wird aber darüber in keiner Weise aufgeklärt, weshalb in den USA Blut billiger zu erhalten war und ist als in Österreich. In ihm setzt sich daher der Gedanke fest: Blut aus den USA ist deshalb billiger, weil es mit Aids-Viren infiziert ist.

Damit schließt sich der Kreis aller mehr oder weniger deutlich ausgesprochenen Vorwürfe gegen uns und ist die 'Vorverurteilung' unserer Unternehmen schlüssig nachgewiesen:

!Wir allein - denn nur unser Unternehmen ist in der Sendung genannt und nur der Name unseres Unternehmens durchzieht die Sendung wie ein roter Faden - trügen die 'Mitschuld oder Verantwortung' an der Ansteckung von 140 Menschen mit dem Aids-Virus und an dem Tod von 50 Blutern!

An dieser Stimmungsmache ändert auch der Hinweis des Beschuldigten nichts, daß wir damals von dem Aids-Virus noch nichts wissen konnten.

Denn gerade an dieser Stelle verwendet die Sendung in mehr als mißverständlicher Weise den Ausdruck 'Aids-Virus'. Damit wird dem Zuseher ein falsches Bild von dem ersten Auftreten der Immunschwächekrankheit bis zur Entwicklung und Verfügbarkeit diagnostischer Verfahren auf breiter Basis Mitte des Jahres 1985 vermittelt, mit welchem das - viel später so benannte - Aids-Virus bei allgemeinen Routineuntersuchungen festgestellt werden konnte.

Aus den Worten des Beschuldigten kann sich kein Zuseher über den Sachverhalt ein exaktes Bild machen, wie sich die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die Immunschwächekrankheit entwickelte. Mit dem Hinweis auf die USA,

'wo die Immunschwächekrankheit Aids damals bereits verbreiteter war als hier',

wird vielmehr in dem Zuseher der Eindruck geweckt, als ob 'damals bereits' die Ursachen der Immunschwächekrankheit bekannt gewesen wären. Diesen Eindruck verstärken die Worte 'Bluter klagen an', mit denen die Sendung vorgestellt wird, und die Erklärung von Dr. B, daß 'die Überlebenden den Fall jetzt neu aufrollen' wollen. Denn wir hätten zur Herstellung des Medikamentes 'billiges Blut aus den USA' verwendet, obwohl wir hätten wissen müssen, daß dieses Blut mit dem Aids-Virus infiziert war - !War doch in den USA die - dem Eindruck des Zusehers nach bereits diagnostizierte - 'Immunschwächekrankheit Aids damals bereits verbreiteter als hier'.

Die Erklärung des Beschuldigten, wir hätten damals von dem Aids-Virus noch nichts wissen können, ist zwischen die Mitteilung über die Erkrankung von Blutern an der Immunschwächekrankheit Aids und über die bereits eingetretenen Todesfälle einerseits und den gegen uns gerichteten Vorwurf andererseits eingestreut, das alles wäre 'vielleicht' nicht passiert, hätten wir 'billiges Blut aus den USA' nicht gekauft. Die Erklärung, daß wir 'damals' von dem Aids-Virus noch keine Kenntnis haben konnten, ist mit einem Meinungskommentar, nämlich mit der gegen uns gerichteten Bezichtigung, derart verbunden, daß die Aufmerksamkeit des Zusehers auf den Meinungskommentar, nicht aber auf die - mehr als unzulängliche und mißzuverstehende - Sachverhaltsdarstellung gerichtet ist. Mit der Meldung über die Erkrankung von 140 Blutern an Aids und von 50 Todesfällen einerseits und der gegen uns erhobenen Anschuldigung andererseits stimmt die Sendung 'Tödliches Blut' den Zuseher von Beginn an darauf ein, daß ein schwerwiegender Mißstand bei der Produktion von Bluterpräparaten in unseren Unternehmen aufgedeckt und nachhaltige Vorwürfe gegen uns erhoben werden.

In das Bewußtsein der Zuseher prägen sich besonders negative Darstellungen und negative Meinungskommentare ein. Für den Zuseher herrscht daher das negative Bild vor, wir hätten - um wirtschaftlicher Vorteile willen - 'billiges Blut aus den USA' gekauft und hätten es daher zu verantworten, daß rund 140 Bluter in Österreich mit dem Aids-Virus infiziert sind, von denen 50 bereits gestorben sind.

Die Mitteilung, daß wir 'von dem Aids-Virus noch nichts wissen konnten damals', wird von den Zusehern nicht weiter beachtet. Sie geht unter - auch und gerade deshalb, weil an wenig späterer Stelle die Sprecherin erneut auf das 'billige Blut aus den USA' anspielt:

'Das Blut kam oft aus Pools in Amerika, wo Aids Anfang der 80iger Jahre bereits verbreitet war' (Seite 2 in der Übertragung).

Auch wenn in diesem Text das ausschmückende Beiwort 'billig' fehlt, das erst recht unsere 'Mitschuld oder Verantwortung' charakterisiert, wird der Zuseher an die früheren Worte über die Verwendung 'billigen Blutes aus den USA' erinnert, mit denen im Rahmen der 'Vorgeschichte' Dr. B die Sendung einleitet (Seite 1 in der Übertragung).

Ebenso erinnert sich der Zuseher an die auch schon vorher aufgestellte Behauptung, die Dr. Brandstätter in demselben Zusammenhang äußert und bei der er fast dieselben Worte gebraucht: In den USA wäre 'Aids Anfang der 80iger Jahre bereits verbreiteter gewesen als hier'.

Damit wird dem Zuseher - an zwei Stellen der Sendung - der historische Ablauf vom Auftreten der ersten Krankheitsfälle bis zur Entdeckung des für die Immunschwächekrankheit verantwortlichen Virus und zur Entwicklung von Verfahren auf breiter Basis zur Erkennung des - erst später so benannten - Aids-Virus in tatsachenwidriger Art und Weise vermittelt. Die zweimalige Hervorhebung dieser - wahrheitswidrigen und irreführenden - Erklärung verfestigt in dem Zuseher die Vorstellung über den - falsch wiedergegebenen - historischen Ablauf:

Das Aids-Virus wäre 'zu Anfang der 80iger Jahre bereits' bekannt gewesen.

Diese - falsche - Vorstellung führt den Zuseher zu der 'Mitschuld oder Verantwortung' zurück, die das Thema dieser Sendung bildet: Denn obwohl 'Aids Anfang der 80iger Jahre bereits verbreiteter war als hier', hätten wir - stellvertretend für die Pharmaindustrie, denn nur unsere Unternehmen sind in dem Bericht genannt -

'die tödliche Gefahr erst erkannt, als der Schaden bereits angerichtet war' (Seite 1 in der Übertragung).

Uns wird also nicht nur die 'Mitschuld oder Verantwortung' dafür angelastet, daß sich 140 Menschen das Aids-Virus geholt hätten, von denen 50 bereits tot wären, sondern auch dafür, daß wir gegen die tödliche Gefahr erst etwas unternommen hätten, 'als der Schaden bereits angerichtet' war.

Noch deutlicher wird diese Anschuldigung mit den Worten erhoben:

'Viel zu spät war eindeutig klar, daß Aids-verseuchtes Blut die Präparate kontaminiert hatte' (Seite 1f in der Übertragung).

Aus diesen Worten läßt sich nur ein Schluß ziehen: Aids war zwar 'Anfang der 80iger Jahre bereits verbreitet' - in den USA sogar 'verbreiteter als hier'. Wir - wiederum stellvertretend für die Pharmaindustrie - setzten jedoch 'viel zu spät', nämlich erst, 'als der Schaden bereits angerichtet war', Maßnahmen, um die 'tödliche Gefahr zu erkennen', daß 'Aids-verseuchtes Blut die Präparate kontaminiert hatte'.

?Aus welchen Worten der Sendung soll also der Zuseher erkennen und erkennen können, daß die Sendung einen 'deutlichen und nachvollziehbaren Unterschied zwischen Verantwortung und Mitschuld' macht und - mit diesen beiden Worten - keine 'Vorverurteilung' trifft?

Wir geben die Antwort auf diese Frage: Nicht der geringste Hinweis dafür läßt sich in der Sendung 'Tödliches Blut' für eine solche Unterscheidung finden.

b) Als zweiten Schwerpunkt unserer Beschwerde gegen die Sendung 'Tödliches Blut' geht die belangte Behörde auf unseren Vorwurf ein, die Sendung hätte den Grundsatz 'audiatur et altera pars' verletzt.

Dabei sind der belangten Behörde zwei Fehler anzulasten:

Sie übersieht das - in ständiger Rechtsprechung herausgearbeitete - Gebot, daß

'gerade bei kritischen Betrachtungen der Grundsatz des beiderseitigen Gehörs strikt zu beachten (ist); dies unabhängig davon, ob die Angriffe von ORF-Angehörigen selbst herrühren oder von diesen nur aufgegriffen oder verbreitet wurden' (Tenor der Entscheidung der RFK vom , 415/7-RFK/91 in RfR 1993, 10ff).

Wir behaupteten, daß Dir.Dr. E zu dem Thema, wir hätten

'billiges Blut aus den USA (verwendet), wo die Immunschwächekrankheit Aids damals bereits verbreiteter war als hier',

nicht befragt wurde. Wir legten zum Beweis dafür die maschinschriftliche Übertragung des ganzen Interviews, das P P mit Dir.Dr. E aufnahm, und ein Videoband vor, auf dem das ganze Gespräch festgehalten ist, und stellten den Antrag, die maschinschriftliche Übertragung zu verlesen und das Videoband abzuspielen.

In keiner Weise machte die Redakteurin Dir.Dr. E bei dem Gespräch auf das Thema mit dem Stichwort 'billiges Blut aus den USA' aufmerksam."

Schließlich wird in der Beschwerde im Zusammenhang mit der letzten inkriminierten Textstelle des Beitrages (beginnend mit "Minderreine Präparate ...", s. oben unter Pkt. I.1.), welche eine Äußerung des Leiters des Bundesstaatlichen Serumprüfungsinstitutes, DDr. M, wiedergibt, ausführlich die wissenschaftliche Unrichtigkeit dieser Äußerung behauptet, in welcher ein "ehrenbeleidigender Vorwurf" liege. Dazu hätte Dir.Dr. E von der Erstbeschwerdeführerin in der Sendung im einzelnen gezielt befragt werden müssen.

3.a) In der Beschwerde wird - wie bereits eingangs des obigen Pkt. 2. erwähnt - (ausschließlich) vorgebracht, die belangte Behörde habe Willkür geübt.

b) Einer Behörde kann auch dann, wenn sie unrichtig entschieden hat, nicht Willkür zur Last gelegt werden, wenn sie Gründe und Gegengründe gegeneinander abgewogen hat. Dies bedeutet, daß es in der Regel nicht ausreichen würde, wenn die Behörde nur die für die Abweisung eines Anspruches maßgeblichen Gründe aufzählt, es jedoch unterläßt, sich mit den Gründen auseinanderzusetzen, die für die Bejahung der Anspruchsberechtigung zu sprechen scheinen, sodaß sie gar nicht in die Lage kommen könnte, Gründe und Gegengründe einander gegenüberzustellen und dem größeren Gewicht der Argumente den Ausschlag geben zu lassen (zB VfSlg. 8674/1979, 9665/1983, 12102/1989). Auch eine denkunmögliche Gesetzeshandhabung kann Willkür indizieren (vgl. zuletzt ).

Im vorliegenden Fall fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten dafür, daß die Rundfunkkommission sich bei ihrer Willensbildung von subjektiven Momenten leiten ließ. Auch gab die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ihre von der Meinung der Beschwerdeführerinnen abweichenden Erwägungen tatsächlicher und rechtlicher Art, fern von jeder Leichtfertigkeit, ausführlich wieder. Sie ging dabei auf die den Umständen nach maßgebenden Einzelheiten der Rechtssache genügend ein. So kann der Rundfunkkommission insbesondere nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, daß einzelne Äußerungen bzw. Sendungspassagen immer im Zusammenhang mit dem konkreten Fall und dem gesamten Beitrag zu sehen sind und daher, selbst wenn sie allenfalls allein betrachtet unobjektiv sein mögen, keine Gesetzesverletzung darstellen.

Zu dem - oben unter Pkt. 2. im Wortlaut wiedergegebenen - Beschwerdevorbringen bleibt im einzelnen (zunächst) zu bemerken, daß von den beschwerdeführenden Gesellschaften selbst eingeräumt wird, von ihnen seien bis zum Jahresende 1985 mit Aids-Viren infizierte - was nicht erkennbar gewesen sei - Blutpräparate in Verkehr gebracht worden; von 117 in Österreich infolgedessen HIV-positiv gewordenen Blutern seien bisher 50 verstorben. Insoweit wurde - auch ausgehend vom Beschwerdevorbringen - in der inkriminierten Sendung über unbestrittene Tatsachen berichtet. Darüberhinaus erschöpft sich das aus vielfachen Wiederholungen bestehende Beschwerdevorbringen im Ergebnis in dem Argument, die Zuseher der Sendung hätten zum Eindruck gelangen müssen, die erstbeschwerdeführende Gesellschaft hätte "billiges Blut" aus den USA verwendet, obwohl sie wissen hätte müssen, daß dieses Blut mit dem Aids-Virus infiziert (gewesen) sei, sowie weiters in der Behauptung, die Zuseher erinnerten sich zwar immer wieder an für die Beschwerdeführerinnen ungünstige Äußerungen und Mitteilungen in der Sendung, nicht aber an gegenteilige Feststellungen, weil auf diese jeweils wieder vermeintlich Negatives über die I AG gefolgt sei.

Beides trifft so nicht zu. Bereits in der oben (unter Pkt. I.1.) wiedergegebenen Einleitung der Sendung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Zweitbeschwerdeführerin "damals" vom Aids-Virus noch nichts wissen habe können. Dieser Umstand wurde im Lauf der Sendung von einer Mitarbeiterin des ORF (P P) abermals erwähnt. Das Beschwerdevorbringen

vermag nicht plausibel zu machen, warum dies dem Zuseher im weiteren Verlauf der Sendung in Vergessenheit geraten hätte sollen. Auf die Frage, ob es für die I AG "angesichts dieser medizinischen Katastrophe" (also dem feststehenden Zusammenhang zwischen dem Blutpräparat und dem Tod einer größeren Anzahl von Personen) "ein Gefühl der Mitschuld oder Verantwortung" gebe, konnte der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaften unmittelbar antworten und hat dies auch getan. Wie immer die Begriffe "Mitschuld" und "Verantwortung" in diesem Zusammenhang verstanden werden konnten (wobei sie (s. "... Gefühl der ...") durchaus nicht im streng rechtlichen Sinn aufgefaßt werden mußten), konnte die belangte Behörde durchaus vertretbar davon ausgehen, daß die befragende Mitarbeiterin des ORF sich nicht auf die Beisteuerung neutraler Stichworte für Statements des Befragten zu beschränken brauchte, da der Interviewte gleich Stellung nehmen konnte (vgl. dazu die - auf den vorliegenden Fall freilich nicht zur Gänze übertragbaren, zumal ein nicht gekürztes Interview betreffenden - Erwägungen im Erkenntnis VfSlg. 12086/1989, ähnlich ). Die in der Beschwerde vorgenommene Deutung, bereits durch die Einleitung der Sendung sei den Beschwerdeführerinnen der Vorwurf eines nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches strafbaren Verhaltens gemacht worden, ist weder nach dem Wortlaut dieser Einleitung (s. oben unter Pkt. I.1.) noch nach der (in den Verwaltungsakten aufliegenden) Gesamtmitschrift der inkriminierten Sendung plausibel; es wurde - wie bereits ausgeführt - von Seiten der Sendungsgestalter mehr als einmal darauf hingewiesen, daß das Aids-Virus "damals" noch nicht bekannt war (und damit zwangsläufig auch nicht dessen Verbreitung in den USA).

Zur weiteren Beschwerdebehauptung, der Zuseher erinnere sich zwar immer wieder an für die Beschwerdeführerinnen ungünstige Äußerungen und Mitteilungen in der Sendung, nicht aber an gegenteilige Feststellungen, weil auf diese jeweils wieder vermeintlich Negatives über die I AG gefolgt sei, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie dem Umstand, daß die beanstandete Sendung mit einer Äußerung des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaften geendet hat, ihm also das letzte Wort zukam, entscheidende Bedeutung beimaß.

Zur Beschwerde betreffend die letzte inkriminierte Passage des Beitrages (s. das im letzten Absatz oben unter Pkt. II.2. zusammengefaßte Beschwerdevorbringen) ist schließlich folgendes zu erwidern:

Mit diesem Teil des Beitrages hat der ORF (lediglich) eine Erklärung einer Person (des Direktors des bundesstaatlichen Serumprüfungsinstituts) gesendet, in welcher eine bestimmte fachliche Meinung geäußert wurde. Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaften hatte in der Sendung bereits vorher die dieser Meinung zugrundeliegende Auffassung im allgemeinen als "unfachlich und unrichtig" bezeichnet. Von der ORF-Mitarbeiterin P P nach einer Begründung hiefür

gefragt, erklärte der Geschäftsführer wörtlich:

"Ich glaube, daß wir das ausführlich dem Ministerium dargelegt haben, ich glaube, es würde die Zeit überschreiten, mehr als das zu sagen. Und das ist gesagt und das bleibt auch so."

Wenn im Rahmen der Sendung an späterer Stelle gleichsam ergänzend nochmals eine Äußerung zu diesem Thema (die genannte, letzte inkriminierte Passage) eingeblendet wurde, konnte die belangte Behörde den Umstand, daß der Geschäftsführer der Beschwerdeführerinnen dazu nicht neuerlich befragt wurde, durchaus vertretbar als einen nicht von ihr wahrzunehmenden Verstoß werten.

c) Aus all diesen Erwägungen zeigt sich, daß die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht Willkür geübt hat.

4. Das verfassungsgerichtliche Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die beschwerdeführenden Gesellschaften sonst im Gleichheitsrecht oder in einem von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurden.

Ob das in den hier präjudiziellen Bestimmungen auf der Stufe eines einfachen Bundesgesetzes stehende Rundfunkgesetz von der Rundfunkkommission richtig angewendet wurde, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu entscheiden, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde, wie im vorliegenden Fall, gegen einen Bescheid einer Kollegialbehörde nach Art 133 Z 4 B-VG richtet, der beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (s. VfSlg. 13291/1992, uam.).

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung zugunsten der als Streitgenossen auftretenden Beteiligten stützt sich auf § 88 VerfGG. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne vorangehende mündliche Verhandlung in einer § 7 Abs 2 litd VerfGG entsprechenden Zusammensetzung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.