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VfGH vom 01.10.1994, B75/94

VfGH vom 01.10.1994, B75/94

Sammlungsnummer

13885

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine vor rechtskräftiger Entscheidung über ein Refoulement-Verbot erfolgte Abschiebung eines Fremden; Abschiebung vor Rechtskraft einer solchen Entscheidung keine bloße Vollstreckungsmaßnahme sondern selbständig bekämpfbarer Akt der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, wurde - neben weiteren Personen - am im Zuge einer auf richterlichen Befehl wegen des Verdachts des Suchtgifthandels durchgeführten Hausdurchsuchung gemäß § 82 Abs 1 Z 3 iVm. § 85 Abs 2 des Fremdengesetzes, BGBl. 838/1992 (im folgenden: FrG), festgenommen, weil er kein gültiges Reisedokument vorweisen konnte. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom wurde über ihn die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Zurück- sowie der Abschiebung verhängt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer persönlich übergeben und sogleich vollzogen.

Mit Bescheid der genannten Behörde vom wurde gegen ihn gemäß § 18 Abs 1 iVm. Abs 2 Z 6 und 7 FrG ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Gemäß § 64 Abs 2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen. Mit Bescheid vom gleichen Tage stellte die Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 54 FrG fest, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in Nigeria gemäß § 37 Abs 1 oder Abs 2 FrG bedroht sei. Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung.

Am wurde der Beschwerdeführer nach Nigeria abgeschoben.

(Mit Berufungsbescheiden vom bestätigte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien sowohl den erstinstanzlichen Feststellungsbescheid gemäß § 54 FrG als auch den erstinstanzlichen Bescheid betreffend die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes (mit der Abänderung, daß die Befristung des Aufenthaltsverbotes auf fünf Jahre herabgesetzt wurde).)

2. Unter dem erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter Beschwerde gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG an den unabhängigen Verwaltungssenat Wien gegen seine Abschiebung nach Nigeria. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, die Abschiebung sei als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren. Gemäß § 54 Abs 4 FrG dürften Fremde bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat in diesen Staat nicht abgeschoben werden. Da der Bescheid gemäß § 54 FrG zum Zeitpunkt der Abschiebung noch nicht rechtskräftig gewesen sei, sei die Abschiebung des Beschwerdeführers rechtswidrig gewesen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat Wien wies diese Beschwerde mit Bescheid vom zurück, weil die Abschiebung als bloße Maßnahme zur Vollstreckung vorangegangener Bescheide anzusehen und somit nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt beim unabhängigen Verwaltungssenat bekämpfbar sei.

4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung der gemäß Art 3 und 13 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat Wien als belangte Behörde dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher er den angefochtenen Bescheid verteidigt.

Die belangte Behörde räumt aber ein, daß auch eine andere Rechtsauffassung als die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende vorstellbar sei, die eine rechtsschutzfreundlichere Lösung mit sich brächte: So könne man z. B. angesichts des im Abs 4 des § 54 FrG normierten Abschiebungsverbotes zu dem Schluß gelangen, daß dieses unmittelbare Rückwirkungen auf die Vollstreckbarkeit des Aufenthaltsverbots- und des Schubhaftbescheides habe und es daher während des Feststellungsverfahrens an der Voraussetzung des Vorliegens eines vollstreckbaren Bescheides für die Abschiebung mangle. Damit scheine der Qualifikation einer Abschiebung als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt während des Verfahrens gemäß § 54 FrG nichts im Wege zu stehen. Eine solche Amtshandlung wäre diesfalls - unabhängig vom späteren Ausgang des Feststellungsverfahrens und im übrigen unabhängig davon, ob der unabhängige Verwaltungssenat das Vorliegen eines Refoulement-Verbotes bereits geprüft und wie im gegenständlichen Verfahren verneint habe - für rechtswidrig zu erklären, weil der Abschiebung kein vollstreckbarer Titel zugrundegelegen hätte.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt:

1.1. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung zu den §§11 und 13 des - gemäß § 86 Abs 3 FrG mit Ablauf des außer Kraft getretenen - Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. 75/1954, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. 406/1991 (im folgenden: FrPolG), dargetan hat, war die Schubhaft nach dem FrPolG, wie sich aus § 11 Abs 2 FrPolG ergab, mit Bescheid anzuordnen. Die Verhängung der Schubhaft schloß auch die Festnahme ein. Ein vollstreckbarer Schubhaftbescheid war also Voraussetzung dafür, daß ein Fremder in Schubhaft genommen, in Schubhaft gehalten und in weiterer Folge iSd. § 13 FrPolG abgeschoben werden durfte (s. VfSlg. 9465/1982, 9999/1984, 10083/1984, 10175/1984, 10467/1985, 11333/1987, 12340/1990, 12368/1990, u.a.). Demgemäß qualifizierte der Verfassungsgerichtshof eine Festnahme und Anhaltung vor Erlassung eines (vollstreckbaren) Schubhaftbescheides regelmäßig als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, weil solche Maßnahmen nicht der Vollstreckung eines Schubhaftbescheides dienten (s. VfSlg. 10978/1986, 11171/1986, 11596/1988, 11694/1988).

Die Abschiebung selbst stellte nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum FrPolG keine (bescheidmäßig zu verfügende) Vollstreckungsverfügung dar, sondern die Anwendung unmittelbaren Zwangs in der Form einer bestimmten Maßnahme tatsächlicher Art (vgl. Zl. 2488/60), war also eine der Vollstreckung der vorangegangenen Bescheide (mit denen das Aufenthaltsverbot und die Schubhaft verhängt worden waren) dienende Maßnahme. Derartige Verwaltungsakte, die bloß als Maßnahmen zur Vollstreckung vorangegangener Bescheide anzusehen waren, konnten nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt qualifiziert werden, die nach Art 144 Abs 1 B-VG (idF vor Inkrafttreten der B-VG-Novelle 1988, BGBl. 685; vgl. nunmehr Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG) beim Verfassungsgerichtshof bekämpfbar waren (vgl. z.B. VfSlg. 9999/1984, 10083/1984, 10175/1984, 10467/1985, 11333/1987, 12340/1990, 12368/1990, ).

Gemäß dem 1. Satz des § 13a Abs 2 FrPolG war aber die Abschiebung eines Fremden in einen Staat, in dem er iSd. Abs 1 Z 1 dieses Paragraphen "bedroht" war (wenn dort also "sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955)"), nicht zulässig, es sei denn, daß "der Landeshauptmann gemäß § 4 des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968 ... (: AsylG 1968) ..., festgestellt hat(te), daß der Fremde aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle oder daß er nach rechtskräftiger Verurteilung wegen eines Verbrechens, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist, eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeute (Art33 Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge)". Nach dem 2. Satz des § 13a Abs 2 FrPolG war die Abschiebung eines Fremden ebenfalls unzulässig, "wenn stichhaltige Gründe für die in Abs 1 Z 2 (dieses Paragraphen) genannte Annahme bestehen" (d.h. wenn der Fremde im Zielland "Gefahr liefe, gefoltert oder einer unmenschlichen Behandlung oder der Todesstrafe unterworfen zu werden").

1.2. Im vorliegenden Beschwerdefall ist nicht mehr das FrPolG, sondern das FrG anzuwenden. Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des FrG lauten:

"Abschiebung

§36. (1) Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist, können von der Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn


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1.
die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint oder
2.
sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht
zeitgerecht nachgekommen sind oder
3.
auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen oder
4.
sie dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) ...

(3) ...

(4) ...

Verbot der Abschiebung, Zurückschiebung und

Zurückweisung

§37. (1) Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

(2) Die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtliche, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).

(3) Ein Fremder der sich auf eine der in Abs 1 oder 2 genannten Gefahren beruft, darf erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem er Gelegenheit hatte, entgegenstehende Gründe darzulegen. In Zweifelsfällen ist die Behörde vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen.

(4) Die Abschiebung eines Fremden in einen Staat, in dem er im Sinne des Abs 2 bedroht ist, ist nur zulässig, wenn der Fremde aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder wenn er nach rechtskräftiger Verurteilung wegen eines Verbrechens, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist, eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet (Art33 Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge).

(5) Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs 4 ist mit Bescheid festzustellen. Dies obliegt in den Fällen des § 5 Abs 1 Z 3 des Asylgesetzes 1991 der Asylbehörde, sonst der Sicherheitsdirektion.

(6) Die Abschiebung eines Fremden in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer einstweiligen Maßnahme durch die Europäische Kommission für Menschenrechte oder Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

...

Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt

§ 40. Die Zurückweisung, die Transitsicherung, die Zurückschiebung, die Abschiebung und die Durchbeförderung von Fremden sind von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen, wenn dies auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist.

...

Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen

bestimmten Staat

§54. (1) Auf Antrag eines Fremden hat die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs 1 oder 2 bedroht ist.

(2) Der Antrag kann nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden; hierüber ist der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.

(3) Über Berufungen gegen Bescheide, mit denen die Zulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat festgestellt wurde, ist binnen Wochenfrist zu entscheiden, es sei denn, die Anhaltung hätte vorher geendet.

(4) Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag darf der Fremde in diesen Staat nicht abgeschoben werden. Nach Abschiebung des Fremden in einen anderen Staat ist das Feststellungsverfahren als gegenstandslos einzustellen."

1.3. Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, daß seine oben wiedergegebene Rechtsprechung zum FrPolG (s. II.1.1.), wonach die Abschiebung als bloße Maßnahme zur Vollstreckung vorangegangener Bescheide zu qualifizieren war, grundsätzlich auch auf Grundlage des FrG Geltung beanspruchen kann (vgl. in ähnlichem Zusammenhang , , B960/93, , B1774/93). Weder dem FrG noch den diesbezüglichen Materialien (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 692 BlgNR 18. GP, S 47) läßt sich Gegenteiliges entnehmen. Wie nach dem FrPolG stellt daher auch eine Abschiebung gemäß § 36 FrG keine (bescheidmäßig zu verfügende) Vollstreckungsverfügung dar. Vielmehr handelt es sich bei der Abschiebung, sofern dies auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist, um die "Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt" (so ausdrücklich nunmehr § 40 FrG) in der Form einer bestimmten Maßnahme tatsächlicher Art, also (anders als bei einer Zurückweisung oder Zurückschiebung - vgl. , B1119/93) um eine der Vollstreckung vorangegangener Bescheide dienende Maßnahme. Dient allerdings die Anwendung von "Befehls- und Zwangsgewalt" zwecks Abschiebung iSd. § 40 FrG nicht bloß der Vollstreckung vorangegangener Bescheide, ist diese als - selbständig bekämpfbare - Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd. Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG zu werten.

1.4. § 54 FrG sieht im Gegensatz zum FrPolG hinsichtlich der Feststellung der insbesondere im Hinblick auf Art 3 EMRK grundrechtlich bedeutsamen Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat ein gesondertes Verwaltungsverfahren vor (). Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat darf der Fremde in diesen Staat nicht abgeschoben werden (§54 Abs 4 FrG).

Die Zulässigkeit der Abschiebung ist sohin erst mit Rechtskraft des Bescheides, mit dem gemäß § 54 FrG die Zulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat festgestellt wird, gegeben. Eine Vollstreckung der vorangegangenen Bescheide, mit denen eine Ausweisung bzw. ein Aufenthaltsverbot und die Schubhaft verhängt wurden, ist bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls unzulässig.

Wird der Fremde entgegen § 54 Abs 4 FrG dennoch bereits vor Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag gemäß § 54 FrG abgeschoben, so stellt sich die Abschiebung daher nicht bloß als zulässige Vollstreckung vorangegangener Bescheide dar, weil ihre Zulässigkeit noch gar nicht feststeht. Eine Abschiebung ist diesfalls vielmehr als gesondert bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd. Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG zu qualifizieren, nicht anders etwa als die Überschreitung der einer Verwaltungsbehörde durch richterlichen Befehl eingeräumten Ermächtigung zu einer Amtshandlung (VfSlg. 10975/1986, 10979/1986, 11098/1986, 11524/1987, 12746/1991) oder die Festnahme und Anhaltung eines Fremden vor Erlassung eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides nach dem FrPolG (VfSlg. 10978/1986, 11171/1986, 11596/1988, 11694/1988 - s. oben II.1.1.). In diesem Falle kann die Abschiebung daher gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG beim unabhängigen Verwaltungssenat bekämpft werden.

1.5. Indem die belangte Behörde dies verkannte und zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigerte, verletzte sie den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

2. Der Bescheid ist sohin allein schon wegen Verletzung des Beschwerdeführers im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter aufzuheben, sodaß es entbehrlich ist, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

III. 1. Der Kostenausspruch stützt sich auf § 88 VerfGG 1953. Im zugesprochenen Betrag sind S 3.000,-- an Umsatzsteuer enthalten.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.