OGH 13.09.2018, 10ObS87/18v
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. F*****, vertreten durch Dr. Burghard Seyr, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Berufsunfähigkeits-pension, über den (richtig:) Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als (richtig:) Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 25 Rs 27/18h-24, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Innsbruck mit dem Auftrag zurückgestellt, den Beschluss vom , GZ 10 Rs 27/18h-24, durch den kurz zu begründenden Ausspruch zu ergänzen, ob der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig ist oder nicht.
Text
Begründung:
Der vor dem geborene Kläger beantragte am bei der beklagten Pensionsversicherungsanstalt die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension, wobei er hervorhob, dass der Antrag vorrangig auf Zuerkennung von Leistungen der Rehabilitation (inklusive Rehabilitationsgeld) gelte.
Mit Bescheid vom lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension vom ab, weil die Wartezeit nicht erfüllt sei.
Mit seiner fristgerecht gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehrt der Kläger die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension sowie von Übergangsgeld bzw Rehabilitationsgeld.
Die Beklagte wandte dagegen ein, dass die Wartezeit nicht erfüllt sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Urteil ab. Mangels Erfüllung der Wartezeit habe der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Pension und daher auch keinen Anspruch auf berufliche Rehabilitation gemäß § 253e ASVG aF.
Die „Abweisung“ des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Übergangsgeld begründete das Erstgericht damit, dass dieser Anspruch von der Antragsfiktion des § 361 Abs 1 letzter Satz ASVG nicht erfasst werde. Mangels Bescheids sei der Rechtsweg für diesen Anspruch unzulässig.
Das Berufungsgericht verwarf mit dem angefochtenen Beschluss die vom Kläger gegen die Entscheidung des Erstgerichts erhobene Berufung wegen Nichtigkeit und unterbrach in der Hauptsache das Verfahren über die Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension, und von Leistungen aus dem Titel der medizinischen Rehabilitation, weil die Frage der Erfüllung der Wartezeit in einem noch anhängigen Verfahren des Klägers gemäß § 247 Abs 1 ASVG geprüft werde.
Im Umfang des Anspruchs auf Übergangsgeld gab das Berufungsgericht der „Berufung“ des Klägers mit der Maßgabe nicht Folge, dass es das Klagebegehren auf Zuerkennung eines Übergangsgeldes zurückwies. Der Rechtsweg für die Geltendmachung dieses Anspruchs sei unzulässig, weil der Kläger entgegen seinen Angaben keinen Antrag auf Zuerkennung von Übergangsgeld gestellt habe, sodass dieser Anspruch auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheids der Beklagten vom gewesen sei. Das Berufungsgericht sprach aus, dass gegen seine Entscheidung im Umfang der Zurückweisung des Begehrens auf Übergangsgeld der Rekurs gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig sei, weil es das Begehren des Klägers auf Zuerkennung von Übergangsgeld ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen habe.
Gegen die Zurückweisung seines Begehrens auf Übergangsgeld durch den angefochtenen Beschluss des Berufungsgerichts richtet sich der als Rekurs bezeichnete Revisionsrekurs des Klägers, mit dem er eine inhaltliche Entscheidung über seinen Anspruch auf Übergangsgeld anstrebt. Der Kläger führt in seinem Rechtsmittel aus, dass er am auch einen Antrag auf Übergangsgeld gestellt habe. Er legt ein Beiblatt zu seinem Antrag vom vor, wonach er einen „Antrag auf Gewährung der Rehabilitation gemäß §§ 270a, 253e ASVG, auf sofortige Krankenversicherung sowie Rehabilitations- und Übergangsgeld im gesetzlichen Ausmaß“ gestellt habe.
Rechtliche Beurteilung
Über das Rechtsmittel des Klägers kann derzeit noch nicht entschieden werden.
1.1 Das Vergreifen in der Entscheidungsform beeinflusst weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0036324). Dies gilt namentlich auch für den vorliegenden Fall der fälschlichen Abweisung eines Klagebegehrens mit Urteil, welches richtigerweise mit Beschluss hätte zurückgewiesen werden müssen (7 Ob 64/18i mwH). Die Entscheidung des Erstgerichts über den Anspruch des Klägers auf Übergangsgeld ist ungeachtet der Bezeichnung als „Urteil“ ein Beschluss, mit dem das Erstgericht die Klage in diesem Umfang mangels Zulässigkeit des Rechtswegs teilweise (richtig:) zurückwies.
1.2 Vom Vorliegen eines Beschlusses in diesem Umfang ging auch das Berufungsgericht aus. Entgegen seiner Rechtsansicht war dieser Beschluss jedoch nicht mit Berufung bekämpfbar. Die Bekämpfung eines über eine Prozesseinrede – oder über die von Amts wegen aufgeworfene Frage des Fehlens einer Prozessvoraussetzung (§ 261 Abs 5 ZPO) – gefassten, aber in die Entscheidung über die Hauptsache aufgenommenen Beschlusses (§ 261 Abs 1 Satz 2 ZPO, G. Kodek in Fasching/Konecny III/1³ § 261 ZPO Rz 52) ist nur unter den Voraussetzungen des § 261 ZPO möglich. Diese liegen hier allerdings nicht vor: Denn weder hat die Beklagte die Prozesseinrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs im Umfang des Klagebegehrens auf Zuerkennung von Übergangsgeld erhoben (§ 261 Abs 3 ZPO), noch hat das Erstgericht dieses Prozesshindernis mit den Parteien erörtert, sodass auch die von § 261 Abs 5 ZPO geforderten kumulativen Voraussetzungen der Anwendbarkeit des § 261 Abs 1 bis 4 ZPO – die amtswegige Prüfung des Prozesshindernisses und seine Erörterung mit den Parteien – nicht vorliegen (G. Kodek in Fasching/Konecny § 261 Rz 93). Abweichend von den Regelungen der ZPO ist im Verfahren in Sozialrechtssachen die Klage bei Fehlen einer der in den §§ 67 bis 70 und 72 Z 2 lit d ASGG genannten Prozessvoraussetzungen mangels Zulässigkeit des Rechtswegs in jeder Lage des Verfahrens gemäß § 73 ASGG von Amts wegen – mit Beschluss – zurückzuweisen.
1.3 Im Umfang der Bekämpfung der (richtig:) Zurückweisung des Klagebegehrens auf Zuerkennung von Übergangsgeld war die „Berufung“ des Klägers daher als Rekurs anzusehen. Die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels hindert nicht seine Behandlung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise (RIS-Justiz RS0036258). Da der Rekurs in einem Schriftsatz mit der Berufung innerhalb der für die Berufung zur Verfügung stehenden Rechtsmittelfrist eingebracht wurde, ist er rechtzeitig gewesen (RIS-Justiz RS0041696).
1.4 Das (richtig:) Rekursgericht hat mit seiner „Maßgabebestätigung“ inhaltlich die Entscheidung des Erstgerichts, die Klage im Umfang des Begehrens auf Zuerkennung von Übergangsgeld zurückzuweisen, bestätigt. Ungeachtet der von ihm gewählten Bezeichnung als „Berufungsgericht“ und des sprachlichen Ausdrucks der „Maßgabebestätigung“ hat es daher dem Rekurs des Klägers gegen den Beschluss des Erstgerichts im Umfang der Zurückweisung des Klagebegehrens auf Zuerkennung von Übergangsgeld mit dem angefochtenen Beschluss nicht Folge gegeben.
2.1 Die Anfechtbarkeit einer Entscheidung richtet sich ungeachtet des Vergreifens in der Entscheidungsform und des sprachlichen Ausdrucks immer nach der gebotenen Entscheidungsform (Zechner in Fasching/Konecny IV/1² § 528 Rz 124). Wurde – wie hier: teilweise – eine Klage aus formellen Gründen ohne Sachentscheidung zurückgewiesen, dann ist der diese Zurückweisung bestätigende Beschluss des Rekursgerichts nicht mit Rekurs, sondern gemäß § 528 ZPO mit Revisionsrekurs anfechtbar. Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nicht jedenfalls unzulässig, vielmehr hängt seine Zulässigkeit vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO ab (vgl RIS-Justiz RS0044535).
2.2 Im vorliegenden Fall einer Rechtsstreitigkeit gemäß § 502 Abs 5 Z 4 ZPO kann gemäß § 528 Abs 3 iVm § 505 Abs 4 ZPO ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben werden. Richtigerweise hätte daher das Rekursgericht gemäß § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO aussprechen müssen, ob der Revisionsrekurs wegen Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zulässig ist oder nicht (Zechner in Fasching/Konecny IV/1² § 528 Rz 13). Das Rekursgericht wird diesen Ausspruch im Weg der Entscheidungsberichtigung (§§ 430, 419 ZPO) nachzutragen haben (RIS-Justiz RS0002488 ua; vgl mwN).
2.3 Sollte das Rekursgericht aussprechen, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig ist, wird dem Kläger Gelegenheit zu geben sein, sein Rechtsmittel durch die Gründe, warum entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts der Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird, zu ergänzen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau, den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter KAD Dr. Lukas Stärker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Angela Taschek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. F*****, vertreten durch Dr. Burghard Seyr, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Berufsunfähigkeits-pension, Rehabilitationsgeld und Übergangsgeld, über den (richtig:) Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als (richtig:) Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 25 Rs 27/18h-24, mit dem der (richtig:) Beschluss des Landesgerichts Innsbruck in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 47 Cgs 205/17a-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der vor dem geborene Kläger beantragte am bei der beklagten Pensionsversicherungsanstalt die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension, wobei er hervorhob, dass der Antrag vorrangig auf Zuerkennung von Leistungen der Rehabilitation (inklusive Rehabilitationsgeld) gelte.
Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist ein weiterer vom Kläger behaupteter Anspruch auf Zuerkennung von Übergangsgeld (zum bisherigen Verfahrensgang siehe den Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , 10 ObS 87/18v).
Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension vom ab, weil die Wartezeit nicht erfüllt sei.
Mit seiner fristgerecht gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehrt der Kläger die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension sowie von Übergangsgeld bzw Rehabilitationsgeld.
Die Beklagte wandte dagegen ein, dass die Wartezeit nicht erfüllt sei.
Das Erstgericht wies (auch) das Klagebegehren auf Zuerkennung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Übergangsgeld mit Urteil „ab“ (richtig in diesem Umfang: mit Beschluss zurück). Der Anspruch auf Übergangsgeld sei nicht von der Antragsfiktion des § 361 Abs 1 letzter Satz ASVG erfasst. Mangels Bescheids sei der Rechtsweg für diesen Anspruch unzulässig.
Das (in diesem Umfang richtig:) Rekursgericht gab der „Berufung“ (richtig: dem Rekurs) des Klägers im Umfang des Anspruchs auf Übergangsgeld mit der Maßgabe nicht Folge, dass es die Zurückweisung des Klagebegehrens auf Zuerkennung eines Übergangsgeldes (richtig:) bestätigte. Der Rechtsweg für die Geltendmachung dieses Anspruchs sei unzulässig, weil der Kläger entgegen seinen Angaben keinen Antrag auf Zuerkennung von Übergangsgeld gestellt habe, sodass dieser Anspruch auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheids der Beklagten vom gewesen sei.
Das Rekursgericht sprach in berichtigender Ergänzung seiner Entscheidung mit Beschluss vom aus, dass der Revisionsrekurs aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit zulässig sei, weil sich aus einem vom Kläger erstmals mit dem Revisionsrekurs vorgelegten Beiblatt zum Antrag im Verfahren vor der beklagten Pensionsversicherungsanstalt ergebe, dass dieser am auch einen Antrag auf Zuerkennung von Übergangsgeld gestellt habe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der (richtig:) Revisionsrekurs des Klägers, mit dem er eine inhaltliche Entscheidung über seinen Anspruch auf Übergangsgeld anstrebt.
Die Beklagte erstattete keine Revisionsrekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Rekursgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.
Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel die auch vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage geltend, dass er am auch einen Antrag auf Übergangsgeld gestellt habe, für dessen Geltendmachung mit der vorliegenden Klage der Rechtsweg zulässig sei. Er legt ein Beiblatt zu seinem Antrag vom vor, wonach er einen „Antrag auf Gewährung der Rehabilitation gemäß §§ 270a, 253e ASVG, auf sofortige Krankenversicherung sowie Rehabilitations- und Übergangsgeld im gesetzlichen Ausmaß“ gestellt habe.
1.1 Auf Versicherte, die – wie der Kläger – vor dem das 50. Lebensjahr vollendet haben (ältere Versicherte), bleiben die §§ 253e, 306 ASVG idF des BBG 2011, BGBl I 2010/111, gemäß § 669 Abs 5 ASVG weiter anwendbar. Ihnen gebührt nach § 306 Abs 1 Satz 3 ASVG aF Übergangsgeld bei Gewährung beruflicher Rehabilitation nach § 253e oder § 270e ab dem Stichtag für die Leistungsfeststellung (10 ObS 117/17d mwH).
1.2 Zum Übergangsgeld hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 10 ObS 117/17d ausgesprochen, dass es nicht von der Antragsfiktion des § 361 Abs 1 letzter Satz ASVG erfasst ist. Übergangsgeld wird gemäß (dem insofern weder durch das SRÄG 2012 noch durch das SVÄG 2016, BGBl I 2017/29, oder das SVÄG 2017, BGBl I 2017/38 veränderten) § 367 Abs 1 ASVG nur über einen darauf gerichteten Antrag gewährt. Ein Bescheid ist in diesem Fall vom Pensionsversicherungsträger nur zu erlassen, wenn die beantragte Leistung ganz oder teilweise abgelehnt wird und der Anspruchswerber ausdrücklich einen Bescheid verlangt (§ 367 Abs 1 Z 2 ASVG).
2.1 Selbst wenn man im vorliegenden Fall zugunsten des Klägers davon ausginge, dass er tatsächlich am auch einen Antrag auf Übergangsgeld gestellt hätte, so hat er diesen die Zulässigkeit des Rechtswegs begründenden Umstand erstmals im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht. Dem steht jedoch das Neuerungsverbot des § 482 ZPO entgegen, das auch im Rechtsmittelverfahren in Sozialrechtssachen ausnahmslos gilt (RIS-Justiz RS0042049).
2.2 Richtig ist, dass dem Neuerungsverbot nicht Tatsachen und Beweismittel unterliegen, die jederzeit von Amts wegen zu beachtende Umstände betreffen. Dazu gehört auch die Zulässigkeit des Rechtswegs (§ 67 ASGG; 10 ObS 11/09d, SSV-NF 23/33; RIS-Justiz RS0119356; RS0108589). Gemäß § 42 Abs 1 JN (iVm § 2 ASGG) ist jedoch nur auf jene Tatsachen von Amts wegen Bedacht zu nehmen, aus denen das Fehlen der Prozessvoraussetzungen, hier daher die Unzulässigkeit des Rechtswegs, hervorgeht. Für das (positive) Vorliegen dieser Prozessvoraussetzungen fehlt hingegen eine entsprechende Vorschrift, weshalb Tatsachen, die im Rechtsmittelverfahren gegen eine Zurückweisung der Klage vorgebracht werden, dem Neuerungsverbot unterliegen (9 Ob 75/16v mwH; RIS-Justiz RS0053062).
2.3 Der Kläger hat erstmals in seiner Berufung (insofern richtig: Rekurs) gegen die (richtig:) Zurückweisung seiner Klage im Umfang des Übergangsgeldes geltend gemacht, dass er die Zuerkennung von Übergangsgeld auch bei der Beklagten beantragt habe. Ein Hinweis auf einen solchen Antrag ergab sich jedoch nicht aus dem Inhalt des erstinstanzlichen Aktes: Die Beklagte legte dem Erstgericht in der mündlichen Streitverhandlung vom (Protokoll ON 10, S 1) eine Kopie des Antrags „des Klägers auf Berufsunfähigkeitspension sowie den Antrag auf Leistungen der Rehabilitation (inklusive Rehabilitationsgeld)“ vor. Der Antrag trägt einen handschriftlichen Vermerk: „(siehe Beilage)“. Eine solche Beilage wurde von der Beklagten jedoch nicht vorgelegt. Der (unvertretene) Kläger erhielt vom Erstgericht die Möglichkeit einer Urkundenerklärung zu dem von der Beklagten vorgelegten Antrag vom und gab dazu die Erklärung ab, dass er die Echtheit anerkennt und zur Richtigkeit auf das eigene Vorbringen verweist (ON 10, Prot S 6). Die Protokollierung dieser Passagen rügte der Kläger auch nicht in seinem Protokollberichtigungsantrag ON 13, dem das Erstgericht teilweise stattgab.
2.4 Ein Beiblatt zu seinem Antrag vom an die Beklagte, aus dem sich (auch) ein Antrag auf Zuerkennung von Übergangsgeld ergibt, legte der Kläger erstmals mit seinem Revisionsrekurs vor. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger in seinem (mit anwaltlicher Vertretung) eingebrachten Rekurs gegen die Abweisung eines Antrags auf einstweilige Verfügung vortrug, dass er dem Antragsformular ein Beiblatt angeschlossen habe, „in welchem er beantragte, ihm Versicherungsschutz zur Sanierung seiner Zähne und allgemein in der Krankenversicherung zu gewähren“ (ON 6).
3.1 Die erstmals im Rechtsmittelverfahren gegen die Zurückweisung der Klage in diesem Umfang geltend gemachte Tatsache, dass ein Antrag auf Übergangsgeld auf einem Beiblatt zum Antrag auf Berufsunfähigkeitspension gestellt wurde, unterliegt nach den dargestellten Grundsätzen dem Neuerungsverbot des § 482 ZPO. Es fehlt, wie von den Vorinstanzen zutreffend angenommen, bereits aus diesem Grund im Umfang des Begehrens auf Zuerkennung von Übergangsgeld an der Zulässigkeit des Rechtswegs für den geltend gemachten Anspruch.
3.2 Daher bedarf es keiner weiteren Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass die Beklagte bisher keinen Bescheid über die (gänzliche oder teilweise) Ablehnung eines Anspruchs auf Übergangsgeld erlassen und der Kläger auch nicht behauptet hat, die Erlassung eines solchen Bescheids ausdrücklich beantragt zu haben (§ 367 Abs 1 Z 2 ASVG), was aber weitere Voraussetzung der Rechtswegzulässigkeit ist, weil das Übergangsgeld weder in § 222 Abs 1 noch Abs 2 ASVG genannt ist (§ 367 Abs 1 ASVG).
Der Revisionsrekurs war mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten des Verfahrens im Sinn dieser Bestimmung liegen nicht vor.
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2018:010OBS00087.18V.0913.000 |
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Fundstelle(n):
QAAAE-14931