OGH vom 28.03.2001, 9Ob4/01f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei M***** KG, *****, vertreten durch Dr. Hans Günther Medwed ua, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei S*****OHG, nunmehr E*****OHG, *****, vertreten durch Dr. Gerolf Haßlinger ua, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, wegen S 321.633,82 sA (3 C 1517/99a), S 160.816,91 sA (3 C 1657/99i), S 160.816,91 sA (3 C 1870/99p), S 160.816,91 sA (3 C 2244/99p), S 160.816,91 sA (3 C 2329/99p), S 160.816,91 sA (3 C 2663/99f), S 160.816,91 sA (3 C 35/00i) und S 321.633,82 sA (3 C 542/00y), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 218/00a-16, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht folgt mit seiner von der Revisionswerberin bekämpften Rechtsauffassung dem von Würth (in Rummel, ABGB**2 Rz 9 zu § 29 MRG, bzw in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 30 zu § 29 MRG) vertretenen Standpunkt. Danach ist der durch die Zusammenfassung der §§ 20 und 23 Abs 2 MG unklar gewordene Text des § 29 Abs 3 MRG berichtigend wie folgt auszulegen:
1. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 29 Abs 1 Z 3 oder des Abs 2 MRG erlischt das Mietverhältnis nach § 1113 ABGB; eine Fortsetzung kommt nur nach § 1114 S 2 ABGB zustande.
2. Bei allen anderen befristeten Verträgen (mit undurchsetzbarem Endtermin oder mit bedingtem iSd § 1114 S 1 ABGB) bedarf es zur Vermeidung der Vertragsverlängerung seitens des Mieters idR nur einer formlosen Erklärung, die Miete nicht fortzusetzen - insofern richtet sich die Vertragsverlängerung nach § 1114 ABGB - während auf das Auflösungsbegehren des Vermieters die Vorschriften über die Kündigung (§§ 30 - 33 MRG) sinngemäß anzuwenden sind; dies gilt jedoch nur, soweit nicht im Vertrag ausdrücklich die Kündigung bedungen wurde, da in diesem Fall auch eine formelle Kündigung des Mieters erforderlich ist.
Diese Meinung teilen offenbar auch Prader/Kuprian (Befristung im MRG 75) sowie Rechberger (Mietrecht 176), die ebenfalls davon sprechen, dass außerhalb der Fälle des § 29 Abs 1 Z 3 und Abs 2 MRG Befristungen einseitig "vom Vermieter" nicht mehr durchsetzbar sind.
Im Gegensatz zur Meinung der Revisionswerberin ist der Oberste Gerichtshof mit der schon vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung MietSlg 43.243 der Auffassung Würths gefolgt.
Diese Rechtsauffassung steht auch nicht in Widerspruch zu den weiteren in der Revision zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs: Die Entscheidungen 5 Ob 609/90 (die Angabe 5 Ob 809/90 ist ein offenkundiges Fehlzitat) = WoBl 1991/83, 9 Ob 337/98 = MietSlg 51.375 und 6 Ob 160/98t = WoBl 1998, 277 (Prader), in denen davon die Rede ist, dass es bei Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 29 Abs 1 Z 3 oder des Abs 2 MRG zur Durchsetzung der Befristung einer den Bestimmungen der §§ 30 bis 33 MRG entsprechenden Kündigung bedarf, behandeln - den jeweils zu lösenden Fallkonstellationen entsprechend - die Rechtslage aus der Sicht des Vermieters, enthalten aber für die hier interessierende Sicht des Mieters keine Aussagen. Die Entscheidung 1 Ob 72/98i (auch hier ist die Angabe 7 Ob 72/98k ein offenkundiges Fehlzitat) = WoBl 1998, 339 befasst sich mit der hier zu beantwortenden Rechtsfrage nicht.
Richtig ist allerdings, dass in der Lehre auch der von den Revisionswerbern eingenommene Standpunkt vertreten wurde, wonach bei Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Befristung auch der Mieter zur Vermeidung einer Verlängerung des Vertrages gerichtlich kündigen müsse (so etwa Böhm/Schuster in Korinek/Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz 480). Demgegenüber weist aber Würth (aaO) zu Recht darauf hin, dass der Wortlaut des § 29 Abs 3 MRG, der durch die Zusammenfassung der §§ 20 und 23 Abs 2 MG entstanden ist, iS dieser Bestimmungen ausgelegt werden muss, zumal durch das MRG die insofern gegebene Rechtslage nicht geändert werden sollte. Berücksichtigt man überdies - wie ebenfalls von Würth (aaO) hervorgehoben wird - den nur zugunsten des Mieters bestehenden Schutzzweck der in Rede stehenden Bestimmung, besteht keine Veranlassung, von der (der Meinung Würths folgenden) Entscheidung MietSlg 43.243 abzugehen.