OGH vom 14.04.2020, 9Ob5/20f

OGH vom 14.04.2020, 9Ob5/20f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder 1. L***** P*****, geboren am ***** 2003, 2. J***** P*****, geboren am ***** 2005, 3. T***** P*****, geboren am ***** 2011, und 4. D***** P*****, geboren am ***** 2015, alle wohnhaft bei der Mutter Mag. U***** N*****, diese vertreten durch Stipanitz-Schreiner & Partner, Rechtsanwälte GbR in Graz, sowie des Vaters Mag. M***** P*****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs der Mutter gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 61/19h-62, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom , GZ 1 PU 3/16w-54, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichts, die im Umfang der Abweisung des Rekursmehrbegehrens des Vaters in Rechtskraft erwachsen ist, wird im übrigen Umfang aufgehoben und die Pflegschaftssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Der Vater der vier minderjährigen Kinder beantragte die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung ab hinsichtlich aller vier Kinder (siehe 9 Ob 52/19s). Seine über das Kontaktrecht hinausgehende Kinderbetreuung an 44 Tagen und der von ihm bezahlte Naturalunterhalt (Krankenzusatzversicherung für zwei Kinder) rechtfertigen eine prozentuelle Kürzung des von ihm bisher zu leistenden Unterhalts.

Die Mutter, in deren Haushalt die Kinder hauptsächlich betreut werden, sprach sich aufgrund des hohen Einkommens des Vaters und seiner bloß geringfügigen Mehrbetreuung der Kinder gegen eine Herabsetzung aus.

Das Erstgericht setzte den Unterhalt für L***** vom bis auf 715 EUR und ab auf 725 EUR und für D***** vom bis auf 305 EUR und ab auf 320 EUR herab. Das Mehrbegehren des Vaters wies es ab.

Gegen diesen Beschluss erhoben sowohl der Vater als auch die Mutter Rekurs.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter nicht, dem Rekurs des Vaters hingegen teilweise Folge und änderte dessen Unterhaltsverpflichtung für die mj D***** für den Zeitraum vom bis von 366 EUR auf 285 EUR herab.

Rechtliche Beurteilung

Der nachträglich zugelassene, vom Vater beantwortete Revisionsrekurs der Mutter ist zulässig und im Sinn des darin gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Nach § 47 Abs 3 AußStrG muss der Rekurs gegen eine erstinstanzliche Entscheidung im Außerstreitverfahren kein bestimmtes Begehren enthalten, aber hinreichend erkennen lassen, aus welchen Gründen sich die Partei beschwert erachtet und welche andere Entscheidung sie anstrebt; im Zweifel gilt der Beschluss, gegen den Rekurs erhoben worden ist, als zur Gänze angefochten.

Diesen im Außerstreitverfahren an die Rekurserklärung, die Rekursgründe und den Rekursantrag (das Rekursbegehren) somit deutlich reduzierten Anforderungen (G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2§ 47 Rz 9; 6 Ob 193/19d Pkt 4.4.) ist der Rekurs der Mutter gerecht geworden. Er enthält zwar keinen ziffernmäßig bestimmten Rekursantrag, aus dem Inhalt der Rekursschrift ist aber erkennbar (vgl RS0006674 [T6, T 12, T 18, T 30]; G. Kodek aaO § 47 Rz 10), dass sich die Mutter gegen die Herabsetzung der bisherigen Unterhaltsverpflichtung des Vaters richtet. In der ausdrücklich geltend gemachten und auch gesetzmäßig ausgeführten Tatsachenrüge bekämpft die Mutter die Feststellungen des Erstgerichts zu den Betreuungsleistungen des Vaters. In ihrer – ebenfalls gesetzmäßig ausgeführten – Rechtsrüge macht sie unter Hinweis auf die Entscheidung 10 Ob 17/15w geltend, dass nach der Rechtsprechung erst für jeden weiteren, über den Regelkontakt von 80 Tagen pro Jahr hinausgehenden zusätzlichen Betreuungstag pro Woche eine Reduktion des nach der Prozentkomponente zu berechnenden Kindesunterhalts zu erfolgen habe. Damit ist ausreichend erkennbar, dass der Rekurs der Mutter, der zwar nur einen Aufhebungsantrag enthält, auch die Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung dahin anstrebt, dass der Kindesunterhalt ohne die vom Erstgericht vorgenommene prozentuelle Kürzung für die zusätzlichen Betreuungstage des Vaters (3,7 % für 2017 und 2,6 % für 2018) festgesetzt wird.

Da das Rekursgericht zu Unrecht die gänzliche Behandlung des Rekurses der Mutter mangels eines bestimmten erkennbaren Begehrens unterlassen hat, leidet das Rekursverfahren an einem Mangel, der eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Sache zu hindern geeignet war (§ 66 Abs 1 Z 2 AußStrG).

In Stattgebung des Revisionsrekurses, in dem dieser Verfahrensmangel aufgezeigt wird, war somit spruchgemäß mit der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Rekursgerichts vorzugehen.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0090OB00005.20F.0414.000

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.