VfGH vom 22.09.1983, B74/82
Sammlungsnummer
9769
Leitsatz
Oö. Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1975; keine Bedenken gegen §§8, 9 Abs 1 und 57 ff.; die Einreihungsverordnung der Oö. Landesregierung vom 16. Feber 1981 betreffend die Verlegung der Schörflinger Straße widerspricht nicht § 8 Abs 1 Z 2 LStVG 1975; keine denkunmögliche Gesetzesanwendung; kein Entzug des gesetzlichen Richters
Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom wurde gemäß § 1 Abs 2 des Oö. Naturschutzgesetzes 1964, LGBl. Nr. 58, festgestellt, daß durch den beabsichtigten Neubau der Schörflinger Bezirksstraße, Baulos "Umfahrung Schörfling" von Kilometer 11,930996 bis Kilometer 14,565295 (Detailprojekt 1972, Änderung 1977, Planzeichen 1641/77) öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht verletzt werden.
2. Mit Verordnung vom 16. Feber 1981, LGBl. Nr. 19/1981, wurde von der Oö. Landesregierung, gestützt auf § 9 Abs 1 und 4 iVm. mit § 8 Abs 1 Z 2 des Oö. Landes-StraßenverwaltungsG 1975, LGBl. Nr. 22 (LStVG 1975), betreffend die Verlegung der Schörflinger Straße (Bezirksstraße Nr. 1265) im Gebiet der Marktgemeinde Schörfling am Attersee, verordnet:
"§1
(1) Der bei km 12,0 (in unmittelbarer Nähe der Straßenunterführung unter der A 1 West-Autobahn) von der bisherigen Trasse in südlicher Richtung abzweigende, östlich des Marktes Schörfling dem Bachbett des Mühlbaches folgende und in einem gestreckten Bogen nach Westen führende, bei km 1,075 der B 152 Seeleiten-Straße (Bundesstraße) in diese einmündende, neu herzustellende Teil der Schörflinger Straße (Bezirksstraße Nr. 1265 des Verzeichnisses der Landes- und Bezirksstraßen Oberösterreichs) wird als Bezirksstraße erklärt.
(2) Der zwischen km 12,0 und seiner Einmündung bei km 0,212 der B 152 Seeleiten Straße gelegene bisherige Teil der Schörflinger Straße wird als Bezirksstraße aufgelassen. Die Auflassung wird erst mit dem Zeitpunkt der Verkehrsübergabe des neuen Straßenteiles (Abs1) wirksam.
§2
Im einzelnen ist der Verlauf der neuen und alten Trasse der Schörflinger Straße aus der beim Amt der Oö. Landesregierung und beim Marktgemeindeamt Schörfling aufliegenden Übersichtskarte im Maßstab 1:25000 zu ersehen.
§3
Diese Verordnung tritt mit dem Ablauf des Tages ihrer Kundmachung im Landesgesetzblatt für OÖ in Kraft."
3. Am 2., 3., 4., 9., 10., 11. und 12. März sowie 24. und wurden über Antrag des Landes OÖ, Landesstraßenverwaltung, auf Durchführung des Bau-, Grundeinlösungs- und Enteignungsverfahrens für den beabsichtigten Bau der "Umfahrung Schörfling" mündliche Verhandlungen durchgeführt.
In der Folge erließ die Oö. Landesregierung am einen Baubescheid, demzufolge der Bau der Schörflinger Straße, Bezirksstraße Nr. 1265 des Verzeichnisses der Landes- und Bezirksstraßen Oberösterreichs, von Kilometer 11,930 bis Kilometer 14,372, Baulos "Umfahrung Schörfling", unter Einhaltung bestimmter "Bedingungen" zu erfolgen hat.
4. Gegen diesen Baubescheid wendet sich die vorliegende auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf ein iS des Art 6 MRK ordnungsgemäßes Verfahren geltend gemacht, die Verfassungswidrigkeit der §§8, 9 und 57 ff. LStVG sowie die Gesetzwidrigkeit der Einreihungsverordnung der Oö. Landesregierung vom 16. Feber 1981 behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, im Falle der Abweisung der Beschwerde deren Abtretung an den VwGH beantragt wird.
Die Oö. Landesregierung hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
5. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
5.1.1.1. Die Bf. machen vorerst die Verfassungswidrigkeit der §§8 und 9 Abs 1 LStVG 1975 geltend. Diese Bestimmungen verstießen gegen Art 18 Abs 2 B-VG deshalb, weil sie keine inhaltlichen Beschränkungen für die zu erlassende Verordnung vorsehen.
5.1.1.2. Nach der Rechtsprechung des VfGH muß ein Gesetz, soll es den Erfordernissen des Art 18 Abs 2 B-VG entsprechen, inhaltlich ausreichend bestimmt sein (vgl. VfSlg. 4874/1964). Gegen die §§8 und 9 Abs 1 leg. cit. hegt der Gerichtshof - hieran gemessen - keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da eine Verordnung, mit der eine Straße zu einer Straße der dort genannten Kategorie erklärt wird, nur bei Vorliegen eines entsprechenden öffentlichen Interesses erfolgen kann. Dies erhellt sich auch aus einer Zusammenschau der §§8 und 9 Abs 1 mit § 57 LStVG 1975, da nach letzterer Bestimmung die Behörde sogar mit Bescheid die Bedingungen festzusetzen hat, welche bei der Ausführung einer Straße vom Standpunkt des öffentlichen Interesses zu erfüllen sind. Was in § 57 LStVG 1975 der Behörde aufgetragen ist, muß umso mehr für die hiebei vorausgesetzte Norm des § 9 LStVG 1975 gelten.
5.1.1.2.1. Nach Ansicht der Bf. verstießen die §§57 ff. LStVG 1975 aber auch gegen das Gebot eines "fair trials" und seien daher aus dem Grunde des Art 6 MRK verfassungswidrig. Nach den gerügten Gesetzesbestimmungen würde von einer Verwaltungsbehörde über zivilrechtliche Ansprüche aufgrund des Begehrens eines Antragstellers entschieden, "der praktisch ident ist mit der Entscheidungsstelle, aufgrund einer gesetzlichen Grundlage, nämlich einer Einreihungsverordnung, die wiederum von einer Stelle erlassen wurde, die ident ist mit der die Entscheidung treffenden, den Bescheid erlassenden Verwaltungsstelle". Hinzu komme, daß auch das Gutachten von einem Amtssachverständigen erstellt worden sei, der der Oö. Landesregierung unterstellt sei.
5.1.2.2. Der VfGH hat wohl ausgesprochen, daß schon ein Straßenbaubescheid in das Eigentum betroffener Grundeigentümer eingreift (vgl. VfSlg. 8083/1977), deshalb, weil im Enteignungsverfahren der Einwand, der Verlauf der Trasse sei nicht im öffentlichen Interesse gelegen, nicht mehr geltend gemacht werden kann. Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des VfGH, daß Art 6 MRK außer bürgerlichen Rechtssachen auch solche Verfahren umfaßt, deren Ausgang für Rechte und Verpflichtungen privatrechtlicher Natur entscheidend ist (vgl. VfSlg. 7099/1973, 8856/1980). Nach der ständigen Rechtsprechung ist den Erfordernissen des Art 6 MRK jedoch durch die Möglichkeit einer Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes Genüge getan (vgl. VfSlg. 7574/1975, 8828/1980) - von welcher Möglichkeit die Bf. auch vorliegendenfalls Gebrauch machen -, sodaß ein Verstoß der Bestimmungen des IV. Abschnittes (Vorverfahren und Enteignung bei Straßenbauten) des LStVG 1975 gegen Art 6 MRK nicht vorliegt. Es besteht aber auch sonst keine Verfassungsregel, die die von den Bf. geltend gemachten Bedenken begründen würde.
5.1.3.1. Die Bf. machen des weiteren die Gesetzwidrigkeit der "Einreihungsverordnung" der Oö. Landesregierung vom 16. Feber 1981 geltend, einerseits, weil das Projekt "nicht die Qualifikation" des § 8 Abs 1 Z 2 LStVG 1975 habe (die projektierte Bezirksstraße diene lediglich der Verbindung und dem Verkehr zwischen Nachbargemeinden), andererseits, weil das Projekt nicht im öffentlichen Interesse liege. Das private Interesse dürfe nur in dem durch das öffentliche Interesse zwingend gebotenen Umfang beeinträchtigt werden. Diesem Gebot sei nicht Rechnung getragen worden, obwohl dieser Umstand wiederholt durch Eingaben an die die V erlassende Stelle gerügt worden sei. Schon vor Erlassung der V hätten die Parteien zahlreiche Alternativvorschläge erstattet. Selbst der technische Amtssachverständige habe eingeräumt, daß die dem Projekt zugrundeliegende Verkehrszählung nur eine punktförmige Erfassung der Verkehrsabläufe darstelle; erst in weiterer Folge seien von ihm und wieder nur in nicht erschöpfendem Ausmaß Strom- bzw. Verfolgungszählungen durchgeführt worden. Aus dem Gutachten gehe hervor, daß die behauptete Notwendigkeit, nämlich das behauptete öffentliche Interesse an einer Umleitung des Verkehrs der Seeleiten-Bundesstraße - weg von der Ager-Brücke und direkt hin zur Autobahn - durch die Ergebnisse der Verkehrszählung nicht untermauert sei. Damit reduziere sich zunächst vom öffentlichen Interesse her gesehen die Frage der Notwendigkeit des Straßenbaues auf den untauglichen Zustand des Bezirksstraßenbestandes im näheren Ortsgebiet von Schörfling, womit die Alternativen, die von den Bf. als Lösungsmöglichkeiten angeboten worden seien, wesentlich an Gewicht gewonnen hätten. Auch der technische Sachverständige räume ein, daß andere Lösungsmöglichkeiten denkbar wären. Allein schon die "Ager-Überbrückungs-Variante" hätte erschöpfend erörtert werden müssen, um festzustellen, ob eine Notwendigkeit und damit ein öffentliches Interesse für das bekämpfte Projekt angenommen werden könne. Für diese Alternative träfen die Ausführungen des Amtssachverständigen, daß sie vom Verkehrsablauf her betrachtet an der Situation "Ager-Brücke" nichts ändern würde, nicht zu, sodaß die verbleibenden Fragen in erster Linie auf eine Gegenüberstellung der Kosten reduziert würden. Schließlich sei vom Amtssachverständigen aber auch ausgeführt worden, daß ein Ausbau der bestehenden Ortsdurchfahrt durchaus im Bereich der technischen Möglichkeiten läge. Die Gemeinde Schörfling ziehe wohl eine Umfahrung einer Ortskern-Variante vor, übersehe aber dabei, daß mit der Umfahrung eine Teilung der Gemeinde stattfinden würde. Auch diesbezüglich wäre die Einholung eines ergänzenden Gutachtens notwendig gewesen. Ein grober Verfahrensmangel läge auch darin, daß vor der Erlassung der V der naturschutz- und wasserrechtliche Aspekt offensichtlich nicht erwogen worden sei. Naturschutzinteressen seien dem Interesse an der Leichtigkeit und Flüssigkeit eines Straßenverkehrs mindestens gleichwertig, bei der Interessenabwägung habe die Naturschutzfrage im Vordergrund zu stehen.
5.2.2. Was den Vorwurf betrifft, die Einreihungsverordnung der Oö. Landesregierung vom 16. Feber 1981 stehe in Widerspruch zu der nach § 8 Abs 1 Z 2 LStVG 1975 angeordneten Voraussetzung, daß es sich um eine Straße handelt, die für den Verkehr eines oder mehrerer Bezirke von Bedeutung ist, genügt es festzuhalten, daß es sich um die Deklarierung eines neu herzustellenden Teilstückes einer an sich bestehenden Bezirksstraße unter gleichzeitiger Auflassung eines entsprechenden bisherigen Teilstückes, also, wie die Verordnung selbst aussagt, um eine Verlegung einer Bezirksstraße handelt. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten geht auch zweifelsfrei hervor, daß die zu schaffende Straße nicht etwa nur dem Verkehr zwischen Nachbargemeinden dient, sondern daß durch die Schörflinger Straße die Voraussetzungen einer Bezirksstraße erfüllt werden. Die Verordnung steht demnach zu den Voraussetzungen gemäß § 8 Abs 1 Z 2 LStVG 1975 nicht in Widerspruch.
Der VfGH hat aber auch sonst aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles ob der Gesetzmäßigkeit der zitierten Verordnung weder die von den Bf. vorgebrachten noch sonstige Bedenken.
Der technische Amtssachverständige hat im Verwaltungsverfahren im Zuge der Verhandlung ein umfangreiches Gutachten erstattet und hiebei ua. folgendes ausgeführt:
"...
Die Schörflinger Bezirksstraße ist im Bereich zwischen Himmelreich in der Gemeinde Regau ... bis in den Raum Schörfling in den letzten Jahrzehnten maßgeblich ausgebaut und ertüchtigt worden. Diese baul. Maßnahmen haben sich insbesondere auf die Einführung einer einheitl. Regelbreite, an vielen Streckenabschnitten einer maßgebl. Streckung des Linienverlaufes und der Nivellette-Verhältnisse und teilweise auf der Beseitigung verkehrsunsicherer Durchfahrten durch Ortschaften bezogen.
Verbleibt nunmehr schließlich jener Bereich, der als Ortsdurchfahrt von Schörfling bis zur Einmündung in die Bundesstraße B 152 Seeleiten-Straße zu bezeichnen ist. Abgesehen vom Ergebnis des Ortsaugenscheines dieses Straßenabschnittes ist einmal auszusagen, daß dieser hinsichtlich seines verkehrsmäßigen Zustandes in zwei Teile zu gliedern ist, und zwar: der nördliche Teil, welcher etwa der Hälfte der Längsausdehnung entspricht, führt von Norden kommend über eine erhebliche Steigungsstrecke durch das eng verbaute Kerngebiet des Marktes. In diesem Bereich weist sowohl die Nivellette aber insbesondere die Linienführung sehr erhebliche und maßgebliche Unstetigkeiten auf. Diese werden insbesondere durch vorspringende Haus- und Gebäudeteile und durch spontane Änderungen der generellen Achse des Straßenzuges bewirkt. Zieht man eine vom SV. von der Marktgemeinde Schörfling beigezogene Mappenkopie zur Betrachtung heran, so ergibt sich nach dem letzten Stand insbesondere auch, daß an mehreren Stellen dieses Abschnittes sehr erhebliche Engstellen vorliegen, ...
Im zweiten Abschnitt, dies ist jener vom Marktplatz in westl. Richtung, bis zur Einmündung in die Bundesstraße, liegen wesentl. günstigere Verhältnisse vor, dennoch gibt es insbesondere zwei Stellen, wo durch den vorgegebenen Häuserbestand ein maßgebliches Sichtdefizit und eine Einengung der Straßentrasse vorliegen, ...
Es steht außer Zweifel, daß ausgehend von den grundsätzlichen Regeln der Straßenbautechnik und den Grundsätzen für die Anlage von Bezirks- und Landesstraßen die vorstehend geschilderten Bestandsverhältnisse denkbar ungünstig, unzweckmäßig, die Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs behindernd, die die Aufnahme besonderer Verkehrsspitzen fast unmöglich machen, sind.
Diese auf den Marktbereich von Schörfling beschränkten Verhältnisse
wirken sich insbesondere dadurch aus, daß in den beengten Bereichen
der Gegenverkehr und der Verkehr größerer Fahrzeuge wie etwa
Omnibusse oder größerer LKW's stark behindert sein muß. ... Bei
größeren Verkehrsdichten bilden sich ... Verkehrsstauungen hinter den
behinderten Fahrzeugen ... Die beschriebene Steigungsstrecke stellt
insbesondere während kritischer Tage in der Winterzeit ein bestimmtes Gefahrenpotential dar. Die Steigung ist bereits derart, daß das Fahr- und Bremsverhalten der Fahrzeuge bei Eisglätte maßgeblich beeinträchtigt werden kann."
Zu den großräumigen Verkehrsverhältnissen führte der Sachverständige - wieder auszugsweise wiedergegeben - aus:
"...
Sieht man von Wegverbindungen über bedeutungslose Außennebenwege ab,
so ist bezüglich einer Querverbindung zwischen der Schörflinger
Bezirksstraße und der Seeleiten-Straße praktisch die Verbindung über
die Bundesstraßen ... sowie die Benützung einer Gemeindestraße ...
möglich. Letzterer Straßenzug verläuft ua. über den Steiluferabfall
des Agertales ... Dieser Steilabfall ist auch derartig intensiv und
rückt so nahe an das Flußufer heran, daß dort die Neuanlage einer verkehrstüchtigen Straße zwar nicht unmöglich, jedoch technisch so schwierig wäre, daß übermäßige Kosten und Bauschwierigkeiten erwartet werden müßten.
Abgesehen davon würde eine solche Straßenverbindung am südseitigen
Brückenkopf der Brücke ... zur weiteren Belastung der dort
vorliegenden Verkehrsspinne führen müssen. ... Die Benützung des
derzeitigen Bestandes der geschilderten bestehenden Verkehrsverbindung (gemeint ist die vorerwähnte Gemeindestraße) ist im Rahmen der Beurteilung des ggst. Projektes vom techn. Standpunkt und von den Grundsätzen der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs de facto undenkbar.
...
Es steht außer Zweifel, daß der Zustand der Schörflinger Bezirksstraße im Ortsbereich von Schörfling bei Fortbestehen der derzeitigen Verkehrsdichte und speziell auch bei Anwachsen der diesbezügl. Verkehrsdichte auf der Bezirksstraße nicht beibehalten werden kann und daher auf kürzere Frist eine Veränderung der oben beschriebenen Verhältnisse unerläßlich würden.
..."
Zum Straßenbauprojekt der Oö. Landesregierung wird vom Sachverständigen dargelegt:
"Entsprechend den allgemein gültigen und anerkannten techn. Regeln der Straßenbaukunst versucht das Projekt eine zwar nicht gerade, aber verkehrstechn. günstige, entsprechend gestreckte, Linienführung zur Verbindung der beiden vorgezeichneten Punkte, nämlich der Abzweigung nächst der West-Autobahn und der Wiedereinbindung bei der ... B 152 zu finden. Der Talboden und der Sattelbereich, der auf diesem Trassenverlauf zur Verfügung steht, verfügt über eine Breite von im Mittel 100 m, sodaß ein Trassenverlauf mit verschiedensten Varianten, die sich jedoch alle über den etwa vorgenannten Breitenbereich erstrecken müßten, möglich erscheint. Das Projekt hat nach mehreren Vorgängervarianten diesen generellen Verlauf etwa den Verlauf der Tiefenlinie des sogen. Mühlgrabens herangezogen und folgt diesem auf mehr als einer Länge von 1 km. Als Begründung wird angegeben, daß dies jene Trasse sei, bei der die Liegenschaften der betroffenen Grundeigentümer am wenigsten betroffen würden, und zwar deswegen, weil in diesem Verlaufe der Zerschneidungseffekt landwirtschaftl. Grundstücke offenkundig am geringsten sei.
Der Verlauf der Linienführung im westl. Drittel ergibt sich bei Zugrundelegung der vorstehenden Betrachtungsart und der Fixierung der Einmündungsstelle in die B 152 von selbst, wenngleich auch hinsichtlich des detaillierten Verlaufes einer solchen Trasse die verschiedensten Varianten denkbar wären, dies speziell dann, wenn man nicht unbedingt auf die kürzeste Verbindung der maßgebl. Zwangspunkte hinzielen würde (Ausführung einer serpentinenartigen Schleife über die ausgedehnten landwirtschaftl. Grundstücke der Fam. J).
Unter Zugrundelegung der modernen Bedürfnisse einer Straßenanlage, die ua. einer übergeordneten Verkehrsbeziehung zu dienen hätte, ist die im Projekt dargelegte Linienführung als durchaus tauglich, einen flüssigen und sicheren Verkehrsablauf gewährleistend und zur Aufnahme aller Verkehrsarten geeignet anzusprechen. ..."
Zur Frage der Notwendigkeit des Straßenbaues führt der Sachverständige zusammenfassend aus:
"In fachlicher Hinsicht steht es jedoch für den SV. außer Zweifel, daß der derzeitig unzureichende Zustand der bestehenden Ortsdurchfahrt von Schörfling die Notwendigkeit der Durchführung ausreichender und entsprechender Straßenbaumaßnahmen zur einwandfreien und tauglichen Behebung der allgemein erkennbaren Mängel an Flüssigkeit, Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf dieser Strecke rechtfertigt, dh., daß derartige Maßnahmen notwendig sind.
Unter Hinweis auf die Ausführungen in der Einleitung des Gutachtens und unter 'Gegenstand' ist auszusagen, daß das derzeit vorliegende konkrete Projekt die Möglichkeit der Behebung der aufgezeigten Mängel darstellt und somit als notwendig im konkreten Falle zu bezeichnen ist."
Zu anderen Lösungsmöglichkeiten Stellung nehmend wird sodann vom Sachverständigen dargelegt:
"a) Eine Umfahrungstrasse nördl. von Schörfling, also in den beschriebenen Steilhang entlang des rechten Agerufers ist techn. wegen der äußerst ungünstigen Geländeverhältnisse fast unmöglich und u. U. mit sehr hohen Kosten und sehr starken Eingriffen verbunden. Überdies müßte die Einbindung einer solchen Trasse am rechten oder im Bereiche des rechten Brückenkopfes der Ager-Brücke und sohin im engsten Bereiche der bereits als äußerst neuralgisch bezeichneten Verkehrsstelle erfolgen. Hier würde auch eine zweite Überbrückung der Ager und eine Einbindung in die Attersee-Bundesstraße nichts helfen, sondern eher die dort vorherrschende angestrengte Situation im Sonntags- und Wochenendverkehr nur verstärken. ...
b) Eine Trasse, die etwas nördlich der West-Autobahn abzweigen würde und die dort bestehende ... Gemeindestraße, welche in Richtung Siebenmühlen führt, dort mit einer Brücke die Ager überquert und schließl. wieder in die Attersee-Bundesstraße einmündet, wäre wohl techn. durchführbar, jedoch deswegen, weil sie über den Steilhang des rechten Agerufers in schwierigen und verbauten Gebiet verläuft ...nur sehr schwierig und sehr kostspielig zu errichten. Vom Verkehrsablauf her betrachtet würde an der Situation praktisch ... nichts verändert
...
c) Eine Lösung, die mit einer Straßenneuanlage südlich oder nördl. der Autobahntrasse verbunden wäre, welche in westl. Richtung unter Überbrückung des Agertales der Attersee-Bundesstraße zugeführt würde, wäre technisch wohl möglich, jedoch speziell wegen der Kosten, die ein Talübergang über das Agertal verursachen würde, mit hoher Wahrscheinlichkeit im Hinblick auf die wirtschaftl. Betrachtungsweise nicht vertretbar. Abgesehen von diesen Kriterien wäre zu bedenken, daß eine derartige Verkehrsbeziehung in jedem Falle zur Mehrbelastung der Attersee-Bundesstraße führen müßte ... Grob geschätzt würde ein Talübergang über die Ager Baukosten auslösen, der in den Bereich von 100 Mill. Beträgen weisen würde ...
d) Ausbau und Ertüchtigung der bestehenden Ortsdurchfahrt der Bezirksstraße durch Schörfling:
... Nach sehr großem Überschlag würde dies bedeuten, daß allein für
die Ablöse solcher Baulichkeiten, welche zum Großteil aus Geschäfts-
oder Gewerbebetrieben bestehen, Beträge in der Größenordnung von weit
über 16 Mill. aber durchaus im möglichen Bereich von über 30 Mill.
liegen könnten. ... Es steht ... fest, daß mit einer solchen Maßnahme
die ... mangelhaften und untauglichen Verkehrsverhältnisse im
Durchfahrtsbereich behoben werden könnten, wenngleich auch die vom
Standpunkt der Raumordnung gewünschte Verbesserung der allgemeinen
Verkehrs-, Wohn- und Geschäftsverhältnisse im Ortskerngebiet kaum
eine Änderung erfahren würden. Das vorliegende Projekt weist ...
Gesamtkosten von 26,6 Mill. zum März 1978 auf. Übertragen auf die
Gegenwart würde dies eine Größenordnung ... von 32 bis 33 Mill. für
die angetragene Trasse bedeuten. ...
Es wurde bereits ... zum Ausdruck gebracht, daß seitens der
antragstellenden Partei der Trassenverlauf in den engeren Grenzen so
gewählt wurde, daß möglichst wenig Zerschneidungen bezogen auf den
einzelnen Besitz zu erwarten sein werden. ... Dadurch, daß
normalerweise bei der allgemeinen Wertschätzung
Überflutungsgrundstücke an Gewässern eher niedriger als sonstige
Gründe bewertet werden, scheint in dieser Hinsicht die gewählte
Trasse verhältnismäßig am wenigsten im Vergleich mit anderen
Lösungsvarianten einzugreifen. ...
Über die Möglichkeit eines Einbahnverkehrs durch Schörfling wurde ...
bisher noch keine Aussage gemacht. Grundsätzlich wäre eine derartige
Lösung ... möglich, jedoch müßten sich die zu befahrenden Linien
durchwegs und unvermeidbar auf Straßen des interurbanen
Verkehrsnetztes bewegen. ... Die dort vorhandenen Straßenzüge sind
sowohl in ihrer Linienführung (vielfach intensive Richtungswechslung) und durch ihren schon für den jetzigen Zweck unterdimensionierten Ausbaugrad in Form ihres derzeitigen Bestandes unter den grundsätzlichen Forderungen nach Sicherheit, Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs kaum als ausreichend zu bezeichnen. ...
Es ist eine Grundregel der Verkehrswissenschaft, innerhalb bebauter Gebiete so weit als möglich eine Entflechtung verschiedenartiger Verkehrsströme vorzunehmen. Dies heißt, daß der übergeordnete Verkehr soweit als möglich vom interurbanen Verkehr zu trennen wäre und daß wiederum der rollende und der ruhende Verkehr möglichst gut auseinanderzulegen ist. Dies ließe sich jedoch auch nicht mit der angezogenen Einbahnlösung bewerkstelligen, im Gegenteil würde damit u. U. eine Verschlechterung der derzeitigen Situation herbeigeführt werden."
Über Fragestellung des Verhandlungsleiters führt der Sachverständige sodann abschließend und zusammenfassend aus:
"Unter der Voraussetzung eines weitgehend hochwassersicheren Ausbaues des Mühlgrabens und fachlich eingeschränkt auf die Tatsache der durch Verordnung festgelegten Neuanlage wird ausgesagt, daß infolge der gestreckten Linienführung und im Hinblick auf die günstige Situation der Geländeformen eine durchaus wirtschaftl. ausgelegte Lösung vorliegt."
Der VfGH hegt keine Bedenken, diesem Gutachten zu folgen, zumal der Sachverständige, wie die Bf. selbst vorbringen, mit der Projekterstellung bei der bel. Beh. seit langem befaßt war. Der technische Amtssachverständige äußert sich in überzeugender Weise zu allen wesentlichen Fragen und ermöglicht in notwendigem Maße auch eine Beurteilung der von den Bf. bevorzugten Lösungsvarianten. Entgegen der Meinung der Bf. erlaubt das Gutachten den Schluß, daß der von der Oö. Landesregierung gewählten Projektlösung der Vorzug vor allen anderen Varianten zu geben ist, sodaß die durch die V verfügte Verlegung der Bezirksstraße die günstigste Lösung und damit im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Soweit die Bf. vermeinen, daß ein Widerspruch der in der Einreihungsverordnung vorgesehenen Trassenführung zu Naturschutzbelangen bestehe, genügt es, darauf zu verweisen, daß nach § 2 Oö. Naturschutzgesetz 1964 Eingriffe in das Landschaftsbild an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts verboten sind, solange nicht ausdrücklich von der Naturschutzbehörde festgestellt wird, daß solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt wurden und daß - wie unter 1. ausgeführt - von der Oö. Landesregierung bereits mit Bescheid vom festgestellt wurde, daß durch das in Frage stehende Projekt öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht verletzt werden.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß der VfGH keinen Anlaß findet, ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der vorliegenden Einreihungsverordnung einzuleiten.
5.3. Der VfGH hat unter dem Gesichtspunkt der vorliegenden Beschwerde auch gegen die anderen den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine Bedenken.
5.4. Die Bf. behaupten weiters, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt zu sein. Gemäß § 57 Abs 4 im Zusammenhalt mit § 59 LStVG 1975 sei die Landesregierung zur Entscheidung über Neuanlagen von den in § 8 Abs 1 Z 1 bis 4 genannten Straßen berufen; aus dem angefochtenen Bescheid sei jedoch nicht zu ersehen, daß die bel. Beh. einen entsprechenden Beschluß gefaßt hätte.
Zu diesem Vorbringen ist auf Art 43 Abs 1 und 3 bis 5 Oö. L-VG 1971 iVm. § 2 der Geschäftsordnung der Oö. Landesregierung, LGBl. Nr. 24/1977, sowie der Geschäftsordnung des Amtes der Oö. Landesregierung (kundgemacht in der Amtlichen Linzer Zeitung 1950, Folge 27, S. 582) zu verweisen, wonach für den angefochtenen Bescheid eine kollegiale Beschlußfassung der Landesregierung nicht notwendig war (vgl. hiezu das zwar zur Rechtslage nach der V der Oö. Landesregierung vom über die Besorgung von Geschäften der Landesregierung, LGBl. Nr. 41/1975, ergangene Erk. VfSlg. 8809/1980 und die dort zitierte Vorjudikatur, deren Aussagen jedoch auch im vorliegenden Fall zutreffen).
Auch die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter liegt somit nicht vor.
5.5. Die Bf. behaupten schließlich, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden zu sein.
Da der angefochtene Baubewilligungsbescheid Voraussetzung der die Bf. betreffenden projektbedingten Enteignungsmaßnahmen ist, greift er in deren Eigentum iS der Rechtsprechung des VfGH ein (vgl. VfSlg. 8083/1977, 9137/1981). Dieser Eingriff wäre bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid in denkunmöglicher Anwendung des Gesetzes ergangen wäre, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
In diesem Zusammenhang ist lediglich das Vorbringen der Bf. zu beantworten, daß der angefochtene Bescheid der Einreihungsverordnung nicht entspreche, weil diese nur einen Teil des Projektes decke. Die Bf. behaupten nämlich, daß die Strecke, für die eine Baubewilligung erteilt wurde, nicht mit der Verordnung vom 16. Feber 1981 übereinstimme.
Den Bf. ist wohl beizupflichten, daß der Anspruch auf Enteignung die Erlassung eines Baubewilligungsbescheides nach § 57 zur Voraussetzung hat und ohne einen solchen die Erlassung eines Enteignungsbescheides auf einer denkunmöglichen Anwendung des § 58 beruhen würde (vgl. VfSlg. 8529/1979), weil die Einreihungserklärung die Voraussetzung für die weiteren straßenverwaltungsbehördlichen Maßnahmen, und zwar sowohl für einen straßenrechtlichen Baubewilligungsbescheid (§57 Abs 4) als auch für einen allfälligen Enteignungsbescheid (§§58 ff.), bildet (vgl. VfSlg. 8156/1978). Im angefochtenen Bescheid wird nun - von den Bf. unwidersprochen - dargelegt, daß der Differenzbereich zwischen dem Beginn des bewilligten Bauloses bis zum Beginn der verordnungsmäßig vorgesehenen Verlegung "lediglich (die) Einbindung der zu verlegenden Umfahrungsstraße in den vorhandenen Bestand" zum Gegenstand hat. Soweit sich die Bewilligung laut Bescheid mit der verordnungsmäßig vorgesehenen Verlegung nicht deckt, handelt es sich demnach offenkundig um einen Straßenumbau iS des § 57 Abs 1 LStVG 1975, für den die Erlassung einer Verordnung nicht erforderlich ist.
Eine denkunmögliche Gesetzesanwendung liegt somit ebenfalls nicht vor.
5.6. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat somit nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in ihren Rechten verletzt wurden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.