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OGH vom 25.02.2016, 9Ob3/16f

OGH vom 25.02.2016, 9Ob3/16f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr in der Rechtssache des Antragstellers DDr. A***** D*****, vertreten durch Dr. Ursula Xell Skreiner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Antragsgegnerin Mag. A***** D*****, vertreten durch BHF Hülle Frohner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Beweissicherung, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom , GZ 16 R 360/15b 18, mit dem der Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom , GZ 2 Nc 20/15d 4, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller stellte beim Erstgericht einen Beweissicherungsantrag (§ 384 ZPO) auf Bestellung eines Sachverständigen zur Feststellung der Verkehrswerte der Wohnungen Top Nr 18 und 22 samt Dachterrasse einer näher genannten Liegenschaft. Er sei mit der Antragsgegnerin verheiratet, das Scheidungsverfahren sei beim Erstgericht zur GZ ***** anhängig. Die Wertsteigerung der Wohnung von 1,35 Mio EUR werde im Rahmen des der Scheidung folgenden Aufteilungsverfahrens jedenfalls im Verhältnis 50:50 aufzuteilen sein. Aufgrund des Räumungsverfahrens am Bezirksgericht Josefstadt sei zu besorgen, dass das Beweismittel der Verkehrswertschätzung für ihn verloren oder die Benützung desselben vor Einleitung des Aufteilungsverfahrens erheblich erschwert würde. Eine Einvernahme der Antragsgegnerin sei vor Einholung des Gutachtens nicht erforderlich. Es liege Gefahr im Verzug vor.

Das Erstgericht ließ mit Beschluss vom die Beweissicherung zu und bestellte einen Sachverständigen zur beantragten Befundung. Dieser Beschluss wurde auch der Antragsgegnerin zugestellt.

Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin als unzulässig zurück. Zwar sehe § 35 AußStrG keinen Verweis auf die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Beweissicherung vor. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen sei aber der Ansicht von Rassi (in Fasching/Konecny 3 § 384 ZPO Rz 12 mwN) zu folgen, dass die Bestimmung des § 386 Abs 4 ZPO analog anzuwenden sei. Zu dieser Frage sei der Revisionsrekurs zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

In ihrem dagegen gerichteten Revisionsrekurs beantragt die Antragsgegnerin die Abänderung des Beschlusses im Sinne einer ersatzlosen Behebung des erstgerichtlichen Beschlusses; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsteller beantragt, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig (§ 528 Abs 1 ZPO).

1. Die Sicherung von Beweisen ist in den §§ 384 ff ZPO geregelt. Mit ihr soll die künftige Verwertung der Beweisergebnisse außerhalb eines Erkenntnisverfahrens gesichert werden, um einem drohenden Beweisverlust oder der erschwerten Benutzung eines Beweismittels vorzubeugen. § 384 Abs 2 ZPO lässt die

Beweissicherung darüber hinaus auch dann zu, wenn diese Voraussetzungen zwar nicht gegeben sind, aber der gegenwärtige Zustand einer Sache festgestellt werden soll und der Antragsteller ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung hat (9 Ob 47/08i ua).

Zwar ist eine Beweissicherung auch im Rahmen eines Prozesses möglich. Hauptanwendungsfall der §§ 384 ff ZPO ist aber das selbstständige Beweissicherungsverfahren, das vor Einleitung eines allfälligen Hauptverfahrens durchgeführt wird. Da die Ergebnisse des Beweissicherungsverfahrens mithelfen, zivilrechtliche Positionen vorab zu klären, trägt die Beweissicherung auch prozessvermeidende Komponenten in sich. Aus den Angaben des Antragstellers muss sich lediglich ein zivilrechtlicher Anspruch ableiten lassen, zu dessen Durchsetzung, Abwehr oder Sicherung eine Beweissicherung nötig ist.

Im vorliegenden Fall stellt sich die vom Rekursgericht der Zulassung des Revisionsrekurses zugrundegelegte Frage, ob eine Beweissicherung auch im Außerstreitverfahren möglich ist und sie mangels anderer Regelungen den Bestimmungen der §§ 384 ff ZPO zu folgen hätte, nicht, weil nach dem Vorbringen des Antragstellers aktuell kein außerstreitiges Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens (§ 93 Abs 1 AußStrG) anhängig ist. Mag der Antragsteller auch beabsichtigen, den gesicherten Beweis in einem künftigen Aufteilungsverfahren zu verwenden, so ändert dies nichts daran, dass es sich im gegenwärtigen Stadium um ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren zur vorsorglichen Beweisaufnahme im Sinne der dargelegten §§ 384 ff ZPO handelt. Als solches unterliegt es aber der unmittelbaren Anwendung dieser Bestimmungen.

2. Gemäß § 386 Abs 4 ZPO kann der Beschluss, mit dem dem Beweissicherungsantrag stattgegeben wird, durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden. Zutreffend hat das Rekursgericht den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beweissicherungsbeschluss daher als unzulässig erachtet.

3. Die Antragsgegnerin erachtet den erstgerichtlichen Beschluss mangels ihrer Anhörung oder Äußerungsmöglichkeit als nichtig. Ein Nichtigkeitsgrund kann nur dann berücksichtigt werden, wenn ein zulässiges Rechtsmittel vorliegt (RIS Justiz RS0007095). Da der Rekurs der Antragsgegnerin jedoch nicht zulässig war, bestand für das Rekursgericht kein Raum, sich mit der von ihr angesprochenen Gehörverletzung auseinanderzusetzen. Zur angeregten Antragstellung auf Aufhebung des § 386 Abs 4 ZPO wird lediglich angemerkt, dass die dort normierte Unanfechtbarkeit eines Beweissicherungsbeschlusses die Frage der Zweiseitigkeit eines Sicherungsverfahrens nicht berührt.

4. Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin zurückzuweisen (§ 528a ZPO iVm § 510 Abs 3 ZPO).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Der Antragsteller hat in seiner Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen (s RIS Justiz RS0035979).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0090OB00003.16F.0225.000