OGH vom 30.07.2019, 10ObS83/19g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter KAD Dr. Lukas Stärker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und KR Karl Frint (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. M*****, vertreten durch Dr. Harald Burmann & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Tiroler Gebietskrankenkasse, 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2, vertreten durch Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte GmbH in Innsbruck, wegen Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 25 Rs 78/18h-11, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger übte im Jahr 2013 den Beruf eines Lehrers an einer Bundeshandelsakademie aus. Nebenberuflich war er bei der J***** GmbH beschäftigt (an der er seit 2003 zu 35 % beteiligt ist). Darüber hinaus hielt er auf Grundlage von Werkverträgen Vorträge beim Wirtschaftsförderungsinstitut (WIFI).
Mit vom forderte die beklagte Tiroler Gebietskrankenkasse das dem Kläger anlässlich der Geburt seines Kindes F***** von bis gewährte einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld von insgesamt 4.224 EUR zum Teil, nämlich in Höhe von 1.374,72 EUR zurück. Als Begründung wird ausgeführt, nach dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 stellten die dort (neben den unselbständigen Einkünften aus der Tätigkeit als Lehrer an einer Bundeshandelsakademie) ausgewiesenen Jahreseinkünfte von 5.749,58 EUR insgesamt solche aus selbständiger Tätigkeit dar, sodass sich nach Hinzurechnung von 30 % (= 1.724,87 EUR) ein Betrag von 7.474,45 EUR ergebe, der die Zuverdienstgrenze von 6.100 EUR (Wert 2013) um den Unterschiedsbetrag von 1.374,72 EUR übersteige.
Nach Zustellung dieses Bescheids – und zwar erst nach Ablauf des zweiten auf das betreffende Kalenderjahr 2013 folgenden Kalenderjahres – erbrachte der Kläger erstmalig Nachweise, aus denen die Höhe und zeitliche Verteilung seiner Einkünfte aus der GmbH und seiner Vortragstätigkeit beim WIFI im Zeitraum von bis entnommen werden konnten.
Das stellte fest, dass die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes nicht zu widerrufen ist und der Kläger nicht zur Rückzahlung verpflichtet ist.
Es traf ua die Feststellung, dass der Entgeltanspruch des Klägers gegenüber der GmbH aufgrund seiner Karenz nach dem VKG am geendet und er bis zum Wiederantritt seiner Beschäftigung am von dieser Gesellschaft keine Einkünfte bezogen hat. Die Höhe der Einkünfte aus seiner (selbständig ausgeübten) Vortragstätigkeit beim WIFI im Jahr 2013 betrugen 2.941,68 EUR. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass eine Bindung der Gerichte an einen rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid nur hinsichtlich der Höhe der dort aufscheinenden Einkünfte bestehe, für die Beachtlichkeit der Einkünfte im Einzelnen oder Gesamten seien aber nicht die steuerlichen Ergebnisse, sondern ausschließlich die Anordnungen des § 8 KBGG relevant. Obwohl im Einkommensteuerbescheid 2013 die Einkünfte des Klägers aus der GmbH als solche aus selbständiger Arbeit bezeichnet worden seien, handle es sich bei diesen Einkünften (für die Sozialversicherungsbeiträge geleistet worden seien), um solche aus unselbständiger Tätigkeit, sodass die Zuverdienstgrenze von 6.100 EUR nicht überschritten sei.
Das bestätigte diese Entscheidung. Ob die vom Kläger im Jahr 2013 von der GmbH bezogenen (Neben)Einkünfte solche aus unselbständiger Tätigkeit oder solche aus selbständiger Tätigkeit seien (wie die beklagte Partei weiterhin vermeine), sei nicht entscheidungserheblich, weil beide Annahmen zum selben rechtlichen Ergebnis führten. Nach der Entscheidung 10 ObS 146/17v könne bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit ein Zuordnungsnachweis zur Abgrenzung der erzielten Einkünfte auch noch nach fruchtlosem Verstreichen der in § 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 KBGG genannten Frist – etwa auch erst im sozialgerichtlichen Verfahren – erbracht werden. Da aufgrund der Beweisergebnisse des vorliegenden Verfahrens eine Zuordnung der Einkünfte zum Anspruchszeitraum eindeutig möglich sei, stehe (also sowohl unter der Annahme einer unselbständigen als auch unter der Annahme einer selbständigen Tätigkeit bei der GmbH) fest, dass der Kläger im August 2013 als einzigem Monat, in welchem ihm an jedem Kalendertag Kinderbetreuungsgeld zugekommen sei, keine Einkünfte von der GmbH bezogen habe. Weiters stehe fest, dass die im Jahr 2013 für die Vortragstätigkeit beim WIFI insgesamt erzielten Einkünfte die Zuverdienstgrenze deutlich unterschritten hätten (selbst unter Berücksichtigung der 30%igen Erhöhung). Die Voraussetzungen für eine (teilweise) Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes seien daher nicht gegeben.
In der gegen diese Entscheidung gerichteten hält die beklagte Partei an ihrem Standpunkt fest, die Einkünfte des Klägers aus der GmbH stellten – ebenso wie seine Einkünfte aus der Vortragstätigkeit beim WIFI – Einkünfte aus selbständiger Arbeit dar. Davon ausgehend wird als erhebliche Rechtsfrage die Berechtigung zur Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes releviert, wenn diese Einkünfte nicht innerhalb der zweijährigen Frist des § 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 KBGG abgegrenzt worden seien. Die Revisionswerberin vertritt die Rechtsansicht, die in der Entscheidung 10 ObS 146/17v zu dieser Frage getroffenen Aussagen seien unzutreffend; mangels eines innerhalb der zweijährigen Frist des § 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 KBGG erbrachten Zuordnungsnachweises sei bei der Berechnung des gemäß § 24 Abs 1 Z 3 KBGG zulässigen Zuverdiensts von den maßgeblichen Einkünften für das Kalenderjahr des Bezugs auszugehen. Diese Einkünfte würden im vorliegenden Fall – wie aus dem Bescheid ersichtlich – die Zuverdienstgrenze überschreiten.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesen Ausführungen wird keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt:
Der Oberste Gerichtshof hat mittlerweile in mehreren Entscheidungen an den bereits vom Berufungsgericht referierten Grundsätzen der Entscheidung 10 ObS 146/17v festgehalten und die von der Beklagten auch hier gebrachten Argumente verworfen (10 ObS 15/19g; 10 ObS 20/19t; 10 ObS 22/19m; 10 ObS 25/19b; RISJustiz RS0132593).
Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:010OBS00083.19G.0730.000 |
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