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OGH vom 14.07.2021, 13Os68/21f

OGH vom 14.07.2021, 13Os68/21f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Pentz in der Strafsache gegen Mehmet B***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Geschworenengericht vom , GZ 49 Hv 30/20m-150, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden, angefochtenen Urteil wurde Mehmet B***** des Verbrechens des Totschlags nach § 15, 76 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er sich am in W***** in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen lassen, Skeljzen Ba***** vorsätzlich zu töten, indem er mit einem Messer wuchtig in dessen Brust stach, wodurch dieser eine Stichwunde unmittelbar neben dem Brustbein mit Eröffnung der Brusthöhle erlitt, wobei es infolge unverzüglicher medizinischer Behandlung dieser Verletzung in einem nahe gelegenen Krankenhaus beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen wendet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6, 8 und 11 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Die Geschworenen verneinten die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes (§§ 15, 75 StGB) und bejahten die Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags (§§ 15, 76 StGB). Die für den Fall deren Verneinung gestellten Eventualfragen nach dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung (§ 87 Abs 1 StGB) und nach dem Verbrechen der schweren Körperverletzung (§ 84 „Abs 4 und 5 Z 1“ StGB; siehe aber RIS-Justiz RS0132358 [T1]) blieben folgerichtig unbeantwortet.

[5] Der Beschwerdeführer beanstandet, in der Fragestellung sei die Auflösung des wertausfüllungsbedürftigen Gesetzesbegriffs der „allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung“ (§ 76 StGB) zu Unrecht unterblieben (Z 6); dieser würde demzufolge im Wahrspruch substratlos gebraucht (Z 11 lit a, der Sache nach Z 12).

[6] Insoweit ist das Rechtsmittel nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt. Die Nichterfüllung des angesprochenen (privilegierenden) Tatbestandsmerkmals hätte nämlich – ceteris paribus – einen Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mordes (§§ 15, 75 StGB) zur Folge.

[7] Der gleichgerichtete Einwand, es sei „den Geschworenen offenbar aus der Rechtsbelehrung heraus nicht bewusst“ gewesen, „dass sie Sachverhaltselemente konkret im Wahrspruch anführen müssen“ (nominell Z 8), verkennt im Übrigen grundlegend, dass der Wahrspruch der Geschworenen (§ 331 Abs 1 und 2 StPO) deren Antwort (§ 345 Abs 1 Z 9 StPO) auf – mit Ja oder Nein zu beantwortende (§ 317 Abs 1 StPO) – Fragen darstellt, die nicht von den Geschworenen selbst formuliert, sondern vom Schwurgerichtshof beschlossen (§ 310 StPO;Lässig, WK-StPO § 310 Rz 1) werden.

[8] Die weitere Instruktionsrüge (Z 8) behauptet eine irreführende Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung zur Eventualfrage nach dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung (§ 87 Abs 1 StGB), die sich auf die Beantwortung der (bejahten) Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags (§§ 15, 76 StGB) ausgewirkt habe. Weshalb darin auch der „Inhalt“ des § 87 Abs 2 StGB hätte „enthalten sein müssen“, obwohl eine Schuldfrage nach dieser Qualifikationsnorm gar nicht gestellt wurde (vgl RIS-Justiz RS0101085 [T3] und RS0125434), legt sie nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (siehe aber Ratz, WK-StPO § 345 Rz 65).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 344, 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[10] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§§ 344, 285i StPO).

[11] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00068.21F.0714.000

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